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Die erfolgreiche Jägerprüfung

Schummelseite

Das Grüne Abitur im Überblick

Folgende Fächer werden behandelt:

image Biologie der Wildarten (Tiere und Pflanzen)

image Naturschutz, Artenschutz, Biotopgestaltung

image Praktischer Jagdbetrieb inklusive Wildbrethygiene (Lebensmittelrecht)

image Waffenrecht und -handhabung

image Jagdhundewesen

image Jagdrecht

Diese Prüfungen kommen auf Sie zu:

image Schriftlich (vornehmlich Multiple Choice aus Fragenkatalog)

image Mündlich (Speed-Daten mit 6 Prüfern in 6 Sachgebieten)

image Praktisch (Waffenhandhabungs- und Schießprüfung)

Was das Jagdrecht im Allgemeinen klärt – Die 5 Ws

Wer darf wann, wie, wo und warum jagen?

Wer

Der Jagdausübungsberechtigte

Wann

Zu den vorgegebenen Jagd- und Schonzeiten

Wie

Im Sinne der Waidgerechtigkeit

Wo

Im Revier, in dem ein Jagdausübungsrecht für den einzelnen Jäger vorliegt

Warum

Um durch die Regulierung von Wildbeständen einen artenreichen und vielfältigen Pflanzenbestand in unseren heimischen Wäldern zu fördern

Was Sie vor dem Schuss überprüfen müssen

image Lebendbeschau des Wildtiers (Geschlecht? Alter? Besondere Auffälligkeiten?)

image Kugelfang vorhanden? (Die Ladung soll bei Verfehlen des Ziels nicht unkontrolliert durch die Gegend fliegen, sondern idealerweise im Erdreich stecken bleiben.)

image Vorder- und Hintergelände frei? (Ist der Weg vor und hinter dem Wildtier frei von Hindernissen?)

Die bundesweiten Jagdzeiten von fünf wichtigen Wildtierarten

Rehwild

Kitze

1. September – 28. Februar

Schmalrehe

1. Mai – 31. Januar

Ricken

1. September – 31. Januar

Böcke

1. Mai – 15. Oktober

Rotwild

Kälber

1. August ­– 28. Februar

Schmalspießer

1. Juni – 28. Februar

Schmaltiere

1. Juni – 31. Januar

Hirsche und Alttiere

1. August – 31. Januar

Schwarzwild

Frischlinge

ganzjährig bejagdbar

Überläufer

ganzjährig bejagdbar

Bachen

(siehe Gesetzesänderung)

Keiler

(siehe Gesetzesänderung)

Fuchs

ganzjährig bejagdbar

Dachs

1. August – 31. Oktober

Diese Bäume sollten Sie für die mündliche Prüfung kennen

Nadelbäume

Laubbäume

Fichte

Buche

Tanne

Eiche

Kiefer

Ahorn

Lärche

Esche

Eibe

Linde

Douglasie

Birke

Erle

Titelei

WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA

Die erfolgreiche Jägerprüfung für Dummies

Melanie Restle

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2018

© 2018 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

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Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autorin und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Coverfoto: WilliK/stock.adobe.de

Korrektur: Johanna Rupp, Walldorf

Satz/ePub: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld

Print ISBN: 978-3-527-71485-8

ePub ISBN: 978-3-527-81530-2

Über die Autorin

Melanie Restle ist Jungjägerin und geht seit ihrer Jägerausbildung nicht nur mit anderen Augen durch den Wald, sondern auch durch die Welt. Diese Horizonterweiterung würde sie am liebsten jedem zuteilwerden lassen – egal, ob er oder sie Jäger werden will oder nicht. Beruflich ist sie sowohl als Übersetzerin als auch als Pädagogin tätig – zwei Berufe, in denen Vermitteln eine zentrale Rolle spielt. In einer Zeit, in der immer mehr Menschen unzählige Stunden vor Computern verbringen, findet sie es besonders wichtig, nicht ganz den Bezug zur Natur zu verlieren. Seit ihrer Jägerausbildung und einem Aufbaustudium zur Erlebnispädagogin mit dem Schwerpunkt »Wald und Natur« versucht sie, Menschen für die sie ­umgebende Natur zu begeistern, sie als Kraftquelle zu nutzen und sie bewusst in das tägliche Wahrnehmungsspektrum aufzunehmen. Da die Autorin in ihrer Freizeit unter anderem gern und viel kocht, freut sie sich gerade vor dem Hintergrund eines ganzheitlichen Lebens über die Tatsache, dass sie ihrer Familie künftig einen selbst erlegten Braten servieren kann – »einen Braten mit Geschichte«.

Danksagung

Mein Dank gilt einer Reihe an Menschen, die daran beteiligt waren, das Buch zu dem zu machen, was es ist. Zunächst danke ich meinem Freund und Gefährten, dessen Nervenkostüm schon während meiner Jägerausbildung auf eine Geduldsprobe der besonderen Art gestellt wurde. Auch beim Schreiben dieses Buches musste er mich oft entbehren. Danke für das Verständnis und die Geduld.

Besonders danken möchte ich auch meinem fachlichen Berater, Michael Weinelt, der mir als Forstmann und Jäger stets beratend zur Seite stand, und – ganz platt ausgedrückt – dafür gesorgt hat, dass ich Ihnen keinen Unsinn erzähle. Die ein oder andere Passage stammt von ihm.

Eine weitere große Hilfe war Angela Huster, die das Buch als unbedarfter Dummie nicht nur Probe gelesen, sondern auch inhaltlich und sprachlich aufgewertet hat.

Zu guter Letzt danke ich meinem Ausbilder, Herrn Dr. Dieter Hiller. Ich durfte ihm unzählige Löcher in den Bauch fragen und habe viel bei ihm gelernt. So manches graue Haar hat er wohl von mir.

Einführung

In den letzten Jahren stiegen die Zahlen der Jägerprüfungsabsolventen so immens, dass es gewiss nicht übertrieben ist zu behaupten, die Jagd erlebe momentan eine noch nie dagewesene Renaissance. Was vor gar nicht allzu langer Zeit nur Privilegierten vorbehalten war, ­findet jetzt auch Einzug in andere Gesellschaftsschichten. Auch kann man längst nicht mehr von einer Männerdomäne sprechen, denn die Jagd wird zunehmend von Frauen ausgeübt. Aber was genau ist es, das dieses »grüne Hobby« so attraktiv macht? Und ist Hobby überhaupt der richtige Begriff? Wenn nun, überspitzt gesagt, Hinz und Kunz die Jagd ausüben dürfen, wie kann man denn überhaupt Jäger werden? Und wenn man denn einer ist, was ­erwartet einen dann? All diese Fragen möchte Ihnen dieses Buch auf gut verdauliche Weise beantworten und dabei Ihren Horizont ganz nebenbei ein Stückchen erweitern.

Über dieses Buch

Auch ich war einst an dem Punkt, an dem Sie sich jetzt vermutlich befinden. Ich stand vor den Bücherregalen – im Handel und im Netz – und fragte mich, warum es eigentlich kein … für Dummies-Buch zu dem Thema gibt. Wer mit einem neuen Thema liebäugelt, möchte nicht von schwerer Fachliteratur erschlagen werden, sondern sucht in der Regel erste Informationen, die leicht zu verarbeiten sind. Während ich mir die Antworten auf meine ersten Fragen mühsam aus dem Internet zusammengesucht und mich durch einschlägige, durchaus gute Sachbücher gekämpft habe, fuhr mir eine Schwere ins Gemüt, die ich Ihnen gern ersparen möchte. Davon abgesehen, ist es nicht jedermanns Sache, sich nach einem Arbeitstag noch an den PC zu setzen und zu recherchieren, weil man vielleicht ohnehin schon den ganzen Tag am Monitor zugebracht hat. Deshalb haben Sie jetzt die Möglichkeit, sich zurückzulehnen und sich erste Informationen zum Thema Jagen und Jägerprüfung auf eine bekömmliche Weise einzuverleiben. Dieses Buch ist mit einem Augenzwinkern geschrieben – von Dummie zu Dummie.

Wer dieses Buch lesen sollte

Dieses Buch ist für alle geschrieben, die sich für die Jägerausbildung in Deutschland interessieren. Es führt Sie locker-flockig durch den gesamten Prozess, den ein angehender Jäger vor sich hat: von der Entscheidung zur Jagdausbildung über die einzelnen Prüfungen bis hin zum Leben nach der Prüfung. Es kann außerdem von Jagdausbildern gelesen werden, die sich mal wieder in die Rolle eines Auszubildenden versetzen möchten oder von all jenen, die sich ganz im Allgemeinen für die Jagd interessieren.

Dieses Buch ist auch für Frauen

Ich habe lange überlegt, ob es emanzipatorisch betrachtet nicht ein Rückschritt ist, den Frauen unter den Lesern diesen Abschnitt zu widmen. Denn mittlerweile ist das Jägerdasein längst keine reine Männersache mehr. Aber ich tue es nun trotzdem. Auch wenn es nur dazu dient, den Zweiflerinnen unter den weiblichen Lesern Mut zu machen. In diesem Sinne: Meine lieben Frauen, lassen Sie sich gesagt sein, auch wenn wir Frauen uns vielleicht nicht gerade eine 8 Zoll 357er Magnum als favorisierte Kurzwaffe zulegen würden (Diese Magnum macht ihrem Namen nämlich alle Ehre und ist vor allem relativ schwer), sind wir durchaus in der Lage, alle zur Jagd gehörenden Pflichten und Aufgaben genauso gut auszuführen wie das andere Geschlecht. Das war's von meiner Seite dazu auch schon. Apropos Emanzipation: Wenn Sie dieses Buch in den Händen halten, sind Sie in meinen Augen auch emanzipiert genug, um auf die konsequente Ergänzung des grammatikalischen Geschlechts zu verzichten. Wenn ich also von Jägern spreche, sind freilich auch alle Jägerinnen gemeint. Und PS: Ich habe mir entgegen der männlichen Ratschläge eine 357er Magnum zugelegt, aber eine kurze. Sie ist zwar immer noch groß, aber ins Handtäschchen muss sie eh nicht passen.

Törichte Annahmen über den Leser

Wenn Sie sich für dieses Buch entschieden haben oder es Ihnen womöglich geschenkt wurde, dann darf ich Ihnen zunächst gratulieren, denn ich muss davon ausgehen, dass Sie sich auf irgendeine Art und Weise für die Jagd interessieren. Damit interessieren Sie sich nicht nur für ein sehr spannendes, sondern vor allem auch für ein außergewöhnlich horizonterweiterndes Thema. Wenn Sie sich bisher noch nicht übermäßig viel mit dem Thema auseinandergesetzt haben, gibt es klassische Bilder, die einem Laien gewöhnlich im Kopf rumschwirren. Da stehen Hochsitze in Feld und Flur, ein Jäger mit Hut läuft mit seiner Büchse auf dem Rücken bei Sonnenuntergang gen Wald, Hirsche führen auf einer Lichtung ihre prächtigen Geweihe zur Schau. All diese Bilder gibt es auch in echt! Doch glauben Sie mir: Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie noch viel mehr sehen, über das Sie sich bisher keine ­Gedanken gemacht haben.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Dieses Buch ist in sieben Teile gegliedert. Was in welchem Teil auf Sie zukommt, erläutere ich im Folgenden.

Teil I: Vom Dummie zum Jäger – Die Jagdausbildung in Deutschland

In Teil I erfahren Sie, wie man Jäger in Deutschland wird und warum immer mehr Menschen die Jägerausbildung absolvieren. Sie erhalten wertvolle Informationen über die Ausbildung und bekommen einen ersten Eindruck zum Aufgabengebiet des Jägers.

Teil II: Die Jägerprüfung oder das Grüne Abitur

In Teil II werden Sie von der Ausbildung bis zur Prüfung geführt und erfahren, warum die erfolgreiche Jägerausbildung auch gern »das Grüne Abitur» genannt wird.

Teil III: Die Sachgebiete unter der Lupe

In diesem Teil befassen wir uns ausschließlich mit den Prüfungsinhalten, die in sechs Sachgebiete unterteilt sind. Sie erhalten Tipps für die mündliche Prüfung und bekommen eine Ahnung davon, was Sie als Prüfling an Inhalt und Volumen erwartet.

Teil IV: Das Leben nach der Jägerprüfung

In diesem Teil erfahren Sie, wie es nach der Prüfung weitergehen kann, aber nicht muss. Von den Formalitäten bis hin zur Beschaffung einer Waffe und folglich eines Reviers bekommen Sie hilfreiche Tipps an die Hand, wie Sie als Jungjäger starten können.

Teil V: Praktischer Jagdbetrieb

Teil V konfrontiert Sie mit der Praxis und erläutert, welche Dinge bei der praktischen Jagdausübung zu beachten sind. Sie erfahren, was es bedeutet, waidgerecht zu jagen und mit welchen rechtlichen Aspekten Sie sich auseinandersetzen müssen. Außerdem bekommen Sie Tipps zur Weiterverarbeitung und Zubereitung von Wildfleisch.

Teil VI: Der Top-Ten-Teil

Der Top-Ten-Teil stellt Ihnen kurz und knackig zehn bemerkenswerte Jägerpersönlichkeiten vor, beantwortet zehn häufig gestellte Fragen von Jagdscheininteressenten und weitere zehn von Menschen, die den Jagdschein bereits absolviert haben.

Anhang

In den Anhängen finden Sie eine Übersicht über die Prüfungsmodalitäten in allen Bundesländern sowie einige Seiten mit typischen Prüfungsfragen.

Wie Sie dieses Buch verwenden

Grundsätzlich gilt: Sie lesen das Buch so, wie Sie möchten. Hier gibt es kein Dogma, denn es handelt sich schließlich um Ihre kostbare Freizeit, die Sie hier investieren. Sie sollen Freude beim Lesen haben und dürfen sich selbstverständlich jederzeit unbeschadet über den konzeptionellen Aufbau dieses Buches hinwegsetzen. In der Inhaltsangabe sind alle Themen gelistet, sodass Sie hoffentlich schnell das finden, wonach Sie suchen. Und sollten Sie dort nicht fündig werden, dann blättern Sie nach hinten ins Stichwortverzeichnis und suchen nach dem entsprechenden Begriff. Falls Sie sich jedoch auf eine kleine Reise vom Dummie zum Jäger begeben möchten, steht es Ihnen frei, sich einfach durch das Buch führen zu lassen.

Was Sie nicht lesen müssen

Sie haben meinen ganz persönlichen Segen, das Stichwortverzeichnis und das Impressum getrost zu ignorieren. Bei den anderen Themen entscheiden Sie bitte selbst, was für Sie von geringer Relevanz ist.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Was wäre ein … für Dummies-Buch ohne die hübschen Symbole? Auch in diesem Buch sorgen sie nicht nur für eine bessere Übersicht, sondern heben auch besonders relevante Textstellen optisch hervor. Was die Symbole bedeuten, möchte ich Ihnen hier kurz erläutern:

Dieses Symbol sagt Ihnen, dass Sie hier einen für das Jägerleben kritisch-relevanten Hinweis finden.

Hier erhalten Sie einen wertvollen Tipp.

Bei diesem Symbol müssen Sie besonders aufmerken, denn ich möchte Sie gegebenenfalls vor einer Falle bewahren.

Die Hand ist ein Appell an Ihr Gedächtnis in einer Sache, die Sie sich besser merken sollten.

Hier finden Sie eine Definition oder eine Erläuterung.

Hier wird Ihnen etwas erzählt, denn was wäre ein … für Dummies-Buch ohne die eine oder andere Anekdote aus dem Erfahrungsschatz der Autorin?

Teil I

Vom Dummie zum Jäger – Die Jagdausbildung in Deutschland

Kapitel 1

Wie man Jäger in Deutschland wird

Der Begriff Jagd kann ganz unterschiedliche Assoziationen auslösen. Die einen denken an Hochsitze und Schießgewehre, die anderen an grüne Kleidung und jagdliches Brauchtum, wieder andere denken an Tiermörder. Eines haben diese Assoziationen jedoch alle gemeinsam: den Wald. Bereits in der Grundschule lernen Kinder, dass der Wald nicht nur ein wertvolles Ökosystem mit vielschichtigen Funktionen ist, sondern auch dem Menschen als Erholungsraum dient. Was das Wasser für den Segelscheinbesitzer ist und die Berge für den Bergführer sind, das ist der Wald für den Jäger – zumindest in unseren Breitengraden. In eine andere Welt einzutauchen und den Alltag ein Stück weit hinter sich zu lassen, macht wohl auch einen großen Teil des Reizes aus, der die Zahlen der Jagdscheinabsolventen in den letzten Jahren derartig in die Höhe schnellen ließ. Seit der Französischen Revolution ist die Jagd nicht mehr nur dem Adel vorbehalten, sondern darf auch von normal Sterblichen wahrgenommen werden. Das Jagdrecht liegt zunächst beim Grundstücksbesitzer. Die Jagd ausüben darf man in Deutschland allerdings nur mit der entsprechenden Qualifikation: dem Jagdschein.

Die Welt mit neuen Augen sehen

Spätestens wenn Sie sich dazu entschlossen haben, die Jägerausbildung zu absolvieren, werden Sie innerhalb von kurzer Zeit merken, dass Sie mit anderen Augen durch die Welt laufen. Sie sehen sich Bäume anders an, ja erkennen diese anhand der Samen oder Blätter. Sie achten auf die Geräusche im Wald und können für Sie bisher vermutlich unsichtbare Spuren (»Fährten« in der Jägersprache) der Tiere sehen. Sie werden sogar in Fernsehkrimis nicht mehr weghören können, wenn die Kommissare sich über das Kaliber der mutmaßlichen Mordwaffe unterhalten. Jeder Hund, der Sie beim Spazierengehen passiert, wird genauestens inspiziert und auf seine potenzielle Jagdtauglichkeit überprüft. Sie werden nicht mehr zuerst das Herrchen oder Frauchen ansehen, sondern deren vierbeinigen Begleiter. Wenn Sie an einem Feld vorbeifahren, sehen Sie genau hin und möchten wissen, was dort wächst und ob es sich um eine Zwischensaat handelt oder nicht.

Ich kann Ihnen versprechen: Sie werden nicht mehr der oder die Alte sein! Und sollte all dies auf Sie überraschenderweise nicht zutreffen, dann kann ich Ihnen eines garantieren: Sie werden ab sofort überall Jäger sehen! So wie schwangere Frauen oder die, die es werden ­wollen, an allen Ecken und Enden nur noch dicke Bäuche wahrnehmen, so werden Ihnen Waidleute sofort ins Auge stechen. Wenn Sie die Jägerausbildung machen, begeben Sie sich auf eine kleine Abenteuerreise, die Ihren Horizont immens erweitern wird.

Der Jagdschein

Der Jagdschein ist ein grünes, mehrseitiges Dokument, das den Inhaber zur Jagdausübung in Deutschland berechtigt. Um den Jagdschein beantragen zu können, muss der Anwärter die Jägerprüfung erfolgreich absolviert haben. Durch die von der jeweiligen Landesregierung ­gesteuerte Jägerprüfung wird sichergestellt, dass nur entsprechend qualifizierte Leute die Jagd ausüben dürfen. Die Durchfallquote liegt bei knapp 20 Prozent, wobei diese je nach ­Prüfung variiert. Der Prüfling unterzieht sich nämlich nicht nur einer Prüfung, sondern ­legt insgesamt vier Prüfungen ab:

image die schriftliche Prüfung

image die mündliche Prüfung

image die Waffenhandhabungsprüfung

image die Schießprüfung.

Auf diese vier Prüfungsteile werde ich in Teil II genauer eingehen. Mit dem Jagdschein ist der Inhaber nicht nur berechtigt, jagdlich tätig zu sein, sondern erhält automatisch auch das Recht zum Führen von Jagdwaffen. Nicht zuletzt deshalb wird das Thema Sicherheit in der Ausbildung großgeschrieben. Es soll ja schließlich nicht jeder Trottel mit einer Knarre rumlaufen dürfen. Das dürfte auch in Ihrem Interesse sein, nicht wahr?

Die persönliche Zuverlässigkeit

Es versteht sich fast von selbst, dass man nur den Menschen eine Waffe in die Hand geben möchte, die ein gewisses Maß an sozialer Zuverlässigkeit aufweisen. Deshalb wird bei Beantragung des Jagdscheins ein Führungszeugnis angefordert. Aus einer Reihe an angefallenen Strafzetteln oder irrelevanten Kavaliersdelikten wird Ihnen keiner einen Strick drehen. Wenn Sie aber strafrechtliche Vergehen auf dem Kerbholz haben, sieht es für den Jagdschein düster aus. Laut dem Bundesjagdgesetz gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die Ihnen den Jagdschein versagen können.

Kein Jagdschein ohne die Jägerbibel

Was die Bibel für den Priester ist, ist das Bundesjagdgesetz für den Jäger, denn es bildet die Grundlage für sein Jägersein in Deutschland. Sie, lieber Jagdanwärter, müssen es während Ihrer Ausbildung nicht auswendig lernen, aber immer wieder daraus zitieren. Ganz banal gesagt, regelt es, wer unter welchen Umständen wie und wo jagen darf und was es dabei zu beachten gibt. Und glauben Sie mir: Es gibt eine Menge zu beachten! Wenn Sie sich den gesamten Gesetzestext einverleiben wollen, finden Sie das Bundesjagdgesetz auch online unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bjagdg/

Die Ausbildung zum Jäger

Die Jägerprüfung wird durch den Prüfungsausschuss der unteren Jagdbehörde konzipiert. In den meisten Bundesländern ist ein Ausbildungslehrgang Pflicht. Das heißt, dass Jagdscheinanwärter wieder die Schulbank drücken müssen. Um zur Prüfung zugelassen zu werden, muss der angehende Jäger eine gewisse Anzahl an Theorie- und Praxisstunden nachweisen können sowie diverse Schießleistungen erbracht haben. Hier gibt es jedoch einige Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Derzeit ist ein Vorbereitungslehrgang in elf Bundesländern vorgeschrieben. In Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt kann sich der Prüfling auch ohne Ausbildungslehrgang prüfen lassen. Eine Übersicht zu den Zulassungsvoraussetzungen in den einzelnen Bundesländern finden Sie ganz hinten im Anhang.

Die Vorbereitungslehrgänge

In Deutschland gibt es unzählige Kreisjägerschaften, die man sich als gebündelte Organisationseinheit für eine Region, einen Landkreis oder eine kreisfreie Stadt vorstellen kann. Diese Kreisjägerschaften bieten in der Regel auch Ausbildungslehrgänge an. Eine kurze Suche im Internet über den Browser Ihres Vertrauens wird Ihnen Aufschluss über die Organisationsstruktur in Ihrer Region geben. Ausbildungslehrgänge werden aber auch von Privatschulen im Anzeigenteil der lokalen Tageszeitung angeboten. Hier gibt es verschiedene Modelle. Pi mal Daumen kann man sagen, dass ein Lehrgang mindestens 120 Stunden Theorie und Praxis umfasst. Hinzu kommt die Schießausbildung, deren Ziel ein sicherer Umgang mit der Waffe ist.

Qual der Wahl: Crashkurs oder Halbjahreskurs?

120 Unterrichtsstunden sind eine Menge Holz. Für die meisten Menschen ist Zeit Mangel­ware. Dieses Phänomen wurde auch seitens der Ausbildungsstätten beobachtet. Und wie das so schön ist: Der Kunde ist König. Deshalb hat man das Angebot an die Bedürfnisse der potenziellen Kunden angepasst. Und so ist es mittlerweile möglich, den kompletten Ausbildungslehrgang in einen zweiwöchigen Kompaktkurs zu pressen, im Anschluss dessen auch gleich die Prüfung stattfindet.

Nicht nur in Jägerkreisen wird immer wieder über die Qualität von Crashkursen diskutiert. Ein regulärer Kurs dauert im Schnitt ein halbes Jahr. Sie würden ein bis zwei Abende die Woche die Schulbank drücken und an den Wochenenden mit Ihrem Ausbilder die Praxisstunden im Wald und die Schießausbildung absolvieren. Sie haben Zeit, das Wissen zu verarbeiten und können sich Ihr Lernpensum frei einteilen. In einem Crashkurs hingegen haben Sie gerade noch Zeit zum Atmen, denn es geht zwei bis drei Wochen am Stück von morgens bis abends durch und Sie haben während dieser Zeit keine Kapazitäten mehr für andere Dinge.

Die Ausbildungsinhalte

Das Grüne Abitur, also der Jagdschein, will wohlverdient sein, denn es verlangt dem Prüfling eine Menge Wissen ab. In den Teilen II und III werden Sie alles zum Aufbau der Ausbildung und zu den Inhalten erfahren. Um Ihre Neugierde nicht zu sehr zu strapazieren, gewähre ich Ihnen jedoch bereits hier einen kleinen Einblick in die Themen, mit denen Sie sich im Theo­rieteil auseinandersetzen werden:

image Wildbiologie

image Wildhege

image Jagdbetrieb

image Wildschadensverhütung

image Land- und Waldbau

image Waffenrecht

image Führung von Jagdhunden

image Behandlung des erlegten Wildes unter besonderer Berücksichtigung der Wildbrethygiene

image Jagdschutz

image Tierschutz

image Naturschutz und Landschaftspflege

Die praktische Ausbildung umfasst den sicheren Umgang mit diversen Jagdwaffen sowie die Schießfertigkeit, die auf einem Schießstand trainiert wird. Hinzu kommen Reviergänge und Exkursionen, auf denen Sie einen Einblick in die Revierpraxis und die Jagdorganisation erhalten.

Schriftlich – Mündlich – Praktisch

Das Wissen aus den genannten Sachgebieten wird in der schriftlichen Prüfung in den meisten Bundesländern in einem Multiple-Choice-Verfahren – ähnlich wie bei der Führerscheinprüfung – abgefragt. Hat man diese erfolgreich hinter sich gebracht, findet einige Tage später die mündliche Prüfung statt. Diese kann man sich wie Speed-Dating vorstellen. Der Prüfling wechselt von Sachgebiet zu Sachgebiet den Raum, da jedes von einem separaten Prüfer betreut wird. Hat er diesen Teil bestanden, wird er zur praktischen Waffenhandhabungsprüfung geladen, auf die direkt im Anschluss oft die Schießprüfung erfolgt.

Das liebe Geld: Die Ausgaben

Ich möchte Ihnen keine Illusionen machen: Jagen ist ein teures Hobby. Die Jägerausbildung hingegen ist relativ überschaubar. Einen regulären Ausbildungslehrgang bekommen Sie schon ab 1.000 Euro. Die Prüfungsgebühr, die vom jeweiligen Bundesland erhoben wird, bewegt sich zwischen 200 und 300 Euro. Einige Ausbildungsstätten bieten Komplettpakete an, in denen alle Kosten inklusive Prüfungsgebühr, Unterrichtsmaterialien und Munition enthalten sind. In der Regel gilt: Je kompakter der Kurs, desto höher die Kosten.

Richtig teuer wird es erst dann, wenn Sie den grünen Lappen in der Tasche haben und als Jäger tätig sein möchten. Sie werden sich Dinge anschaffen wie:

image Kleidung

image Fernglas

image Waffenschrank

image Waffen und Munition

image Eventuell einen Jagdhund

Unter 5.000 Euro werden Sie, sofern Sie sich halbwegs solide ausrüsten, da nicht wegkommen. Fast alle Jäger, mit denen ich bisher gesprochen habe, mussten schmunzeln, wenn ich sie nach den potenziellen Ausgaben für das Jägerdasein gefragt habe. Die Quintessenz bei all jenen, die ihre Aufgabe ernstnehmen, war: An der falschen Stelle zu sparen, ist am Ende teurer als sich gleich am Anfang eine solide Ausrüstung zusammenzustellen. Es muss ja auch nicht alles sofort angeschafft werden. Aber es muss auch nicht sofort das Beste vom Besten sein. Lassen Sie sich einfach von einem erfahrenen Jäger, der sich mit Waffen auskennt, beraten.

Jägerschein oder -sein?

Das mit dem Jägersein ist allerdings so eine Sache. Ab wann ist man Jäger? Nun ja, da streiten sich die Geister. Es ist vielleicht ein bisschen ähnlich wie mit der Wissenschaft. Wenn jemand einen Ehrfurcht einflößenden Doktortitel besitzt, dann heißt das noch lange nicht, dass er für den Rest seines Lebens Wissenschaftler ist. Er hat lediglich zu einem Zeitpunkt seines Lebens bewiesen, dass er in der Lage ist, wissenschaftlich zu arbeiten. Einen Doktortitel behält man jedoch ein Leben lang, wenn er einem nicht durch Plagiatsvorwürfe und dergleichen aberkannt wird. Beim Jagdschein ist es ähnlich. Sofern man sich nichts zuschulden kommen lässt (siehe Versagen des Jagdscheins, Kapitel 11), behält man diesen für den Rest seines Lebens und kann dessen Gültigkeit jährlich oder alle drei Jahre gegen Bezahlung der entsprechenden Gebühr verlängern. Ob man sich dann allerdings mit dem bloßen Dokument in der Tasche als Jäger bezeichnen kann, darf oder soll – das möchte ich hier nicht entscheiden müssen. Mein Ausbilder hat sich jedenfalls regelmäßig über die sogenannten Scheinsammler echauffiert. Er hatte schon Leute in seinem Kurs, die sich im Laufe ihres Lebens ein buntes Sammelsurium an Scheinen zugelegt haben, vom Anglerschein bis zum Segelschein war alles dabei. Und ­irgendwann kamen sie auf die Idee, den Ferrari unter den Scheinen zu machen – den Jagdschein, das Grüne Abitur. Mein Ausbilder hat sich vermutlich gar nicht so sehr über die Tatsache geärgert, dass die Scheinsammler all die Scheine hatten, sondern vielmehr darüber, dass es mehr um den Besitz als identitätsstiftende Maßnahme ging und nicht um die Sache an sich. Und wenn ich hier meine persönliche Ansicht anbringen darf: Allein die Horizonterweiterung in den sechs Sachgebieten der Jägerprüfung ist es wert, den Schein zu machen. Ob man diesen danach im Kachelofen verheizt oder ihn sich im Goldrahmen in die private Fotogalerie zu den anderen Scheinen hängt, ist völlig egal. Die Horizonterweiterung kann einem keiner mehr nehmen.