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Prolog

Chemiestandorte – früher waren es Werke, Stammwerke, Chemiewerke, heute sind es Chemieparks, Industrieparks, Infrastrukturdienstleister. In den vergangenen 100 Jahren haben sich nicht nur die Begrifflichkeiten verändert. Insbesondere in den letzten 15 Jahren hat sich auch das grundlegende Verständnis der Chemiestandorte geändert. Chemiestandorte sind nicht nur mehr die Nummer in einer Werkeliste eines Chemieunternehmens – Chemiestandorte machen heute den entscheidenden Vorteil im globalen Wettbewerb der produzierenden chemischen Industrie aus, ziehen hochkarätige Arbeitskräfte an, machen die Attraktivität einer ganzen Region oder eines Landes aus, sind innovativer und kundenorientierter Dienstleister in unterschiedlichen Disziplinen zur Ver-/Entsorgung, Betrieb und Management des Standortes.

Branchenzweig Chemiestandorte

Der Betrieb und das Management von Chemiestandorten entwickeln sich zu einem eigenen Zweig innerhalb der Branche der Industriedienstleister. Mit ca. 180 000 Mitarbeitern in Deutschland und der Verantwortung zur Attraktivitätserhöhung der gesamten Chemieregion Europa stellen die (insbesondere deutschsprachigen) Betreiber und Manager der Chemiestandorte eine volkswirtschaftliche erfolgskritische Größe dar. Betriebswirtschaftlich entwickeln sich die Chemiestandorte seit 15 Jahren mit großer Geschwindigkeit von damaligen internen Werksorganisationen zu professionell geführten Dienstleistungsunternehmen. Wissenschaft, Beratung und Praxis haben noch nicht alle Potenziale ausgeschöpft, um einen Chemiestandort zu einem Top-Performer zu entwickeln. Das Stärken der internationalen Chemie-Position von Deutschland bzw. Europa mit innovativen, serviceorientierten Ansätzen sollte das Ziel der Bemühungen aller Beteiligten sein.

Herausforderungen von Chemiestandorten

Die maßgeblichen strategischen Entscheidungen sind bei vielen Multi-User-Standorten gefallen: Konzern- oder Infrastrukturdienstleister im Wettbewerb, integriertes Standortserviceportfolio (relationale Diversifikation) oder Fokus auf: Aufstellen der Standort-Services als Konzern-Shared-Services oder Quasi-Monopol-Leistungen, Betrieb der Eigentümerstandorte oder Wachstum im Chemiestandortmarkt, Trennung der Verantwortung von Flächeneigentum, Betrieb und Management des Chemiestandortes oder Funktionenbündelung. Die operativen Herausforderungen wie Restrukturierungen, operative Exzellenz, Optimierung des Leistungsportfolios (Outsourcing/Off-Shoring), Kooperationen, Erzeugen von Kundennähe und -verständnis konnten zahlreiche Chemiestandorte bereits sehr erfolgreich meistern. Die Veränderung zu einem innovativen und serviceorientierten Dienstleistungsunternehmen mit den Kernfähigkeiten des Veränderungs- und Komplexitätsmanagements steht bei den meisten Chemiestandorten noch an. Insbesondere die strategische Frage, ob und wie das vorliegende Geschäftsmodell auf andere Chemiestandorte übertragen werden kann, bleibt eine Herausforderung.

Perspektiven auf den Chemiestandort

Im vorliegenden Buch werden verschiedene Perspektiven eingenommen. Zu diesen Perspektiven zählen die der Chemiestandortkunden, der Chemiestandortbetreiber, der Chemiestandortmanager, der Chemiestandorteigentümer und die des Chemiestandortmarktes. Aus der Verknüpfung dieser verschiedenen Perspektiven ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten von idealtypischen und realen Organisations- und Geschäftsmodellen. Hierzu wird das Buch einen Überblick liefern, aber auch einzelne Organisations- und Geschäftsmodelle real existierender Chemiestandorte im Detail darstellen.

Themenfelder des Buches Chemiestandorte

Für Sie als Leser soll mit dem vorliegenden Buch Chemiestandorte in folgenden Themenfeldern ein Mehrwert entstehen:

Perspektive Chemiestandortmarkt:

Perspektive Chemiestandortkunden:

Perspektive Standortbetrieb:

Perspektive Standortmanager:

Perspektive Geschäfts- und Organisationsmodelle:

Das Buch Chemiestandorte soll Ihnen die Möglichkeit geben, aus anderen, bereits gemachten Erfahrungen zu lernen und über aktuelle Erkenntnisse aus Marktstudien/Einzelfallstudien (Projekte) neue Ideen für die eigene Rolle als Kunde, Betreiber, Manager oder Eigentümer eines Chemiestandortes zu gewinnen.

Leserkreis des Buches Chemiestandorte

Das vorliegende Buch Chemiestandorte nimmt mit seinen Co-Autoren aus Wissenschaft, Beratung und Praxis die Herausforderung an, das Thema Chemiestandorte aus verschiedenen Perspektiven transparent zu machen und zu strukturieren. Das Buch Chemiestandorte adressiert einen Leserkreis aus Führungskräften in der chemischen Industrie, interessierten Führungskräften aus anderen Branchen (wie z. B. der Automobilindustrie, Hochtechnologien) mit ähnlichen Herausforderungen (Produktion an Standorten), im Umfeld Industriedienstleister und chemische Industrie tätigen Unternehmensberatern, Studierende mit dem Fokus Industriedienstleistungen und Management sowie Mitarbeitern und Dozenten an Hochschulen mit dem Fokus Chemische Industrie, Industrie-/Infrastrukturdienstleistungen und strategisches Management/Organisationsgestaltung.

Vorwort

Die chemische Industrie in Deutschland ist eine Schlüsselbranche. Sie ist global, sie ist lokal, sie ist wettbewerbsintensiv – und sie ist fit. Die Fitness ist dabei alles andere als ein Selbstläufer. Sie beruht in erster Linie auf Ausdauer und Flexibilität.

Mit innovativen Antworten begegnen die Chemieunternehmen und Chemiestandorte mit ihren Betreibergesellschaften den unterschiedlichsten Herausforderungen, und davon gab und gibt es viele: Wertschöpfungsketten verlagern sich weiter in Regionen mit günstigen Rohstoffkosten, Regionen mit höherem Wirtschaftswachstum oder besserem Investitionsklima ziehen Investitionen an. Wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen können, wenn sie klug und weitsichtig gewählt werden, stabilisierend und wachstumsfördernd wirken. Kurzfristige und erratische Änderungen regulatorischer Rahmenbedingungen verunsichern dagegen zusätzlich.

Investitionen in Chemieanlagen und noch ausgeprägter Investitionen in die Infrastruktur von Chemiestandorten sind langfristiger angelegt als in vielen anderen Industrien. Stabile Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg, denn die chemische Industrie ist eine typische Investitionsgüterindustrie. Was aber geschieht, wenn sich wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen in immer schnelleren Zyklen ändern?

Die Lektüre der „Chemiestandorte“ bietet Antworten an. Erfahren Sie, mit welchen Herausforderungen Chemiestandorte bereits erfolgreich umgegangen sind und verfolgen Sie, wie durch zielgerichtete Transformationsprozesse neue Herausforderungen angegangen werden können. Heute beobachten wir in der chemischen Industrie wieder eine ansteigende Dynamik im positiven Sinne. Wir lernen, wie mit der Beschleunigung der Veränderungsgeschwindigkeit neue Chancen entstehen und als Wettbewerbsvorteile genutzt werden können.

Gerade der Wirtschafts- und Chemiestandort Deutschland braucht zielführende Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen jenseits von Kostensenkung und Produktionsverlagerung. Die Chemieunternehmen und die Betreiber von Chemiestandorten meistern diesen Transformationsprozess durch den innovativen, professionellen Umgang mit den Herausforderungen. Beispielsweise bieten die Chemiestandortbetreiber individuelle flexible Contracting-Modelle, investieren in hocheffiziente Energieversorgungsanlagen und sind in wettbewerbsintensiven Dienstleisterbranchen erfolgreich.

„Chemiestandorte“ zeigt Ihnen ausführlich und übertragbar auf, welche Lösungen für die nachhaltige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Chemiestandorten in Deutschland funktionieren. Erfahren Sie, wie chemiekundenorientierte Serviceleistungen, innovative Geschäftsmodelle und professioneller Chemieparkbetrieb die Wettbewerbsfähigkeit von Chemieunternehmen am Standort Deutschland auch in schwierigen Zeiten mit hoher Transformationsdynamik nachhaltig sicherstellen.

Das richtige Handeln von heute stellt die Weichen für die Attraktivität und Zukunft des Standortes Deutschland für die Chemie- und Pharmaindustrie von morgen.

Beitragsautoren

Dr. Jörg Borchert
BET GmbH
Alfonsstr. 44
52070 Aachen
Joerg.Borchert@bet-aachen.de

Benjamin Fröhling
compreneur GmbH Consulting.
Management. Entrepreneurship.
Salierring 32 50677 Köln
benjamin.froehling@compreneur.de

Dr. Ernst Grigat
Currenta GmbH & Co.
OHG Leiter CHEMPARK Leverkusen
51368 Leverkusen, E 1
ernst.grigat@currenta.de

Klaus-Dieter Heinze
Dow Olefinverbund GmbH
ValuePark® Manager
06258 Schkopau
DHHEINZE@dow.com

Dr. Christian Hofmann
The Boston Consulting Group GmbH
Chilehaus A
Fichertwiete
20095 Hamburg
Hoffmann.Christian@bcg.com

Pierre Kramer
InfraServ GmbH & Co. Knapsack KG
Industriestraße 300
Chemiepark Knapsack
50354 Hürth
pierre.kramer@infraserv-knapsack.de

Dr. Werner Mailinger
Erbachtal 14
65604 Elz
werner.mailinger@web.de

Daniel Marowski
InfraServ GmbH & Co. Knapsack KG
Industriestraße 300
Chemiepark Knapsack
50354 Hürth
daniel.marowski@infraserv-knapsack.de

Cord Matthies
Transaction Advisory Services
Ernst & Young GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Graf Adolf Platz 15
40213 Düsseldorf
cord.matthies@de.ey.com

Dr. Christoph Michel
The Boston Consulting Group
(Austria) GmbH
Am Hof 8
1010 Wien
Michel.Christop@bcg.com

Dr. Clemens Mittelviefhaus
InfraServ GmbH & Co. Knapsack KG
Industriestraße 300
Chemiepark Knapsack
50354 Hürth
clemens.mittelviefhaus@infraserv-knapsack.de

Dr. Sebastian Rothe
BET GmbH
Alfonsstr. 44
52070 Aachen
Sebastian.Rothe@bet-aachen.de

Dr.-Ing. Marcus Schnell
BELFOR DeHaDe GmbH
Wittekindstraße 99
59075 Hamm
marcus.schnell@de.belfor.com

Prof. Dr. rer. Pol. Dipl.-Betriebswirt,
Dipl.-Kaufmann Carsten Suntrop

CMC2 GmbH
Europäische Fachhochschule Rhein
Erft GmbH
Grimmelshausenstraße 14
50996 Köln

Europäische Fachhochschule
Rhein/Erft GmbH
Kaiserstr. 6
50321 Brühl
carsten.suntrop@cmc-quadrat.de

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Horst
Wildemann

Technische Universität München
Leopoldstraße 145
80804 München
prof.wildemann@wi.tum.de

Teil 1
Grundlagen und Abgrenzung