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Marian Kopocz

Kleingeldhelden

Wie wir mit wenig Geld viel erreichen können

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WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

 

 

 

 

Für Andreas, Iris, Lenina und Timon

Prolog

Das sind die Kleingeldhelden

Sie sind neugierig, sie stellen die wichtigen Fragen und sie versuchen, alles für die Kleingeldhelden rauszuholen: Marian, Sabina und Johanna schreiben den Kleingeldhelden-Newsletter für alle jungen Leute mit wenig Geld. Warum sie das so gut können? Weil sie in genau der gleichen Situation sind wie ihr. Sie haben sich mit wenig Geld durchs Studium manövriert und absolvieren jetzt alle eine Ausbildung zum Journalisten bei Hubert Burda Media.

Marian Kopocz ist Redakteur bei FOCUS MONEY – Geld ist also sein tägliches Brot. Wenn er doch nur selbst mehr davon besitzen würde! Das meiste Ersparte geht für Kaffee und Essen drauf. Seit er 20 Jahre alt ist, legt er selbst Geld an der Börse an. Viel ist es nicht, aber er schlägt sich durch. Das erste Investment ging direkt mal in die Hose, doch er informierte sich fleißig und fand so die Produkte, die zu ihm passen. Er ist Experte für alle Börsenfragen und Aktienalternativen.

Sabina Kist hat Ethnologie und VWL studiert. Bei den Kleingeldhelden interessiert sie sich besonders dafür, wie es hinter den Kulissen der Finanzmärkte aussieht. Was geschieht mit dem angelegten Geld? Welche sozialen und ökologischen Auswirkungen haben unsere Investitionen? In ihren freien Stunden tobt sie sich gerne auf dem Mountainbike und auf Skiern aus, findet ihre innere Mitte beim Yoga und schwingt den Schneebesen. Daher passt es auch, dass sie als Redakteurin bei Mein Buffet ist. Einem Kochmagazin. Ach, und ihr Kleingeld sammelt sie ganz klassisch: in einem großen Einmachglas.

Johanna Hellmann ist Ingenieurin für Landschaftsarchitektur und Umweltplanung – was das mit Finanzen zu tun hat? Erst einmal nicht ganz so viel. Doch dank fünf Studienjahren mit Kleinstgeld als Budget, hat sie sich von Jahr zu Jahr zur Überlebenskünstlerin mit wenig Geld hochgelevelt. Am liebsten verbringt sie ihre freie Zeit in der Natur und wühlt im Garten. Ist es ihr draußen zu kalt, kuschelt sie sich vor den Kamin, schaut Filme und Serien, trinkt Tee oder spielt mit Freunden Karten. Vor einem Jahr war ihre Bilanz am Ende des Monats noch immer nicht überzeugend, aber jetzt ist sie es. Sie weiß genau, wie es den Finanz-Beginners unter euch geht.

Marcel Wollscheid ist politischer Journalist und volontiert bei FOCUS. Ihn interessieren alle Themen rund um Wirtschaftspolitik und die gesellschaftsrelevanten Finanzthemen unserer Generation. Wenn er sich nicht im politischen Berlin bewegt, findet er Gefallen an Fußball-Diskussionen, Autofahren und gutem Essen. Marcel stieß als viertes Mitglied zum Kleingeldhelden-Team und ist eine Rechtschreib-Maschine. Ihm entgeht kein Verschreiber oder Kommafehler in unserem Newsletter.

Warum Kleingeldheld Marian jetzt ein Buch über die Finanzen junger Leute schreibt? Weil sich die meisten Bücher und Experten nur mit Finanzen für Leute beschäftigen, die schon Geld haben. Sie gehen nicht auf die spezifischen Bedürfnisse der Zielgruppe dieses Buches ein. Und die Zielgruppe seid ihr. Es geht nicht darum, ein Buch zu schreiben. Es geht darum, euch zu unterstützen. Manche brauchen diese Hilfe vielleicht gar nicht. Aber viele eben doch. Und dabei bleibt die Erkenntnis: Wir sind nicht allein. Die meisten von uns haben mit den gleichen Problemen und Herausforderungen zu kämpfen. Und wenn du andere Gleichgesinnte suchst, dann besuche doch unsere Seite: www.kleingeldhelden.com

Aber jetzt ist langsam genug geschwafelt worden. Wir denken nämlich immer nur an das eine und damit wollen wir jetzt anfangen. Lasst uns über Geld reden.

Marians persönliche Motivation

Meine persönliche Motivation ist, dass ich selbstbestimmt mein Geld verwalten kann. Ich möchte wissen, wofür ich mein Geld abgebe, wofür ich Steuern zahle, warum die Miete verdammt nochmal so hoch ist. Wir bestimmen heute selbst, was wir im Fernsehen schauen (Netflix, Amazon Video, Maxdome), wir entscheiden, welche Musik wir hören (iTunes, spotify, amazon music), wir leben vegetarisch, vegan oder glutenfrei, weil wir über uns selbst bestimmen wollen. Nur bei Geld machen wir das nicht. Ach, das wird schon irgendwie klappen, sagen wir uns immer. Der nette Bankberater hat doch bestimmt nicht nur seine Provision im Sinn. Nein, das wollen wir nicht glauben. Aber wenn wir so denken, dann ist es kein Wunder, dass viele Menschen nicht genug Geld haben. Das wäre ja so, als würden wir täglich Fastfood futtern und uns wundern, warum wir dick werden.

Und wenn du jetzt Angst vor der Geldanlage hast: Ich vergleiche sie immer gern mit dem Autofahren. Bevor wir Fahrstunden nehmen, hat doch keiner von uns eine Ahnung davon, was wir da machen. Aber nach der Prüfung ist das Autofahren doch ein Klacks. Genauso ist es auch mit der Geldanlage. Und nach der Prüfung sind sich sowieso alle sicher, dass es niemals einen besseren Autofahrer gab.

Kleines Beispiel gefällig? Ich bin bei der Geldanlage und auch sonst ein eher vorsichtiger Mensch. Erst nach meinem Studium der Volkswirtschaftslehre dachte ich darüber nach, ein bisschen Geld in Aktien anzulegen. Etwa drei Monate lang informierte ich mich, bei meiner Bank, in Zeitungen, in TV und Internet. Endlich konnte ich mich dazu durchringen, Geld anzulegen. Ganze 25 Euro wollte ich in einem ersten Schritt anlegen. Die Aufregung war groß, der Zeitpunkt schlecht. Ich legte 25 Euro in einen Mischfonds an. Doch zu dem Zeitpunkt lief es an den Aktienmärkten nicht gut. Das gesamte erste Jahr seit meiner ersten Anlage blieb ich im Minus. Wie deprimierend und enttäuschend es war, jeden Tag auf die roten Zahlen in meinem Bank-Account zu schauen! Ich dachte tatsächlich: Na gut, Marian, das wird wahrscheinlich nie aufwärtsgehen. Du wirst immer im Minus bleiben. Na, Prost Mahlzeit!

Dennoch investierte ich nach und nach mehr Geld, weil ich nicht aufgeben wollte – aber immer nur in kleinen Schritten. Und das Blatt wendete sich. Langsam aber sicher befreite sich mein Depot aus eigener Kraft aus dem Minus und schwang sich tatsächlich in positive Regionen auf. In dieser Zeit lernte ich sehr viel über Aktien, über die Börse und auch über mich. Ich begann mein Praktikum bei FOCUS MONEY und trat schließlich mein Volontariat an. In dieser Zeit lernte ich natürlich noch mal sehr viel über Aktien und die Börse hinzu. Man weiß nie alles über die Börse und niemand weiß, in welche Richtung sie laufen wird. Aber über die Geldanlage habe ich viel gelernt. In diesem Buch will ich mein Wissen mit dir teilen und dir die Vorteile und Nachteile der Geldanlage aufzeigen. Ob du anlegen willst, bleibt allein deine Entscheidung.

Doch bevor es dazu kommt, brauchst du zuerst ein bisschen Geld. Daran mangelt es bei mir natürlich auch und so entdeckte ich einige Tipps und Tricks, wie du Geld sparst und mehr aus deinem Geld machst. Aber jetzt ist es langsam mal genug mit dem Erzählen. Zeit ist Geld. Lass uns endlich anfangen.

1. Warum dein Geld nicht bis zum Lebensende reichen wird

Immer geht es nur um das Eine: um Geld. In diesem ersten Kapitel wollen wir mal zusammen schauen, wie es so um unser Geld bestellt ist. Was verdienen wir? Was müssen wir davon wieder ausgeben und wofür geben wir es überhaupt aus? Was kostet unser Leben und reicht unser Geld für ein angenehmes Leben? Bekommen wir am Ende unseres Arbeitslebens eine vernünftige Rente? Diese und noch viele weitere Fragen werden wir stellen und beantworten. Und wozu das Ganze?

Damit wir einen besseren Überblick über unser Geld und damit auch über unser Dasein bekommen. Denn Geld bestimmt unser Leben maßgeblich. Ob wir es wollen oder nicht. Um entscheiden zu können, ob wir Geld zum Sparen haben oder nicht, brauchen wir zuerst einen Überblick. Denn das ist eine ganz wichtige Frage. Wenn wir Geld anlegen wollen, müssen wir zuerst ein bisschen Geld dafür gespart haben. Hier wird der Grundstein gelegt. Der Grundstein zu deinem finanziellen Erfolg. Reichtum kommt nicht von allein. Aber wie können wir sparen, ohne dabei Lebensqualität einzubüßen?

Eine sehr wichtige finanzielle Herausforderung in unserem Leben stellt die Rente dar. Auch wenn es nicht so viel Spaß macht, sich jetzt schon mit der Rente zu beschäftigen: Es lohnt sich. Je früher du dich darum kümmerst, desto sorgloser kannst du dein Leben genießen. Und du gerätst nicht in die Altersarmut, die vielen Menschen droht. Aber auch wenn du dich jetzt noch nicht mit der Rente beschäftigen willst, erfährst du in diesem Kapitel viel über deine persönlichen Finanzen. Also lass uns starten und nicht zu viel Zeit verlieren. Denn Zeit ist Geld.

1.1 Schulden, Armut und kein Finanzwissen: Wird das für dich gelten?

Zugegeben, wir glauben natürlich alle, dass wir den absolut richtigen Umgang mit Geld haben. Einnahmen, Ausgaben, Investitionen – selbstverständlich sind wir alle Experten. Denken wir zumindest. Aber so ist es nicht. Es liegt in unserer Natur, dass wir immer meinen, alles besser zu wissen als unsere Mitmenschen. Dabei stellt sich doch heraus, dass viele Menschen nicht richtig mit Geld umgehen können. So zeigt auch eine neue Umfrage1 von Kantar Emnid im Auftrag der Fondsgesellschaft Union Investment, dass sich die Deutschen selbst die Schulnote 2,5 in Finanzfragen geben würden. Das ist ja gar kein schlechter Wert. Erschreckend wird es aber, wenn die Experten die gegebenen Antworten der Teilnehmer nur mit der Note 3,8 bewerten. Also ausreichend. Höchstens 4+. Für die Umfrage wurden 1014 repräsentativ ausgewählte Deutsche befragt sowie über 600 Experten. Interessant ist, dass der Bildungsbereich »Persönliche Finanzen« von den Deutschen noch wichtiger eingeschätzt wird als Gesundheit, Politik und Ernährung. Nur mit dem Wissen hapert es noch. Auch das Handelsblatt schreibt, dass die Deutschen keine Ahnung von Geld hätten.2 Eine Umfrage der Direktbank ING-DiBa ergab, dass 90 Prozent der Deutschen davon überzeugt sind, dass Finanzwissen sehr wichtig ist. Dabei wissen die wenigsten, was Inflation, Investmentfonds oder Dividenden sind. Vor allem bei den Jüngeren soll das Finanzwissen immer schlechter werden, weil es auch in der Schule gar nicht gelehrt wird. Nur bei etwa 15 Prozent der Schulen ist Finanzbildung laut der Umfrage ein fester Teil des Stundenplans. Katastrophal! Im Laufe meiner Recherche traf ich auf unzählige solcher Berichte und Studien. Wir Deutschen wissen viel zu wenig über Aktien und die Geldanlage. Aber dennoch denken viele unter uns, dass sie sich deutlich besser mit Finanzen auskennen, als sie es tatsächlich tun. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum einige Menschen sich schon in jungen Jahren stark verschulden. Oftmals schaffen sie es nicht, die Schulden vernünftig abzubezahlen. Die Anzahl der überschuldeten Privatpersonen sollte uns zu denken geben. So waren in Deutschland laut Statista 2016 unfassbare 6,85 Millionen Menschen überschuldet. Statista schreibt dazu: »Laut Definition von Creditreform liegt Überschuldung dann vor, wenn der Schuldner die Summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen auch in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seines Lebensunterhaltes weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen.«3 Die Zahl der Überschuldeten schwankt etwas, bewegt sich aber seit 2004 immer in einem Korridor zwischen sechs und 7,5 Millionen Menschen. Wenn man bedenkt, dass Deutschland etwa 82 Millionen Einwohner hat, dann ist jeder zwölfte Deutsche überschuldet. Dabei hilft es auch nicht zu sagen, dass das heutige Niveau etwas unter dem der Jahre 2006 und 2007 liegt. Wenn fast sieben Millionen Menschen überschuldet sind, kann das kein Zufall sein.

Dabei ist es schon schwer genug, als junger Mensch sein Geld beisammen zu halten, auch wenn man noch nicht so viele Verpflichtungen hat. Man verdient dann meistens kontinuierlich, ist flexibel und kann neue Dinge ausprobieren, um sein Geld zu vermehren. Aber je näher das Rentenalter rückt, desto klarer muss einem sein, dass man spätestens dann seine Finanzen geordnet haben sollte. Deswegen ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür, sich mit seinen Finanzen auseinanderzusetzen. Je früher du dein Geld für dich arbeiten lässt, desto mehr kannst du erreichen. Und dafür benötigst du kein riesiges Vermögen. Außerdem beugst du damit einem Phänomen vor, dass sich bei uns immer weiter auszubreiten scheint: die Armutsgefährdung.

Die Armutsgefährdung ist ein Problem. Sicherlich können wir in Deutschland nicht davon reden, dass jemand wirklich arm ist – etwa im Vergleich zu Ländern der Dritten Welt. Dennoch gibt es Menschen, die hier als arm gelten, weil sie deutlich weniger Geld und Vermögen besitzen als der Durchschnitt. In Deutschland liegt eine Armutsgefährdung vor, wenn jemand 60 Prozent oder weniger des mittleren Äquivalenzeinkommens besitzt. Keine Sorge, ich hatte auch keine Ahnung, was das sein soll. Hier also eine Definition für uns: »Das Äquivalenzeinkommen ist ein auf der Basis des Haushaltsnettoeinkommens berechnetes bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied.«4 Dabei wird also das Einkommen eines Haushalts durch die Anzahl der Haushaltsmitglieder geteilt. Kinder brauchen dabei weniger Geld als Erwachsene. Grob erklärt: In Deutschland war man 2015 als Alleinlebender mit weniger als 12 401 Euro netto pro Person und Jahr armutsgefährdet.5 Eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren galt mit weniger als 26 041 Euro netto pro Jahr als armutsgefährdet. Insgesamt galten 2015 damit 16,7 Prozent aller Deutschen als armutsgefährdet. Auch das ist für ein so reiches Land wie Deutschland ein erschreckend hoher Wert.

Ein weiterer Grund also, warum du dich schon jetzt mit Finanzen beschäftigen solltest. Wenn du deine Finanzen im Griff hast, dann ist es unwahrscheinlicher, dass du mal armutsgefährdet sein wirst. Auszuschließen ist das dennoch nicht.

Du siehst also, es ist schon in jungen Jahren schwierig, den finanziellen Laden zusammenzuhalten. Aber du musst dich selbstverständlich nicht damit beschäftigen. Aber ob das klug ist? Vielleicht willst du auch als Rentner noch einem Nebenjob nachgehen, wie es aktuell fast eine Million Menschen über 65 Jahre tun.6 Eigentlich ist die Rente ja dazu gedacht, dass man dann nicht mehr arbeiten muss. Aber falsch gedacht. Viele Rentner sind auf Erwerbsarbeit schlicht angewiesen. Überwiegend dürften sie einem Minijob nachgehen, um sich die Rente aufzubessern. Und wenn es heute schon Probleme bei den Rentnern gibt, wie soll das dann erst in unserer Generation werden? Denn wenn wir mal in Rente gehen, könnte die gesetzliche Rente für uns zu einem echten Problem werden. Und hier lauert für uns eine sehr große finanzielle Gefahr.

1.2 Warum du nur wenig Rente erhalten wirst

1383 Euro – so hoch ist die Standardrente in Deutschland im Jahr 2017.7 Aber nur, wenn auch wirklich 45 Jahre lang monatlich in die Rentenkasse eingezahlt wurde. 1383 Euro brutto. Das bedeutet, davon gehen noch Steuern und Versicherungen ab. Und dieser Wert ist nur der Durchschnitt. Viele Menschen werden mehr bekommen, viele aber eben auch deutlich weniger. Wer kein Eigenheim hat, um sich die Miete zu sparen, kommt da schnell in die Bredouille. Alarmierend ist auch das Standardrentenniveau. Ein kompliziertes Wort mit wichtiger Signalwirkung. Das Standardrentenniveau im Jahr 2018 liegt bei 48,1 Prozent netto vor Steuern. Das heißt, dass im Durchschnitt jeder Rentner 48,1 Prozent seines lebenslangen Durchschnittsgehalts als Rente bekommt. Ein kleines Beispiel: Hast du 45 Jahre lang jeden Monat 1000 Euro brutto verdient, dann würdest du jetzt jeden Monat etwa 482 Euro als Rente bekommen. 518 Euro weniger, als dein Durchschnittsgehalt ein Leben lang war. Oder umgerechnet 51,8 Prozent weniger. Eine ganz schöne Einbuße. Und dieser Wert wird sich laut aktuellen Prognosen in Zukunft noch weiter verschlechtern. Wir zahlen also immer mehr in die Rentenversicherung ein, bekommen später aber im Verhältnis immer weniger Rente ausbezahlt. Ist das gerecht?

Im aktuellsten Rentenversicherungsbericht von 2015 wurden die Rentenniveaus bis 2030 geschätzt.8 Laut diesen Schätzungen wird sich das Rentenniveau netto vor Steuern im Jahr 2030 bis auf 44,3 Prozent absenken. Das sind keine rosigen Aussichten. Aktuell zahlen wir jeden Monat von unserem Gehalt 18,7 Prozent in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Wie wird sich dieser Wert in der Zukunft entwickeln? Laut der Deutschen Rentenversicherung bleibt dieser Wert bis 2021 stabil. Okay, das ist ja nicht schlecht. Aber was kommt danach? Es liegt ja auf der Hand, dass im Rentensystem etwas nicht stimmen kann: Wenn es immer mehr ältere Menschen gibt, die Rente bekommen, dann müssen die jüngeren immer mehr einzahlen, um dieses Niveau halten zu können. Aber wenn wir immer mehr in die Rentenkassen einzahlen müssen, haben wir weniger Geld für uns und wir können auch weniger sparen.

Die Rente ist das größte finanzielle Problem unserer Zeit. Warum das so ist? Weil die deutsche Bevölkerung immer älter wird. Weil die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den kommenden Jahren in Rente gehen werden. Außerdem gibt es einfach zu wenige junge Leute. Das führt zu dem ungünstigen Fall, dass immer weniger junge Arbeitnehmer für immer mehr alte Rentner zahlen müssen. Dabei haben sich die Rentner ihre Rente durchaus verdient, schließlich bauten sie das Land und den Wohlstand auf, von dem wir jetzt alle profitieren. Doch es kann auch nicht sein, dass wir, wenn wir mal alt sind, nur das Nötigste zum Leben haben werden. In Deutschland gilt das sogenannte Umlageverfahren. Wie bereits angesprochen, zahlen die Arbeitnehmer in die gesetzliche Rentenkasse ein und diese bezahlt davon direkt die Renten. Es gibt so gut wie keine Reserve, von der man zehren könnte. Außerdem wird kein Geld am Kapitalmarkt angelegt, so wie es andere Staaten teilweise tun. Dafür ist die deutsche Rente relativ sicher.

Jetzt schauen wir uns an, wie die Bevölkerung aktuell strukturiert ist und was das für die Rente bedeutet. Danach widmen wir uns der Zukunft und den Prognosen, um zu schauen, was uns später noch erwartet.

Auf dem Demografie-Portal des Bundes und der Länder (https://www.demografie-portal.de/) können zahlreiche Statistiken zur deutschen Bevölkerung eingesehen werden. Hier ist zu erfahren, dass noch 1962 sechs Arbeitnehmer die Rente eines Rentners finanzierten. Schon 20 Jahre später mussten dreieinhalb Arbeitnehmer eine Rente stemmen. Und im Jahr 2015 sank der Wert sogar auf 2,1. Ein alarmierendes Zeichen. So kommt auch das Portal des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zu dem Fazit: »Das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern wird in Zukunft weiter deutlich abnehmen. Ein wesentlicher Grund ist, dass ab etwa 2020 die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge in den Ruhestand gehen und die Zahl der Rentenbezieher erheblich zunimmt. Gleichzeitig schrumpft mit ihrem Ruhestand die Größe der Erwerbsbevölkerung und damit auch die Zahl der potenziellen Beitragszahler.«9

Das bedeutet vereinfacht gesagt: Die Arbeitnehmer müssen immer mehr Geld von ihrem Lohn abgeben, damit die Renten bezahlt werden können. Aber das heißt noch nicht, dass die Rente am Ende des Lebens ausreichend sein wird. Da stellt sich für uns schon die beängstigende Frage, ob wir einen ruhigen Lebensabend verbringen können, wie es uns oft suggeriert wird. Denn neueste Studien gehen davon aus, dass die Anzahl der Erwerbstätigen dramatisch fallen wird:

Das Demografie-Portal thematisiert, dass es immer weniger Erwerbstätige geben wird. Schon jetzt schrumpfe die Zahl der Erwerbstätigen signifikant: »Ab etwa 2030 wird sich die Schrumpfung deutlich beschleunigen. Im Jahr 2060 könnte die Erwerbsbevölkerung trotz stetiger Zuwanderung aus dem Ausland lediglich 51 Millionen Personen groß sein – so klein wie zuletzt vor 1950.«10

Wir müssen uns also auf einiges gefasst machen. Aber auch wenn diese Zahlen alle nicht gut aussehen, dürfen wir keine Panik verbreiten. Die Höhe der Rente wird wahrscheinlich abnehmen, aber sie wird immer noch da sein. Darauf kann man sich verlassen. Es sieht zwar nicht rosig aus, aber nun werfen wir mal einen nüchternen Blick darauf, wie sich die Rente eigentlich berechnet.

Die Rentenformel

Jetzt bitte nicht erschrecken. Diese Formel ist ein Ungetüm. Als ich sie zum ersten Mal während meines Studiums der Volkswirtschaftslehre im Kurs »Soziale Sicherung« sah, brannten mir – gelinde gesagt – die Sicherungen durch. Aber seid froh: Ihr sollt sie euch an dieser Stelle einfach nur mal anschauen, damit ihr die Rente besser versteht. Ich musste damals damit rechnen. Und das war kein Spaß!

Monatliche Rentenhöhe = Entgeltpunkte × Zugangsfaktor × Aktueller Rentenwert × Rentenartfaktor

Schauen wir uns die einzelnen Punkte doch mal genauer an. Und wer es selbst nochmal nachlesen will, findet alles zur Rentenformel unter www.deutsche-rentenversicherung.de. Hier kann man auch seine Rentenhöhe online berechnen lassen. Zusätzlich bekommt jeder Arbeitnehmer ab dem 27. Lebensjahr und mindestens fünf Beitragsjahren jährlich einen Brief mit der aktuellen Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung.

Zusammenfassend können wir festhalten, dass du nur Einfluss auf die ersten beiden Punkte der Rentenformel hast. Dein Einkommen und der Zeitpunkt, an dem du in Rente gehst, sind ganz entscheidend. Wichtig ist natürlich auch der aktuelle Rentenwert. Der wird aber von Politik und Wirtschaft bestimmt. Du kannst ihn also nicht direkt beeinflussen.

So kommen wir zu dem Fazit, dass es um die gesetzliche Rente nicht allzu gut bestellt ist, weil es in Zukunft immer mehr Rentner und immer weniger Beitragszahler geben wird. Verdienst du während deines Lebens nicht genug oder zahlst du ein paar Jahre, aus welchen Gründen auch immer, nicht in die Rentenkasse ein, kann das deine späteren Rentenansprüche deutlich verschlechtern. Dramatisch wird es aber nur, wenn du nicht zusätzlich noch auf anderen Wegen vorsorgst. Verlässt du dich nur auf die gesetzliche Rente, könnte es im Alter etwas brenzlig werden. Dabei kann man aber auch kein pauschales Urteil fällen. Denn: Wer regelmäßig einen ordentlichen Beitrag über viele Jahre einzahlt, der wird auch eine ganz gute Rente bekommen. Doch Geringverdiener oder Menschen mit langem Studium, die kaum auf die erforderlichen Einzahlungsjahre kommen, sollten sich nicht nur auf die gesetzliche Rente verlassen. Wer schafft es denn heute nach dem Studium noch, 45 Jahre zu arbeiten? Allerdings kannst du auch deine schulische Ausbildung und dein Studium zur Rente anrechnen lassen. Laut der Deutschen Rentenversicherung kannst du bis zu acht Jahren nach dem 17. Lebensjahr anrechnen lassen.12