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Inhaltsverzeichnis

Mitglieder des Arbeitskreises AK 1.6 „Numerik in der Geotechnik“

Vorwort

1 Allgemeiner Teil

1.1 Allgemeine Berechnungsgrundlagen

1.2 Stoffmodelle und Materialkennwerte für Lockergestein

1.3 Stoffmodelle und Materialkennwerte für Festgestein

1.4 Berücksichtigung von Wasser im Baugrund

2 Baugruben und Böschungen im Lockergestein

2.1 Vorbemerkungen

2.2 Numerisches Modell, Berechnungsausschnitt, Anfangs- und Randbedingungen, Diskretisierung

2.3 Berücksichtigung des Grundwassers

2.4 Numerische Simulation des Baugrubenverbaus

2.5 Sicherung der Baugrubensohle

2.6 Standsicherheitsberechnungen

3 Gründungen und Baugrundverbesserung

3.1 Gründungen

3.2 Baugrundverbesserung

4 Tunnelbau unter Tage

4.1 Vorbemerkungen

4.2 Berechnungsausschnitt, Anfangs- und Randbedingungen, Diskretisierung

4.3 Simulation der Bauverfahren

4.4 Auswertung und Beurteilung der Berechnungsergebnisse

4.5 Rückkopplung zwischen Berechnung und Messung

5 Qualitätsmanagement und Dokumentation numerischer Berechnungen

5.1 Vorbemerkungen

5.2 Stellenwert numerischer Berechnungen innerhalb des Projektablaufes

5.3 Prüfbarkeit numerischer Berechnungen

5.4 Aufbau und Wahrung der Fachkompetenz

5.5 Berechnungsdokumentation

6 Literatur

Beiblatt 1: Baugruben

1 Einleitung

2 Dicht gelagerter Sand

3 Locker gelagerter Sand

4 Weicher Boden – Klei

5 Überkonsolidierter Boden – Mergel

6 Ermittlung der Sicherheit gegen Geländebruch

7 Zusammenfassung

Beiblatt 2: Gründungen

1 Geometrie

2 Berechnungsphasen

3 Materialkennwerte

4 Ergebnisse

5 Bewertung

Beiblatt 3: Berechnungsdokumentation

Aufbau einer Berechnungsdokumentation

Deckblatt

Inhaltsverzeichnis

Änderungschronik

Erläuterungsbericht

1 Aufgabenstellung

2 Modellierung

3 Berechnungsdurchführung

4 Berechnungsergebnisse

5 Zusammenfassung

Anlagenteil (bei einer Berechnungsvariante)

A1 Modellierung

A2 Berechnungen

A3 Berechnungsergebnisse

Anlagenteil bei mehreren Berechnungsvarianten

A2 Berechnungen

A3 Berechnungsergebnisse

images

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mitglieder des Arbeitskreises AK 1.6 „Numerik in der Geotechnik“

 

Zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Gesamtempfehlungen setzte sich der Arbeitskreis 1.6 „Numerik in der Geotechnik“ wie folgt zusammen:

 

Prof. Dr.-Ing. habil. P.-A. von Wolffersdorff, Dresden (Obmann)

 

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. I. Herle, Dresden (stellvertr. Obmann)

 

ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. M.Sc. H. F. Schweiger, Graz (stellvertr. Obmann)

 

Prof. Dr.-Ing. T. Benz, Stuttgart

 

Dr. sc. techn. J.-M. Hohberg, Bern

 

Dr.-Ing. S. Jung, Saarbrücken

 

Dipl.-Ing. U. Just, Schrobenhausen

 

Dr.-Ing. C. Karcher, Köln

 

Prof. Dr.-Ing. W. Krajewski, Darmstadt

 

Dr.-Ing. P.-M. Mayer, Stuttgart

 

Dr.-Ing. H. Neher, Stuttgart

 

Univ.-Prof. Dr.-Ing. E. Perau, Essen

 

Univ.-Prof. Dr.-Ing. O. Reul, Kassel

 

Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. T. Schanz, Bochum (ehemaliger Obmann)

 

Univ.-Prof. Dr.-Ing. J. Stahlmann, Braunschweig

 

Dipl.-Ing. O. Stelzer, Karlsruhe

 

Dipl.-Ing. Dr. H. Walter, Salzburg

 

Dr.-Ing. M.Sc. J. Wehr, Offenbach

 

Dr.-Ing. D. Winselmann, Braunschweig

 

Gäste

 

Dipl.-Ing. T. Barciaga, Bochum

 

Dr.-Ing. S. Henke, Berlin

 

Dr.-Ing. T. Marcher, Rum/Innsbruck

 

Dipl.-Ing. C. Missal, Braunschweig

 

Dipl.-Ing. T. Pucker, Hamburg

 

Prof. Dr.-Ing. C. Slominski, München

 

Ehemalige Mitglieder und Gäste

 

Dr.-Ing. A. Becker, Kaiserslautern

 

Prof. Dr. rer. nat. habil. G. Borm, Karlsruhe

 

Prof. Dr.-Ing. habil. J. Engel, Dresden

 

Dipl.-Ing. P. Gollub, Schrobenhausen

 

Prof. Dr.-Ing. habil. P. Gußmann, Stuttgart

 

Dr.-Ing. U. Holzlöhner, Berlin

 

Prof. Dr.-Ing. M. Kany, Zirndorf images

 

Dipl.-Ing. U. Klask, Kamen

 

Dr.-Ing. J. Klein, Essen

 

Dr.-Ing. K. Langhagen, Dietzenbach

 

Dr.-Ing. L. Liedtke, Hannover

 

Prof. Dr.-Ing. habil. H. Meißner, Kaiserslautern (ehemaliger Obmann)

 

Prof. Dr.-Ing. E.h. M. Nußbaumer, Leonberg, München

 

o. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. O. Pregl, Wien images

 

Dr.-Ing. R. Schwab, Karlsruhe

 

Dipl.-Ing. W. Schuck, München

 

Prof. Dr.-Ing. S. Semprich, Mannheim, Graz

 

Prof. Dr.-Ing. M. Ziegler, Neu-Isenburg, Aachen

 

Vorwort

Die vorliegende Gesamtempfehlung des Arbeitskreises 1.6 der DGGT, Numerik in der Geotechnik, hat die bisher über die Jahre erschienenen Empfehlungen als Ausgangspunkt. Diese wurden maßgeblich überarbeitet, neu gegliedert, den aktuellen Erkenntnissen angepasst und zusätzlich durch neue Themenbereiche (u. a. maschineller Tunnelvortrieb, Gefrierverfahren, Stoffmodelle für Fels sowie Dokumentation und Qualitätssicherung) ergänzt.

 

An der Erstellung der vorliegenden Empfehlung haben mitgewirkt:

 

Prof. Dr.-Ing. Thomas Benz, Prof. Dr.-Ing. habil. Ivo Herle, Dr. sc. techn. Martin Hohberg, Dr.-Ing. Stefan Jung, Dipl.-Ing. Uta Just, Dr.-Ing. Christian Karcher, Dipl.-Ing Ulrich Klask, Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Krajewski, Dr.-Ing. Peter-Michael Mayer, Dr.-Ing. Heiko Neher, Prof. Dr.-Ing. habil. Eugen Perau, Prof. Dr.-Ing. Oliver Reul, Prof. Dr.-Ing. habil. Tom Schanz (Obmann), Dipl.-Ing. Winfried Schuck (Redaktion), Dr.-Ing. Radu Schwab, Prof. Dr. techn. Helmut Schweiger, Prof. Dr.-Ing. Joachim Stahlmann, Dipl.-Ing. Oliver Stelzer, Dr.-Ing. Herbert Walter, Dr.-Ing. Jimmy Wehr, Dr.-Ing. Dieter Winselmann, Prof. Dr.-Ing. habil. Peter-Andreas von Wolffersdorff.

 

Der erste Teil der Empfehlung widmet sich den Grundlagen der numerischen Modellbildung. Dabei werden zunächst Details der Diskretisierung, des Anfangszustandes und der Simulation von Bauzuständen behandelt. Ein wesentlicher Abschnitt befasst sich mit Stoffmodellen und deren Materialkennwerten. Dies betrifft sowohl Modelle für Lockergestein als auch für Festgestein. Bei Letzteren kommt der realistischen Berücksichtigung des Trennflächengefüges eine besondere Bedeutung zu. Abgeschlossen wird der erste Abschnitt durch Empfehlungen zur Berücksichtigung von Grundwasserströmung im Baugrund.

 

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit Baugruben und Böschungen im Lockergestein. Die Anforderungen an numerische Modelle sowohl für Verformungs- als auch für Standsicherheitsberechnungen werden detailliert behandelt. Besondere Bedeutung hat hier die numerische Simulation der unterschiedlichen Varianten des Baugrubenverbaus unter Berücksichtigung der herstellungsbedingten Einflüsse. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Durchführung von Standsicherheitsberechnungen für Baugruben und Böschungen unter besonderer Berücksichtigung der konstitutiven Eigenschaften von Strukturelementen (Wand, Anker, Steifen).

 

Das dritte Kapitel ist der numerischen Modellierung von Gründungen und Baugrundverbesserungsmaßnahmen gewidmet. Im Bereich der Baugrundverbesserung wird auf die Herstellungsprozesse und die damit verbundenen Besonderheiten bei der Modellbildung eingegangen. Der Abschnitt zu den Gründungen beschäftigt sich neben den klassischen Flachgründungen auch mit den kombinierten Pfahl-Platten-Gründungen.

 

Im vierten Kapitel werden die Besonderheiten bei der Modellbildung im Rahmen des Tunnelbaus diskutiert. Auch hier stehen zunächst die verschiedenen Bauverfahren und ihre numerische Abbildung im Mittelpunkt. Hinzugekommen ist ein Abschnitt zum Thema Gefrierverfahren.

 

Das fünfte Kapitel wurde vollständig neu erarbeitet. Es befasst sich mit den wichtigen Fragen des Qualitätsmanagements und der angemessenen Dokumentation numerischer Berechnungen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang der unterschiedliche Stellenwert von numerischen Berechnungen im Fortschreiten des jeweiligen Projektes. Besondere Relevanz für die Praxis haben die Empfehlungen für die Gewährleistung der Prüfbarkeit von numerischen Berechnungen durch Dritte.

 

Die Gesamtempfehlung wird ergänzt durch drei Beiblätter zum Thema Baugruben, Gründungen sowie zur Berechnungsdokumentation.

 

Die Autoren hoffen, dass die vorliegende Gesamtempfehlung denjenigen, die in ihrem Berufsalltag mit numerischen Berechnungen konfrontiert werden, ein wertvolles Arbeitsmittel werden wird.

 

Im Namen des Arbeitskreises

 

Univ. Prof. Dr.-Ing. habil. Tom Schanz

 

Der Obmann

 

Die vorliegenden Empfehlungen sind unter der Leitung meines Vorgängers Herrn Prof. Tom Schanz im Ergebnis seiner langjährigen Tätigkeit entstanden. Die redaktionelle Bearbeitung wurde nach Beendigung seiner Tätigkeit als Obmann vollendet, wofür insbesondere Frau Michaela Heider gedankt sei. Dabei wurden auch noch einige Aktualisierungen vorgenommen. Die vorliegende Gesamtempfehlung entspricht somit dem gegenwärtigen Erkenntnisstand.

 

Prof. Dr.-Ing. habil. Peter-Andreas von Wolffersdorff

 

Obmann seit 2012

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Allgemeiner Teil

1.1 Allgemeine Berechnungsgrundlagen

1.1.1 Numerisches Modell

Der erste Schritt, ein geotechnisches System in einem numerischen Berechnungsmodell abzubilden, besteht in der Entscheidung, welche grundsätzlichen Phänomene in der Berechnung erfasst werden sollen, sowie in der Wahl des zugehörigen geometrischen Modells inklusive dessen Anfangs- und Randbedingungen. Im Sinne einer übersichtlichen, nachvollziehbaren und eindeutig interpretierbaren Berechnung muss zunächst untersucht werden, ob geometrische Vereinfachungen der i. A. räumlichen Aufgabenstellung möglich sind. Vor allem in Hinblick auf den Aufwand der Datenaufbereitung und der Datenkontrolle sowie auf die Übersichtlichkeit der Ein- und Ausgaben sollte angestrebt werden, nur die wesentlichen Einflüsse im Berechnungsmodell abzubilden. Insbesondere ist das System auf Symmetrien und auf ausgeprägte Hauptbeanspruchungsrichtungen zu untersuchen. In vielen Fällen ist es sinnvoller, trotz vorhandener großer Rechnerkapazitäten angesichts anderer Unwägbarkeiten, die eine komplexe Diskretisierung nach sich ziehen, ein übersichtliches ebenes oder rotationssymmetrisches Berechnungsmodell zu wählen.

Bei ebenen Modellen wird davon ausgegangen, dass die Formänderungen senkrecht zur Ebene klein und ihre Auswirkungen auf die Spannungsverteilung vernachlässigbar sind (ebener Verformungszustand). Der Einfluss räumlicher Wirkungen muss bei solchen Berechnungen ggf. abgeschätzt werden. Für die Untersuchung von achsensymmetrischen Problemen – wie z. B. bei Schächten – kann oft die Rotationssymmetrie ausgenutzt werden, sofern das Baugrundmodell, die Strukturelemente und der Anfangszustand ebenfalls rotationssymmetrisch sind.

1.1.2 Berechnungsausschnitt, Anfangs- und Randbedingungen

Die Anwendung der Methode der Finiten Elemente (FEM) für eine geotechnische Aufgabenstellung setzt voraus, dass ein Berechnungsausschnitt des geotechnischen Systems festgelegt wird. An den Grenzen dieses Ausschnittes muss die Wirkung der abgeschnittenen Außenbereiche durch Kraft- oder Verschiebungsrandbedingungen erfasst werden. In der Regel werden Komponenten der Verschiebungen an den freigeschnittenen Außenrändern des Berechnungsausschnittes zu Null angenommen. In Sonderfällen, wenn der Berechnungsausschnitt zum Beispiel ein Detail eines größeren zu untersuchenden Berechnungsmodells ist, können an seinen Rändern auch die Verschiebungen eingeprägt werden, die sich bei einer Berechnung dieser größeren Struktur ergeben haben.

Die Größe des Berechnungsausschnittes muss so gewählt werden, dass die Berechnungsergebnisse dadurch nicht signifikant beeinflusst werden. Bild 1.1. zeigt eine zweckmäßige Formulierung der Randbedingungen für die Berechnung eines Tunnels.

Bild 1.1. Berechnungsausschnitt eines Tunnels mit Randbedingungen

images
(1)  Symmetrieachse: keine horizontalen Verschiebungen, vertikale Verschiebungen frei,
(2)  oberer Rand: Lasten aus Bauwerken, Verkehrslasten, Auflasten aus Gebirge (z. B. bei tiefliegenden Tunneln),
(3)  seitlicher Rand: keine horizontalen Verschiebungen (in Sonderfällen auch andere feste Werte), vertikale Verschiebungen frei,
(3a) evtl. auch Federelemente, um die Wirkung angrenzender, nicht im Modell erfasster Bereiche näherungsweise zu berücksichtigen,
(4)  unterer Rand: keine vertikalen Verschiebungen, horizontale Verschiebungen frei,
(4a) wie (3a).

Die Randbedingungen am oberen Rand des Kontinuums und auf der Symmetrieachse lassen sich üblicherweise eindeutig angeben. Schwieriger ist dagegen die Formulierung der Randbedingungen an den anderen Begrenzungen des Berechnungsausschnittes. Mit zunehmender Größe des Berechnungsausschnittes nimmt der Einfluss von Änderungen der Verschiebungen oder Kräfte an den seitlichen Begrenzungen des Berechnungsausschnittes auf das rechnerische Tragverhalten des Bauwerkes ab. Von besonderer Bedeutung ist die Größe des Berechnungsausschnittes dann, wenn Lasten keine Gleichgewichtsgruppen darstellen, sondern Auflagerreaktionen an den Rändern des Berechnungsausschnittes hervorrufen. Dies ist z. B. in vertikaler Richtung, also für den unteren Rand, bei der Diskretisierung für eine tunnelbautechnische Aufgabenstellung oder für eine Baugrube der Fall.

Aufgrund des komplexen nichtlinearen Zusammenspiels von Einwirkungen, Struktur und gewählter Ausschnittsgröße können die gewählten Randbedingungen einen großen Einfluss auf die Rechenergebnisse haben.

Wenn keine Erfahrungen bei der Festlegung der Randbedingungen und vor allem der Größe des Berechnungsausschnittes vorliegen, sollten in ausreichendem Umfang Vorberechnungen mit nennenswert unterschiedlich großen Berechnungsausschnitten und ggf. auch mit veränderten Randbedingungen durchgeführt werden. Unterscheiden sich die Ergebnisse an allen maßgeblichen Stellen nur geringfügig, so kann der Berechnungsausschnitt als hinreichend groß angesehen werden. In Einzelfällen kann sich die Größe des Berechnungsausschnittes auch aus dem Baugrundaufbau ergeben, z. B. wenn stark verformbare Bodenschichten von anderen, die sehr steif sind, unterlagert werden.

Bei der Wahl immer tiefer reichender Berechnungsausschnitte muss jedoch beachtet werden, dass die Steifigkeit des Bodens in der Regel mit der Tiefe deutlich zunimmt. Wird dies bei der Wahl der Stoffgesetze und der Materialparameter nicht berücksichtigt, können sich unrealistisch große Verschiebungen ergeben (z. B. Hebungen einer Tunnelsohle oder Setzungen von Gründungen).

1.1.3 Diskretisierung

Die Untersuchung eines Kontinuums mit der FEM stellt immer eine Näherung dar. Die Ergebnisse stimmen bei gleichen Stoffansätzen und Materialparametern mit der exakten Lösung umso besser überein, je feiner die Diskretisierung (Netzeinteilung) und/oder je höherwertiger die Ansatzfunktionen für die Verschiebungen oder Spannungen in den Elementen sind.

Wie groß die einzelnen Elemente sein dürfen, um noch ausreichend zutreffende Ergebnisse zu erhalten, hängt wesentlich von der Art der verwendeten Elemente und der gewählten Ansatzfunktionen ab. Tendenziell darf die Größe der Elemente ansteigen, wenn höherwertige Ansatzfunktionen verwendet werden und/oder wenn das Element sich in Bereichen befindet, wo nur kleine Spannungs- und Formänderungsgradienten zu erwarten sind. Mit zunehmenden Gradienten ist die Diskretisierung lokal entsprechend zu verfeinern. Höhere Spannungsgradienten sind z. B.

– in der Nähe von Krafteinleitungen,
– an Orten kinematischen Zwangs (Singularitäten, z. B. an den Ecken von Fundamenten),
– an Stellen mit großen Steifigkeitsänderungen, z. B. Übergang Baugrund/Bauwerk, und
– in der Nähe von Ausbruchrändern

zu erwarten.

Spannungsspitzen (z. B. in den Ecken von Ausbruchrändern) lassen sich auch bei feiner Netzgeometrie nur näherungsweise erfassen und sind ohnehin durch die Festigkeit des Materials begrenzt.

Es ist zu beachten, dass bei Berechnungen bis an die Versagensgrenze die Ausbildung von Bruchlinien (Scherbändern) durch die Elementgeometrie beeinflusst werden kann.

Als Ansatzfunktionen reichen üblicherweise quadratische Polynome aus. Um mit den jeweils gewählten Elementen optimale Ergebnisse zu erzielen, sollten die Elemente möglichst gedrungen sein. Bei Viereckelementen sollten die Seitenverhältnisse nicht größer als 5 und die Eckwinkel nicht kleiner als 45° sein. Bei Dreieckselementen sollte das Verhältnis der Radien des äußeren umschriebenen und des inneren einbeschriebenen Kreises nicht größer als 5 sein. Das Ergebnis automatisch erstellter Netze ist vor allem bei räumlichen 3-D-Netzen kritisch zu bewerten und ggf. lokal nachzubessern.

Die Diskretisierung bestimmter Konstruktionselemente, wie z. B. Anker oder Hohlraumauskleidungen, kann in vielen Fällen durch Verwendung spezieller Balken- oder Stabelemente oder Membranelemente vereinfacht werden.

Besondere Aufmerksamkeit muss der Simulation des Kontaktes zwischen Baugrund und Bauwerk gewidmet werden. Je nach baulicher Ausbildung dieser Kontaktfläche müssen z. B. dann besondere Kontaktelemente vorgesehen werden, wenn die Möglichkeit eines tangentialen Gleitens oder eines nur begrenzt kraftschlüssigen Verbunds besteht. Für die rechnerische Erfassung von Diskontinuitäten im Baugrund, wie z. B. Störungen, sind spezielle Kluftelemente mit entsprechenden Materialgesetzen erforderlich.

Wenn in einer FE-Berechnung in Teilschritten der Bauablauf, also z. B. der Aushub einer Baugrube oder der Ausbruch eines Tunnels, simuliert werden soll, ist dieses bereits bei der Diskretisierung zu berücksichtigen. Die Grenzen der einzelnen Bauphasen sind dann bereits zu Beginn der Berechnung als Netzlinien festzulegen.

Ob die Diskretisierung für eine gegebene Problemstellung ausreichend fein ist, hängt sowohl von der zu untersuchenden Struktur (Geometrie, Grenzen unterschiedlichen Stoffverhaltens etc.), dem verwendeten Stoffmodell als auch von den Einwirkungen ab. Die Wahl eines Elementnetzes muss unter Einbeziehung dieser Faktoren erfolgen und setzt Erfahrungen mit den jeweils eingesetzten Elementtypen voraus.

Für den Entwurf von Netzen ist der Einsatz eines Netzgenerierungsprogramms zweckmäßig. Mit der Komplexität der zu berechnenden Struktur steigt allerdings auch hierbei der Aufwand für die Dateneingabe und erfordert oft nachträgliche Eingriffe in die generierte Struktur. In allen Fällen sollte die Möglichkeit gegeben sein, Netze mithilfe von grafischen Ausgaben einer intensiven Prüfung zu unterziehen. Optimal ist der Einsatz einer interaktiven grafischen Netzgenerierung.

1.1.4 Anfangszustand

Als Anfangszustand oder Primärzustand wird der vor Beginn einer Baumaßnahme im Baugrund herrschende Zustand bezeichnet. Vor allem der Anfangsspannungszustand ist hier von Bedeutung. Je nach verwendetem Stoffgesetz kann zum Beispiel auch die Anfangsporenzahl eine Rolle spielen.

Da sich aus dem Anfangszustand bei einer geotechnischen Aufgabenstellung oft die wesentlichen Einwirkungsgrößen ergeben, ist er in vielen Fällen von entscheidender Bedeutung für den Entwurf und die Berechnung von Erd- und Felsbauwerken. Er muss daher möglichst zutreffend erfasst werden.

Der Anfangszustand ist abhängig von der Wichte und den mechanischen Eigenschaften des Baugrundes. Weitere Einflüsse können sein:

– geologisch bedingte Scherzonen im Lockergestein, Trennflächen im Fels, Topografie (z. B. Verlauf der Geländeoberfläche),
– Belastungsgeschichte des Baugrundes (z. B. geologische Vorlast, Konsolidation),
– tektonische Verhältnisse (z. B. Horizontalschub in der Umgebung von Faltengebirgen),
– Grundwasserstände und Sickerströmungen,
– zusätzliche äußere Lasten (z. B. aus bestehenden Bauwerken).

Aufgrund der Vielzahl von möglichen Einflüssen ist es häufig schwierig, den Anfangsspannungszustand vor Beginn einer Baumaßnahme mit ausreichender Genauigkeit vorauszusagen. Wenn vom Anfangszustand ein erheblicher Einfluss auf die zu berechnende Konstruktion zu erwarten ist, müssen Vergleichsberechnungen mit unterschiedlichen Ansätzen durchgeführt werden, um Unsicherheiten in der Prognose abzudecken.

In einfachen Fällen können die Anfangsspannungen eines Elementes aus dem Überlagerungsgewicht im Elementschwerpunkt und einem Seitendruckbeiwert K0 ermittelt werden. Sind zusätzliche Spannungen aus geologischer Vorlast oder Tektonik relevant, so sind diese zu berücksichtigen. Der Anfangsspannungszustand sollte bei schwierigeren Verhältnissen (z. B. stark geneigtem Gelände oder geneigtem Verlauf der Baugrundschichtung) in einem ersten Schritt der eigentlichen FE-Berechnung ermittelt werden. Geologische Vorlasten oder tektonische Einwirkungen lassen sich hierbei ggf. durch Einprägen von Knotenverschiebungen erfassen. Zu Beginn der eigentlichen FE-Berechnung müssen nach einer Vorberechnung zur Ermittlung von Anfangsspannungen sämtliche Knotenverschiebungen wieder zu Null gesetzt werden.

Eine wichtige zu berücksichtigende bodenmechanische Kenngröße ist der Überkonsolidationsgrad eines Bodens. Dieser hat direkte Konsequenzen für die initialen Materialparameter des gewählten konstitutiven Modells. Er bestimmt z. B. die Lage der aktiven Fließgrenze und der Grenzbedingung, d. h. somit auch die Größe und Position des Wiederbelastungsbereiches im Spannungsraum.

1.1.5 Simulation von Bauzuständen

Nach Ermittlung des Anfangsspannungszustandes wird der Bauvorgang üblicherweise in einer Reihe weiterer Schritte simuliert. Da die Berechnungen nichtlinearer Natur sind, ist die korrekte Erfassung der geplanten Bauphasen im numerischen Modell Voraussetzung für realistische Berechnungsergebnisse. Die Nachbildung des stufenweisen Aushubs oder Ausbruchs kann in der FE-Berechnung auf unterschiedlichen Wegen durchgeführt werden, wie z. B.

(1) durch schrittweisen Abbau jener Knotenkräfte an der Aushub- oder Hohlraumkontur, die der ursprünglichen Stützwirkung der Ausbruchelemente entsprechen (Bild 1.2.),
(2) durch Deaktivieren der Steifigkeiten und Spannungen derjenigen Elemente, die in den Bereich des jeweiligen Aushubs fallen.

Im ersten Fall werden die Knotenkräfte entlang des Ausbruchrandes aus den Spannungen der vorangehend simulierten Bauphase ermittelt. Der Ausbruchbereich enthält von Anfang an keine Finiten Elemente. Dem Vorteil der Einsparung dieser Elemente in der Berechnung steht der Nachteil gegenüber, dass Zwischenbauzustände, wie z. B. Teilausbrüche, nur näherungsweise erfasst werden können.

Bild 1.2. Gleichgewichtskräfte Fj am Ausbruchrand im Anfangsspannungszustand

images

Im zweiten Fall werden die Aushub- oder Ausbruchbereiche durch Elemente diskretisiert, deren Steifigkeiten während des Aushubs oder des Ausbruchs (ggf. schrittweise) eliminiert werden. Die Spannungen dieser Elemente werden abschließend zu Null gesetzt. Das nachteilige Ändern des Netzes, wenn die Elemente entfallen sind, wird dadurch vermieden, dass die Knotenpunkte innerhalb des Aushub- oder Ausbruchbereiches nach völligem Abbau der Steifigkeit fixiert werden.

Im Zusammenhang mit der Berechnung von Bauzuständen kann für einzelne Elemente auch eine Veränderung der Materialeigenschaften berücksichtigt werden (z. B. bei der Simulation von Bodenaustausch). Spätere Konstruktionselemente sollten von Anfang an in der Gesamtstruktur enthalten, jedoch noch deaktiviert sein.

1.1.6 Nichtlineare Berechnungen

1.1.6.1 Vorbemerkungen

Die in geotechnischen Berechnungen auftretenden Nichtlinearitäten sind unterschiedlicher Natur, wobei meist mehrere der nachfolgend genannten Ursachen gleichzeitig zu berücksichtigen sind:

– physikalische Nichtlinearität (nichtlineares Werkstoffverhalten),
– nichtlineare Randbedingungen (z. B. Kontaktprobleme),
– geometrische Nichtlinearität/große Deformationen,
– Kopplung von Problemen (z. B. Konsolidation).

Die Anwendung numerischer Näherungsverfahren wie der Methode der Finiten Elemente auf nichtlineare Probleme führt zu einem nichtlinearen algebraischen Gleichungssystem. Nachfolgend werden in der FEM gängige Verfahren zur iterativen Lösung dieser Gleichungssysteme kurz erläutert. Bei allen Verfahren wird die während eines Berechnungsschrittes aufzubringende Gesamtlast in Lastinkremente aufgeteilt, um abrupte Änderungen der Systemsteifigkeit zu glätten und die Konvergenz der Iteration zu erleichtern.

Am Ende jeder Iteration muss geprüft werden, ob die Konvergenzkriterien erfüllt sind. Dazu sind die Ungleichgewichtskräfte (Residuum) als Differenz zwischen äußeren Lasten und inneren Knotenkräften zu berechnen. Dieses Residuum darf eine definierte Toleranz nicht überschreiten, damit die Lösung als Gleichgewichtszustand akzeptiert wird und das nächste Lastinkrement aufgebracht werden kann. Weitere Konvergenzkriterien können z. B. über die Verformungen oder die Verformungsenergie definiert werden.

Die Anzahl der zugehörigen Belastungsstufen für die Inkrementierung und damit der Betrag des Lastinkrementes in einem Berechnungsschritt sind stark von der untersuchten Struktur abhängig. Wird die Steuerung der Inkrementierung automatisch im Programm durchgeführt, muss erkennbar sein, wie die Größe der Inkremente bestimmt wird.

1.1.6.2 Iterationsstrategien

Die möglichen Iterationsstrategien unterscheiden sich grundsätzlich dadurch, dass entweder

– die Gesamtsteifigkeitsmatrix in allen Iterationsschritten konstant gehalten wird (Anfangssteifigkeit – modifiziertes Newton-Verfahren) oder
– die Gesamtsteifigkeitsmatrix in jedem Iterationsschritt den aktuellen Zustandsgrößen angepasst wird (tangentiale Steifigkeit – Newton-Raphson-Verfahren bzw. Sekantensteifigkeit – Quasi-Newton-Verfahren).

Beide Vorgehensweisen sind schematisch für ein eindimensionales System in Bild 1.3. a) und b) dargestellt:

Bild 1.3. Iterationsstrategien innerhalb eines Lastinkrements

images

Berechnungen mit unveränderter Gesamtsteifigkeitsmatrix haben den Vorteil, dass die aufwendige Zerlegung des Gleichungssystems nur einmal durchgeführt werden muss. Sie sind, wie Bild 1.3. a) zeigt, jedoch nur dann zu empfehlen, wenn die nichtlinearen Anteile in der Gesamtsteifigkeitsmatrix nicht überwiegen; andernfalls werden sehr viele Iterationsschritte erforderlich, sodass der o. g. Rechenzeitvorteil verloren geht.

Das Konvergenzverhalten bei Berechnungen mit ständig neu bestimmter Gesamtsteifigkeitsmatrix ist bei monotoner Lastzunahme grundsätzlich besser. Haben z. B. bei elasto-plastischen Stoffmodellen die Spannungszustände eines großen Teils der Struktur die Fließgrenze erreicht oder sich ihr bei Stoffgesetzen mit Verfestigung stark genähert, so ist eine Berechnung mit tangentialen Steifigkeiten zu empfehlen.

Die Auswahl zwischen beiden Vorgehensweisen kann nur im Einzelfall getroffen werden, ist jedoch nicht in allen FE-Programmen möglich. Idealerweise sollte der Wechsel des Verfahrens möglich sein.

Zusätzlich können konvergenzbeschleunigende Techniken (z. B. Überrelaxation – gezieltes Überschätzen des Ungleichgewichts in den Iterationen) eingesetzt werden. Bei lokalen Konvergenzproblemen kann auch die Verwendung von Unterrelaxation zielführend sein.

1.1.6.3 Konvergenzverhalten der numerischen Lösung

Allein aus der Programmmeldung, dass der Lösungsalgorithmus kein Gleichgewicht findet, kann nicht mit Sicherheit auf das Erreichen des Versagenszustandes geschlossen werden. Um Rechnungsabbrüche aus Nichtkonvergenz zu vermeiden bzw. zu beurteilen, können fallweise verschiedene Modifizierungen des Modells zielführend sein, z. B.: