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Dennis Fischer

52 Wege zum Erfolg

Die besten Ideen aus 500 Business-Ratgebern

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WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Einleitung

»Steht in vielen Business-Ratgebern nicht immer wieder das Gleiche?«

»Was sind deine wichtigsten Learnings aus allen Büchern, die du gelesen hast?«

Hallo, mein Name ist Dennis Fischer und diese Fragen bekomme ich fast wöchentlich von meinen Bloglesern gestellt. Ich habe in den letzten Jahren über 500 Ratgeber und Sachbücher gelesen und die Tipps und Tricks daraus für mich angewendet. Meine Learnings stelle ich wöchentlich einer großen Community auf meinem Blog www.52ways.de vor.

Hast du keine Lust, selbst 500 Business-Ratgeber zu kaufen und zu lesen? Suchst du eine Abkürzung auf dem Weg zu einem glücklichen und erfolgreichen Leben? Dann hältst du das richtige Buch in deinen Händen.

Das Ziel, das ich mit diesem Buch anstrebe, und was ich mir für dich wünsche, beschreibe ich dir am besten in einer kurzen Geschichte:

Wir beide treffen uns heute in zwei Jahren zufällig auf einer Veranstaltung. Wir unterhalten uns sehr nett und du erzählst mir, dass du damals mein Buch begeistert verschlungen hast. Seitdem hat sich dein Leben in den letzten zwei Jahren Stück für Stück zum Positiven verändert.

Ich bin neugierig und hake nach, wie genau dir mein Buch dabei geholfen hat.

Du berichtest, dass du auch vorher schon Bücher über Persönlichkeitsentwicklung gelesen hast, aber nie so richtig wusstest, wo du anfangen solltest und was nun wirklich wichtig ist. Also hast du meistens direkt das nächste Buch zu lesen begonnen und die Umsetzung der Tipps auf später verschoben.

Durch mein Buch hast du nicht nur erfahren, was die wirklich wichtigen Dinge sind, die in allen Ratgebern immer wieder vorkommen. Du hast auch dank der konkreten Übungen am Ende jedes Kapitels direkt angefangen, die Dinge umzusetzen, und bist ins Handeln gekommen. Geholfen haben dir dabei auch meine zahlreichen Tipps und Tricks auf meiner Homepage (www.52ways.de/umsetzen).

Ich freue mich wahnsinnig über dein Feedback und strahle über beide Ohren. Wir tauschen unsere Handynummern aus und werden uns sicherlich bald wieder sprechen.

So könnte die Geschichte lauten, wenn du dieses Buch liest und beginnst die kurzen Übungen durchzuführen. Aber wie ist das Buch aufgebaut? Letztendlich beziehen sich alle bekannten Sachbücher und Ratgeber immer wieder auf dieselben Methoden, Studien, Tipps und Tricks. Genau diese habe ich für dich in 52 Kapiteln kurz, kompakt und praxisnah zusammengefasst.

Die Kapitel sind in sechs Themenbereiche unterteilt. Diese sechs Themen kommen in allen bekannten Büchern vor. Nicht in jedem Ratgeber werden sie unter dem gleichen Namen behandelt, den ich hierfür gewählt habe, aber es handelt sich immer wieder um die gleichen Prinzipien.

Die Basis bilden deine Ziele und deine Vision, die dahintersteht. Wenn diese klar sind, werden dir alle weiteren Schritte um ein Vielfaches leichter fallen. Den zweiten Teil der Grundlagen bildet der Bereich Selbstmanagement. Du lernst, wie du die richtigen Prioritäten setzt und stressfrei an deinen Zielen arbeitest.

Wenn du die Tipps und Tricks aus diesen beiden Teilen beherrschst, bist du gut gerüstet für die nächsten vier Themenbereiche. Bei Finanzen erfährst du, worauf es bei den Themen Geld verdienen, Sparen und Investieren wirklich ankommt. Im Bereich Körper, Psychologie und Mindset zeige ich dir, wie du mentale Stärke erreichst und deinen Körper und Geist zu neuen Höchstleistungen antreibst.

In den Kapiteln rund um dein Netzwerk und deine Beziehungen werfen wir gemeinsam einen Blick darauf, wie du dich mit den richtigen Menschen umgibst und dadurch den Turbo auf dem Weg zum Erfolg zündest. Abschließend werden wir für dich gemeinsam einen Plan erarbeiten, wie du es schaffst, in der heutigen Welt den Fokus zu behalten und dir selbst treu zu bleiben!

Liest du schon länger meine wöchentlichen Blogartikel? Dann weißt du, dass mir nicht nur die Theorie, sondern vor allem die praktische Umsetzung der Tipps sehr wichtig ist. Du lernst daher in diesem Buch nicht nur bewährte Verhaltensregeln kennen, sondern bekommst gleich praxisnahe Tricks zur Umsetzung und eine Übung zum direkten Durchführen am Ende jedes Kapitels.

Lass uns sofort mit einem wichtigen Tipp starten: Am schnellsten ins Handeln kommst du, wenn du dir eine Liste zum Buch anlegst. Nimm dir ein Notizbuch oder deine Notiz-App im Smartphone und sammle dort alle Dinge, die du gerne in die Praxis umsetzen und in dein Leben integrieren möchtest. Mein Buch enthält 52 Werkzeuge, die dich auf deinem Weg zum Erfolg ein großes Stück nach vorne bringen werden. Dazu musst du sie aber anwenden und ins Tun kommen. Deshalb führe die Liste parallel zum Lesen und notiere dir deine wichtigsten Learnings.

Solltest du in einzelne Bereiche noch deutlich tiefer eintauchen wollen, habe ich für dich in der Literaturliste am Ende des Buches zahlreiche Buchtipps und weiterführende Blogs zusammengestellt.

Ich danke dir an dieser Stelle, dass du dir die Zeit nimmst, mein Buch zu lesen. Das bedeutet mir sehr viel und ich hoffe, dass dieses Buch dich einen großen Schritt vorwärts bringt auf deinem ganz persönlichen Weg zum Erfolg.

Wundere dich bitte nicht, wenn du neben der männlichen Form im Text nicht konsequent die weibliche findest. Das dient ausschließlich der einfacheren Lesbarkeit.

Ich wünsche dir viel Spaß und jede Menge Inspiration!

Dein Dennis Fischer

München, 2019

PS: Wie oben beschrieben, findest du unter dem Link www.52ways.de/umsetzen als Leser dieses Buches exklusive Videos, Artikel und Checklisten. Damit gelingt es dir, die Tipps und Tricks aus diesem Buch umzusetzen und ins Handeln zu kommen!

ZIELE UND VISIONEN

»Wenn du nicht weißt, wohin du segeln willst, ist kein Wind der Richtige.«

Dieses Zitat von Seneca hat mir vor einigen Jahren die Augen geöffnet. Warum willst du dein Selbstmanagement optimieren, wenn du gar nicht weißt, was du mit der gewonnenen Zeit anfangen möchtest? Warum solltest du monatlich 400 Euro sparen, wenn du gar nicht weißt, wofür du sie eigentlich sparst?

Wenn ich dir mit diesem Buch nur einen Tipp mitgeben dürfte, dann wäre es folgender: »Beschäftige dich mit deinen Zielen im Leben!« Sie sind der erste Schritt auf dem Weg zu einem glücklichen und erfolgreichen Leben.

Genau um diesen ersten Schritt geht es in den nächsten Kapiteln. Ich habe für dich die Quintessenz aus allen wichtigen Büchern zum Thema »Vision und Ziele« herausdestilliert. Diese möchte ich dir in neun kurzen und unterhaltsamen Kapiteln vorstellen.

Anschließend weißt du, wo du im Leben und in den nächsten Jahren hinmöchtest, und hast hoffentlich für dich einen Weg definiert, der dich dorthin führt.

Genau dadurch unterscheiden sich die Ziele von der Vision. Die Vision ist dein Leitbild, deine langfristige Zukunftsidee.

Deine Ziele sind eine Konkretisierung dieser Vision. Sie helfen dir, die nächsten Schritte abzuleiten und einen strukturierten und messbaren Weg zur Vision zu definieren.

Ich wünsche dir viel Spaß auf dieser Reise in deine Zukunft und zahlreiche neue Erkenntnisse.

1. Was ist dein Warum?

»Warum liest du gerne Sachbücher und Ratgeber? Was versprichst du dir davon?«

Diese Frage stelle ich jedem Leser, der sich für meinen wöchentlichen Newsletter anmeldet. Die häufigste Antwort ist: »Weil ich mich persönlich weiterentwickeln möchte.«

Nein, wirklich? Das überrascht mich jetzt!

Das überrascht mich natürlich nicht! Allerdings geht mir das noch nicht tief genug und ich will mehr wissen. Aus diesem Grund versuche ich, mit so vielen Lesern wie möglich in persönlichen Kontakt zu kommen, um dann bei dieser Frage noch einmal tiefer zu bohren: »Warum willst du dich denn persönlich weiterentwickeln?« Hier höre ich jetzt schon verschiedene Antworten, die meistgenannte ist: »Weil ich beruflich erfolgreicher werden möchte.«

Warum willst du denn beruflich erfolgreicher werden? Spätestens ab dieser Frage werden die Antworten sehr divers. Ich will mit einem häufigen Beispiel weitermachen: »Weil ich schnell Führungskraft werden möchte.« Und warum willst du schnell Führungskraft werden? »Weil ich dann mein Wissen an andere weitergeben kann.« Und warum möchtest du dein Wissen an andere weitergeben? »Weil ich sehr gerne anderen etwas beibringe und lehrend tätig bin.«

Du siehst schon, dieses Spiel kann man noch beliebig weiterspielen. Wichtig ist es, so lange zu fragen, bis du das Gefühl hast, die wahre Grundmotivation der Person verstanden zu haben. Diese ist das sogenannte »Warum?«!

Im oben genannten Beispiel will die befragte Person vielleicht gar keine Führungskraft werden, sondern eigentlich viel lieber Dozent. Als Nächstes wäre es spannend herauszufinden, in welchem Bereich sie gerne lehrend tätig wäre, um somit ihr persönliches »Warum« noch genauer zu definieren.

Diese Methode des mehrmaligen Nachfragens wird auch »5-Why-Methode« genannt. Sie kommt aus dem Qualitätsmanagement und geht auf den Japaner Toyoda Sakichi zurück. Er ist Gründer der Toyota Industries Corporation, zu der auch der Automobilkonzern Toyota zählt.

Bei der Methode ging es ursprünglich darum, die Ursache für einen Defekt zu bestimmen. Die Anzahl der Nachfragen ist natürlich nicht auf fünf beschränkt, sondern das Ziel ist es, so lange nachzubohren, bis der wirkliche Fehler identifiziert ist und nicht mehr weiter aufgeteilt werden kann.

Genauso gut kann man diese Fragetechnik aber auch anwenden, um die wirklich zu Grunde liegende Motivation herauszufinden. Bei anderen Personen, genauso wie bei dir selbst.

Wenn du in der Ratgeber-Literatur nach Büchern zum »Warum« recherchierst, stolperst du automatisch über Simon Sinek. Sein TED-Talk How great leaders inspire action ist legendär und wurde allein auf der TED-Homepage schon mehr als 40 Millionen Mal angeschaut. Das dazugehörige Buch heißt Start with why.

Darin geht er vor allem auf das »Warum« von großen Unternehmen und Persönlichkeiten ein. Sinek beschreibt, wie sich Menschen wie Martin Luther King oder Unternehmen wie Apple von anderen unterscheiden, indem sie ihre tiefe innere Überzeugung kurz und prägnant formulieren und mit dieser Vision andere Menschen mitreißen.

Laut Sinek interessieren sich andere Menschen nicht dafür, was du tust, sondern warum du es tust.

»People don’t buy what you do. They buy why you do it.«

Er hat hierfür den sogenannten »Golden Circle« erstellt. Er besteht aus drei Ringen. Im Innersten befindet sich das eben beschriebene »Warum«. Genau das fehlt jedoch häufig vielen Unternehmen, aber auch Privatpersonen.

Sinek ist der Meinung, dass es niemanden interessiert, wie (»how«) und was (»what«) du genau machst. Andere Menschen interessieren sich vor allem für das Warum. Das ist der Kern des Lebens und erst, wenn du diesen geklärt hast, bekommen die anderen beiden äußeren Ringe eine Bedeutung.

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Abbildung 1: Golden Circle nach Simon Sinek.

Ich möchte dir folgendes Beispiel geben: Ich erzähle dir, dass dieses Buch ein Bestseller werden soll. Das erreiche ich durch Online-Werbung, meine Liste an E-Mail-Abonnenten, Speaking-Auftritte und natürlich Weiterempfehlungen durch andere Leser.

Damit hätte ich dir das »What« und das »How« beschrieben. Aber du fragst dich jetzt vermutlich, »Warum« ich eigentlich möchte, dass es ein Bestseller wird?

Nein, definitiv nicht, weil ich damit reich werden möchte. Dann hätte ich kein Buch geschrieben, sondern ein anderes Geschäftsmodell gewählt.

Mein »Warum« ist, möglichst vielen Menschen zu positiven Gewohnheiten und damit zu einem erfolgreichen und glücklichen Leben zu verhelfen. Ich glaube, mit den Tipps in diesem Buch kann jeder in seinem Leben einen großen Schritt nach vorne machen, und genau das ist mein Antrieb. Dabei geht es vor allem darum, dir und anderen Lesern Inspirationen und Werkzeuge zu geben. So hat auch Martin Luther King nicht gesagt: »I have a plan«, sondern er hat gerufen: »I have a dream.«

Was also ist dein Why?

2. Dein Deadline-Experiment

Stelle dir vor, du hältst ein Meter langes Maßband in deiner Hand. Jeder Zentimeter auf diesem Meterband steht für ein Jahr deines Lebens. Du nimmst eine Schere zur Hand und schneidest das Band bei deinem aktuellen Alter ab. Wenn du also 34 Jahre alt bist, schneidest du es bei 34 Zentimetern durch. Dieser Teil deines Lebens ist schon vergangen und du hast keinen Einfluss mehr auf ihn.

Dann überlegst du dir, wie alt du gerne werden würdest. Du kannst natürlich 90 Jahre auswählen, die aktuelle durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland liegt allerdings deutlich niedriger. Bei Männern sind es ungefähr 78 Jahre und bei Frauen 83 Jahre.

Lass uns mit 80 Jahren rechnen, dann sollten dir jetzt noch 46 Zentimeter in deiner Hand verbleiben, nachdem du das Maßband bei deinem voraussichtlichen Sterbealter durchgeschnitten hast.

Bewahre das Maßband auf und schneide jedes Jahr einen weiteren Zentimeter ab. So wirst du bald erkennen, wie schnell du auf deine eigene Beerdigung zusteuerst. Was genau soll von dir bleiben, wenn du am Ende deines Maßbandes angekommen bist? Wie sollen dich deine Mitmenschen in Erinnerung behalten? Welche Spuren möchtest du auf der Erde hinterlassen?

Für diese Fragen gibt es eine, in der Ratgeberliteratur sehr beliebte, Übung, die häufig als Deadline-Experiment bezeichnet wird. Dabei geht es darum, dass du dir deine eigene Beerdigung vorstellst und überlegst, was die verschiedenen Redner über dich sagen werden.

Wie soll deine Familie dich beschreiben? Und was sollen deine Freunde über dich sagen? Wie willst du von deinen Arbeitskollegen bezeichnet werden und wie von deinen Freunden aus dem Fußballclub?

Diese Fragen werden allerdings umso wertvoller, je näher man sie in die Zukunft rückt. 46 Jahre sind noch viel Zeit. Was wäre aber, wenn du nur noch vier Jahre auf deinem Maßband übrighättest? Was sollten die oben genannten Personen über dich sagen, wenn sie heute in vier Jahren an deinem Grab stehen und um dich trauern?

Vielleicht denkst du jetzt: »Ist mir doch egal, was die anderen über mich denken. Wenn ich tot bin, bin ich tot!« Ja klar, darum geht es auch gar nicht. Du sollst nicht dein Leben danach ausrichten, was andere über dich denken.

Der Kern dieser Übung zielt darauf ab, dir über deine eigenen Werte und Prinzipien klar zu werden und danach zu leben. Willst du, dass deine Familie Folgendes über dich sagt: »Er war ein absoluter Familienmensch. Er war immer für uns da und hat alles stehen und liegen gelassen, wenn es einem Familienmitglied schlecht ging.«?

Gleichzeitig bist du heute aber an vier von fünf Tagen in der Woche auf Geschäftsreise und am Wochenende mit deinen Freunden beim Fußball? Dann solltest du überlegen, ob du dein Leben wirklich im Einklang mit deinen Werten führst.

Wäre es dir lieber, dass deine Arbeitskollegen sagen: »Er hat sich immer für alle aufgeopfert und viele Nachtschichten geschoben, um das Unternehmen nach vorne zu bringen«? Oder würdest du bevorzugen, wenn sie dein Selbstmanagement loben und dich bewundern, wie schnell du Karriere gemacht hast, obwohl du nie länger als neun Stunden täglich gearbeitet hast?

Wie ändert sich dein Leben durch klare Werte und Prinzipien? Ganz einfach, es wird dir wesentlich leichter fallen, Prioritäten zu setzen. Bei allem, was du tust, kannst du dich in Zukunft fragen: »Zahlt diese Tätigkeit langfristig auf meine eigenen Wertvorstellungen ein?« Falls du diese Frage mit Nein beantwortest, solltest du auch zu dieser Tätigkeit Nein sagen. Du erschaffst dir also deinen eigenen inneren Kompass, anhand dessen du viel leichter entscheiden kannst, für welche Dinge du die verbliebenen Jahre auf deinem Maßband verwenden möchtest.

Einen Punkt möchte ich dabei besonders hervorheben. Ich habe nicht nur zahlreiche Bücher über Ziele und Visionen, sondern auch über die Glücksforschung gelesen. Ein Aspekt zieht sich dabei wie ein roter Faden durch alle Bücher, Videos und Artikel zum Thema »Glück«: zwischenmenschliche Beziehungen. Vor allem für Sterbende, egal in welchem Alter, sind die persönlichen Beziehungen zu anderen Menschen am wichtigsten. Jeglicher Besitz, den sie vorher angehäuft haben, hilft ihnen nicht weiter, wenn sie allein auf dem Sterbebett liegen.

Was sind jetzt aber deine persönlichen Werte? Stelle dir folgende Situation vor. Du bist fest angestellt und dein Chef kommt am späten Nachmittag in dein Büro. Du freust dich schon auf ein Konzert heute Abend, zu dem du mit deiner Partnerin und guten Freunden gehst. Es ist deine Lieblingsband und ihr habt schon vor sechs Monaten die Karten gekauft.

Da präsentiert dir dein Chef eine Aufgabe, die wahnsinnig wichtig für das Unternehmen und eure Abteilung ist. Sie muss leider bis heute um 24 Uhr erledigt werden, sonst ist es zu spät.

Was machst du nun? Wie entscheidest du dich? Und vor allem: Warum entscheidest du dich für oder gegen die Aufgabe?

Betrachte die verschiedenen Werte in diesem Rad. Welche davon sind dir besonders wichtig? Würdest du das Konzert absagen, um bei der nächsten Gehaltserhöhung mehr Geld fordern zu können?

Oder um morgen deinen Kollegen zu erzählen, welche Opfer du für die Firma bringst, und damit deinen Status zu festigen? Oder sind dir vor allem deine Freunde wichtig und du gehst auf das Konzert?

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Abbildung 2: Das Werte-Rad

Wenn du diese Frage beantwortet hast, fällt es dir sicherlich leichter, folgende Übung durchzuführen.

3. »5 aus 100« anstelle von »6 aus 49«

Es ist Oktober 2016. Während draußen der Herbstregen die bunten Blätter von den Dächern spült, sitze ich im gut beheizten Dachgeschoss eines über 100 Jahre alten Hauses in einem Stuhlkreis. Mit mir im Kreis sitzen vor allem ältere Frauen um die 60, abgesehen von der Leiterin des Seminars. Sie ist 75!

In einem meiner Weiterbildungsanfälle habe ich mich zu einem Volkshochschulkurs am Starnberger See angemeldet. Der Titel: »Was ist der Sinn des Lebens?«

Ich dachte mir damals: »Gut, die zwei Tage kannst du schon opfern, wenn du danach weißt, was der Sinn des Lebens ist.«

Wir sitzen also sonntagabends im Kreis, nachdem wir zwei Tage lang sehr intensiv über verschiedene Lebensentwürfe sowie Ziele und Visionen der einzelnen Teilnehmer gesprochen haben. Dabei war es wirklich interessant, dass einige der Teilnehmerinnen sich bis zu ihrem 60. Lebensjahr noch nie Gedanken über ihre Stärken und Schwächen, geschweige denn über ihre Ziele im Leben gemacht haben. »Es hat sich halt immer alles so ergeben«, war der Tenor.

Das Seminar nähert sich dem Ende und ich denke mir »Was ist denn jetzt genau der Sinn des Lebens? Bekomme ich diese Frage noch beantwortet oder werde ich ihn womöglich niemals finden?«

Und tatsächlich erhalte ich nach langem Warten eine Antwort auf diese Frage. Allerdings nicht die, die ich und die anderen Teilnehmer uns erhofft hatten. Die Seminarleiterin beschreibt das Leben wie eine Wanderung. Man nimmt sich einen Gipfel (ein Ziel) vor und erklimmt ihn. Von dort sieht man schon den nächsten Gipfel. Um dorthin zu kommen, muss man aber in den meisten Fällen durch Täler gehen. So erklimmt man Berg für Berg, durchwandert Tal für Tal und macht dabei immer wieder in Ortschaften Rast, um sich auszuruhen.

Nicht nur weil ich in München wohne und leidenschaftlich gerne wandere, finde ich diese Metapher sehr passend.

Da sie mit ihren 75 Jahren dieses Seminar bereits seit 29 Jahren anbietet, vertraue ich ihrer Meinung durchaus. Sie hat sich also schon mit der Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt, als ich selbst noch gar nicht auf der Welt war.

Vor allem aber nimmt sie den Teilnehmern den Druck, »den einen« Sinn des Lebens finden zu müssen. Stellst du dir auch manchmal die Frage: »Warum bin ich auf der Erde? Was ist meine Bestimmung? Was ist mein Sinn im Leben?«

Ich hatte viele Klienten, die sich jahrelang genau diese Frage gestellt haben und denen ein Stein vom Herzen fällt, wenn ich ihnen sage: »Es gibt nicht den einen Sinn im Leben, und du solltest endlich aufhören, danach zu suchen.«

Das Leben ist eine Aneinanderreihung von Ereignissen und kein Hinarbeiten auf ein bestimmtes Ziel. Das Gleiche schreibt auch John Strelecky in seinem Buch The BIG 5 for Life. Ich finde das BIG 5 Konzept super. Es nimmt dir den Druck, dich auf eine Sache konzentrieren zu müssen, und fragt stattdessen: Was sind die fünf Dinge, die du im Leben gerne noch besitzen, erleben oder tun möchtest?

Seit ich selbst mit dieser Methode arbeite und meine BIG 5 definiert habe, bin ich nicht mehr auf der Suche nach dem einen Sinn des Lebens. Ich lebe für mein nächstes Ziel auf dieser Liste und wenn ich es erreicht habe, halte ich Ausschau nach dem nächsten. Genau wie in der oben beschriebenen Wander-Metapher.

Eine meiner BIG 5 ist zum Beispiel, einen Bestseller zu schreiben, was ich gerade in diesem Moment tue. Sobald das Buch den Bestseller-Status erreicht hat, kann ich den Punkt auf meiner Liste durch einen neuen ersetzen.

Wie findest du jetzt aber genau die fünf Dinge für deine eigene Liste?

4. Finde dein Ikigai

Es ist ein kalter Januartag in Hiroshima, Japan. Der graue Himmel und ein leichter Nieselregen verstärken die melancholische Stimmung, die meine Freundin und mich übermannt, als wir aus dem Zug aussteigen. Wir nähern uns langsam und andächtig dem sogenannten Atomic Bomb Dome. Das heute als Gedenkstätte dienende Gebäude befand sich damals direkt unter der explodierenden Atombombe. Die Sprengkraft der Bombe zerstörte sämtliches Leben in einem Radius von zwei Kilometern. Nur die Mauern dieses Gebäudes blieben weitestgehend erhalten.

Angezogen von der Statue eines kleinen Mädchens mit einem gefalteten Kranich in der Hand, laufen wir weiter. Wir entdecken eine Informationstafel und tauchen in die bewegende Geschichte ihres kurzen Lebens ein.

Das Mädchen hieß Sadako Sasaki, und als am 6. August 1945 die Atombombe über Hiroshima explodierte, war Sadako gerade einmal zweieinhalb Jahre alt.

Sie überlebte die Explosion und war ein fröhliches und sehr sportliches Mädchen. Erst im Alter von elf Jahren bricht sie zusammen und erfährt, dass sie an Leukämie erkrankt ist.

Eine Spätfolge der Atombombe.

Nach ihrer Erkrankung hört sie von der Legende der 1000 Kraniche. Diese besagt, dass derjenige, der 1000 Origami-Kraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch erfüllt bekommt. Sie klammert sich an diese Hoffnung und beginnt ihre Arbeit.

Die genaue Zahl der gefalteten Kraniche ist nicht überliefert, denn sie starb leider 1955 an den Folgen der Leukämie, bevor sie die 1000 erreicht hat.

Ihre Leidenschaft und ihre Ausdauer haben das ganze Land inspiriert. Nach ihrem Tod haben ihre Mitschüler ihre angefangene Arbeit fortgesetzt und tausende von Kranichen gefaltet.

Meine Freundin und ich blicken von der Informationstafel auf und sehen vor uns in einem Glaskasten, vom Regen geschützt, hunderttausende bunte Origami-Kraniche. Der Anblick raubt uns den Atem.

Sie dienen uns heute als Mahnmal, dass solch eine Katastrophe hoffentlich nie wieder passieren wird. Und gleichzeitig zeigen sie uns, was der Traum eines einzelnen Mädchens alles bewegen kann.

Sadako wäre sicherlich überrascht, wenn sie wüsste, wie viele Menschen sie durch ihre Taten inspiriert hat.

Wenig später an diesem Tag entdecke ich in einer großen Buchhandlung in Hiroshima zahlreiche englische Bücher über »Ikigai«. Ich beginne mich mehr und mehr in dieses spannende Lebensprinzip der Japaner einzulesen.

Ikigai bedeutet frei übersetzt »das, wofür es sich zu leben lohnt«, »die Freude und das Lebensziel« oder salopp ausgedrückt »das Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen«.

Die Ursprünge dieses Konzeptes gehen dabei bis ins 14. Jahrhundert zurück. Richtig populär wurde es jedoch mit dem ökonomischen Aufschwung in den 1960er Jahren. Es setzte ein regelrechter Ikigai-Boom ein, der erst jetzt so langsam nach Europa gelangt.

Um dein Ikigai zu definieren, musst du »einfach nur« deine eigenen Antworten auf vier verschiedene Fragen finden.

  1. Was liebe ich?
  2. Was kann ich gut?
  3. Was braucht die Welt von mir?
  4. Wofür werde ich bezahlt?

Lass uns gemeinsam tiefer in jede Frage eintauchen und schauen, wie du am einfachsten zu deinen persönlichen Antworten gelangen kannst. Dabei hilft es, sich wirklich jede Frage separat zu stellen und die Antworten nicht direkt zu kritisieren. Selbst wenn du mit einer Aufgabe keinen einzigen Euro verdienen kannst, kannst du sie lieben. Selbst wenn die Welt etwas scheinbar nicht braucht, kannst du dafür bezahlt werden.

Interessant wird es aber natürlich in der Schnittstelle dieser vier Bereiche. Dort befindet sich dein Ikigai.

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Abbildung 3: Ikigai

Was liebe ich? Die Frage kannst du auch anders formulieren: »Wobei vergisst du völlig die Zeit?« Oder: »Wovon kannst du stundenlang begeistert erzählen?«

Ich hatte letzte Woche erst wieder einen Tag, an dem ich komplett die Zeit vergessen habe. Meine Freundin ging morgens um acht Uhr aus dem Haus, und ich wollte mich nur kurz im Bademantel an den Schreibtisch setzen, um einige Blogartikel zu schreiben.

Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es elf Uhr. Ich saß immer noch im Bademantel am Schreibtisch und hatte die letzten drei Stunden ein wirkliches »Flow-Gefühl« erlebt.

Was kann ich gut? Bei dieser Frage geht es sowohl um dein Selbstbild als auch um dein Fremdbild. Was glaubst du besonders gut zu können? Ist es vielleicht sogar die gleiche Tätigkeit wie diejenige, die du liebst? Das wäre umso schöner.

Um wirklich gut beurteilen zu können, worin deine größten Stärken liegen, kann aber auch die Fremdeinschätzung von Freunden oder Kollegen helfen. Wofür bekommst du am meisten Lob? Welche Stärken sprechen dir andere Menschen zu?

In dieses Thema tauchen wir noch einmal intensiver im Kapitel »Eine E-Mail, die dein Leben verändern wird« ein.

Was braucht die Welt von mir? Diese Frage ist schon schwieriger zu beantworten als die letzten beiden. Im besten Fall ist die Aufgabe, die du liebst und gut kannst, auch noch gut nachgefragt.

Aber was ist, wenn nicht? Das, was die Welt von dir braucht, ist nicht so leicht zu finden. Und du solltest dich nicht gleich entmutigen lassen, sondern einfach mit dem starten, was du liebst und gut kannst.

Als ich 2016 meinen Blog 52ways.de gestartet habe, konnte ich mir zunächst auch nur die ersten beiden Fragen beantworten. Braucht die Welt einen weiteren Blog, wo doch jeden Tag weltweit zehntausende neue Blogs ins Internet gestellt werden?

Die Frage konnte ich erst nach einigen Monaten anhand des positiven Feedbacks und der steigenden Leserzahlen bestätigen.

Lasse dich also nicht entmutigen, sondern beginne und behalte diese Frage dennoch immer im Hinterkopf. Frage deine Kunden, was sie wirklich brauchen, und prüfe, wo sich Überschneidungen zwischen deinen Stärken und ihren Präferenzen ergeben.

Wofür werde ich bezahlt? Genau diese Frage habe ich mir auch als letzte der vier gestellt. Wie kann man mit einem Blog Geld verdienen? Es gibt verschiedene Wege der Monetarisierung, aber alle machen erst mit einer gewissen Reichweite und regelmäßigen Besuchern Spaß.

Mittlerweile habe ich verschiedene Kanäle wie Affiliate-Provisionen, Verkäufe von Online-Kursen und individuelle Coachings erschlossen.

Überlege dir, wie profitieren andere von deinem Angebot? Was könnten sie bereit sein, dafür zu zahlen? Welche Nische kannst du besetzen? Was kannst vielleicht nur du anbieten, wofür andere zu bezahlen bereit sind?

Zum Abschluss ist mir noch einmal wichtig zu betonen, was Ikigai nicht ist. Es geht dabei nämlich nicht ums Träumen, sondern ums Machen. Lege also einfach los und beantworte eine Frage nach der anderen für dich. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass du heute schon alle vier perfekt beantworten kannst.

Aber du kannst schon einmal den aktuellen Zustand festhalten und dich auf dieser Basis weiterentwickeln.

Dein ganz eigenes Ikigai ist nämlich kein Ziel, das du einmal erreichst und dann wieder damit aufhörst. Es ist eine tägliche Aufgabe, die dich morgens aus dem Bett treibt.