Cover Page

E-Learning für Dummies

Schummelseite

Title page image

Einführung

Digitalisierung, Mediatisierung, lebenslanges Lernen und eben auch E-Learning sind Begriffe, mit denen viele Menschen in unserer Zeit umgehen sollen. Nicht nur, dass Lehrende an Schulen und Dozierende an Hochschulen sich mit neuen Medien und Formaten auseinandersetzen müssen, nein, nahezu jede und jeder ist im Leben mit ihnen konfrontiert. Facebook-Nutzern werden Webinare angeboten, Weiterbildungen im Job laufen über Online-Kurse, ganze Studiengänge können im Internet absolviert werden und selbst ein kleines Do-it-yourself-Video auf YouTube zählt streng genommen zur E-Learning-Welt.

Über dieses Buch

Es kann also verschiedene Perspektiven und Gründe für Sie geben, mehr über dieses Thema wissen zu wollen, und ich hoffe, dass ich ein Buch als eine Art Eier legende Wollmilchsau geschrieben habe, das möglichst vielen Menschen einen Zugang zum Thema eröffnet und damit auch viele Aha-Erlebnisse darüber verschafft, was alles dazugehört.

Dem Charakter folgend können Sie von diesem Buch vieles erwarten: Wolle, Eier, Milch und Speck (oder für die Vegetarier unter uns, wie mich: ein kuscheliges Hausschwein). Ebenso viele unterschiedliche Themenbereiche verbergen sich hinter dem Begriff E-Learning.

Was immer Sie über E-Learning wissen wollen, in diesem Buch finden Sie Ansatzpunkte dazu. Sie können gezielt danach suchen, welches Kapitel oder welcher Teil Ihnen etwas über die Beteiligten oder die notwendigen Voraussetzungen verrät oder wo Sie Erklärungen von Programmen finden (dabei hilft auch die Beschreibung der Teile später in dieser Einführung sowie das Inhaltsverzeichnis), Sie können aber auch von vorne bis hinten alles durchlesen, denn jeder Teil erweitert den vorangegangenen um neue Aspekte.

Schließlich gibt es das Kapitel 12, das ich gern extra hervorheben möchte. Hier finden Sie eine Übersicht über alle Phasen, die bei der Implementierung von E-Learning-Ansätzen durchlaufen werden sollten. Der Text orientiert sich sehr an Beispielen und verweist in jedem Schritt auf das Detailwissen, das in den Kapiteln 1 bis 11 beschrieben wurde. Für schnelle erste Erkenntnisse dazu, wie Sie vorgehen, wenn Sie E-Learning anbieten wollen, springen Sie also direkt dorthin und picken sich dann die Grundlagen raus, die Sie näher interessieren.

Törichte Annahmen über die Leser

Da E-Learning eigentlich alle betrifft, Alte und Junge, Lernende und Lehrende, Eltern und Kinder und lebenslang auch jeden, der sich hier nicht wiederfindet, kann die Zielgruppe dieses Buchs im weiteren Sinne eigentlich als »alle« beschrieben werden.

Im engeren Sinne denke ich mir schon, dass Sie ein besonderes Interesse daran haben werden, E-Learning-Angebote selbst zu erstellen oder bestehende zu bewerten und gegebenenfalls zu verbessern. Das macht es wahrscheinlich, dass Sie zu einer der folgenden Gruppen gehören, die sich besonders intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen wollen oder müssen:

Allen genannten Gruppen ist gemeinsam, dass sie gesellschaftliche, didaktische, strategische, technische, operative und strukturelle Grundlagen von E-Learning kennen sollten – und die erfahren Sie in diesem Buch.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Was genau Sie also in den verschiedenen Teilen dieses Buchs erwartet, hängt von dem Teil ab, den Sie als Erstes lesen. Die vier Hauptteile haben alle einen unterschiedlichen Fokus und Sie können wählen, mit welchem Sie gerne starten möchten; Teil I geht in die Grundlagen von Konzepten und Begriffen, Teil II bereitet Ihnen das strategische und bildungswissenschaftliche Wissen so auf, dass Sie auch als Fachfremde Wege und Ziele erkennen können, in Teil III geht es um alles, was Sie technisch nutzen können, und Teil IV erklärt, wie Sie an die Konzeption herangehen. Im Einzelnen:

Teil I: Was ist überhaupt dieses »E-Learning?«

Der erste Teil des Buchs ist für alle interessant, die sich eine Einordnung von E-Learning und den später beschriebenen Teilen wie Strategie, Didaktik, Programme und derlei Details in die Entwicklung der Wissensgesellschaft wünschen. In Kapitel 1 wird dazu beschrieben, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eigentlich dafür sorgen, dass E-Learning ein Konzept ist, das immer mehr Menschen betrifft, und wie es sich nutzen lässt, um Megatrends wie Digitalisierung und größerer Mobilität sowohl von Arbeitskraft als auch von Endgeräten und damit Lerninhalten zu begegnen. Kapitel 1 stellt damit die Umgebung vor, in der sich E-Learning entfalten kann und soll.

Kapitel 2 stellt die Begriffe klar, mit denen im weiteren Buch hantiert wird: Was genau ist denn mit Wissen gemeint und welche Arten gibt es? Wieso werden formales und informelles Lernen unterschieden? Was kann didaktisch wichtig sein und welche Konzepte heißen wie? Schließlich werden die Begriffe am Ende des Kapitels noch in einen Zusammenhang mit der elektronischen Daten- und Wissensverarbeitung gebracht. Der Schwerpunkt liegt im zweiten Kapitel darauf, die Akteure und ihre Bedürfnisse und Anforderungen zu verstehen.

Kapitel 3 beschreibt E-Learning von seinen ersten historischen Ansätzen bis hin in die Gegenwart. Sie erfahren etwas über die Geschichte und die parallele Entwicklung von Computern, dem Internet und den Möglichkeiten, beides zum Lernen zu nutzen. Vor allem stelle ich Ihnen im dritten Kapitel gebräuchlich Formate wie Webinare, MOOCs oder Virtual-Reality-Ansätze vor. Damit ist die Verbindung zwischen den Umweltbedingungen und der Ebene der Einzelnen, die Wissen ansammeln und lernen sollen, hergestellt. Das – leider in diesem Stadium noch etwas abstrakte – Konzept E-Learning nimmt Gestalt an.

In Kapitel 4 findet dann ein erster Ausflug in die tatsächlich existierende Realität statt. Damit es nicht zu theoretisch und konzeptionell wird, habe ich aktuelle, mitunter preisgekrönte und beeindruckende Projekte herausgesucht, die zeigen, was sich schon heute im Rahmen der in Kapitel 3 vorgestellten E-Learning-Bereiche machen lässt. Das Kapitel endet mit einem Blick in die Glaskugel, wohin die Entwicklung möglicherweise gehen wird.

Teil II: Strategisches und didaktisches Vorwissen

Spätestens nach der Lektüre des ersten Teils, aber vielleicht ja auch schon jetzt, haben Sie große Lust, sich selbst an E-Learning-Angeboten zu versuchen. Doch nicht so schnell! Erst einmal sollten Sie wissen, welche Ziele überhaupt mit diesem Konzept verfolgt werden können. Das und für wen was geeignet ist und wie alles zusammenwirkt, erfahren Sie in Kapitel 5. Denn wenn Sie nicht wissen, wohin Sie mit E-Learning kommen können und wollen (dazu müssen Sie sich ja zwischen bestehenden Möglichkeiten entscheiden), werden Sie Ihr Ziel aller Wahrscheinlichkeit nach verfehlen.

Ziele sind gut, aber ohne einen Weg dorthin kommen Sie ebenfalls nicht an. Die Wege – gemeinhin Strategien genannt – enthalten als Startpunkt Ihre eigenen Kompetenzen (die kennen Sie hoffentlich) und den Wissenstand der Nutzer (das müssen Sie herausfinden) und dann aus didaktischer Perspektive verschiedene Arten von Pfaden, auf denen Sie wandeln können. Die führen Sie vom Ausgangspunkt zum Ziel. Sie erfahren in Kapitel 6 zum Beispiel den Unterschied von Wissen bereitstellen (Exposition) und Wissen erkunden lassen (Exploration) – beides Wege, auf denen Sie Ihren Lernwilligen Wissen vermitteln können – und inwiefern die bei der Planung von Lernmodulen eine Rolle spielen.

Der Teil schließt mit Kapitel 7 darüber, wen Sie eigentlich Ihre Wege entlangschicken. Da jemand das Team leiten muss, und das am besten im Sinne von vernünftiger Planung, was das Projekt und das damit verbundene Wissen angeht, startet Kapitel 7 mit einem Ausflug in die Managementansätze, die im Zuge der Einführung von E-Learning interessant sein könnten. Die Beteiligten, sowohl als Personen, aber vor allem als Rollen, werden im Anschluss vorgestellt und dabei deutlich gemacht, aus welchen Personen sich ein Team zusammensetzen sollte, das sich an die Planung und Gestaltung von E-Learning-Angeboten macht.

Insgesamt soll Sie Teil II mit dem Vorwissen ausstatten, das Sie meiner Ansicht nach brauchen, um gute Lehrangebote zu erstellen, beziehungsweise die Qualität von solchen Angeboten zu bewerten. Ich sehe zu viele technisch aufwendig hergestellte Lehrformate, die in Sachen Didaktik oder Zielfindung am Bedarf und den Bildungsproblemen der Betroffenen vorbeigehen und die deswegen nicht funktionieren. Davor, viel Geld oder Zeit oder beides in ein Projekt zu stecken, das dann nicht erfolgreich ist, weil Ihnen dieser Teil des Wissens gefehlt hat, möchte ich Sie gerne bewahren – auch wenn das bedeutet, dass Sie nicht gleich mit den Freuden der Programme und Umsetzungen durchstarten können.

Teil III: Das operative Geschäft: Von virtuellen Orten und Tools

Jetzt aber! Nun geht es in Teil III technisch ans Eingemachte. Um zu entscheiden, in welcher Art der Infrastruktur Sie einen Kurs aufsetzen, müssen Sie wissen, welche Möglichkeiten sich Ihnen überhaupt bieten. In Kapitel 8 lesen Sie alles über die verschiedenen Lernmanagementsysteme und Alternativen dazu, sich selbst eine eigene Online-Umgebung für Kurse zu bauen.

Innerhalb der Lernumgebung und um diese mit Inhalten zu bestücken, kommen Tools und Programme zum Einsatz, die je nach Wahl in Kapitel 8 variieren. Kapitel 9 hat eine klare Gliederung nach verschiedenen Anwendungsbereichen, beispielsweise ob Sie Programme für Live- oder Online-Veranstaltungen oder für die Kurserstellung oder -vermarktung nutzen wollen. Lassen Sie sich nicht von der Vielzahl der Angebote verwirren, am Ende ist es wie immer: erst mal gucken, was es gibt, dann sortieren, was für Ihren persönlichen Bedarf infrage kommt, dann entscheiden, womit Sie sich näher befassen.

Falls Sie sich bei all den technischen Optionen, selbst etwas zu erstellen, fragen, ob das nicht vor Ihnen schon jemand getan hat, sind Sie in Kapitel 10 richtig. Hier geht es um die sogenannten Open Educational Ressources (OER), also um Inhalte, die bereits existieren und die Sie für Ihr Lehrvorhaben vielleicht nutzen können. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, schon mal von Lizenzen gehört zu haben, um beurteilen zu können, was Sie zu welchem Zweck verwenden dürfen.

Teil IV: E-Learning-Angebote konzeptionieren

Teil IV beginnt mit Kapitel 11 mit Wissenswertem zu den Rahmenbedingungen, in denen Sie sich beim Erstellen eines E-Learning-Angebots bewegen. Das können wirtschaftliche und zeitliche Überlegungen sein, die mit Ihren Ressourcen zu tun haben, aber auch juristische Bestimmungen wie das Urheberrecht oder das Gesetz zum Fernunterricht, die Sie kennen und beachten müssen.

Zu Kapitel 12 habe ich weiter oben schon geschrieben, dass es alle bis dahin verfassten Kapitel und deren Inhalte zusammenführt. So entsteht dort eine Anleitung, wie Sie Schritt für Schritt Ihr eigenes Angebot planen, strukturieren und umsetzen. Anhand von Beispielen soll dabei deutlich werden, warum bestimmte Überlegungen wichtig sind und welche Entscheidungen Sie in welcher Reihenfolge treffen sollten. Kapitel 12 führt Sie bis ans Ende der fertigen Konzeption und Gestaltung von Inhalten.

Kapitel 13 setzt dort an, wo 12 aufhört; alles ist fertig. Nun müssen Sie Ihr Angebot noch unters Volk bringen, beziehungsweise Ihre Nutzer davon in Kenntnis setzen, dass es das gibt, wie es funktioniert und was sie genau damit anfangen sollen. Das schließt die Möglichkeiten ein, sich selbst als Teilnehmer zu prüfen, und führt Sie zur Evaluation Ihres Kurses, denn Sie sollten sich genau informieren, was denn die Anwender davon halten und wo es Verbesserungsbedarf gibt.

Teil V: Der Top-Ten-Teil

Der Top-Ten-Teil ist praxisbezogen und enthält direkte Hinweise auf Orte oder Schritte, die Sie kennen sollten. So stelle ich Ihnen in Kapitel 14 die zehn wichtigsten Bildungsmessen und -veranstaltungen zum E-Learning zusammen, damit Sie sich in Ihrer Nähe informieren können, wie all die Möglichkeiten, die Sie nun kennengelernt haben, in der wahren Welt aussehen. Oft sind Messen mit Konferenzen kombiniert und die neuesten Trends werden nicht nur diskutiert, sondern auch gleich präsentiert.

Kapitel 15 zeigt zehn Schritte, um in Camtasia ein Video zu erstellen. Das ist exemplarisch deswegen gewählt, weil Camtasia das am häufigsten verwendete Programm ist und Videos das am häufigsten genutzte Inhaltselement beim E-Learning. Die Schritte lassen sich aber so abstrahieren, dass Sie auch mit anderen Programmen in dieser Reihenfolge ein Lehrvideo erstellen können.

Das Gleiche gilt für Kapitel 16 zu zehn Quiz-Formaten, die Sie nutzen können, um den Lernenden die Selbstüberprüfung zu ermöglichen. Die stelle ich anhand von H5P dar, aber inhaltlich sind die Formate auf jedes andere Tool zur Erstellung von Quiz und Tests übertragbar.

Anhang

Schließlich finden Sie im Anhang noch zwei nützliche Ergänzungen zu den Texten in den Kapiteln, zum einen ist das eine Liste der wichtigsten Abkürzungen im Bereich des E-Learnings, sodass Sie, wenn Sie mal vom Buchstabensalat erschlagen werden, schnell Hilfe bekommen, zum anderen eine Liste weiterführender Literatur, in der sich auch jede Quelle findet, auf die ich im Text verwiesen habe.

Konventionen in diesem Buch

Um besser zu verstehen, was ich Ihnen wie näherbringen möchte, gibt es einige Konventionen, wie Begriffe gekennzeichnet sind. Wichtige Schlagworte werden im Text fett gedruckt. Dann sehen Sie auf einen Blick, was in dem jeweiligen Absatz wichtig ist. In kursiv gesetzt sind vor allem die Begriffe einer Aufzählung, die zentral sind. Das können sein

Dazu kommt, dass Links im www.Listingformat.info ausgewiesen werden, sodass Sie wissen, was genau Sie im Internet eingeben müssen.

Symbole in diesem Buch

Um besondere Inhalte, Sachverhalte oder Beispiele zu betonen, gibt es in jedem für Dummies-Buch Symbole und Kästen. Die in diesem Buch verwendeten Symbole sind:

image Tipps sind klare Hinweise, wo Sie etwas beachten sollten, um zu einem besseren Ergebnis zu kommen. Das kann sich auf die Vorgehensweise oder auf bestimmte Überlegungen beziehen, aber auch, wo Sie sich weiter informieren können, wenn Sie Details wissen wollen.

image Anhand von Beispielen werden viele Sachverhalte leichter verständlich. Beispiele kommen aus dem Alltag, aus meinen persönlichen Erfahrungen und aus gut beschriebenen Praxisbeispielen.

image Ein Vorsicht-Symbol sollte Sie aufmerksam machen für eventuelle Fallstricke, die Ihnen an einer bestimmten Stelle begegnen können. Vorsicht, machen Sie diesen oder jenen Fehler nicht! Oder auch Vorsicht, hier können Sie sich verzetteln.

image An einigen Orten stehen Erinnerungen an Hinweise und inhaltliche Erklärungen, die Sie an anderer Stelle des Buchs bereits gelesen haben könnten. Wenn Sie das übersprungen hatten, dann gibt es auch immer die Möglichkeit, dort nachzulesen, weil immer auf das jeweilige Kapitel verwiesen wird.

image Kulturelles Wissen verweist auf Ursprünge und traditionelle Ansätze ebenso wie auf weiterführendes Wissen, das Sie nicht unbedingt brauchen, um den Text zu verstehen, das aber als Ergänzung für einige hoffentlich spannend ist.

image Wenn es weiterführende Informationen im Web gibt, dann stelle ich Ihnen mit solch einem Symbol den Link kurz ein. Am Ende des Buchs finden Sie in der Linkliste im Anhang auch noch einmal alle Links, die im Buch benannt wurden.

image Techniker finden Sie immer dann, wenn es um technische Details geht, die Sie kennen sollten, aber nicht müssen. Beispiele können Programmdetails, aber auch die technischen Grundlagen von Anwendungen sein.

Wie es weitergeht

Auf geht’s! Jetzt sind Sie im Bilde darüber, was ich mir für Sie ausgedacht habe – nun müssen Sie es nur noch lesen. Ich hoffe sehr, dass ich Ihr Interesse an E-Learning weiter ausbauen kann und Ihre Neugier, was den einen oder anderen Anwendungsfall oder die mögliche Umsetzung betrifft, stillen werde.

Teil I

Was ist überhaupt dieses »E-Learning?«

image

Kapitel 1

Das neue Umfeld: Wissenskultur

IN DIESEM KAPITEL

  • Individuelle und gesellschaftliche Aspekte von Wissen
  • Entwicklung zur Wissensgesellschaft
  • Bildung, Wissen und Beruf
  • Zusammenhang zwischen Megatrends und Wissen

Lernen geschieht. Dagegen können Sie sich gar nicht wehren. Sie lernen, während Sie sich in der Welt bewegen, etwa neue Fakten aus der Zeitung oder dem Internet oder auch, wie Ihr neues Smartphone oder das Navi im Auto funktioniert. Lernen kann intuitiv, planvoll, nebenher, systematisch und vieles mehr sein (zu der genauen Begriffsbestimmung finden Sie mehr Informationen in Kapitel 2), aber vor allem wird es immer wichtiger, nie damit aufzuhören. Lernen wird inzwischen also als Konzept »lebenslang« gedacht.

Der Gegenstand von Lernen ist das Wissen. Das ist sowohl auf individueller wie auch auf gesellschaftlicher Ebene ein wichtiger Begriff. Der Bestand an Wissen, mit dem Sie persönlich in Ihrem (Berufs-)Leben hantieren, wird immer schneller ergänzt und ersetzt. Wissen hat eine deutlich kürzere Halbwertzeit als noch vor wenigen Jahren. Das liegt unter anderem in der strukturellen und technologischen Entwicklung begründet, die die Gesellschaft in den vergangenen Jahrhunderten verändert hat.

image Lebenslanges Lernen geht alle an. Unabhängig von Ihrem Job, Ihrem Umfeld, Ihrer bisherigen Ausbildung wird es kaum eine Position in unserer Gesellschaft geben, auf der Sie sich zurücklehnen können mit dem Gedanken: »Ich weiß alles, was ich wissen muss.« Das neue Motto muss sein: »Was lerne ich heute?«

Die Wissensgesellschaft, die das 21. Jahrhundert ausmacht, löste die Industriegesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts ab. Bereits in der Zeit der Industrialisierung, die ebenfalls mit einem technologischen Fortschritt, der Dampfmaschine, und einer systematischen Veränderung in der arbeitsteiligen Gesellschaft zusammenhing, war Wissen neben purer Arbeitskraft in den Fokus geraten. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin entdeckten Staaten (auch das geschichtlich zu der Zeit ein noch recht neues Konzept), dass Bildung zu Staatsbürgern führen könnte, die produktiver wären als die der »Konkurrenz«, also anderer Staaten, und so den wirtschaftlichen Erfolg einer Region beeinflussen könnten. Preußen beispielsweise führte im Zuge einer ganzen Reihe von Reformen auch ein Schulsystem ein, das dazu gedacht war, ständeunabhängig je nach eigener Begabung an Bildung zu gelangen. Dass das so noch nicht wirklich funktioniert hat und bis heute in unserem in den Grundzügen noch auf diesen Reformen beruhenden Schulsystem auch nur mäßig tut, ist nicht den Erfindern anzulasten, sondern der Zeit und dem mitunter fehlenden politischen Willen, alles wie gedacht umzusetzen. Bildung war und ist also auch immer politisch und vor dem Hintergrund von weltweit ungleicher Ressourcenverteilung und steigenden Ansprüchen an das Bildungsniveau kann auch E-Learning zum politischen Instrument werden.

In dieser Zeit, in der einerseits das Handwerk, das im alten Stil vom Meister an den Lehrling Wissen vermittelte und über Zünfte abgesichert war, andererseits aber die Industrie vor allem viele und billige Arbeitskräfte brauchte, entbrannte ein Konflikt, der – am Ende eines von vielem Hin und Her geprägtem Prozesses – darin mündete, dass auch in der Industrie Facharbeiter ausgebildet wurden. Ein Grund war, dass das Anlernen auf eine Maschine in komplexer werdenden Abläufen nicht mehr genügte und Arbeiter erwünscht waren, die ein ganzes Feld an Aufgaben beherrschten. In beiden Bereichen ist E-Learning inzwischen vielerorts fester Bestandteil der Ausbildung, sei es mit virtuellen Lernszenarien, aber auch zu einfachen Schulungszwecken.

image Das duale System in der Ausbildung, das sich im Laufe der Zeit aus Anleitung im Arbeitsumfeld einerseits und Anwesenheit in einem berufsschulischen Umfeld andererseits herausgebildet hat, ist übrigens eine recht deutsche beziehungsweise noch in Österreich und der Schweiz angelegte Erscheinung. Andere Länder haben sehr unterschiedliche Bildungssysteme und trotz verschiedener Bemühungen sträubt sich dieses System auch hartnäckig, sich exportieren zu lassen.

Das Berufsprinzip, in dem sich Menschen anhand ihrer Ausbildung als Bäcker oder Ingenieure oder Mechatroniker oder Volkswirte definieren, bestimmt auch, was man in dem Wissensbestand der Person erwarten kann: eben das, was sie in der passenden Ausbildung oder auch im Studium gelernt und wofür sie ein Zertifikat haben. Viele Jahre lang hat das gereicht, um durch das Berufsleben hin zu einer goldenen Uhr nach 50 Jahren Betriebszugehörigkeit und in ein wohlverdientes Rentnerdasein zu gleiten. Seit einigen Jahrzehnten gilt das so nicht mehr. Sowohl die Ansprüche und Erwartungen der Menschen an ihren Lebenslauf, als auch die Notwendigkeiten, mit der Digitalisierung in der modernen Welt Schritt zu halten, führen zu Veränderungen, die sich in Form von Trends offenbaren.

Über die sogenannten Megatrends sind die individuellen Veränderungen in Verhalten und Prioritäten an die Gesellschaft gekoppelt. Aktuell beschreibt das Zukunftsinstitut (www.zukunftsinstitut.de/dossier/megatrends) als solche Megatrends unter anderem die folgenden, die im Zusammenhang mit einem Wandel der Lernkultur zum Einsatz von E-Learning führen:

image Die Verlockung, dem schnellen Ergebnis einer Online-Suche zu glauben, ist riesig. Es ist ja auch bequem! Aber wenn Sie sich bewusst machen, dass hinter den Ergebnissen Algorithmen stehen, die Ihnen genau das raussuchen, was Sie am wahrscheinlichsten anklicken – und die wiederum von findigen Menschen beeinflusst werden können –, werden Sie hoffentlich ein wenig kritischer.

Was hat das nun alles mit dem Thema dieses Buchs, E-Learning, zu tun? Das ist ziemlich einfach. Alles, was ich Ihnen noch vermitteln möchte, jeder Begriff in Kapitel 2, jedes Instrument in Kapitel 3, jedes Beispiel in Kapitel 4 und jeder Hinweis zum Vorgehen auf den restlichen 200 Seiten finden in eben diesem Umfeld statt. Wenn Sie sich mit E-Learning befassen, werden Sie mit all den eben vorgestellten Begriffen zu tun haben. Es wird um Wissen gehen und darum, wie es sicher unter den Beteiligten geteilt werden kann, aber auch um individuelle Motive, überhaupt lernen zu wollen, und natürlich um die Möglichkeiten, die die Digitalisierung und Vernetzung, der mobile Zugang und das neue Verständnis von Arbeit mit sich bringen. Insgesamt eröffnen Megatrends auch neue Perspektiven und Felder, in denen »neue« Menschen sich orientieren und organisieren müssen. Auch bei der Vermittlung der dafür notwendigen Kompetenzen, etwa Medien kritisch zu prüfen oder überhaupt erst mal mit ihnen umgehen zu lernen, können digitale Lernangebote helfen.