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Automationslösungen in der analytischen Messtechnik

Theorie, Konzepte und Anwendungen

Heidi Fleischer und Kerstin Thurow

Wiley Logo

Autoren

Heidi Fleischer

Universität Rostock

Institut für Automatisierungstechnik

Richard-Wagner Str. 31

18119 Rostock

Deutschland

Kerstin Thurow

Universität Rostock

Center for Life Science Automation

Friedrich-Barnewitz-Straße 8

18119 Rostock

Cover Images:

© Images were kindly provided by celisca – Center for Life Science Automation (Rostock, Germany)

Vorwort

Roboterbasierte Automationssysteme sind seit vielen Jahren in zahlreichen industriellen Anwendungen etabliert. In den Lebenswissenschaften (auch: Lifesciences) ist ein vergleichbar hoher Automatisierungsgrad in den Bereichen Bioscreening und Hochdurchsatzscreening festzustellen. Bei der Entwicklung von notwendigerweise flexiblen und universell nutzbaren vollautomatischen Systemen für die analytische Messtechnik bestehen hingegen weiterhin starke Defizite. Gründe sind vor allem die heterogenen Prozessumgebungen mit ihren zum Teil komplexen Strukturen, welche Probenvorbereitung und -transport, analytische Messungen mit komplexen Sensorsystemen sowie eine geeignete Datenanalyse und -auswertung umfassen. Darüber hinaus führt die Verwendung von vielfältigen, nicht standardisierten Probengefäßen mit verschiedensten Formaten und Volumina zu einer erhöhten Komplexität. Der Stand der Technik umfasst heute automatisierte Workstations, halbautomatisierte Systeme oder proprietäre vollautomatische Systeme, die für spezifische Anwendungen entwickelt wurden. Generell ist eine flexible Nutzung von Automationssystemen für unterschiedliche Anwendungen eine anspruchsvolle Forschungsaufgabe.

Die Entwicklung geeigneter Automationssysteme auf dem Gebiet der analytischen Messtechnik mit unterschiedlichen messtechnischen Instrumenten und komplexen Sensorsystemen erfordert zunächst eine systematische Analyse der zu automatisierenden Prozesse mit dem Ziel, geeignete Strukturen zu entwickeln und diese den jeweiligen Prozessen zuzuordnen. In industriellen Anwendungen können acht verschiedene Grundstrukturen nach ihrer zentralen oder dezentralen Prozessstruktur mit einer jeweils örtlichen und wirkungsmäßigen Struktur unterschieden werden. In der analytischen Messtechnik bestehen Einschränkungen hinsichtlich der allgemeinen Anwendbarkeit dieser Strukturen, daher ist eine angemessene Anpassung an die Prozessstruktur erforderlich. Prozesse in der analytischen Messtechnik sind stets durch eine dezentrale Prozessstruktur charakterisiert, können aber hinsichtlich der örtlichen und anwendungsbezogenen Struktur unterteilt werden. Abhängig von der verwendeten Robotertechnologie können zwei grundlegende Automationskonzepte auf Prozesse in der analytischen Messtechnik angewendet werden: zentrale Systemintegratoren und flexible Roboter. Für eine maximale Vielseitigkeit der zu automatisierenden Prozesse ist eine Erweiterung auf ein drittes Konzept, das Merkmale beider vorgenannten Konzepte beinhaltet, möglich: die integrierte Robotik.

Aufgrund ihrer hohen Flexibilität können geeignete Roboter als Transportsysteme eingesetzt werden. Dadurch wird eine Verbindung der einzelnen Teilprozesse und Arbeitsstationen erreicht, wobei der Roboter in diesem Fall die Funktion eines zentralen Systemintegrators übernimmt. Die Flexibilität eines Automationssystems kann erhöht werden, wenn der Roboter neben Transportaufgaben zusätzlich aktive Manipulationsaufgaben ausführt, d. h. die Funktion eines flexiblen Roboters übernimmt. Eine weitere Flexibilitätssteigerung kann mit mobilen Robotern erreicht werden, welche Transportaufgaben zwischen verschiedenen Teilsystemen sowie Manipulationsaufgaben übernehmen. Für eine effiziente Arbeitsauslastung solcher Roboter können einige dieser Aufgaben sogar während des Transports ausgeführt werden. Dieses Konzept wird als integrierte Robotik bezeichnet.

Das vorliegende Buch möchte einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Systematisierung geeigneter Automationssysteme in den Lifesciences, insbesondere auf dem Gebiet der analytischen Messtechnik, leisten. Das erste Kapitel gibt einen umfassenden Überblick über die Geschichte und die Entwicklung von Automationssystemen im Bereich der Lifesciences. Das zweite Kapitel setzt sich kritisch mit bestehenden Automationssystemen in den Bereichen Bioscreening, Chemie und analytische Messtechnik auseinander. Das Kapitel beginnt mit allgemeinen Definitionen und Grundlagen und schließt mit den Anforderungen an die Automatisierung analytischer Messverfahren. Das dritte Kapitel widmet sich insbesondere der theoretischen Betrachtung von Automationsstrukturen und stellt allgemeine Automationskonzepte für analytische Messverfahren vor. Die theoretischen Überlegungen werden mit Ausführungen zum Automatisierungsgrad und statistischen Auswertungen ergänzt. Im vierten und fünften Kapitel werden realisierte Automationskonzepte mit zentralem Systemintegrator oder flexiblem Roboter vorgestellt. Dabei werden spezielle Anwendungen aus verschiedenen Bereichen (z. B. Umweltmesstechnik, Medizin, Arzneimittelentwicklung und Wirkstoffforschung sowie Qualitätssicherung) eingeführt. Das Ziel besteht in einem hohen Automatisierungsgrad bei maximalem Probendurchsatz, kurzen Bearbeitungs- und Messzeiten mit besonderem Fokus auf die applikative Flexibilität der automatisierten Systeme. Die Systeme werden ausführlich beschrieben; die Evaluation der Systeme erfolgt sowohl im Hinblick auf die Prozessperformance als auch die erzielten Messergebnisse. Das sechste Kapitel bezieht sich auf die Softwareentwicklung zur automatisierten Datenauswertung. Die Herausforderung besteht hier im Entwurf flexibler Lösungen, welche die Integration mehrerer analytischer Messgeräte verschiedener Hersteller ermöglichen, um einen vollautomatischen Prozess von der Probenvorbereitung über die Messung bis zur abschließenden Datenauswertung zu gewährleisten. Das letzte Kapitel widmet sich dem übergeordneten Management automatisierter Prozesse und diskutiert verschiedene Managementsysteme im Bereich der Laborautomation.

Die Autoren bedanken sich bei Prof. Dr.-Ing. Norbert Stoll für seine Unterstützung und für die wertvollen Diskussionen. Unser besonderer Dank gilt der Firma Yaskawa, insbesondere Dr.-Ing. Michael Klos, B. Sc. Wolfgang Schuberthan und Gerhard Trapp für die Bereitstellung des zweiarmigen Roboters SDA10F und für die Unterstützung bei der Generierung der Roboterjobs. An der Realisierung der Automationssysteme waren die Mitglieder der unterschiedlichen Forschungsgruppen des Center for Life Science Automation (celisca) der Universität Rostock beteiligt. Unser Dank gilt der Forschungsgruppe „Integrated Systems“ unter der Leitung von Dr.-Ing. Steffen Junginger, der Forschungsgruppe „IT Systems @ Automation“ unter der Leitung von Dr.-Ing. Sebastian Neubert und der Forschungsgruppe „Processes & Measurement“ unter der Leitung von PD Dr.-Ing. habil. Heidi Fleischer. Unser Dank gilt ebenfalls Prof. Dr.-Ing. habil. Hui Liu für seine Unterstützung im Bereich der mobilen Robotik. Ferner möchten wir allen Studierenden und Praktikanten für ihre Beiträge im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterarbeiten danken.

Wir wünschen allen Lesern dieses Buches eine interessante und informative Lektüre.

Rostock, Deutschland, April 2019

Heidi Fleischer und Kerstin Thurow