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Kuypers, F.

Physik für Ingenieure und Naturwissenschaftler

Band 1: Mechanik und Thermodynamik, 3. Auflage

2012

Print ISBN: 978-3-527-41135-1; auch in digitalen Formaten verfügbar

Kuypers, F.

Physik für Ingenieure und Naturwissenschaftler

Band 2: Elektrizität, Optik undWellen, 3. Auflage

2012

Print ISBN: 978-3-527-41144-3; auch in digitalen Formaten verfügbar

Halliday, D., Resnick, R., Walker, J.

Halliday Physik

Bachelor-Edition, 2. Auflage

2013

Print ISBN: 978-3-527-41181-8; auch in digitalen Formaten verfügbar

Pohl, M.

Physik für alle

2014

Print ISBN: 978-3-527-41235-8; auch in digitalen Formaten verfügbar

Essenzielle Quantenmechanik

für Elektrotechniker und Informatiker

Peter Deák

wiley Logo

Autor

Peter Deák

Bremen Center

for Computational Materials Science

Universität Bremen

Am Fallturm 1

28359 Bremen

Deutschland

© Erhan Ergin/Fotolia.com für die in der Randspalte verwendeten Symbole

Für meine Kinder und Enkelkinder

Vorwort

Dieses Buch entstand erst als Skript zu der Lehrveranstaltung „Physik II für Elektrotechniker“ im Bachelor-Studiengang Elektrotechnik/Informationstechnik an der Universität Bremen, und verkörpert 25 Jahre Erfahrung mit Quantenmechanik-Unterricht in diesen Fachrichtungen.1) Der Lehrstoff wird (im Anschluss an eine Vorlesung über klassische Physik im vorangehenden Semester) in zwei Semesterwochenstunden vorgelesen und begründet das Wahlfach Halbleiterphysik im Master-Studium.

Die Quantenmechanik ist die Mechanik der Mikroteilchen, von denen wir keine direkte, durch unsere Sinnesorgane erfassbare Erfahrung und daher auch kein „vorstellbares Bild“ haben. Wie Richard Feynman es formulierte, Mikroteilchen wie das Elektron sind keine (sichtbaren oder anfassbaren) Gegenstände, sondern Konzepte, die nur mathematisch formuliert werden können. Entsprechend kann die Quantenmechanik nur mathematisch aufgebaut und interpretiert werden, was im Grundstudium für Elektrotechniker und Informatiker auf den ersten Blick ziemlich schwer verdaubar und etwas unpraktisch erscheinen mag. Andererseits hat aber die Informationstechnologie eine zentrale Bedeutung in diesen beiden Berufsbranchen eingenommen, sodass die Physik zum Verständnis der Hardware-Bauelemente für elektronische Datenverarbeitung bzw. zur Hin- und Rückverwandlung elektronischer und optischer Information (bei Datenspeicherung, Datentransfer und visueller Darstellung) unabdingbar geworden ist. Man mag einwenden, dass Elektrotechniker hauptsächlich am Entwurf von Systemen aus solchen Bauelementen und Informatiker an Systemintegration und Algorithmen interessiert sind; optimale Effizienz in diesen Bestrebungen kann jedoch nur dann erreicht werden, wenn man mindestens ein konzeptionelles Verständnis über den Funktionsmechanismus dieser Bauelemente besitzt. Darüber hinaus hat die Quantenmechanik unsere Auffassung über die Realität deutlich erweitert und ermöglicht ein wesentlich tieferes Verständnis unserer Welt, sodass sie zum Weltbild von allen, die einen B.Sc.-Abschluss im wissenschaftlich-technischen Bereich erlangen möchten, einfach dazugehört.

Der Unterricht der Elektrotechniker und Informatiker tut sich trotzdem schwer mit der Quantenmechanik, und zwar aus zwei Gründen. Einerseits kommen Festkörperelektronik und optischer Datenaustausch heutzutage noch mit semiklassischen Modellen auch ganz gut zurecht, weswegen das erlangte quantenmechanische Wissen, außer der Fachrichtung Mikroelektronik, in den späteren Lehrveranstaltungen der Elektrotechnik und Informatik jetzt noch wenig Anwendung findet. Das wird sich aber in naher Zukunft gewiss ändern! Die Grenzen der Weiterentwicklung traditioneller Hardware sind inzwischen in absehbare Nähe gerückt. Die aus der Nanotechnologie entstehenden neuen Bauelemente (in denen die Schaltung durch einzelne Elektronen und mit Ausnutzung des Tun-neleffekts passiert) und die schon bald zur Realität werdende Quanteninformationstechnik (von Quantencomputer bis Quantenverschlüsselung) basieren auf Erscheinungen, die ohne das konzeptionelle Verständnis der Quantenmechanik nicht mehr nachvollzogen werden können. Studierende, die in den kommenden Jahren einen Abschluss in Elektrotechnik bzw. Informatik erwerben, werden in ihrer späteren Karriere mit Sicherheit durch den Paradigmenwechsel zu den quantenweltbasierten Technologien herausgefordert.

Das zweite Problem beim Quantenmechanik-Unterricht der Elektrotechniker und Informatiker stellt der Mangel an geeigneten Lehrbüchern dar. Die Physikbücher für Ingenieure versuchen ohne höhere Mathematik auszukommen, und können deshalb nicht über das historisch wichtige aber konzeptionell und in Einzelheiten falsche Bohr-Modell hinauskommen. Die Lehrbücher für Physiker sind dagegen alle sehr mathematikintensiv, und für Elektrotechniker und Informatiker anwendungsfremd und viel zu abstrakt. Das vorliegende Buch versucht deswegen einen Mittelweg zwischen abstrakter Mathematik und Ingenieuranwendung einzuschlagen. Es werden einerseits die Axiome und die Grundkonzepte der Quantenmechanik in der nötigen, jedoch in der möglichst einfachsten mathematischen Formulierung angegeben. Dabei werden aber nur solche Werkzeuge der höheren Mathematik benutzt, die während des Elektrotechnik-/Informatikstudiums sowieso gelehrt und gelernt werden müssen,2) und werden dann für einfache Fälle konkretisiert. Sowohl die nötigen mathematischen Kenntnisse als auch die klassischen physikalischen Grundlagen wurden, für erleichtertes Nachschlagen, in zwei Anhängen zusammengefasst. (Es wird auch stark empfohlen, vorerst diese Anhänge durchzuarbeiten!) Ingenieure ziehen meistens den mathematischen Herleitungen die direkt anwendbaren Formeln vor. Da aber die innere Logik der mathematisch formulierten Quantenmechanik gerade in den Herleitungen selbst steckt, werden die wichtigsten in diesem Buch angegeben – allerdings nur als Fußnoten. Die zwei Ausnahmen bilden die Kapitel 9 und 10. Die entsprechenden Herleitungen bestehen jedoch aus elementaren Schritten, die dann auch zu praktisch anwendbaren Formeln und zum vertieften Verständnis konkreter Beispiele führen. Zusätzlich, wohl wissend, dass die meisten in der Zielgruppe dieses Buches nicht vorwiegend mathematisch gesinnt sind, wird stark auf die Benutzung von Multimedia gesetzt: Die zahlreichen Bilder werden durch aus dem Internet abrufbare kurze Laufbildaufnahmen (Videoclips) und interaktive Simulationen (Applets) ergänzt. Da quantenmechanische Anwendungen oft ein numerisches Rechenverfahren benötigen, helfen die Applets besonders bei der Ermittlung der wichtigen Trends die Last der umfangreichen mathematischer Behandlung von den Schulter der Studierenden zu nehmen, und durch die Applets werden auch gleichzeitig die Ergebnisse grafisch visualisiert. Dieses Buch wurde gezielt für Elektrotechniker und Informatiker geschrieben und zeigt die Verflechtung zwischen der Entwicklung der Quantenmechanik und der Hardware der Beleuchtungstechnik, der Festkörperelektronik und der Quanteninformationstechnologie. Es wird versucht, die überraschenden Behauptungen der Quantenmechanik anhand direkter Anwendungen zu demonstrieren. Selbstverständlich benötigt die funktionstüchtige Beschreibung der meisten Bauelemente auch weitere Kenntnisse in der Halbleiterphysik,3) aber die wichtigsten physikalischen Grundprinzipien der Licht- und Laserdioden, der Foto- und Solarzellen sowie der physikalische Hintergrund der Elektronemission aus Metallen oder des elektrischen Durchschlags in Isolatoren werden in diesem Buch ausreichend erklärt. Das Ziel ist jedoch nicht nur die Erklärung der Funktionsmechanismen von Produkten marktreifer Technologien, sondern viel mehr auch die Vorbereitung für die Zukunft. Deswegen wird auch die Quantenmechanik der Mehrteilchensysteme gestreift, um mindestens einen Blick auf die Grundideen der aufkommenden Quanteninformationstechnologie (durch Skizzierung der aussichtsreichsten Qubit-Kandidaten für Quantum Computing) werfen zu können.

Zuletzt muss noch erwähnt werden, dass die Quantenmechanik viele philosophische bzw. erkenntnistheoretische Fragen aufgeworfen hat. In diesem Buch wurden diese soweit wie möglich unter den Teppich gefegt, und eine – mit philosophischem Fachwort – eher positivistische Darstellung gewählt. Da das Buch für Ingenieure geschrieben wurde, sollte die praktisch nützliche Vorhersage Vorrang vor der philosophischen Interpretation haben. Außerdem ist es vielleicht sowieso besser, zuerst ein auf konkrete Ingenieurprobleme anwendbares Gesamtbild zu malen, das später eventuell noch verfeinert werden muss, als sich gleich bei der ersten Vermittlung der Quantenmechanik in Interpretationswidersprüche zu verwickeln.

Ich möchte mich für die Hilfe von Dipl. Chem., PhD Phys. Markus Rullich und von Herrn Mario Alfredo Gollub bei der sprachlichen, und von PhD Phys. Michael Lorke und PhD. Phys. Bálint Aradi bei der fachlichen Korrektur des Manuskriptes bedanken.

Bremen, im Sommer 2015

Peter Deák