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Polymere – Chemie und Strukturen

Herstellung, Charakterisierung und Werkstofe

Peter F.W. Simon und Amir Fahmi

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Autoren

Prof. Dr. Peter F.W. Simon
Fakultät Life Science
Hochschule Rhein-Waal
Marie-Curie-Str. 1
47533 Kleve
Deutschland

Prof. Dr. Amir Fahmi
Fakultät Technologie und Bionik
Hochschule Rhein-Waal
Marie-Curie-Str. 1
47533 Kleve
Deutschland

Geleitwort

Polymere begleiten unser Leben in vielen Bereichen. Häufig können wir die daraus gefertigten Produkte wie beispielsweise Kunststofffenster, Plastikbecher oder Plastikfolien durch die Verwendung der Begriffe „Plastik“ oder „Kunststoff“ als Teil des Namens erkennen. Doch nicht nur dort unterstützen uns Polymere: Dass wesentliche Teile eines Autos aus Kunststoffen – und damit auch aus Polymeren – bestehen, ist wohl den meisten bekannt. Aber gilt dies auch für deren Einsatz in Solarzellen, Bildschirmen, Medikamenten, Babywindeln, Waschmitteln oder Pflegeprodukten? Diese Aufzählung kann beliebig fortgesetzt werden mit z. B. Fließmitteln für Zement, Viskositätsverbesserern für Motoröle, Membranen für die Dialyse oder den Wärmeschutz an Gebäuden.

Alles hat zwei Seiten – diese Redensart gilt auch für Polymere. Die meisten synthetischen Polymere zeichnen sich durch eine hohe Langlebigkeit aus. Für viele Anwendungen ist das von großer Bedeutung. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass diese, nachdem sie nicht mehr benötigt werden, nicht verrotten. Das führt uns sowohl zum Problem der Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll als auch dem allgegenwärtigen Auftreten von Mikroplastik-Partikeln in der Umwelt. Hier sind wir alle dazu aufgerufen einerseits Kunststoffe überall dort zu ersetzen, wo es ökologisch sinnvollere Alternativen gibt und andererseits verantwortungsvoll mit Kunststoffabfällen umzugehen und wo möglich einer Wiederverwertung zuzuführen.

Das Verständnis aller im Zusammenhang mit Kunststoffen auftretenden Fragen und die Lösung all dieser Herausforderungen setzen ein tiefergehendes Wissen der chemischen und physikochemischen Grundlagen und Zusammenhänge voraus. Hier will dieses Buch ansetzen: Einerseits werden die wesentlichen Synthesen und Eigenschaften von Polymeren beschrieben; andererseits wird auch deren Analytik und deren grundlegende physikalische (z. B. mechanische oder thermische) Eigenschaften ausführlich diskutiert. Beispielsweise lässt sich mit diesem Wissen unter Zuhilfenahme der Thermodynamik auch die für das Recycling so wichtige Frage „Warum lassen sich fast keine Polymere mit anderen Polymeren mischen?“ beantworten.

Dieses Buch soll Studenten der Chemie und verwandter Wissenschaften ein Hilfsmittel in die Hand geben, sich mit den Grundlagen dieses faszinierenden Fachgebiets vertraut zu machen.

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Prof. Dr. Axel H.E. Müller

Vorwort

Kunststoffe oder besser Polymere haben in den vergangenen 50 Jahren einen Wertewandel durchlaufen. Beide Autoren können sich noch lebhaft an eine Zeit erinnern, zu der von diesen Materialien nur Vorteile herausgestellt und sie als neue Errungenschaft in der Öffentlichkeit gefeiert wurden. Spätestens zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich dieses Bild gewandelt. Statt der Vorteile werden heutzutage ähnlich unreflektiert die Nachteile dieser Klasse an Materialien herausgestellt.

Beides ist übertrieben und unrealistisch. Polymere können in vielen Bereichen sicherlich durch andere, weniger problematische Materialien ersetzt werden. Dennoch gibt es weiterhin viele Aspekte im täglichen Leben, in denen Polymere kaum zu ersetzen sind. Darüber hinaus werden Polymere nicht nur in alltäglichen Gegenständen verwendet, sondern auch als Basismaterial für zukunftsweisende Technologien. So werden Polymere nicht nur im Leichtbau eingesetzt; ihre Eigenschaft, sich im mikroskopischen Bereich zu wohldefinierten Strukturen zu organisieren, führt zu ungewöhnlichen physikalischen Eigenschaften, auf denen viele High-Tech-Anwendungen des 21. Jahrhundert basieren.

Der eingangs erwähnte Widerspruch zwischen Wahrnehmung und Verbreitung mag möglicherweise auf einen Mangel an zugänglichem Wissen über Polymere zurückzuführen sein. Die Polymerwissenschaften als Teilbereich der Chemie beschreiben die Synthese und die Eigenschaften von Makromolekülen, die aus sich immer wiederholenden Grundeinheiten aufgebaut sind. Makromoleküle können zum Teil aus mehreren Millionen Atomen bestehen und übertreffen in ihren Abmessungen alle anderen chemischen Substanzen.

Mit deren Größe wachsen auch die Herausforderungen: Wie kann eine chemische Reaktion tausendfach in absolut identischer Art und Weise ausgeführt werden, sodass aus vielen kleinen Molekülen ein Riesenmolekül entsteht? Wie bewegt sich ein Makromolekül, ohne dass es sich durch seine Größe „selbst im Weg steht“? Die Polymerwissenschaften versuchen diese Fragen durch eine Kombination aus „Werkzeugen“ der organischen und physikalischen Chemie zu lösen.

Hierzu ist dieses Buch in sechs Kapitel gegliedert.

Das erste Kapitel dient einer allgemeinen Einführung: So werden nach einem kurzen historischen Abriss der Entwicklung von Polymeren die grundlegenden Begriffe erklärt. Dies hat zum Ziel, ein gemeinsames „Vokabular“ zur Beschreibung der Synthese und der Eigenschaften zu schaffen.

Das zweite Kapitel widmet sich der Synthese, also der Herstellung von Makromolekülen. Ausgehend von den wichtigsten Varianten von Ketten- und Stufenwachstumsreaktionen werden im ersten Schritt kurz die Methoden dargelegt, wie aus gleichartigen Bausteinen (Monomere) Makromoleküle hergestellt werden. Aufbauend auf die Synthese dieser Homopolymere wird dann beschrieben, wie Copolymere aus unterschiedlichen Monomeren erzeugt werden und auf welche Art und Weise Makromoleküle chemisch zu modifizieren sind.

Im dritten Kapitel wird nunmehr auf die physikochemischen Eigenschaften von Makromolekülen eingegangen. Ausgehend von der Beschreibung des Lösungsverhaltens eines einzelnen Makromoleküls gilt es im zweiten Schritt das Verhalten eines Ensembles vieler Makromoleküle vorherzusagen. Da diese Makromoleküle sich in ihren Größen unterscheiden, gelingt dies nur mithilfe des Konzepts der Verteilungen und der Mittelwerte. Die Kombination beider Herangehensweisen erlaubt schließlich die Bestimmung der molaren Masse.

Das vierte Kapitel des Buches stellt die Eigenschaften von Polymeren als Festkörper vor. Neben einer Einführung in die Bestimmung mechanischer and thermischer Eigenschaften widmet sich dieser Teil der Strukturaufklärung sowohl mittels Streuverfahren als auch mithilfe der Mikroskopie.

Die abschließenden Kap. 5 und 6 geben einen kurzen Überblick über gegenwärtige (Kap. 5) und potentielle (Kap. 5) Anwendungen von Polymeren im täglichen Leben und in der Forschung. Speziell in Kap. 5 wird für jedes der diskutierten Polymere versucht, die Verwendungsbereiche durch ein illustratives Beispiel zu verdeutlichen.

Abschn. 4.24.3

Kleve, im Juni 2019

Peter F.W. Simon und Amir Fahmi