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Inhalt

Vorwort zur 4. Auflage

Kurzbiografien der Autoren

Geleitwort

1 Anorganische Grundprodukte

1.1 Wasserstoff und seine Verbindungen

1.2 Stickstoff und Stickstoffverbindungen

1.3 Phosphor und seine Verbindungen

1.4 Schwefel und Schwefelverbindungen

1.5 Halogene und Halogenverbindungen

1.6 Technische Gase

2 Mineralische Dünger

2.1 Phosphorhaltige Düngemittel

2.2 Stickstoffhaltige Düngemittel

2.3 Kaliumhaltige Düngemittel

3 Metalle und ihre Verbindungen

3.1 Alkali- und Erdalkalimetalle und ihre Verbindungen

3.2 Aluminium und seine Verbindungen

3.3 Eisen und Stahl

3.4 Kupfer

3.5 Silicium und seine anorganischen Verbindungen

3.6 Blei und seine Verbindungen

3.7 Zinn und seine Verbindungen

3.8 Buntmetalle

3.9 Edelmetalle

3.10 Anhang

4 Halbleiter- und Technologiematerialien

4.1 Silicium als Halbleiter

4.2 Germanium

4.3 Gallium

4.4 Indium

4.5 Bor

4.6 Arsen

4.7 Antimon

4.8 Seltene Erden

4.9 Niob

4.10 Tantal

4.11 Verbindungshalbleiter

5 Organosiliciumverbindungen

5.1 Industriell bedeutende Organosiliciumverbindungen

5.2 Technisch bedeutende Silane

5.3 Siloxane/Silicone

5.4 Technische Siliconprodukte

6 Anorganische Festkörper

6.1 ilikatische Erzeugnisse

6.2 Anorganische Fasern

6.3 Baustoffe

6.4 Keramik

6.5 Hartstoffe

6.6 Kohlenstoffmodifikationen

6.7 Füllstoffe

6.8 Anorganische Pigmente

7 Kernbrennstoffkreislauf

7.1 Die Bedeutung der Kernenergie in der Energiewirtschaft

7.2 Allgemeines zum Brennstoff kreislauf

7.3 Verfügbarkeit von Uran

7.4 Kernreaktortypen

7.5 Kernbrennstoffgewinnung

7.6 Entsorgung von Kernkraftwerken

Index

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Arni, A.

Grundkurs Chemie I und II

Allgemeine, Anorganische und Organische Chemie für Fachunterricht und Selbststudium

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978-3-527-33068-3

 

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2010

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Nesper, R.

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2008

978-3-527-32690-7

 

Behr, A.

Angewandte homogene Katalyse

2008

978-3-527-31666-3

 

Arpe, H.-J.

Industrielle Organische Chemie

Bedeutende Vor- und Zwischenprodukte

2007

978-3-527-31540-6

 

Baerns, M., Behr, A., Brehm, A., Gmehling, J., Hofmann, H., Onken, U., Renken, A.

Technische Chemie

2006

978-3-527-31000-5

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Autoren

Prof. Dr. Martin Bertau

Inst. f. Technische Chemie

TU Bergakademie Freiberg

Leipziger Str. 29

09599 Freiberg

 

Prof. Dr.rer.nat. Armin Müller

TU Bergakademie Freiberg

Institut für Technische Chemie

Leipziger Str. 29

09599 Freiberg

 

Dipl.-Chem. Peter Fröhlich

TU Bergakademie Freiberg

Institut für Technische Chemie

Leipziger Str. 29

09599 Freiberg

 

Dipl.-Chem. Michael Katzberg

TU Bergakademie Freiberg

Institut für Technische Chemie

Leipziger Str. 29

09599 Freiberg

 

Cover

Abbildung des Hochofens © Digital Vision

1. Auflage 1984

2. Auflage 1986

3. Auflage 1999

4. Auflage 2013

Vorwort zur 4. Auflage

Die Chemieindustrie ist derzeit gravierenden Veränderungen ausgesetzt. Mehr denn je rücken Fragen der Energie- und Rohstoffeffizienz in den Blickpunkt der Verfahrensentwicklung. So sind nicht nur „Energiewende“ und „Rohstoffwandel“ mittlerweile häufig gebrauchte Schlagwörter, vielmehr zeigt sich an Exportbeschränkungen für beispielsweise Seltene Erden seitens des derzeitigen quasi Monopolexporteurs China, sowie Preissprüngen für strategisch wichtige Metalle wie Tantal, dass Fragen der Rohstoffverfügbarkeit und der Sicherung der Rohstoffbasis in Wirtschaft und Gesellschaft angekommen sind und eine noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehaltene Rolle einnehmen.

Diese Entwicklung macht einen Aufbruch in eine neue Ära des globalen Wirtschaftens nötig, bei dem die Chemie zur Lösung der anstehenden Fragestellungen wieder in den Vordergrund rückt. So steht die moderne Chemie am Beginn einer Renaissance, denn wie kaum ein anderer Wissenschaftszweig ist sie in der Lage, mit Hilfe neuer zukunftsfähiger Verfahren wichtige Rohstoffe unter dem Primat der Wirtschaftlichkeit aus Primär- und Sekundärquellen zugänglich zu machen, ohne dabei neue Abhängigkeiten aufzubauen.

Grund genug also für eine umfassende Darstellung der modernen anorganischchemischen Prozesskunde. Vieles hat sich seit der 3. Auflage von 1998 geändert. Manchem Verfahren, wie z.B. dem der Lithiumgewinnung, wurde damals noch nicht diejenige Bedeutung beigemessen, die wir heute kennen. Die „Industrielle anorganische Chemie“ wurde daher einer tiefgreifenden Neustrukturierung unterzogen und Schwerpunkte neu gesetzt, vor allem aber wurde versucht, durchgängig die Rohstoffbasis sowie die wirtschaftliche Bedeutung und Verwendung der einzelnen Produkte darzustellen und das Zahlenmaterial je nach Verfügbarkeit der Produktionsdaten bestmöglich zu aktualisieren.

Die aus der 3. Auflage bekannte Gliederung des Buches wurde indes weitestgehend beibehalten und der Inhalt an entsprechender Stelle durch neue Abschnitte ergänzt. Die einzelnen Kapitel dieses Buches wurden dem Bedarf entsprechend – teils aber sogar grundlegend – überarbeitet. So gelang es, Bewährtes beizubehalten bzw. an die heutige Situation anzupassen und zugleich mit Neufassungen einzelner Kapitel den aktuellen Stand des Wissens und der Technik herzustellen. Sichtbares Zeichen dieser Neustrukturierung ist das Wegfallen des Randtextes, der durch ein „Quergelesen!“ zu Beginn der jeweiligen Kapitel bzw. Abschnitte dem Leser in kurzer, übersichtlicher Form die wesentlichen Punkte der Kapitel darlegt.

Die Autoren haben in dieser Neuauflage zugleich Wert darauf gelegt, das bewährte Prinzip dieses Buches, Chemiker und Ingenieure aus der Industrie in die Bearbeitung der Kapitel mit einzubeziehen, fortzuführen. Auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die hier dargestellten Verfahren den aktuellen Stand der Industriellen Chemie korrekt wiedergeben und zugleich in der gebotenen Breite beschrieben werden. Aus diesem Grund sind wir für Ihre fachlich kompetente Unterstützung zu Dank verpflichtet:

Dr. Gerhard Auer, crenox GmbH

Dr. Torsten Bachmann, SolarWorld Solicium GmbH

Dr. Rainer Bartusch, KI Keramik-Institut GmbH

Dr. Gunter Buxbaum, ehemals Bayer AG

Dr. Jürgen Behnisch, Evonik Industries AG

Dr. Katja Dombrowski-Daube, TU Bergakademie Freiberg

Prof. Dr. Thomas Fanghänel, Institut für Transurane, EU, JRC

Dr. Jürgen Glenneberg, Evonik Industries AG

Dr. Matthias Grehl, Umicore AG & Co. KG

Dr. Werner Hoffmann, SGL Carbon GmbH

Dr. Christian Kusterer, SolarWorld Innovations GmbH

Jürgen Kessel, SGL Carbon GmbH

Prof. Dr. Ralph, Lucke, FIT-Ceramics GmbH

Dr. Dirk Meyer, BASF S.E.

Dr. Carsten Pätzold, TU Bergakademie Freiberg

Dr. Robin Richter, belchem fiber materials GmbH

Prof. Dr. Gerhard Roewer, TU Bergakademie Freiberg

Dr. Eckehart Roland, Evonik Industries AG

Dr. Silvio Stute, SolarWorld AG

Dr.-Ing. habil. Joachim Ulbricht, TU Bergakademie Freiberg

Dr. Helmut Wipfler, Evonik Industries AG

Herrn Prof. Dr. Wolfgang Voigt, Institut für Anorganische Chemie der TU Bergakademie Freiberg, gilt unser Dank für hilfreiche Diskussionen bei der Erstellung des Manuskripts. Frau Elisabeth Hain sowie den Herren Valentin G. Greb und Erik Weingart, Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg danken wir für ihre mit viel Sinn für Detailtreue angefertigten Zeichnungen und Schemata sowie für ihre Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts.

Unserer Lektorin, Frau Bernadette Gmeiner danken wir für ihre engagierte Unterstützung dieses Buchprojektes und nicht zuletzt auch die Geduld, die sie unseren Wünschen entgegenbrachte. Ein ganz besonderer Dank gilt den Autoren der 1.–3. Auflage, den Kollegen Prof. Dr. Karl-Heinz Büchel, Prof. Dr. Hans-Heinrich Moretto und Prof. Dr. Peter Woditsch, die unser Vorhaben von Anbeginn an unterstützten und für die 4. Auflage das Geleitwort verfassten.

Freiberg, im August 2013

Prof. Dr. Martin Bertau · Prof. Dr. Armin Müller

Dr. Peter Fröhlich · Dr. Michael Katzberg

Kurzbiografien der Autoren

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Prof. Dr. Martin Bertau, Lehrstuhl für Technische Chemie an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, promovierte 1997 an der Universität Freiburg/Br. Danach leitete er die Biotechnologie-Abteilung der Rohner AG (Dynamit-Nobel-Gruppe) in Basel, Schweiz. Im Jahr 2000 wechselte er an die Technische Universität Dresden und leitet seit 2006 das Institut für Technische Chemie und der TU Bergakademie Freiberg. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Rohstoffchemie und Weiße Biotechnologie mit dem Ziel der Entwicklung integrierter Prozesse (Zero-Waste-Concept) zur Produktion und Recycling von Chemierohstoffen wie z.B. Seltenen Erden, Lithium, Elektronikmetallen und Silicium, aber auch der Verwertung von CO2 sowie Lignocellulose zur Erzeugung chemischer Grundstoffe. Für seine Arbeiten zum Phosphatrecycling wurde er 2012 mit dem Ressourceneffizienzpreis des Bundeswirtschaftsministers ausgezeichnet.

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Prof. Dr. Armin Müller studierte Chemie an der Bergakademie Freiberg und promovierte 1989 auf dem Gebiet der Salzhydratschmelzen. Seine berufliche Laufbahn in der chemischen Industrie begann er 1991 bei der Bayer AG in Krefeld auf dem Gebiet der anorganischen Pigmente. Er wechselte 1995 als Betriebsleiter in das Geschäftsfeld Ingenieurkeramik und Photovoltaik der Bayer AG und 1996 als Produktionsleiter zur Bayer Solar GmbH nach Freiberg. Bei der Bayer Solar GmbH und der im Jahre 2000 aus dieser hervorgegange nen Deutschen Solar GmbH war er bis 2003 als Produktionsleiter und bis 2007 als Leiter Forschung und Entwicklung tätig. In dieser Zeit leitete er mehrere Projekte zur Entwicklung neuer Technologien für die Herstellung von Wafern, Zellen und Modulen für die Photovoltaik sowie zur Materialentwicklung. Von 2007 bis 2011 war Prof. Dr. Armin Müller Vorstand der Sunicon AG und ist gegenwärtig als Direktor für strategische Materialien der SolarWorld AG tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf den Gebieten der Herstellung von Reinstsilicium und der Kristallisation von Silicium für die Photovoltaik. Prof. Dr. Armin Müller ist seit 2008 Honorarprofessor für Anorganisch-chemische Technologien an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg.

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Dr. Peter Fröhlich studierte Chemie an der TU Bergakademie Freiberg. Seine Promotion begann er 2006 am Institut für Allgemeine Biochemie der TU Dresden im Bereich funktionalisierter Polysiloxane und setzte seine Arbeiten nach seinem Wechsel an die TU Bergakademie Freiberg am Institut für Technische Chemie bei Prof. Dr. M. Bertau fort. Seit 2011 leitet er die Arbeitsgruppe zur Aufbereitung von Sekundärrohstoffen mit besonderem Forschungsinteresse auf einer geschlossenen Verwertung aller Wert- und Reststoffe unter Einbeziehung von Wirtschaftlichkeitsanalysen zur Umsetzung in den industriellen Maßstab.

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Dr. Michael Katzberg, promovierte 2009 an der Technischen Universität Dresden im Arbeitskreis von Prof. Dr. Martin Bertau auf dem Gebiet der Industriellen (weißen) Biotechnologie, nach einem Forschungsaufenthalt an der Universität Lund sowie einem Studium der Lebensmittelchemie (2000–2005). Anschließend wechselte er ans Institut für Technische Chemie der Technischen Universität Bergakademie Freiberg wo er sich in mehreren Projekten mit der Erforschung und Entwicklung von nachhaltigen Technologien zur Produktion von Grund- und Feinchemikalien beschäftigte, bevor er 2012 zum Chemieanlagenbauer ThyssenKrupp Uhde GmbH wechselte.

Geleitwort

Die anorganische Chemie hat von jeher eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Menschheit gespielt. Bereits in der Frühgeschichte lernte der Mensch, Stoffe umzuwandeln und Gebrauchsgegenstände zu fertigen und zu nutzen.

Von der Keramik über die Metalle bis hin zu modernen Halbleiterwerkstoffen beeinflusst die anorganische Chemie bis heute unser Leben und unsere Umwelt.

Mit dem Erscheinen der ersten Auflage der „Industriellen Anorganischen Chemie“ im Jahre 1984 wurde erstmals das Vorkommen, die Herstellung und Verwendung anorganischer Materialien und ihre industrielle Bedeutung in übersichtlicher Form zusammengefasst. Seitdem wurden verstärkt Anstrengungen unternommen, Technologien und Verfahren zu entwickeln, um energieeffizienter und ökologisch verträglicher zu produzieren sowie neue Materialien und Werkstoffe für neue Anwendungen herzustellen.

Mit dem neuen Herausgeberteam wird das Buch weitergeführt und grundlegend überarbeitet. Das Lehrbuch bietet in übersichtlicher Form eine aktuelle Bestandsaufnahme der industriellen anorganischen Chemie. Das Autorenteam versteht es, in knapper und präziser Form einen fundierten Überblick zu Herstellungsverfahren, wirtschaftlicher Bedeutung und Verwendung der Produkte zu geben. Ein besonderes Augenmerk richten die Autoren dabei auf die Ökologie, den Rohstoff- und Energieverbrauch, Fragen, die unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit an Bedeutung gewinnen. Für einzelne Kapitel liefern dabei Vertreter aus der Industrie entsprechende Beiträge. Den Veränderungen in der industriellen Gewichtung tragen die Autoren Rechnung durch Aufnahme und Erweiterung von hochaktuellen Themen wie Alkali- und Erdalkalimetallen, insbesondere Lithium und gehen auf die Verbindungen der Seltenerdmetalle ein. Neu aufgenommen wurden Kapitel zu technischen Gasen, Halbleiter- und Elektronikmaterialien sowie den Edelmetallen. Um den Umfang im Rahmen zu halten, wurden die Bereiche Baustoffe und Kernbrennstoffe gestrafft.

Insbesondere durch die übersichtliche Darstellungsform erscheint uns das Buch ein gelungenes Hilfsmittel, um sich rasch über die wichtigsten Entwicklungen in der anorganischen Chemie und ihre industrielle Bedeutung zu informieren. Wir wünschen dem neuen Autorenteam weiterhin eine glückliche Hand, um das Werk auch zukünftig zu begleiten.

Krefeld, den 22.05.2013

K. H. Büchel H. H. Moretto P. Woditsch
Burscheidt Leverkusen Krefeld

1

Anorganische Grundprodukte

1.1 Wasserstoff und seine Verbindungen

1.1.1 Wasserstoff

Quergelesen

Die Gewinnung von Wasserstoff erfolgt typischerweise petrochemisch aus Kohlenwasserstoffen. Elektrolytische Verfahren sind insbesondere vor dem Hintergrund der Nutzung von Wasserstoff als chemischem Energiespeicher (seine Energiedichte beträgt 121 MJ/kg) interessant, machen derzeit aber nurca. 10% der Produktionskapazität aus. Neue Verfahrenskonzepte lassen gegenwärtig keine kurzfristige Umsetzbarkeit in den technischen Maßstab erkennen.

1.1.1.1 Allgemeines

Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum; auf der Erde (Litho-, Hydro-, Bio- und Atmosphäre) ist er vornehmlich in Form von Wasser und Hydraten sowie als Bestandteil der Biomasse und fossiler Rohstoffe – mit einem Anteil von etwas unter 1% Massenanteil (etwa 15 Stoffmengenanteile in %, bezogen auf die Atome) – das neunthäufigste Element. Wasserstoff spielt in zahlreichen organisch-chemischen wie anorganisch-chemischen Prozessen eine tragende Rolle.

1.1.1.2 Wirtschaftliche Bedeutung und Verwendung

Wasserstoff gewinnt neben seiner großen Bedeutung als Chemierohstoff und Industriechemikalie insbesondere seit der ersten Ölkrise 1973/74 zunehmendes, wenn auch immer noch sehr spekulatives Interesse als praktisch unerschöpflicher (sekundärer) Energieträger (Brenn-, Kraftstoff) anstelle oder neben dem elektrischen Strom. Die Gründe liegen in der (gewichtsspezifisch) hohen Energiedichte von 121 kJ/g (Methan nur 50,3 kJ/g), der hohen Umweltverträglichkeit, seiner Ungiftigkeit und der guten Transport- und Speichermöglichkeiten.

Die weltweite Produktion an Wasserstoff lag 2010 bei etwa 595 Mrd. m3, d.h. etwa 53 Mio. t. Für Deutschland wird im Jahr 2011 ein Produktionsvolumen von etwa 55 Mrd. m3 ausgewiesen. Die tatsächlichen Produktionszahlen dürften noch etwas höher liegen, da die Mengen, die in Raffinerien als Koppelprodukt anfallen und intern an anderer Stelle wieder eingesetzt werden, in den Zahlen nicht enthalten sind. Abbildung 1.1 zeigt den Verlauf der Wasserstoffproduktion in Deutschland seit 1999.

Abb. 1.1 Wasserstoffproduktion in Deutschland

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88% des weltweit erzeugten bzw. als Zwangsanfall produzierten Wasserstoffes werden direkt beim Erzeuger weiterverarbeitet. Dadurch, dass Raffinerien verstärkt dazu übergehen, anstelle eigener Wasserstoffanlagen Fremdanlagen von Fachfirmen zu nutzen, dürfte der Anteil des über den Markt abgesetzten Wasserstoffes in Zukunft ansteigen.

Die Nutzung von Wasserstoff erfolgt überwiegend für die Ammoniaksynthese und für Raffinerieprozesse (z.B. Hydrocracken zur Verbesserung der Qualität von Erdölprodukten; Hydrotreating, z.B. hydrierende Entschwefelung).

Im unteren Prozentbereich wird er ebenfalls für die Methanolsynthese, Hydrierungen in der organischen Chemie (Fetthärtung, Anilin- und Cyclohexansynthese), in der Elektronik (Schutzgas bei der Halbleiterherstellung), in der Metallurgie (z.B. in Form von Synthesegas zur Direktreduktion von Eisenschwamm, als Reduktions- oder Schutzgas bei Temper- und Umschmelzprozessen), in der Glasindustrie, zur Chlorwasserstoffherstellung sowie zum autogenen Schweißen und Schneiden (Knallgasgebläse) und in der Schutzgasschweißtechnik (z.B. mit Argon/Wasserstoff) benötigt. In der Kraftwerkstechnik dient Wasserstoff aufgrund seiner hohen Wärmekapazität als Kühlmedium für Generatoren (Abb. 1.2).

Das Einsatzgebiet der Erdölraffination wächst zurzeit am stärksten. Dies ist einerseits durch die Umweltgesetzgebung in den Industrieländern bedingt, die einen höheren Wasserstoffeinsatz erfordert, andererseits durch den steigenden Anteil von hochsiedenden Kohlenwasserstoffen, die wasserstoffärmer sind als niedrigsiedende Kohlenwasserstoffe.

Der Wasserstoffanteil, der in den Handel kommt, wird i.A. in gasförmiger oder flüssiger Form befördert. Zum Teil wird er gasförmig in komprimierter Form (z.B. 20 MPa) in Stahlzylindern oder Flaschenbündeln oder flüssig (kryogen) bei –253 °C in hochisolierten Drucktankwagen transportiert. Auch durch Rohrleitungen kann Wasserstoff verteilt werden. In Deutschland wird im Rhein-Ruhr-Gebiet bereits seit Jahrzehnten ein über 200 km langes (Druck-) Rohrleitungsnetz betrieben, der Wasserstoffverbund Rhein-Ruhr, an das eine größere Zahl von wasserstofferzeugenden bzw. -verbrauchenden Industrieanlagen angeschlossen ist.

Abb. 1.2 Anteil der Verfahren an der Wasserstoffproduktion

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Ähnliche Rohrleitungsnetze sind in Europa, z.B. in den Niederlanden, Belgien und Frankreich, eingerichtet.

In der fortgeschrittenen Entwicklung befindet sich die Speicherung bzw. der Transport von Wasserstoff in festem Zustand in Form von Hydriden wie Titan/Eisenhydrid Ti-FeH1.95 oder Magnesium/Nickelhydrid MgNiH4.2.

1.1.1.3 Vorkommen und Rohstoffe

Wasserstoff kommt auf der Erde hauptsächlich in Form von Wasser vor, daneben in gebundener Form in Kohlenwasserstoffen wie z.B. Methan, CH4, sowie Kohlenhydraten, CnH2nOn. Elementar kommt Wasserstoff sowohl in Spuren in der Erdkruste vor als auch in der Atmosphäre. Dabei ist er in den unteren Schichten mit ~0,5 ppm nur spurenweise vertreten, während die obersten, leichten Schichten der Erdatmosphäre nahezu ausschließlich aus H2 bestehen.

Für die technische Wasserstoffgewinnung muss H2 daher aus seinen Verbindungen befreit werden; als wichtigste Rohstoffe sind hier Wasser und Methan zu nennen.

1.1.1.4 Herstellung von Wasserstoff

Wasserstoff wird nach zwei prinzipiell verschiedenen Verfahren großtechnisch hergestellt:

Daneben fällt Wasserstoff in großen Mengen als Nebenprodukt bei Verarbeitungsprozessen der Petrochemie, der Raffinerien und Kokereien (Koksofengas) sowie bei manchen chemischen und elektrochemischen Verfahren, z.B. der Chloralkalielektrolyse, an. Sonstige Verfahren spielen technisch entweder (noch) keine Rolle oder betreffen Sonderfälle.

1.1.1.4.1 Petrochemische Verfahren und Kohlevergasung

Das wichtigste Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff ist die katalytische allotherme Dampfspaltung (Steam-Reforming) von Erdgas (Methan) oder von leichten Erdölfraktionen (Propan, Butan, Naphtha bis Siedeende von 200 °C). Hierbei stammt der erzeugte Wasserstoff teilweise aus dem eingesetzten Wasserdampf, teilweise aus den Kohlenwasserstoffen; bei der Methanspaltung stammen ein Drittel aus Wasser und zwei Drittel aus Methan:

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Etwa 80% des verbrauchten Wasserstoffs werden petrochemisch erzeugt, einschließlich der thermischen oder katalytischen Spaltung von Kohlenwasserstoffen, z.B. in Raffinerien.

In den USA werden über 90% des Wasserstoffs nach diesem derzeit kostengünstigsten Verfahren aus Erdgas hergestellt. In anderen Wirtschaftsräumen ist der Anteil geringer.

Neben dem Steam-Reforming von niedrig siedenden Kohlenwasserstoffen ist vor allem die partielle Oxidation von schwerem Heizöl und Erdölrückständen nach der Bruttogleichung

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von Bedeutung. Die Reaktion verläuft ohne Katalysator und sie ist autotherm.

In Ländern mit billiger Kohle wird Wasserstoff zunehmend durch Kohle/Koksvergasung produziert (vor dem 2. Weltkrieg wurden weltweit 90% des Wasserstoffs nach diesem Verfahren erzeugt). Die Reaktion verläuft nach der Gleichung:

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Da über die Hälfte des Wasserstoffs zur Ammoniakerzeugung (Düngemittelproduktion) dient und diese in modernen Ammoniakanlagen (Wasserstofferzeugung und -weiterverarbeitung in „Einstranganlagen“) erfolgt, sind alle drei Verfahren ausführlich in Abschnitt 1.2.4 abgehandelt.

1.1.1.4.2 Elektrolyse von Wasser

Die elektrolytische Zerlegung von Wasser spielt derzeit nur eine untergeordnete Rolle – ihr Anteil lag im Jahr 2010 unter 4% –, da der Prozess sehr energieaufwendig ist; der gesamte Wirkungsgrad der Elektrolyse einschließlich Stromerzeugung beträgt 20–25%. Nur in Sonderfällen sind Großanlagen errichtet worden, vor allem in der Nähe von Staudämmen, z.B. in Ägypten (Anlage am Assuan-Staudamm: Leistung 33 000 m3/h für die Ammoniaksynthese), Indien, Peru, in Ländern mit niedrigem Strompreis oder auch bei günstigem Absatz des Koppelproduktes Sauerstoff, z.B. in Norwegen. Auch wenn sehr reiner Wasserstoff benötigt wird, z.B. in der Nahrungsmitteltechnologie (Margarineherstellung) oder bei Kleinverbrauchern, stellt man Wasserstoff durch Elektrolyse her. Das Verfahren könnte aber im Rahmen der langfristig angestrebten Wasserstofftechnologie („Nach-Erdöl-Zeitalter“) eine große Bedeutung erlangen.

Die alkalische Elektrolysezelle zum Zerlegen des Wassers besteht im Prinzip aus zwei Elektroden, getrennt durch ein gasundurchlässiges Diaphragma, die in den Elektrolyten (Wasser mit Zusatz von Kaliumhydroxid zur Erhöhung der Leitfähigkeit) eintauchen. Die Elektrolysetemperatur beträgt 80–85 °C. Die theoretische Zersetzungsspannung liegt bei 1,23 V, die tatsächlich aufzubringende bei 1,9–2,3 V (Überspannungseffekte u.a.). An der Anode entwickelt sich Sauerstoff, an der Kathode Wasserstoff:

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Der spezifische Energiebedarf pro m3 Wasserstoff (und 0,5 m3 Sauerstoff) liegt bei 4,5–5,45 kWh.

Technische Zellen sind meist bipolar, d.h. elektrisch in Reihe, verschaltet und bestehen aus einer Vielzahl von hintereinandergeschalteten Einzelplattenzellen, die nach dem Filterpressenprinzip in Blöcken zusammengefügt sind. Bei einer Elektrolyse unter Druck kann der Energieverbrauch um 20% gesenkt werden. Weitere Neuentwicklungen betreffen die Verwendung von porösen Elektroden, die Hochtemperatur-Dampfphasenelektrolyse und das PEM-Verfahren (proton exchange membrane). Als Nebenprodukt der Wasserelektrolyse kann schweres Wasser D2O gewonnen werden, das sich im Elektrolyten anreichert.

1.1.1.4.3 Sonstige Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff Wasserstoff aus Ammoniak

Durch thermische Zersetzung von Ammoniak am Nickelkontakt bei 900 °C (für Hydrierungen oder metallurgische Zwecke) werden Wasserstoff und Stickstoff erhalten:

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Die Reaktion entspricht der Umkehrung der Ammoniaksynthese. Sie wird in Kleinanlagen betrieben.

Thermische Wasserspaltung

Die rein thermische Spaltung von Wasser gemäß

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ist wegen der erforderlichen Temperatur von über 2000 °C technisch nicht sinnvoll.

Dagegen kommen mehrstufige thermochemische Kreisprozesse, von denen eine Vielzahl thermodynamisch möglich, aber nicht technisch ausgereift ist, mit niedrigeren Temperaturen aus. Hierbei wird Wasser mit Hilfe eines im Kreis geführten Hilfsstoffes zersetzt, und die Reaktionsprodukte werden – teilweise über Zwischenstufen – thermisch gespalten. Ein Beispiel ist folgender Schwefel-Iod-Kreisprozess:

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Problematisch sind vor allem Werkstoff- und Korrosionsfragen sowie die Erzeugung der benötigten hohen Temperaturen (ggf. nukleare Prozesswärme oder auch Solarenergie).

In Sonderfällen wird Wasserstoff durch katalytische Zersetzung von Methanol oder Ammoniak (1.1.1.4.3) in Spaltanlagen hergestellt.

1.1.1.4.4 Gewinnung von Wasserstoff als Nebenprodukt

Bei der Verarbeitung von Rohöl in Raffinerien fallen durch Cyclisierung und Aromatisierung, z.B. durch katalytische Reformingprozesse, große Mengen wasserstoffhaltiger Gase an (Raffineriegas).

Dieser Wasserstoff wird aber meist im eigenen Betrieb für Hydrierzwecke verwendet. Auch bei anderen petrochemischen und chemischen Prozessen (Synthese von Olefinen, Acetylen, Styrol, Aceton) fällt Wasserstoff an. Koksofengas enthält über 50% Wasserstoff (Volumenanteil), der daraus isoliert werden kann. Schließlich entsteht Wasserstoff als wertvolles Nebenprodukt bei der Chloralkalielektrolyse (direkt beim Diaphragmaverfahren oder indirekt beim Amalgamverfahren) sowie bei der Salzsäureelektrolyse; zur Gewinnung von Wasserstoff nach diesen Verfahren s. Abschnitt 1.5.2.4. Der Anteil aus diesen Elektrolyseverfahren liegt derzeit weltweit unter 5% der gesamten Wasserstoffproduktion.

1.1.1.5 Neue Trends zur Synthese von Wasserstoff

Vor dem Hintergrund von Energiewende und Rohstoffwandel rücken zunehmend auch neue Ansätze zur Herstellung von Wasserstoff in den Blickpunkt des Interesses („Grüner Wasserstoff“). Sie sind gegenwärtig noch nicht in industrieller Umsetzung, sollen aber an dieser Stelle angesprochen werden, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, die in Diskussion befindlichen Verfahrensansätze kennenzulernen und zu bewerten.

1.1.1.5.1 Fotokatalytische Verfahren

Die fotokatalytische Wasserspaltung ist seit 1972 bekannt. Gleichwohl sind Verfahren zur Wasserstofferzeugung auf diesem Wege noch nicht sehr weit fortgeschritten. Als Katalysator wird häufig Anatas, eine Modifikation von Titandioxid eingesetzt, z.T. in Verbindung mit anderen Metallen oder Aktivatoren. Dabei treten Elektronen aus dem Valenzband in das Leitungsband über, was gleichbedeutend mit der Bildung eines Elektron-Loch-Paares ist. Bei räumlicher Trennung von Elektron und Loch und Diffusion an die Oberfläche des Halbleiters bewirkt das Elektron eine Reduktion und das Loch eine Oxidation.

Für die fotokatalytische Wasserspaltung muss eine Spannung von mindestens 1,23 V zwischen Loch (Anode) und Elektron (Kathode) aufgebaut werden. In der Praxis liegt die benötigte Spannung jedoch im Bereich von 1,6–2,4 V.

Als nachteilig hat sich bislang die Erfordernis von UV-Strahlung erwiesen, denn mit Tageslicht lassen sich Quantenausbeuten von typischerweise ~1%, max. 2,5% generieren. Das Problem der räumlichen Trennung bei der Erzeugung von H2 und O2 ist noch nicht gelöst.

1.1.1.5.2 Pyro- und Piezoelektrochemische Verfahren

Durch Ausnutzung von (überschüssiger) thermischer oder kinetischer Energie kann mit Hilfe von pyro- bzw. piezoelektrischen Substanzen Wasserstoff hergestellt werden. Auch hier ist darauf zu achten, dass Wasserstoff und Sauerstoff räumlich getrennt voneinander generiert werden.

1.1.1.5.3 Biologische Verfahren

Auch mit Mikroorganismen lässt sich Wasserstoff generieren. So beträgt die biogene Wasserstoffproduktion ca. 150 Mio. t/a. Man erreicht aber nur geringe, für den technischen Einsatz unbedeutende Ausbeuten.

Cyanobakterien wandeln Stickstoff durch Nitrogenasen in Ammoniak um:

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Die benötigten Elektronen und Protonen stammen aus der fotosynthetischen Wasserspaltung der sauerstoffbildenden Fotosynthese bzw. dem Stoffwechsel der Zelle. Das Produktgas enthält somit sowohl Sauerstoff als auch Wasserstoff.

Grünalgen verwenden bei der fotosynthetischen Wasserspaltung die Elektronen nicht zur Reduktion von Kohlendioxid, sondern zur Synthese von Wasserstoff. Diese Reaktion wird durch Hydrogenasen katalysiert.

Die von den Mikroorganismen aufgenommene Sonnenenergie kann somit direkt in Wasserstoff umgewandelt werden. Es gibt daher zahlreiche Versuche, auch durch Schaffung artifizieller Symbiosen von Bakterien und Algen, die Wasserstoffsynthese in Bioreaktoren zu realisieren. Eine Übertragung von Laborauf Produktionsbedingungen ist derzeit jedoch nicht absehbar. Hierzu tragen unter anderem der hohe technische Aufwand sowie die geringe Eindringtiefe der fotosynthetisch nutzbaren Lichtenergie in das wässrige Medium bei.

1.1.1.5.4 Gekoppelte Verfahren

Um die Wasserstoffgewinnung über thermochemische Kreisprozesse auch für Temperaturen im Bereich 500–600 °C zu ermöglichen, kann ein Elektrolyseschritt einbezogen werden, wie es bei dem CuCl-Kreisprozess der Fall ist. Dadurch kann neben solarthermaler auch geothermale Energie genutzt werden:

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Eine Kopplung anderer Art bietet eine Fotovoltaikanlage mit konzentrierter Solarenergie. Dabei wird die Strahlung über Reflektoren gebündelt und durch einen Strahlungsseparator geleitet, wobei Wärmestrahlung reflektiert und Licht durchgelassen wird. Die reflektierte Wärmestrahlung wird in einem Wasserdampfgenerator konzentriert, der Dampf für eine Hochtemperatur-Elektrolysezelle liefert. Die benötigte elektrische Energie wird durch Solarzellen geliefert, die hinter dem Filter angebracht sind. Durch diese Verfahrensweise erscheinen Wirkungsgrade von Solarenergie-zu-Wasserstoff von 40% in naher Zukunft realistisch.

1.1.2 Wasser

Quergelesen

Für die Gewinnung von Wasser für den privaten und gewerblichen Gebrauch eignen sich Süß- und Salzwasser. Die Wasseraufbereitung umfasst: Durchbruchschlorung oder Ozonierung, Flockung, Sedimentation, Filtration, Aktivkohlebehandlung, Sicherheitschlorung, pH-Einstellung. Weiterhin kann erforderlich sein: Verminderung der Härtebildner (Ca, Mg), Entfernung von freiem CO2, Fe und Mn. Durch stufenweise Behandlung über Kationen- und Anionenaustauscherbetten oder in „Mischbetten“ wird Wasser mit weniger als 0,02 mg/L Salz erhalten. Letze Reste organischer Verunreinigungen können durch Umkehrosmose (RO) beseitigt werden. Wichtigstes Verfahren zur Herstellung von Süßwasser aus Meerwasser ist die Mehrstufige Entspannungsverdampfung (MSF), bei der die Abscheidung von Härtebildnern durch Zugabe von Schwefelsäure, Polyphosphat oder verhindert wird. Die Gewinnung von Trinkwasser aus Brackwasser oder Meerwasser durch RO fußt auf dem Durchtritt von salzarmem Wasser aus salzhaltigem durch eine semipermeable Membran unter Druck. Wegen des hohen Druckunterschiedes ist die Konstruktion der technischen Entsalzungsanlagen aufwendig. Eine Wasservorbehandlung ist bei beiden Verfahren erforderlich. Die Süßwassergewinnung durch RO ist energetisch wesentlich günstiger als durch MSF.

1.1.2.1 Allgemeines

Wasser ist ein Rohstoff, der auf der Erde prinzipiell in unbegrenzter Menge zur Verfügung steht, da er nicht verbraucht, sondern nach der Verwendung früher oder später wieder in den Wasserkreislauf der Erde eingeschleust wird. Anders sieht es mit der örtlichen Verfügbarkeit und mit der Qualität des Wassers aus (z.B. in ariden Zonen). Für viele Anwendungszwecke wird billiges Wasser hoher Reinheit verlangt. Die Wasserreservoire werden unterschieden in Regenwasser, Meerwasser, Grundwasser und Oberflächengewässer. Sie unterscheiden sich in den verfügbaren Mengen (Meerwasser = 97%) und den Mineralstoffgehalten. So weist Flusswasser einen ca. 20-mal höheren Gehalt an Wasserinhaltsstoffen auf als Regenwasser, Grundwasser enthält Fe und Mn in ihren zweiwertigen Oxidationsstufen, während bei Sauerstoffkontakt die dreiwertigen Spezies gebildet werden. Weitere Unterschiede ergeben sich aus der Belastung mit organischen Inhaltsstoffen, wobei in den Industrieländern insbesondere die Fracht an abwasserbehandlungresistenten endokrin wirksamen Verbindungen (endocrinic disrupting compounds, EDC) ein zunehmendes Problem in den Oberflächenwässern darstellt. Für diese stark schwankenden Rohstoffeigenschaften kommen verschiedene Verfahren in der Wasseraufbereitungstechnik zur Anwendung.

1.1.2.2 Wirtschaftliche Bedeutung und Verwendung

Als Beispiel für die Herkunft und Gewinnung von Wasser in einem Industrieland seien die Zahlen für die Bundesrepublik Deutschland für 2007 genannt. Dort wurden durch die öffentlichen Wasserversorgungsunternehmungen insgesamt 5,1 Mrd. m3 Wasser gefördert, davon wurden 3,6 Mrd. m3 an private Haushalte und das Kleingewerbe abgegeben. Der Verbrauch pro Einwohner und Tag betrug 122 L im Jahr 2007. Die Gesamtmenge setzt sich wie in Tabelle 1.1 angegeben zusammen:

Tabelle 1.1 Wassergewinnung nach Wasserarten (2007)

Wasserarten Mio. m3
Grundwasser 3157
Quellwasser 424
Uferfiltrat 410
Oberflächenwasser 1137
davon:
Seeund Talsperrenwasser 615
Flusswasser 58
Angereichertes Grundwasser 464
Insgesamt 5128

Die Gesamtwasserentnahme (= Förderung durch öffentliche und private Unternehmen) betrug im Jahr 2007 36 Mrd. m3, zu ca. 70% aus Oberflächenwasser und überwiegend (ca. 74%) für die Wärmekraftwerke. Der Wassereinsatz liegt aber etwas mehr als doppelt so hoch und spiegelt die Mehrfachnutzung des Kühlwassers wider. Der Anteil der öffentlichen Wasserversorgung beträgt 14%.

Die Aufbereitung von Meer- oder Brackwasser zu Trinkwasserqualität wird in regenarmen Gebieten (südliches Mittelmeer, nördlicher Wüstengürtel) in technischem Maßstab durchgeführt. In Betrieb sind einerseits Verdampfungsanlagen (ältere Verfahrensweise), andererseits Anlagen mit Umkehrosmosetechnik (neueres Verfahren) und in geringerem Umfang auch Elektrodialyseanlagen (Brackwasser).

Saudi-Arabien ist mit einer Produktion von 9 Mrd. m3/a Wasser die führende Nationen in der Wassergewinnung aus Meerwasser. Allein innerhalb des Shoaiba 3 Projekts werden an der Westküste von Saudi-Arabien jährlich 321 Mio. m3 Wasser gewonnen. Weltweit betrug die Produktion im Jahr 2009 ca. 23 Mrd. m3 Wasser aus 14 754 Anlagen, von denen 40% Leistungen von über 21 Mio. m3/a erreichten.

Geografisch konzentrieren sich die Kapazitäten mit

Vor allem in den letzten Jahren haben sich Umkehrosmoseverfahren (RO, reverse osmosis) zur Entsalzung von Meerwasser verstärkt durchgesetzt, weil sie kompakter zu bauen sind und viel weniger, wenngleich teurere elektrische Energie verbrauchen, wohingegen Vakuumverdampfungsanlagen (MSF, multi stage flash) im Wesentlichen nur thermische Energie benötigen. 61% der Anlagen werden daher nach dem Umkehrosmoseverfahren betrieben, ca. 34% nach dem mehrstufigen (typisch 18 bis 24 Stufen) Vakuumverdampfungsverfahren und 4% nach dem Elektrodialyseverfahren.

1.1.2.3 Vorkommen und Rohstoffe

Wasser bedeckt ca. 70% der Erdoberfläche, 97% davon sind Salzwasser. Vom Süßwasser ist nur ein Viertel nicht in Form von Eis gebunden, sodass die tatsächlich nutzbare Menge weniger als 1% beträgt. Grundwasser ist für die Trinkwassergewinnung das wichtigste Reservoir, seine Menge beläuft sich auf etwa das 6000-Fache der Wassermenge aller Flüsse der Erde. Aufgrund klimatischer und geologischer Gegebenheiten ist die Wasserverfügbarkeit auf der Erde sehr unterschiedlich. So gehört Deutschland zu den wasserreichen Ländern. Im langjährigen Mittel beträgt die jährlich verfügbare Menge 188 Mrd. m3, bei einer Gesamtwasserentnahme aller Wassernutzer i.H.v. 36 Mrd. m3, entsprechend 19% des jährlichen Wasserangebotes. In den ariden Zonen kommt daher der Meerwasserentsalzung, wenngleich energieintensiv, eine große wirtschaftliche Bedeutung zu.

1.1.2.4 Aufbereitung von Wasser

1.1.2.4.1 Aufbereitung von Süßwasser

Nach heutigen Anforderungen ist nur gutes Quellwasser ohne weitere Behandlung als Trinkwasser nutzbar. Je nach Herkunft sind aber alle Sorten Rohwasser mehr oder weniger stark verunreinigt. Die Aufbereitung zu Trinkwasser umfasst die folgenden Schritte:

Es hängt ganz von der Qualität des Rohwassers ab, wie viele der genannten Schritte in der Praxis durchgeführt werden. Bei einem reinen Quellwasser muss u.U. nur eine Sicherheitschlorung vorgenommen werden, um der Infektionsgefahr aus dem Leitungsnetz vorzubeugen. Bei stark verunreinigtem Rohwasser (z.B. Uferfiltrat aus Rhein oder Ruhr) sind zumeist alle Schritte erforderlich, was den Aufbereitungsprozess zwar aufwendig gestaltet, es gleichzeitig aber ermöglicht, auch aus stark belastetem Rohwasser ein brauchbares Trinkwasser erhalten. Andererseits sind bei der Herstellung von Brauchwasser minderer Qualität, z.B. für Kühlzwecke, wesentlich weniger Reinigungsstufen notwendig.

Falls das Wasser größere Mengen an Härtebildnern (Calcium, Magnesium), an Kohlensäure (weiche, saure Wässer) oder Eisen und Mangan enthält, sind zusätzliche Schritte erforderlich.

Für bestimmte Anwendungen wird ionenfreies Wasser verlangt, das durch Ionenaustausch gewonnen wird.

Durchbruchschlorung und Ozonierung

Bei stark verunreinigtem Oberflächenwasser wird klassisch nach Abtrennung der mechanischen Verunreinigungen als erste Stufe eine Chlorung durchgeführt. Es wird dem Wasser so viel Chlor zugesetzt, dass es nach der Behandlung etwa 0,2 bis 0,5 mg/L freies Chlor enthält (Durchbruchschlorung). Chlor reagiert mit Wasser in Abhängigkeit vom pH-Wert unter Bildung von unterchloriger Säure und von Hypochloritanion.

Die Chlorung bewirkt:

Die beiden letztgenannten Prozesse sind unerwünscht: Chlorphenole werden sensorisch bereits in ausgesprochen geringen Konzentrationen (nmol/L) als sehr störend wahrgenommen; einem Teil der aliphatischen Chlorkohlenwasserstoffe (Leitverbindung: Chloroform) wird außerdem ein krebserzeugendes Potential zugeschrieben. Es ist daher üblich geworden, die Chlorung nur bis zur Stufe der Chloramine durchzuführen und die weitere Eliminierung der Verunreinigungen z.B. durch mikrobiologische Abbauprozesse an Aktivkohle vorzunehmen.

Die wichtigste Alternative zur Chlorung ist die Ozonierung des Wassers. Bei ihr treten die genannten Nachteile nur in geringem Maße auf. Problematisch bei der Ozonierung sind allerdings die höheren Kosten. Die Ozonierung begünstigt die nachfolgende Flockung und den biologischen Abbau an Aktivkohle. Es sind etwa 0,2–1,0 g O3/m3 Wasser erforderlich, in besonderen Fällen bis zu 3,0 g/m3.

Eine weitere Alternative ist die Behandlung mit Chlordioxid, das aus Natriumchlorit und Chlor freigesetzt wird, bei der die Bildung von chlorhaltigen organischen Verbindungen geringer ist als bei der Chlorung.

In Deutschland hat die Ozonierung als Vorozonierung – vor die Flockung wird eine Nachozonierung eingeschoben – die Durchbruchschlorung weitgehend verdrängt.

Für die Behandlung von Grundwasser ist eine Durchbruchschlorung bzw. -ozonierung meist nicht erforderlich, eine Belüftung ist ausreichend, um Eisen und Mangan zu oxidieren und zu flocken (s. dort).

Flockung und Sedimentation

Hat das Rohwasser einen starken Trübungsgehalt, vor allem aber kolloidale oder auch lösliche organische Verunreinigungen, so muss es durch eine Flockung vorgereinigt werden. Für diese Zwecke werden dem Wasser saure Eisen- oder Aluminiumsalze zugegeben, im Gefolge fallen voluminöse Niederschläge von Eisen- oder Aluminiumhydroxiden aus:

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Der optimale pH-Wert für die Flockung liegt für die Aluminiumsalze bei etwa 6,5–7,5; für die Eisensalze liegt er bei pH 8,5. Falls der natürliche Alkaligehalt des Rohwassers nicht ausreicht, um die entstandene Säure zu neutralisieren, muss Alkali (z.B. Kalkmilch oder Natronlauge) zugesetzt werden. Zusätzlich können Flockungshilfsmittel wie Polyacrylamid oder Stärkederivate zugegeben werden (nicht in der Trinkwassererzeugung). Bei Verwendung von Aluminiumsulfat werden etwa 10–30 g/m3 eingesetzt. Die ausfallenden, sehr feinteiligen Hydroxidflocken sind positiv geladen und adsorbieren die negativ geladenen kolloidalen organischen Stoffe und Tonteilchen.

Zur Durchführung der Flockung und zur Abtrennung des ausgeflockten Materials gibt es eine Reihe von technisch eingeführten Anlagen, bei denen sich eine definierte Schlammschwebeschicht ausbildet, die abgezogen werden kann. Zum Teil arbeiten die Anlagen mit einer Schlammrückführung, um eine bessere Adsorption zu ermöglichen. Auch eine Abtrennung der Schlammflocken durch Flotation ist möglich.

Filtration

Das durch die Flockung vorbehandelte Wasser muss anschließend filtriert werden. Man filtriert über Sandfilter mit einer Höhe von 1–2 m, im Allgemeinen von oben nach unten. Die Teilchengröße des Sandes liegt z.B. bei 0,2–2,0 mm, die Filtrationsgeschwindigkeit bei 3–5 mm/s. Ist das Filter durch die Verunreinigungen belegt, so erhöht sich der Filterwiderstand. Es wird dann von unten nach oben rückgespült, ggf. zusammen mit Luft. Daneben gibt es Mehrschichtenfilter, z.T. in Kombination mit einer 0,5 m hohen Aktivkohleschicht (Abb. 1.3).

Abb. 1.3 Aufbau eines Zweischichtenfilters

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Entfernung gelöster anorganischer Verunreinigungen

Hydrogencarbonate Enthält das Rohwasser große Mengen an gelösten Hydrogencarbonaten (harte Wässer), so scheidet sich beim Erhitzen des Wassers vor allem das schwerlösliche Calciumcarbonat (0,014 g/L bei 20 °C) ab (Carbonathärte, Kesselstein):

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Die Carbonathärte kann durch Zugabe von Schwefelsäure beseitigt werden, wobei sich das leichter lösliche Calciumsulfat (2 g/L bei 20 °C) bildet:

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Das entstandene Kohlendioxid muss ausgetrieben werden, da kohlendioxidhaltiges Wasser korrosiv ist. Man kann die Hydrogencarbonate auch durch Zugabe von Calciumhydroxid beseitigen:

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In einer technischen Variante wird das Calciumhydroxid als Lösung oder Suspension dem hydrogencarbonathaltigen Wasser zugegeben und über Calciumcarbonatkugeln geleitet, an denen das neu entstehende Calciumcarbonat aufwächst. Ab einer Grenzgröße werden die Kugeln entnommen (Siebklassierung), neue Kugeln können sich an zugegebenen Kristallkeimen bilden.

Aus stark kohlensäurehaltigen, weichen Wässern muss ebenfalls die Kohlensäure ausgetrieben werden, eine gleichzeitige Aufhärtung lässt sich durch Filtration über halbgebrannten Dolomit erreichen.

Eisen und Mangan Beide Metalle kommen in vielen Wässern vor, typischerweise als zweiwertige Ionen. Zu ihrer Entfernung wird Luft eingeleitet, woraufhin sie, ggf. nach Erhöhung des pH-Wertes, zu den dreiwertigen Oxidhydraten (FeOOH, MnOOH) oxidiert werden, die sich durch Filtration abtrennen lassen. Durch die Behandlung mit Luft wird gleichzeitig auch gelöstes Kohlendioxid ausgetrieben. Falls Luft als Oxidationsmittel nicht ausreicht, was z.B. in Gegenwart von Huminsäuren aufgrund ihrer komplexbildenden Eigenschaften und der damit einhergehenden Erhöhung des Redoxpotentials der Fall ist, werden stärkere Oxidationsmittel wie z.B. Chlor oder Ozon verwandt.

Phosphat Geringe Phosphatmengen im Haushaltswasser sind schon aus Gründen des Korrosionsschutzes der Hausinstallationen erwünscht, da sie geeignet sind, durch Bildung schwerlöslicher Phosphate den Schwermetallgehalt des Wassers zu erniedrigen. Talsperren können jedoch bei Zulauf aus landwirtschaftlich intensiv genutzten Flächen zu viel Phosphat enthalten. Dieses wird allerdings bereits auf der vorangegangen Stufe der Flockung durch Eisen- oder Aluminiumsalze ausgefällt, die schwerlösliche Phosphate bilden. Der phosphatbedingte Austrag von Fe3+ und Al3+ ist bei der Flockung zu berücksichtigen.

Nitrat und Ammonium Eine gezielte Nitratentfernung wird in der Praxis trotz bekannter Verfahren zur Denitrifizierung kaum betrieben, da diese kostenintensiv ist und sich die geforderten Grenzwerte durch Verschneiden mit minderbelasteten Wässern sicher einhalten lassen. Ein Abbau von Ammoniumsalzen findet auf biologisch besiedelten Aktivkohlefiltern statt.

Aktivkohlebehandlung

Enthält das Wasser nach vorhergehenden Behandlungsschritten noch (wenig polare) organische Verunreinigungen, z.B. phenolische Körper oder Chlor/Bromkohlenwasserstoffe aus der Chlorung, folgt eine adsorptive Entfernung durch Behandlung mit Aktivkohle. Insbesondere bei der Aufbereitung von Flusswasser bietet die Aktivkohlebehandlung eine zusätzliche Sicherheit gegen aperiodisch, z.B. durch Unglücksfälle, eingetragene Organika wie Mineralöl oder Löschwässer.

Als Alternative zu Aktivkohle kommen auch Adsorberharze auf Polystyrolbasis infrage, sie haben sich aber weniger durchsetzen können. Chlorkohlenwasserstoffe (CKW) und Phenole werden von Aktivkohle im Gegensatz zu Huminsäuren sehr gut adsorbiert, weswegen der Durchbruch Letzterer als Indikator für die Erschöpfung des Aktivkohlefilters dient. In Europa ist der Durchlauf durch ein Bett mit gekörnter Aktivkohle üblich. Es eignet sich allerdings auch der Zusatz von Pulverkohle, ein Verfahren, das in den USA weitverbreitet ist. In diesem Fall kann die Adsorption gemeinsam mit der Flockung erfolgen. Pulverkohle hat den Vorteil, dass sich die benötigte Menge gut an den Grad der Verunreinigung anpassen lässt. Die niedrigen Investitionskosten für dieses Verfahren werden dadurch erkauft, dass eine Regeneration der Pulverkohle im Gegensatz zur thermischen Desorption von Aktivkohle nicht möglich ist. Da die Zusammensetzung der Verunreinigungen von Wasser zu Wasser verschieden ist, werden im Vorfeld der Aktivkohlebehandlung der Kohletyp und die Prozessparameter, wie z.B. die Zahl der Filter oder die Kontaktzeit, empirisch ermittelt. Vor allem aber ist bei der Reinigung darauf zu achten, dass besser adsorbierbare Verbindungen die bereits adsorbierten Verbindungen, wie z.B. Chloralkane, nicht wieder in das Produktwasser verdrängen.

Die durchschnittliche Kapazität für die Entfernung von organischem Kohlenstoff aus dem Wasser liegt bei 50–150 g TOC/m3 Aktivkohle und Tag (TOC: total organic carbon). Sie wird verbessert, wenn nicht bis zum Durchbruch gechlort oder ozoniert wird. Dieser Effekt ist in dem durch den auf der Aktivkohle siedelnden Bakterienrasen biologischen Abbau der organischen Spezies begründet, der neben der Adsorption im Aktivkohlebett stattfindet. Die Ozonbehandlung erhöht die biologische Abbaubarkeit, z.B. indem olefinische Strukturen in mikrobiologisch leicht abbaubare Carbonsäuren überführt werden.

Die Entfernung von Schlamm vom Aktivkohlefilter erfolgt durch Rückspülung. In größeren Abständen müssen zur Vermeidung eines Durchbruchs von Schadstoffen die Filter thermisch unter ähnlichen Bedingungen wie bei der Aktivkohleerzeugung regeneriert werden. Das kann sowohl im jeweiligen Wasserwerk wie auch beim Hersteller der Kohle erfolgen. Die hohen Preise für Aktivkohle von bis zu 2000 €/t machen dieses Vorgehen wirtschaftlich.

Die Aktivkohlebehandlung hat neben der Beseitigung der gelösten organischen Verunreinigungen noch weitere Effekte:

Sicherheitschlorung

Nach abgeschlossener Aufbereitung erfolgt noch eine Sicherheitschlorung, um eine Reinfektion des Wassers im Verteilungssystem zu verhindern. Sie ist auch nach einer vorhergehenden Ozonierung erforderlich. Trinkwasser enthält etwa 0,1–0,2 mg/L freies Chlor.

1.1.2.4.2 Herstellung von ionenarmem oder ionenfreiem Wasser