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Weber, D.

Erfolgreich studieren für Dummies

2013

Print ISBN: 978-3-527-70842-0

Rockstroh, B., Rockstroh, S.

Erfolg in Sicht

Selbstcoaching: Frau und Karriere

2012

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von Hippel, L., Daubenfeld, T.

Von der Uni ins wahre Leben

Zum Karrierestart für Naturwissenschaftler und Ingenieure

2011

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Ireland, K.

Das Überlebenshandbuch für den Job

Über 400 Tipps und Tricks für Beruf und Karriere

2011

Print ISBN: 978-3-527-50586-9

Alle Titel auch in elektronischen Formaten erhältlich.

Karriereführer für Naturwissenschaftlerinnen

Erfolgreich im Berufsleben

Karin Bodewits

Andrea Hauk

Philipp Gramlich

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Autoren

Karin Bodewits

ScienceMums GbR

Rennbahnstr. 99

81929 München

Deutschland

Andrea Hauk

Freiherr-vom-Stein Str. 27

69207 Sandhausen

Deutschland

Philipp Gramlich

ScienceMums GbR

Rennbahnstr. 99

81929 München

Deutschland

Illustration

Vanessa Czerwenka

Kohlbrennerstr. 16

81929 München

Deutschland

Einleitung

Ich betrete meine Wohngemeinschaft. Niemand scheint zu Hause zu sein, in der Küche läuft noch der Fernseher. Jemand muss vergessen haben, ihn auszuschalten. Von der Lautstärke her müsste das Max gewesen sein, niemand sonst hält so einen Krach aus. Während ich die Fernbedienung suche, verfolge ich das Geschehen auf dem Bildschirm. Es scheint eine Art Quizsendung zu sein. Ein Herr im Anzug zieht eine Karte und liest seine Frage vier Männern und einer Frau vor, die ihm gegenübersitzen. „Watson und Crick erhielten ihren Nobelpreis für die Aufklärung der DNA-Struktur. Welche weibliche Wissenschaftlerin trug wesentlich zu dieser Arbeit bei, erhielt aber keinen Nobelpreis dafür?“ Bereits Sekundenbruchteile später hebt einer der Herren die Hand und sagt: „Emmy Noether!“ Die Dame neben ihm zieht die Augenbrauen hoch und sagt mit schockierter Stimme: „Aua, das schmerzt in meinen Ohren! Nicht dass ich denke, dass Emmy Noether keine fantastische Mathematikerin war, aber sie hatte rein gar nichts mit der Struktur von DNA am Hut!“ Der Quizmaster fragt mit einer Stimme, die so nüchtern ist, wie sein Tisch an dem er steht: „Sie haben recht, aber wer weiß, wer es wirklich war?“ „Ja“ entgegnet die Dame, „es war Rosalind Franklin.“

Ich schalte den Fernseher aus. Ich bin leicht beschämt, dass ich die Antwort selbst nicht gewusst hätte. Während ich die Einkaufstasche auspacke und anfange, das Gemüse zu schneiden, denke ich darüber nach, wie wohl das Leben dieser Rosalind Franklin aussah. Der belebende Moment, als sie endlich ihre Eltern überzeugen konnte, dass Sie Naturwissenschaften studieren wollte. Die Aufregung, die sie verspürte, als sie das Muster auf der Röntgenaufnahme sah, das durch die DNA-Kristalle erzeugt wurde. Die Trauer, die sie empfand, als sie in jungen Jahren mit Krebs diagnostiziert wurde. Ich schüttele den Kopf und denke: „Wow, die Zeiten haben sich seitdem geändert.“ Heute spricht uns Frauen niemand mehr das Recht zum Studieren ab, wir können uns eine Welt nicht mehr vorstellen, in der Dinge wie die Struktur von DNA unbekannt sind, und im Labor sind wir vor den meisten Gefahren bestens geschützt.

In den Jahren seit Rosalind Franklin hat sich für Wissenschaftlerinnen viel verändert, und das nicht nur in England. In den 60er und 70er Jahren haben Frauen die Hörsäle erobert, etwas später auch die Doktorandenseminare und heute glaubt man ihnen sogar, dass sie Firmen und gar Länder führen können. Angela Merkel, Bundeskanzlerin von Deutschland, Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer von Facebook oder Indra Nooyi, die Vorstandsvorsitzende von PepsiCo, um nur einige Beispiele zu nennen. Allerdings ist es auch heute noch so, dass es nur wenige Frauen bis an die Spitze schaffen, kein einziger DAX-Konzern wird von einer Frau geleitet, Professorinnen sind immer noch eine rare Spezies. Warum ist das so?

Vielleicht liegt es daran, dass die Männer auf den Chefetagen nur männlichem Nachwuchs helfen und es deshalb Ihre männlichen Altersgenossen einfacher haben, aufzusteigen. Vielleicht sind die Frauen auch selbst schuld daran? Möglicherweise stehen Sie sich selbst im Weg oder sind schlichtweg zu schüchtern, um in eine Führungsposition mit entsprechendem Gehalt vorzudringen. Bilden Sie sich mithilfe dieses Buches eine eigene Meinung, was denn nun die Gründe dafür sein könnten, dass Frauen weniger oft in Führungspositionen anzufinden sind als Männer.

Nicht nur auf diese Frage finden Sie in diesem Buch eine Antwort.

Sie sind Naturwissenschaftlerin, wollen einerseits Karriere machen, aber vielleicht auch nicht auf Familie verzichten? Dann ist das Buch genau das Richtige für Sie, denn es ermutigt Frauen mit naturwissenschaftlicher Ausbildung, sich die Herausforderungen auf ihrem Karriereweg bewusst zu machen, um sie zu überwinden. Während andere Karriereratgeber davon ausgehen, dass gut ausgebildete Expertinnen wie Sie keine beruflichen Probleme haben, bekommen Sie mit diesem Werk speziell für Sie zugeschnittene Tipps. Denn warum sollten Sie keine Hürden zu meistern haben, wie jeder andere auch? Hierbei ist es vollkommen egal, ob Sie bereits im Berufsleben stehen oder noch studieren und sich schon einmal für die Zukunft orientieren wollen.

Die Aufteilung des Buches ermöglicht es Ihnen, genau in dem Kapitel mit dem Lesen einzusteigen, das Sie im Moment am meisten interessiert. Wenn Sie sich auf dem Arbeitsmarkt orientieren wollen, beginnen Sie mit Teil I, als Bewerbungsratgeber benutzen Sie Teil II. Für den Berufseinstieg oder als erfahrene Berufstätige haben wir Ihnen Teil III mit Karrieretipps zusammengestellt. Und falls Sie Ratschläge zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf brauchen, lesen Sie Teil IV. Das Buch eignet sich als Ratgeber, aber auch als unterhaltsame Feierabendlektüre.

Zunächst wird eine Reihe an Aufgabengebieten in verschiedensten Berufsfeldern erläutert. So gibt es beispielsweise für eine promovierte Biologin deutlich vielfältigere Einstiegschancen als die klassische „R&D-Karriere“. Neben Überlegungen, ob eine Anstellung als Postdoc Sinn macht oder ob es den optimalen Zeitpunkt für eine Schwangerschaft gibt, werden Tipps zu Bewerbung und Vorstellungsgespräch gegeben und viele praktische Situationen im Berufsalltag mit Beispielen aus erster Hand erörtert. Sprechen Männer eine andere Sprache oder warum nimmt mich mein Chef nicht ernst? Welche Position kann ich mir zutrauen? Wie werde ich sowohl meiner Familie als auch meiner Karriere gerecht?

Fakten, Praxistipps und Hintergründe wechseln sich mit persönlichen Zitaten ab. Hierfür wurden zahlreiche Personen über deren Erlebnisse befragt. Seien Sie also gespannt auf den Blick „hinter die Kulissen“ und schöpfen Sie aus dem Erfahrungsschatz der interviewten Personen. Hierbei wurde kein Anspruch auf eine wissenschaftlich untermauerte, statistisch haltbare Fallstudie gelegt, sondern auf mit persönlicher Sichtweise eingefärbte Kommentare, die zum Nachdenken anregen sollen. Umdie Karriere sowie das Privatleben der beteiligten Personen zu schützen, wurden die meisten Zitate anonymisiert.

Eingestreute Abrisse über Arbeitsrecht sollen für Situationen sensibilisieren, die Berufseinsteigern oftmals gar nicht bewusst sind. Bitte beachten Sie, dass diese Ausführungen eine Rechtsberatung weder ersetzen können noch sollen.

Danke

Allen Frauen und Männern, die uns mit witzigen, interessanten und auch sehr persönlichen Details bezüglich Karriere, Kinder und Beruf gefüttert haben und uns mit Tipps zur Seite standen. Es war eine Freude sich auszutauschen.

Marie Aichagui

Prof. Dr. Sonja-Verena Albers

Martin Bach

Dr. Josefin Bartholdson

Dr. Karin Blechschmidt

Joke Bodewits

Dr. Robert Born

Dr. Eva Bürckstümmer

Dr. Anne Caniard

Prof. Dr. Thomas Carell

Dr. Franz Dettenwanger

Lucie Dolejsi

Dr. Katja Fromknecht

Dr. Veronika Garus

Dr. Michelle Gehringer

Mareike Grees

Myriam Haselberger

Nelly Möhler

Oliver Hibschenberger

Dr. Linda Holste

Dr. Verena Kochan

Dr. Uwe Köhler

Dana Kuppe

Dr. Bettina Lechner

Florian Lechner

Prof. Dr. David Leigh

Prof. Dr. Robert Luxenhofer

Eva Mendel

Dr. Elena Mendez

Dr. Aileen Mitchell

Peter Müller

Nuria Nogueira Iglesias

Dr. med. Omar Qattawi

Dr. Peter Pack

Thekla Pfefferle

Dr. Ursula Redeker

Dr. Maren Reichl

Dr. Andreas Reim

Dr. Veronika Reiter

Stefan Schneele

Dr. Emily Seo

Dr. Kerstin Seyfarth

Dr. Alexandra Stein

Dr. Marian Turner

Jasmin Ungemach

Dr. Sabine van Rijt

Dr. Simon Warncke

Prof. Dr. Lesley Yellowlees

Nicht zuletzt möchten wir auch all denjenigen danken, die nicht namentlich erwähnt werden wollen. Der Beitrag von Ihnen allen bereichert das Buch auf lebendige Weise. Wir freuen uns, dass Sie uns und den Lesern des Buches Dinge anvertraut haben, die einige von uns womöglich der besten Freundin verschwiegen hätten. Tausend Dank hierfür.

Teil I
Wo soll’s hingehen? Berufswahl als Naturwissenschaftlerin

Schon als Kind träumte ich davon, die Universität zu besuchen. Ich hatte das Bild vor Augen, wie ich schick angezogen in einem großen Vorlesungssaal sitze und einem Professor mit kleinen Brillengläsern auf der Nasenspitze zuhöre. Alle Studenten lauschen gebannt diesem schlauen Menschen, während er uns ein komplexes Thema darlegt, das nur wenige Menschen verstehen. Wir alle kritzeln einen Block nach dem anderen mit all den interessanten Fakten und Ideen des Professors voll. Abends in einer Kneipe stecken wir dann die Köpfe bei einem Glas Cognac zusammen und diskutieren die neuesten politischen Entwicklungen.

Als Studentin dachte ich, dass wir alle zusammenarbeiten werden, um die Zukunft zu gestalten, denn das war es ja schließlich, was uns erzählt wurde. Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Wissenschaft werden, das Jahrhundert der Biotechnologie. Und die schlauen Professoren in den geheiligten Hallen der Universitäten haben allesamt nur ein Ziel, nämlich unseren Planeten in einen besseren Ort zu verwandeln.

Während meiner Promotion war dann leider nicht mehr alles so idealistisch, wie ich anfangs dachte. Ich musste einsehen, dass ich eine romantisierte Vorstellung hatte, vielleicht hatte ich zu viele Spielfilme gesehen, in denen Oxford und Harvard stets in strahlendem Sonnenschein glänzten. Von meinen Träumen bewahrheitete sich nicht viel.

Doch obwohl Forscher manchmal mehr damit beschäftigt zu sein scheinen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, als die Welt zu retten, so ist doch die intellektuelle Freiheit großartig und ich respektiere die leistungsorientierten Werte. Nun, kurz vor der Abgabe meiner Dissertation frage ich mich: „Kann und will ich mich wirklich mein Leben lang einem Fachgebiet verschreiben? Sehe ich mich auch noch in zwanzig Jahren als Professorin vor den Studenten stehen, Publikationen gegenlesen und Drittmittel einwerben?“ Ich nicke der Dame an der Copyshop-Kasse freundlich zu, und stecke das Wechselgeld in meine kleine Tasche. „Viel Erfolg“ wünscht sie mir, als ich mit einem Stapel gebundener Exemplare meiner Arbeit den Laden verlasse. Im Hinausgehen frage ich mich, ob ich meine Zukunft vielleicht gar nicht im universitären Umfeld suchen sollte, sondern in der Industrie? Ich murmle ein leises „Danke“ und betrachte stolz die Arbeit meiner letzten drei Jahre in meinen Armen. „Vielleicht sollte ich es mir zumindest mal anschauen, was man als Naturwissenschaftlerin in der Industrie so machen kann, außer Knöpfe an Maschinen zu drücken und in Meetings zu sitzen“, denke ich mir auf dem Nachhauseweg. Denn immerhin habe ich auch schon oft Sätze gehört wie: „„Die Industrie“, das ist das wahre Leben, dort wird das Geld verdient, da rauchen die Schornsteine, da sitzen die richtigen Experten, die sich nicht in einem Elfenbeinturm verschanzen.“

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Wissen Sie was? Ich gehe für Sie und für mich selbst auf eine kleine Entdeckungsreise. Ich werde „die Universität“ und „die Industrie“ besuchen, um besser zu verstehen, was denn genau hinter diesen beiden Begriffen steckt.

So stehe ich nun also zwischen zwei Gebäuden und kann mich nicht entscheiden, welches ich zuerst betreten möchte. Ich drehe mich zuerst zum Gebäude zu meiner Linken und blicke geradewegs in die Augen einer Steinstatue direkt vor der imposanten Eingangstür. Es ist die Statue von Joseph Black, einem erfolgreichen, schottischen Naturwissenschaftler aus dem 18. Jahrhundert. Während ich in sein mit Moos überwachsenes Gesicht blicke, denke ich: „Cooler Typ, der hat’s geschafft“. Ich öffne die Tür und trete in das Gebäude ein. Es weht mir ein Geruch um die Nase, den ich bereits aus meiner Studentenzeit kenne. Die Eingangshalle sieht aus wie eine altmodische Bahnhofshalle, bei der die Deckenverzierung vergessen wurde. Eine Restauration und eine frische Lage Farbe wären hier nicht schlecht. Der große, brandneue Flachbildschirm in der linken Ecke, der das Vortragsprogramm ankündigt, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, besonders weil er so gar nicht in das altmodische Gebäude passen will. Wunderschöne, uralte Kletterpflanzen ranken sich über der Eingangstür. Die Stämme sind bereits dick wie Arme. Doch was ist das in dem Pflanzentopf? Die Blumenerde ist von einer schwärzlich glänzenden Substanz überzogen.

Das genügt für einen ersten Eindruck, nicht viel anders als meine eigene Alma Mater. Ich bin jetzt neugierig auf das andere Gebäude. Es sieht weitaus moderner aus. Ich kann mein Spiegelbild in der verglasten Front erkennen. Vor dem Eingang steht ein Stück moderne Kunst, das aus gebogenen Metallrohren besteht, aus denen Wasser läuft. Soll wohl ein Brunnen sein oder zumindest daran erinnern, denke ich mir insgeheim, finde es aber gar nicht so schlecht. Als ich eintrete, sehe ich eine Re zeptionistin, die auf der rechten Seite hinter einem Schalter sitzt. Sie schaut auf und fragt, ob sie weiterhelfen kann. Ich sehe mich um. Die beiden einzigen Türen, die von der Eingangshalle wegführen, können nur mit Codekarten entriegelt werden. Es gibt hier auch Pflanzen, doch scheinen diese nicht so alt zu sein wie im anderen Gebäude. Sie machen einen säuberlich gepflegten Eindruck. Im Vorbeigehen werfe ich einen kurzen Blick in die Töpfe. Auch hier befindet sich derselbe vertraute dunkle Film auf der Pflanzenerde. Ich höre die murmelnde Stimme eines Mannes, der an mir vorbeiläuft und meinen fragenden Blick bemerkt: „In jeder Organisation gibt es Leute, die die Pflanzen mit Kaffeeresten gießen.“

Bis auf den Kaffeesatz in den Blumentöpfen wirken Universität und Industrie auf mich wie völlig unterschiedliche Welten. Was aber sind die wirklichen Unterschiede und was ist nur Fassade? Ich werde wohl einige Leute aus dem Gebäude hinter Josephs moosigem Gesicht und der schicken Rezeptionistin kennenlernen müssen, um Ihnen einen genauen Eindruck in diese beiden Welten geben zu können.