Cover: Großeltern für Dummies by Gérard Strouk

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Über die Autoren

Gérard Strouk ist Gynäkologe und Geburtshelfer sowie ehemaliger Abteilungsleiter der Maternité des Lilas (Seine-Saint-Denis). Er leitet auch weiterhin die Väter-Gruppen, die er vor 25 Jahren in dieser Entbindungsstation gegründet hat und in deren Rahmen er sich einen weitreichenden Überblick über drei Generationen verschaffen konnte. Auch heute noch liegen ihm die Belange werdender Mütter und deren Mütter – werdende Großmütter – sehr am Herzen.

Guénolée de Blignières-Strouk ist Kinderärztin, ausgebildet in Haptonomie und Homöopathie. In ihrer dreißigjährigen Praxis hat sie auch viele Großeltern ihrer kleinen Patienten kennengelernt. Selbst die Kinder ehemaliger Patienten hat sie schon häufig auf ihrem Lebensweg begleitet.

Auf diese Weise hatten beide – ebenso wie die betreuenden Hausärzte – auch immer einen gewissen Anteil an der Weiterführung der Generationenkette innerhalb einer Familie. Und wenn Sie es genau wissen wollen, die beiden haben zusammen drei Kinder, die selbst bereits Eltern sind, und sind somit prädestiniert als Autoren für dieses Buch. Denn ihre sieben Enkelkinder haben ihnen eine ganz klare und praktische Vorstellung davon vermittelt, was es heißt, Großeltern zu sein.

Marinette Lévy ist Autorin, Drehbuchautorin und Mutter von zwei kleinen Töchtern. Sie beobachtet Tag für Tag die neu geknüpften Bande zwischen ihren Töchtern und ihren Großeltern und kann uns viel darüber berichten. Sie ist außerdem die Enkelin von zwei wunderbaren Großelternpaaren, die ihr viel beigebracht haben und dies auch weiterhin tun! Mit Stolz vermittelt sie Ihnen daher in diesem Buch ihre Erfahrungen und Eindrücke aus der Sicht einer mittlerweile erwachsenen Enkelin!

Einleitung

Es gibt eine Fülle von Ratgebern für Mütter. Auch an Ratgebern für Väter mangelt es nicht und was Bücher rund ums Kind (Elternratgeber, Kinderbücher) angeht, so werden wir damit praktisch überflutet. Aber wozu ein Buch für Großeltern? Man könnte meinen, für jemanden, der selbst mehrere Kinder großgezogen hat, sollte die Ankunft eines Enkelkindes ein Klacks sein.

Tatsächlich ist Oma oder Opa sein aber etwas ganz anderes als Mutter oder Vater zu sein. Der französische Schriftsteller Victor Hugo, der bekanntlich alt und weise geworden ist, schrieb »L'Art d’être grand-père« (»Die Kunst, Großvater zu sein«), und tatsächlich ist die Aufgabe, ein guter Großelternteil zu sein, ein wenig vergleichbar mit einem filigranen Kunstwerk, das es im Laufe der Zeit zu erschaffen gilt. Keine Sorge, wir begleiten Sie dabei. Und wir versprechen Ihnen, dass Sie diese neue Rolle in Ihrem Leben lieben werden, denn wenn Sie es richtig machen, dann ist Großelternteil zu sein, sogar noch besser, als Elternteil zu sein.

Über dieses Buch

Großeltern haben einen ganz besonderen Platz im Leben ihrer Enkelkinder, und Ihnen wird es genauso gehen. Aber wie finden Sie ihn am besten? Sie werden schon bald feststellen, dass es dabei zahlreiche Reibungspunkte geben kann. Der französische Schriftsteller Victor Hugo (der schon wieder) formulierte es recht treffend: »Wenn das Kind erscheint, applaudiert der Familienkreis unter lautem Geschrei.« Ja, auch an Geschrei – auf die eine oder andere Art – wird es sicherlich nicht mangeln. Wie werden Sie sich dieser neuen Rolle stellen, die Ihnen da so unvermittelt zugedacht wurde? Werden Sie – weise und erfahren, wie Sie sich inzwischen fühlen – bereit sein, Ihre Erfahrungen weiterzugeben, auch auf die Gefahr hin, als besserwisserisch zu gelten? Oder werden Sie sich aus Angst, die frischgebackenen Eltern zu bevormunden, lieber zurückhalten (und dabei denken, dass es eine Schande ist, dass Sie nichts sagen dürfen, nur weil Ihre eigenen Sprösslinge es »in den falschen Hals kriegen« könnten)?

Und was passiert in Ihrem tiefsten Inneren? Ihren neuen Status als Oma oder Opa mögen Sie sich nicht ausgesucht haben, aber allein die Existenz Ihrer Enkelkinder wird Sie definitiv für immer verändern.

Konventionen in diesem Buch

Zwecks besserer Übersichtlichkeit möchten wir Ihnen kurz die folgenden Konventionen näher erläutern:

  • Sofern nicht anders angegeben, wenden wir uns in diesem Buch an Männer und Frauen, die Großeltern werden. Also werden wir Sie im Allgemeinen als »Großelternteil« bezeichnen.
  • Anstatt wirklich jedes Mal anzugeben, ob es gerade um ein männliches oder um ein weibliches Kind oder Enkelkind geht, haben wir der Einfachheit halber und sofern passend, in der Regel nur die sächliche Form (also »das Kind« und »das Enkelkind«) oder die männliche Form (also »der Enkel«) verwendet. Letzteres gilt auch bei der Erwähnung des Partners oder Ehepartners. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun, sondern es war manchmal schlicht und ergreifend leichter so.
  • In ähnlicher Weise und ohne moralisches Urteil bezeichnen wir die Elternteile Ihres Enkelkindes auch häufig als »Ihr Kind oder Ihre Kinder«. Das bezieht sich dann – je nach Fall – auf Ihren Sohn, Ihre Tochter, Ihren Schwiegersohn oder Ihre Schwiegertochter beziehungsweise eben die jeweiligen Partner – unabhängig davon, ob die Paare nun verheiratet sind oder nicht. Es wird Ihnen sicherlich leichtfallen, diese verallgemeinernden Begrifflichkeiten auf sich und Ihre individuelle Lebenssituation anzuwenden.
  • Die Erfahrungsberichte der Großeltern in diesem Buch sind nicht ausschließlich unsere eigenen. Wir haben noch viele weitere gesammelt. Da uns jedoch daran gelegen war, weder aus dem eigenen Nähkästchen noch aus dem der anderen zu plaudern, haben wir selbstverständlich darauf geachtet, die nötige Anonymität zu wahren.

Was Sie nicht lesen müssen

Nicht unbedingt lesen müssen Sie die grau hinterlegten Kästen. Darin finden Sie Extras, die Ihnen helfen können, bestimmte Themen noch genauer zu beleuchten, wie Tipps, Erinnerungen, nette Ideen, praktische Informationen – manchmal etwas pikant, aber immer in wohlwollender Absicht.

Törichte Annahmen über den Leser

Wie bei allen … für Dummies-Büchern gehen wir an dieser Stelle von ein paar grundlegenden und an das Thema des Buches angelehnten Annahmen aus:

  • Sie werden in nicht allzu ferner Zukunft Oma oder Opa sein.
  • Sie fühlen sich in dieser neuen Situation ein wenig rat- und hilflos, eben wie ein »Dummie«.
  • Aber Sie sind natürlich keiner, weil Sie schlau genug waren, sich dieses Buch zu kaufen.

Wenn Sie sich in einem oder mehreren dieser Punkte (vor allem Nummer eins) wiederfinden, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Achtung, dieses Buch ist keine Bedienungsanleitung! Unser Ziel ist es, Ihnen auf möglichst einfache Weise zu vermitteln, wie Ihr neues Leben als Großelternteil sehr wahrscheinlich aussehen wird. Das Buch ist in sechs Teile mit insgesamt vierundzwanzig Kapiteln untergliedert, die einer gewissen Chronologie im Leben eines Großelternteils folgen. Hier werden (so ziemlich) alle Schwierigkeiten beschrieben, die sich für Sie ergeben könnten, und Sie lernen vor allem – wenn Sie es möchten –, wie Sie ihnen entspannt und mit der nötigen Portion Humor begegnen.

Teil I: Die Ankündigung

Das Leben als Großelternteil beginnt nicht am Tag der Geburt des ersten Enkelkindes. Es beginnt ganz unauffällig, aber mit Sicherheit ein paar Monate früher, und zwar in Wirklichkeit bereits bei der Ankündigung der Schwangerschaft. Und was für ein Moment das doch ist! Welch intensive Gefühle beim Gedanken an die künftige Rolle jedes Einzelnen dabei aufkommen! Der erste Teil des Buches befasst sich also mit dieser magischen Zeit vor der Geburt. In diesem Teil erfahren Sie, wie Sie die jungen Eltern in dieser wunderbaren Wartezeit am besten begleiten können, ohne dabei zu aufdringlich zu sein.

Teil II: Es ist da! Hurra!

Neun (lange) Monate sind vergangen und dann, eines schönen Morgens oder Abends, erhalten Sie ihn – den Anruf (oder die SMS oder die Whatsapp-Nachricht, es leben die modernen Zeiten), den Sie so sehnlich erwartet, aber in manchen Momenten auch gefürchtet hatten. Es ist so weit, Ihre Tochter oder Schwiegertochter hat ihr Kind zur Welt gebracht! Ihr Enkelkind! Und Sie? Sie sind nun offiziell ein Großelternteil. Oh mein Gott, so viele Emotionen! Diese werden manchmal widersprüchlich oder auch schwer zu verdauen sein, aber ganz egal was passiert, sie werden stark und einzigartig sein. In diesem Teil des Buches geben wir Ihnen wertvolle Tipps und Ratschläge an die Hand, wie Sie diese spannende Zeit so gut wie möglich meistern und genießen können.

Teil III: Sind Sie nun etwa schon ein Vorfahre?

Das Ganze schlägt ein wie ein Blitz. Es ist nun alles ein bisschen viel auf einmal, und Sie fühlen sich ein wenig an den Rand gedrängt durch diesen Neuankömmling und seine Eltern, die gerade mehr denn je absolut neben sich stehen. Nun, es ist nicht zu leugnen – mit der Geburt des Kleinen haben Sie ganz klar die Generation gewechselt. Was Sie allerdings nicht vergessen sollten, ist, dass Sie auch eine echte Chance haben, sich mit diesem Kind auszutauschen – in Form von Zärtlichkeit, Liebe und Lachen. Wenn Sie sich also einfach ein bisschen entspannen, dann können Sie sich auch auf diesen Tanz der Gefühle einlassen – und dabei Ihre Hüftprothesen und Hühneraugen vergessen, die Sie dann vielleicht nicht einmal mehr bemerken werden.

Teil IV: Eine erfüllende Beziehung?

Die Beziehung zu Ihrem Enkelkind ist kein Geschenk, das Sie hübsch verpackt mit einer rosafarbenen oder babyblauen Schleife drum herum überreicht bekommen. Es ist eine Bindung, die im Lauf der Jahre entsteht, wenn Sie sich Mühe geben – und Zeit. Die Zeit, die Ihnen vielleicht schon einmal Streiche gespielt hat und von der Sie wissen, dass sie begrenzt ist. Es ergibt sich natürlich nicht alles von heute auf morgen, und die Beziehung zu Ihrem Enkelkind ist nicht sofort so klar und einfach wie damals zwischen Ihnen und Ihren Kindern (als ob es mit ihnen je einfach gewesen wäre). Aber frei nach dem Kinderbuch »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint-Exupéry (falls Sie es noch nicht kennen, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt es zu lesen) lässt sich sagen: Sich selbst zu überwinden braucht Zeit, aber wenn man es einmal geschafft hat, dann bleibt es für immer.

Teil V: Ihre Rechte und Pflichten als Großeltern

In diesem Teil befassen wir uns mit weniger angenehmen Dingen: Konflikte, die manchmal in Tragödien münden, Streitigkeiten zwischen Eltern und Großeltern und Enkelkinder (welche bei solchen »Erwachsenengeschichten« kaum ein Mitspracherecht haben), die infolgedessen die Welt nicht mehr verstehen oder sich gar schuldig fühlen. Wir geben zu, dass dieser fünfte Teil wahrhaftig alles andere als lustig ist, aber wir waren der Ansicht, dass man diese ernsten Themen nicht einfach unter den Teppich kehren sollte. Wenn Sie dieses Buch in erster Linie zum Spaß lesen und die hier behandelten Punkte Sie nicht betreffen, dann überspringen Sie diesen Teil einfach.

Teil VI: Der Top-Ten-Teil

Es ist eine Tradition bei der … für Dummies-Reihe, einen letzten Teil anzuhängen, der aus Zehnerlisten besteht. Erfahren Sie, welche Fettnäpfchen Sie am besten vermeiden und warum es einfach wunderbar ist, Großeltern zu werden. Außerdem finden Sie hier Tipps, welche Aktivitäten Sie Ihren Enkelkindern vorschlagen können und welche Dinge Sie sinnvollerweise im Haus haben sollten, wenn Ihre Enkelkinder zu Besuch kommen.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

imagesDazu müssen wir nichts sagen, oder? Überspringen Sie diese Passagen auf keinen Fall, denn sie sind wichtig.

imagesDieses Symbol fasst die großartigen Ideen eines oder mehrerer vorhergehender Absätze zusammen beziehungsweise erinnert Sie an einige Dinge, die Sie sonst vielleicht vergessen.

imagesTun oder nicht tun? Das ist hier die Frage, die dieses Symbol beantwortet.

imagesEine kurze wahre Begebenheit, die Sie zum Lachen, Schmunzeln oder Nachdenken bringt. Dieses Symbol steht sozusagen für den Erfahrungsaustausch zwischen Großeltern.

Wie es weitergeht

Dieses Buch soll Ihre Fragen beantworten. Aber diese Fragen werden nicht zwangsläufig in der Reihenfolge bei Ihnen auftauchen, in der wir sie beantworten. Sie können also entweder einen auf Ihre Frage passenden Eintrag im Stichwortverzeichnis nachschlagen und dann an der entsprechenden Stelle im Buch zu lesen beginnen, oder Sie blättern ganz nach Belieben durch die Seiten und lesen einfach in der Reihenfolge, die Ihnen gefällt, beziehungsweise das, was Ihnen gerade ins Auge sticht oder Ihre Neugierde als frischgebackener Großelternteil weckt. Selbstverständlich können Sie dieses Buch auch einfach von vorn bis hinten durchlesen, in der vorgesehenen Reihenfolge und ohne auch nur eine Zeile auszulassen. Wie auch immer Sie vorgehen, Sie werden auf jeden Fall etwas dabei lernen.

Teil I

Die Ankündigung

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Kapitel 1

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt

IN DIESEM KAPITEL

  • Ihr Kind ist kein Kind mehr
  • Der große Moment: Sie erfahren von der Schwangerschaft
  • Sie ändern Ihren Status

In den meisten Fällen wird es so sein, dass sich Ihr Kind seit geraumer Zeit – zumindest größtenteils – von Ihnen abgenabelt hat. Es hat höchstwahrscheinlich eine Anstellung und daher wahrscheinlich auch seit einigen Jahren das Elternhaus verlassen (es sei denn, es handelt sich um den Typ »Nesthocker«) und bringt Ihnen auch nicht mehr die schmutzige Wäsche zum Waschen und Bügeln vorbei. Sie können also mit Fug und Recht behaupten, dass Ihr Kind bereits erwachsen ist.

Ihr Kind ist tatsächlich erwachsen geworden …

Ihnen sind schon seit Längerem Veränderungen am Erscheinungsbild, am Verhalten (rücksichtsvoller), an der Ausdrucksweise (gewählter) oder am Kleidungsstil (dezenter) Ihres Kindes aufgefallen? Das alles ist völlig normal, denn – ob Sie es nun glauben können oder nicht – Ihr Kind ist nun mal tatsächlich erwachsen geworden.

… dank Ihnen, unter anderem …

Die ganze Welt scheint es vergessen zu haben – und Ihr Kind als Erstes! –, aber immerhin haben Sie als Eltern mehr als zwanzig Jahre Ihres Lebens für die Erziehung dieses Kindes geopfert: Die Wochenbettzeit, die schlaflosen Nächte, das Abstimmen Ihres Arbeitsalltags auf die Abholzeiten von KITA und Schule, die Anmeldung des Kindes für den besten Sprachkurs (oder auch Fußballverein, Ferienlager, Seidenmalkurs etc.), Elternabende, Einladungen zum Schulleiter, Hausaufgaben, Beinbrüche, akute Blinddarmentzündung, Impfungen und so weiter, und häufig ging es Ihnen dabei selbst am schlechtesten. Sie haben die Zähne zusammengebissen, als Ihr Kind Ihnen seine neue Vorliebe fürs Paragliding oder Tauchen offenbarte oder ankündigte, künftig mit dem Roller oder Mofa in die Schule fahren zu wollen.

Und als ob Ihnen nur solche Dinge Kopfzerbrechen bereitet hätten. Nein, dazu kamen dann auch noch die ersten sexuellen Beziehungen und der erste Liebeskummer – welch eine Qual! Wie sollte man solche Dinge zur Sprache bringen, was raten? Was erlauben oder verbieten, ohne sich zu sehr einzumischen?

Diese Ära haben Sie seit geraumer Zeit – Gott sei Dank – hinter sich gelassen und sie vielleicht sogar brillant gemeistert (wozu Sie sich gratulieren können.). Möglicherweise haben Sie daher inzwischen fast ein wenig vergessen oder verdrängt, wie sehr Sie sich (immer noch) für Ihr Kind verantwortlich fühlen, wie besorgt Sie um sein Wohlergehen sind und wie sehr Sie es vor Fehltritten bewahren wollen.

imagesEines schönen Sonntags beim gemeinsamen Frühstück verkündet der erstgeborene Sohn im jungen Erwachsenenalter voller Stolz: »Ich werde nächsten Sonntag nicht da sein, weil ich an einem Bungee-Jumping von einer Autobahnbrücke teilnehme! Ich habe Glück, dass ich den Platz bekommen habe. Der ursprüngliche Teilnehmer hat bei seinem letzten Sprung das Zeitliche gesegnet.« Betretenes Schweigen am Tisch, die Eltern wechseln fragende Blicke. Wie soll man einem Jungen mit fünfundzwanzig Jahren etwas verbieten? Schließlich ist er ein Mann! Nach lebhaften Diskussionen wird eines schnell klar: Man muss es ihm nachdrücklich sagen: »Nein, tu das nicht!« Und nach reiflicher Überlegung haben die Eltern auch genau das getan. Ihr Sohn nahm daraufhin Abstand von seinem halsbrecherischen Vorhaben – wenigstens offiziell.

Diese kleine Anekdote zeigt, dass die Grenzen in dieser Lebensphase ein wenig verschwommen sind: Ist Ihr Sohn oder Ihre Tochter immer noch ein Kind oder haben Sie eine erwachsene Person vor sich? Zweifellos ein wenig von beidem. Aber dürfen Sie deswegen Einfluss auf seine oder ihre Lebensentscheidungen nehmen? Und wenn ja, bis zu welchem Punkt?

Heutzutage kennen Sie den Freundeskreis Ihres Kindes nicht mehr, und noch weniger wissen Sie über seine Liebschaften Bescheid – außer es läuft bei den Letzteren schlecht und Ihr Kind kommt vorbei, um sich bei Ihnen auszuheulen. Manchmal kommt dann aus der Ferne, vielleicht sogar vom anderen Ende der Welt, ein Hilfeschrei, und Ihr Kind erinnert sich tatsächlich an Ihre Existenz. Und Sie sind natürlich zur Stelle.

Seien Sie versichert, selbst wenn Sie Ihr Kind nicht mehr füttern und keine Windeln wechseln oder schmutzige Wäsche waschen müssen, so braucht es dennoch Ihre Unterstützung und ein offenes Ohr, wenn es mal Schwierigkeiten gibt. Sie waren gute Eltern (ja!), und sicher freuen Sie sich heute, dass Ihr Kind unabhängig ist, aber Sie dürfen ruhig zugeben, dass es Ihnen insgeheim auch ein wenig Freude bereitet, wenn Ihr Kind Sie ab und zu doch noch ein wenig braucht.

… aber an der Seite von jemand anderem!

Irgendwann befand sich eine neue Person im Leben Ihres Kindes, die – anders als vorherige Eroberungen – nun regelmäßig zu Familienfesten erschien. Und vermutlich brannte Ihnen diese wichtige Frage unter den Nägeln: Ist SIE oder ER es? Die Person, mit der Ihr Kind vielleicht eine Familie gründen wird? Und wann wird es so weit sein? Ja, das ist die Frage, die sich alle Eltern von erwachsenen Kindern im gebärfähigen Alter insgeheim (oder auch ganz offen) stellen. Sie können sich sicher sein: Das ist völlig normal.

Diese Person, die sich da nun im Alltag um Ihr Kind sorgt und es auch bei verschiedenen Dingen unterstützt (und Sie wissen nur zu gut, dass das oft gar nicht so leicht ist.), ist sein Geliebter beziehungsweise seine Geliebte. Es stellt sich in dieser Situation weniger die Frage, ob Sie diese Person als Partner oder Ehepartner für Ihr Kind akzeptieren oder nicht, sondern vielmehr, welche Einstellung Sie gegenüber diesem jungen Paar haben, das da unter Ihren Augen bald zu einem Elternpaar wird. Machen Sie sich eines besser ein für alle Mal klar: Diese Person hat Ihr Kind für sich ausgewählt, und sicher weiß Ihr Kind doch recht genau, was für es am besten ist, oder? Vertrauen Sie in dieser Sache Ihrem Kind – so ist es einfacher für alle Beteiligten!

Was für eine freudige Nachricht!

Ein Kind ist also unterwegs, und es wird bald Teil Ihres Lebens sein. Seit Menschengedenken (zumindest unserer Ansicht nach) ist es für die allermeisten Eltern der Gipfel der Glückseligkeit, ein Enkelkind zu haben. Aber ist es das wirklich?

Sie haben Ihren Kindern im Leben viel Liebe gegeben (und tun es noch.) – und nun haben Sie tatsächlich Angst, Ihrem Enkelkind nicht ebenso viel Liebe geben zu können? Erinnern Sie sich noch daran, als Ihr erstes Kind geboren wurde? Da haben Sie sich doch fast die gleiche Frage gestellt. Und beim zehnten genauso. Lassen Sie sich also von uns sagen (ebenso wie von sämtlichen Ihrer Freunde, die bereits Enkelkinder haben): Es ist möglich, Ihre Liebe über alle Kinder und Enkelkinder hinweg gleichmäßig zu verteilen. Und im Grunde ist es doch viel schöner, mehrere Personen lieb zu haben als nur eine einzige, oder? Und bedenken Sie – die Liebe, die Sie geben, kommt immer auch zu Ihnen zurück!

Im Herbst des Lebenseinen neuen Frühling erleben

Der Unterschied zu früher ist, dass Sie heute kein junger, unerfahrener Elternteil mehr sind. Aber selbst wenn Sie sich noch jung fühlen, sind Sie sicher trotzdem etwas aus der Übung gekommen und nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand. Und das spüren Sie auch. Denken Sie jetzt am besten an den neuen Frühling, der da kommt, anstatt sich vor dem Herbst des Lebens zu fürchten

Keine Sorge, Sie werden nicht für das junge Elternpaar in die Bresche springen müssen. Obgleich Sie früher für Ihr Kind Sorge getragen, ihm Zuneigung, Anerkennung und Sicherheit gegeben haben, so wird Ihre Funktion als Oma oder Opa doch eine etwas andere sein. In diesem neuen Abenteuer werden Sie lernen, dass hier nichts mehr zwingend ist. Sie geben und empfangen dafür, und das ist schon mal gar nicht schlecht! Die Verantwortung? Die haben Sie jetzt endgültig abgegeben. Puh!