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EINSTIEGSTEST
Zum Einstieg in das Bürgerliche Recht können Sie Ihren Wissensstand testen. Jede Aufgabe steht für ein Kapitel im Buch, sodass Sie die Möglichkeit haben, gezielt Wissenslücken zu schließen. Die Lösung zu den Aufgaben finden Sie direkt im Anschluss.
1. Ben verkauft Jana telefonisch seinen Papagei „Lora“ für 30 Euro.
a. Wem gehört der Papagei?
b. Der Papagei „Lora“ hat kurz nach dem Telefonat ein unerfreuliches Zusammentreffen mit dem Kater „Carlo“ und wird aufgefressen. Könnte Ben der Jana (gegen ihren Willen) gegebenenfalls ersatzweise auch seinen anderen Papagei „Peterle“ übereignen?
2.
a. Der 8-jährige Christopher erwirbt von seinem Kumpel Robert (19 Jahre) ohne Wissen seiner Eltern einen Spielzeug-Tyrannosaurus für 10 Euro (tatsächlicher Wert 3 Euro). Ist der Vertrag wirksam?
b. Könnte Christopher (siehe Fall a) – wenn er persönlich keine Zeit hat – auch seinen Bruder Bernhard (sechs Jahre) zu Robert schicken, um den Dinosaurier zu kaufen?
c. Angenommen, Christopher fällt nach dem Kauf auf, dass der Dino viel zu teuer war. Kann er das Geschäft anfechten?
3. Karin bittet ihre Nachbarin Nadine, sie am nächsten Morgen um 4 Uhr zum Flughafen zu fahren und bietet ihr dafür 50 Euro. N sagt ihr zu. Haben die beiden einen Vertrag geschlossen und gegebenenfalls was für einen?
4. Norbert bestellt bei der Buchhandlung Buck für 40 Euro auf Rechnung ein Fachbuch zum BGB. Das Buch wird schnell geliefert. Nachdem Norbert nach 5 Jahren die Rechnung immer noch nicht bezahlt hat, fragt Buck Sie, ob er Norbert theoretisch noch in Anspruch nehmen kann.
5.
a. Der Maler Maik lässt bei der Arbeit fahrlässig einen Farbeimer fallen. Dabei wird der Teppich des Auftraggebers Alois beschädigt (Schaden 100 Euro). Hat Alois einen Anspruch gegen Maik aus § 280 Abs. 1 BGB?
b. Stephan verkauft Ralf per E-Mail seinen gebrauchten Akkubohrer für 100 Euro (tatsächlicher Wert 130 Euro). Als Ralf das Gerät eine Woche später abholen will, teilt Stephan ihm mit, dass es von einem Einbrecher am Vortag gestohlen wurde (Stephan hatte grob fahrlässig die Tür unverschlossen gelassen). Hat Ralf gegen Stephan einen Anspruch auf Schadensersatz?
6.
a. Emily bestellt telefonisch beim Blumenhändler Blömel neun Tulpen für 10 Euro. Geliefert werden neun Rosen. Hat Emily Ansprüche gegen den Blömel? Welche?
b. Tobias erwirbt beim Multimarkt einen neuen Staubsauger. Als er ihn zu Hause nutzen will, stellt er fest, dass der Motor defekt ist. Er ruft beim Multimarkt an. Dort teilt man ihm mit, dass es sich um ein Supersonderangebot handelt und daher ausdrücklich „Umtausch und Gewährleistung“ ausgeschlossen worden sind. Hat Tobias Ansprüche gegen den Multimarkt?
7.
a. Der Rocker Volker zwingt den Toni mit vorgehaltener Waffe zum Verkauf seiner Harley-Davidson für 5.000 Euro. Als Toni den ersten Schock überwunden hat, schreibt er Volker in einer E-Mail, dass er sein Motorrad zurückhaben will. Volker ruft Toni an und teilt ihm mit, dass er nie und nimmer die Harley zurückbekommt. Hat Toni Ansprüche gegen Volker?
b. Volker (siehe Fall a) ist wegen der E-Mail sauer auf Toni und lauert ihm eines Abends auf. Mit einem Baseballschläger beschädigt er Tonis neuen Audi. Welche Ansprüche hat Toni?
8. Was ist Bedingung für eine rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung beweglicher Sachen? Was gilt bei Grundstücken?
9. Wie hoch ist die Erbquote (in Prozent) der Ehefrau, wenn der Verstorbene zwei Kinder hat und die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand lebten?
10. Erläutern Sie den Unterschied zwischen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG)!
LÖSUNGEN
1.
a. Gefragt wurde nach dem Eigentum an dem Papagei. Der Papagei ist ein Tier und wird nach § 90a BGB einer Sache gleichgestellt. Damit ist er eigentumsfähig. Ben und Jana habe einen (Kauf-)Vertrag nach § 433 BGB geschlossen. Aufgrund des Trennungsprinzips ist dieser aber nicht maßgeblich für den Eigentumsübergang. Der Eigentumsübergang richtet sich allein nach §§ 929 ff. BGB. Dafür wäre eine sachenrechtliche Übertragung, d. h. die Übergabe der Sache an Jana notwendig. Da dies vorliegend nicht ersichtlich ist, bleibt das Eigentum bei Ben.
b. Es kommt darauf an, ob sich der Kaufvertrag auf eine Gattungs- oder Stückschuld bezieht. Bei der Stückschuld bezieht sich der Vertrag auf eine konkrete (nicht austauschbare) Sache. Bei der Gattungsschuld (z. B. Tafel Schokolade oder neues Handy) kann der Schuldner grundsätzlich eine gleichwertige Sache aus der gleichen Gattung liefern. Bei einem Tierkauf ist auszulegen, ob man ein ganz bestimmtes Tier erworben hat oder ob ein anderes Tier aus der Sorte für den Käufer akzeptabel ist. Hier deutet die Namensgebung der Papageien darauf hin, dass sich der Vertrag auf nicht austauschbare Tiere bezieht (andere Auffassung aber vertretbar).
2.
a. Christopher ist nach § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig. Er kann Kaufverträge ohne Einwilligung seiner Eltern nur abschließen, wenn sie mit eigenen Mitteln (Taschengeld) sofort bewirkt werden können und er nicht offensichtlich gegen den Willen der Eltern handelt, § 110 BGB. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Wert der Sache dem Kaufpreis entspricht. (Eine Ausnahme läge nur bei Wucher nach § 138 Abs. 2 BGB vor, der aber noch eine Zwangslage des Käufers voraussetzen würde.) Soweit Christopher den Saurier mit seinem Taschengeld sofort bezahlen kann, ist der Vertrag wirksam.
b. Ein Kaufvertrag zwischen Christopher und Robert setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen der beiden voraus. Die Parteien können sich auch vertreten lassen, § 164 Abs. 1 BGB. Dafür müsste der Vertreter aber auch eine eigene Willenserklärung abgeben können. Nicht geschäftsfähige Kinder unter 7 Jahren können keine eigene Willenserklärung abgeben und können daher nicht als Vertreter fungieren. Bernhard kann daher kein Vertreter sein. Man könnte ihn aber als Boten einsetzen, der bloß die Willenserklärung des Christopher dem Robert überbringt. Im Unterschied zum Vertreter hat der Bote keinen eigenen Entscheidungsspielraum. Wenn dies im vorliegenden Fall nicht nötig ist (weil Christopher genau weiß, welchen Dino er haben will), dann kann der Vertrag mit Bernhard als Boten geschlossen werden.
c. Eine Anfechtung nach § 119 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB ist nur im Falle eines Irrtums möglich. Dabei muss sich der Irrtum auf die Eigenschaften des Gegenstands beziehen, nicht auf den Kaufpreis. Eine Anfechtung ist daher ausgeschlossen.
3. Ein Vertrag setzt zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Dafür müssten nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) die Erklärungen von Karin und Nadine als verbindliche Willenserklärungen zu interpretieren sein. Keine Willenserklärungen sind unverbindliche Erklärungen im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses, die nicht zu einem Vertragsschluss führen. Folgende Indizien sprechen für eine Verbindlichkeit: Für Karin ist die Fahrt wichtig, es wird Geld gezahlt, und die Fahrt findet zu einer ungewöhnlichen Zeit statt, in der Karin normalerweise nicht schnell Ersatz findet. Damit sind die Erklärungen als verbindliche Willenserklärungen auszulegen. Es ist ein Vertrag zwischen den beiden zustande gekommen.
4. Mit Abschluss des Kaufvertrags ist der Anspruch auf Kaufpreiszahlung entstanden (§ 433 Abs. 2 BGB). Ein Erlöschensgrund (z. B. Erfüllung nach § 362 BGB oder Unmöglichkeit nach § 275 BGB) liegt nicht vor. Allerdings könnte der Anspruch wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sein, § 214 BGB. Die Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) ist bereits abgelaufen, doch greift die Einrede der Verjährung nur dann, wenn sich der Schuldner ausdrücklich darauf beruft, was hier nicht ersichtlich ist (aber noch geschehen könnte). Der Anspruch besteht daher, ist aber nicht mehr durchsetzbar, sofern sich der Schuldner ausdrücklich auf die Verjährung beruft.
5.
a. Der Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB setzt voraus:
1. Schuldverhältnis
2. Pflichtverletzung
3. Verschulden
Durch die Beauftragung von Maik mit den Malerarbeiten (Werkvertrag nach § 631 BGB) ist ein Schuldverhältnis gegeben. Darüber hinaus liegt eine Pflichtverletzung vor, da Maik mit der Beschädigung des Teppichs seine Sorgfaltspflichten iSd § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat. Letztlich ist auch ein Vertretenmüssen (Verschulden) gegeben, da Maik fahrlässig gehandelt hat (siehe § 280 Abs. 1 S. 2 iVm § 276 BGB). Somit sind die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB erfüllt, und es besteht ein Anspruch auf Schadensersatz.
b. Ralf hat gegen Stephan einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 iVm § 283 BGB in Höhe von 130 Euro (Wert des Bohrers). Zwischen den beiden bestand ein Schuldverhältnis (Kaufvertrag nach § 433 BGB). Dem Stephan ist die Leistungserbringung unmöglich geworden, sodass er von seiner Erfüllungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB befreit ist (siehe § 283 BGB). Ein Verschulden der Unmöglichkeit nach § 276 BGB des Stephan liegt vor, da seine Fahrlässigkeit mit ursächlich für den Einbruch war. Damit hat Ralf gegen den Stephan einen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 iVm § 283 BGB.
6.
a. Emily kann gegen Blömel einen Anspruch auf Nacherfüllung gem. § 437 Nr. 1 BGB geltend machen. Zwischen Emily und Blömel ist ein Kaufvertrag zustande gekommen, § 433 BGB. Die gelieferte Kaufsache (Rosen) war eine andere als im Kaufvertrag vereinbart (Tulpen), sodass nach § 434 Abs. 3 BGB auch ein Mangel besteht. Folglich kann Emily im Rahmen des § 437 Nr. 1 iVm § 439 BGB Neulieferung der Tulpen verlangen. Sollte dies nicht möglich sein, kann sie vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, § 437 Nr. 2 BGB.
b. Tobias kann einen Anspruch auf Nacherfüllung nach § 437 Nr. 1 BGB gegen den Multimarkt geltend machen. Zwischen Tobias und dem Multimarkt wurde ein Kaufvertrag abgeschlossen. Von einem Mangel (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB) bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) ist auszugehen, da ein Staubsauger mit Motordefekt nicht dem üblichen Standard entspricht. Der Multimarkt beruft sich jedoch auf den Ausschluss der Gewährleistung, der im Rahmen der Vertragsfreiheit zwischen den Parteien vereinbart werden kann. Der Ausschluss der Gewährleistung ist vorliegend jedoch unwirksam, da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf nach § 474 Abs. 1 BGB handelt: Tobias ist Verbraucher gem. § 13 BGB, der Multimarkt ist Unternehmer nach § 14 BGB, und der Kaufvertrag betrifft eine bewegliche Sache. Nach § 475 Abs. 1 BGB ist eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsrechte bei einem Verbrauchsgüterkauf unzulässig. Damit besteht weiterhin ein Anspruch des Tobias auf Gewährleistung gegen den Multimarkt aus § 437 Nr. 1 BGB.
7.
a. Toni hat gegen Volker einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Motorrads nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Folgende Voraussetzungen sind dafür erforderlich:
1. Der Anspruchsgegner hat etwas erlangt,
2. durch Leistung und
3. ohne Rechtsgrund.
Volker hat den Besitz bzw. das Eigentum an der Harley-Davidson durch die Leistung von Toni erlangt. Dies ist auch „ohne Rechtsgrund“ geschehen. Rechtsgrund wäre beispielsweise ein wirksamer Kaufvertrag. Dieser wurde (wenn auch unter Zwang) zunächst wirksam geschlossen. Aber Toni hat das Geschäft nach § 123 BGB (Drohung) angefochten, sodass es rückwirkend als nichtig anzusehen ist, § 142 BGB. Durch die Anfechtung wird der Kaufvertrag und damit der Rechtsgrund vernichtet, sodass Toni ein Anspruch auf Herausgabe des Motorrads nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB gegen Volker hat.
b. Toni hat gegen Volker einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 1 BGB. Das Eigentum von Toni wurde beschädigt, und damit liegt eine Rechtsgutsverletzung vor. Dies erfolgte auch durch eine Handlung des Volker (Schläge mit Baseballschläger), die ursächlich für den Schaden waren. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. Da Volker vorsätzlich gehandelt hat, ist er dem Toni gegenüber schadensersatzpflichtig.
Weitere Ansprüche auf Schadensersatz (z. B. nach § 280 BGB) scheiden aus, da vor der Tat zwischen Toni und Volker kein Schuldverhältnis bestand.
8. Nach § 929 S. 1 BGB erfordert die Eigentumsübergabe eine Einigung und eine Übergabe. Die Einigung erfolgt als Vertrag („hiermit übertrage ich dir das Eigentum!“ und „ja, ich nehme die Eigentumsübertragung an“), wobei dies in der Praxis häufig durch konkludentes Verhalten (Handgeben, Nicken etc.) erfolgt. Die tatsächliche Übergabe des Gegenstands kann durch ein Konstitut („ich besitze für dich“, § 930 BGB) oder durch eine Abtretung des Herausgabeanspruchs (§ 931 BGB) ersetzt werden.
Für die Eigentumsübertragung von Grundstücken sind nach §§ 873, 925 BGB die Auflassung (rechtsgeschäftliche Einigung) und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
9. Der Erbteil der Ehefrau im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge ist abhängig davon, ob Erben der ersten Ordnung (z. B. Kinder) vorhanden sind. Sind Kinder vorhanden, beträgt der Erbteil nach § 1931 BGB ein Viertel (25 %). Der Erbteil erhöht sich um ein weiteres Viertel, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand und die Ehefrau nicht ausdrücklich von der Erbfolge ausgeschlossen wurde, § 1371 Abs. 1 BGB. Durch diese Regelung wird der familienrechtliche Zugewinnausgleich pauschal abgegolten. Der Erbteil der Ehefrau beträgt damit insgesamt 50 %.
10. Beide Gesellschaften sind Personengesellschaften, die mit einem Gesellschaftsvertrag nach § 705 BGB zu gründen sind. Während bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder auch BGB-Gesellschaft genannt) jeder erlaubte Gesellschaftszweck möglich ist, ist die OHG als Handelsgesellschaft in ihrem Zweck auf den Betrieb eines (Handels-)Gewerbes beschränkt. Mit anderen Worten: Die OHG ist eine Spezialform der GbR, die sich nur durch ihren Gesellschaftszweck von dieser unterscheidet.
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Inhalt

Cover

Titelei

Impressum

Einföhrung

Was Sie schon immer über das Bürgerliche Recht wissen wollten

Meine Leser

Notwendiges Vorwissen und Ausstattung

Ziel des Buchs

Wie dieses Buch geschrieben ist

Was bedeutet was?

1 Grundlagen zum Zivilrecht

Gerichte und Durchsetzung des Rechts

Die Zuständigkeit der Gerichte

Methodik der Fallbearbeitung

Ermittlung der Anspruchsgrundlage

Erstellung eines Lösungsschemas

Subsumtion mit Ergebnis

Anspruch nicht wieder erloschen/untergegangen?

Anspruch auch durchsetzbar?

Anwendung von Gesetzen in der Klausur

Der Gutachtenstil und die Subsumtionstechnik

Das juristische Handwerkszeug: Gesetze

Die Gesetzessystematik

Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip

Personen und Gegenstände im Rechtsverkehr

Rechtsfähigkeit

Gegenstände des Rechtsverkehrs

Übungsaufgaben

2 Die Willenserklärung

Was ist eine Willenserklärung, und wozu brauche ich sie überhaupt?

Voraussetzungen der Willenserklärung

Erklärungshandlung (objektiver Tatbestand)

Innere Voraussetzungen (subjektiver Tatbestand)

Was war gemeint? Auslegung von Willenserklärungen

Abgabe und Zugang von Willenserklärungen

Form der Willenserklärung

Geschäftsfähigkeit: Endlich Geschäfte machen!

Volle Geschäftsfähigkeit

Geschäftsunfähigkeit

Beschränkte Geschäftsfähigkeit

Besondere Unwirksamkeitsgründe

Geheimer Vorbehalt, § 116 BGB

Scheingeschäft, § 117 BGB

Scherzgeschäft, § 118 BGB

Formmangel, § 125 BGB

Gesetzeswidrigkeit, § 134 BGB

Sittenwidrigkeit und Wucher, § 138 BGB

Die Anfechtung, §§ 119 ff. BGB

Anfechtungsgründe

Anfechtungserklärung

Anfechtungsfrist

Rechtsfolgen der Anfechtung

Die Stellvertretung

Eigene Willenserklärung des Vertreters

Im Namen des Vertretenen

Vertretungsmacht

Wirkung der Vertretung

Folgen des Handelns ohne Vertretungsmacht

Übungsaufgaben

3 Der Vertrag

Die Privatautonomie

Entstehung eines Vertrags

Antrag

Annahme

Dissens

Pflichten aus dem Vertragsverhältnis

Gattungs- oder Stückschuld, Geldschuld

Leistungszeit und -ort

Neben(leistungs)pflichten

Bindungswirkung des Vertrags

Einbeziehung Dritter in den Vertrag

Vertrag zugunsten Dritter

Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte

Abtretung von Forderungen

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Was sind „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (AGB)?

Inhaltskontrolle von AGB

Verbraucherschutzregelungen

Verbraucherverträge

Rechte und Pflichten bei Verbraucherverträgen

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Anwendungsbereich des AGG

Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das AGG

Die einzelnen Vertragstypen

Kaufvertrag, § 433 BGB

Schenkungsvertrag, § 516 BGB

Mietvertrag, § 535 BGB

Pachtvertrag, § 581 BGB

Leihvertrag, § 598 BGB

(Sach-)Darlehensvertrag, § 488 und § 607 BGB

Dienstvertrag, § 611 BGB

Werkvertrag, § 631 BGB

Werklieferungsvertrag, § 651 BGB

Reisevertrag, § 651a BGB

Auftrag, § 662 BGB

Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675 BGB

Übungsaufgaben

4 Erlöschen von Ansprüchen und Durchsetzungshindernisse

Erlöschen (Untergang) des Anspruchs

Erfüllung, §§ 362 ff. BGB

Aufrechnung, §§ 387 ff. BGB

Kündigung von Dauerschuldverhältnissen

Rücktritt, §§ 346 ff. BGB

Widerruf, §§ 355 ff. BGB

Tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1 BGB

Gegenleistungsanspruch bei Unmöglichkeit, § 326 BGB

Erlass und negatives Schuldanerkenntnis, § 397 BGB

Einreden gegen den Anspruch

Die Einrede der Verjährung, § 214 BGB

Zurückbehaltung wegen Nichterfüllung, § 273 BGB bzw. § 320 BGB

Einrede der faktischen oder persönlichen Unmöglichkeit, § 275 Abs. 2 und 3 BGB

Für Profis: Weitere Einreden aus Treu und Glauben, § 242 BGB

Übungsaufgaben

5 Schadensersatz und Leistungsstörungen, §§ 280 ff. BGB

Was ist überhaupt Schadensersatz?

Haftungsausfüllende Kausalität

Arten des Schadensersatzes, §§ 249, 251 BGB

Schmerzensgeld, § 253 Abs. 2 BGB

Mitverschulden, § 254 BGB

Aufbau des Schadensersatzanspruchs nach § 280 BGB

Schadensersatz neben der Leistung

Schadensersatz statt der Leistung

Schuldverhältnisse

Rechtsgeschäft (Vertrag), § 311 Abs. 1 BGB

Vorvertragliches Schuldverhältnis, § 311 Abs. 2 BGB

Gesetzliches Schuldverhältnis

Pflichtverletzung

Pflichtverletzungen im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB

Wenn Schadensersatz allein nicht ausreicht: Zusätzlich Rücktritt bei schweren (Neben-)Pflichtverletzungen, § 282 BGB

Verschulden, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

Verschuldensmaßstab nach § 276 BGB

Zurechnung des Verschuldens Dritter nach § 278 BGB

Der Schuldnerverzug

Schadensersatz neben der Leistung beim Schuldnerverzug, §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB

Schadensersatz statt der Leistung beim Verzug, §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB

Rücktritt ohne Schadensersatz bei Verzug, § 323 BGB

Sonderfall des Gläubigerverzugs

Unmöglichkeit der Leistung

Wann liegt eine Unmöglichkeit nach § 275 BGB vor?

Ansprüche des Gläubigers im Falle der Unmöglichkeit

Schadensersatz bei nachträglicher Unmöglichkeit, §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB

Schadensersatz bei anfänglicher Unmöglichkeit, § 311a Abs. 2 BGB

Schicksal der Gegenleistung im Falle der Unmöglichkeit, § 326 BGB

Übungsaufgaben

6 Kaufrecht, §§ 433 ff. BGB

Gewährleistung nach § 437 BGB

Begriff des Mangels nach §§ 434, 435 BGB

Maßgeblicher Zeitpunkt des Mangels (Gefahrübergang)

Gewährleistungsausschluss

Abweichende Regelungen beim Verbrauchsgüterkauf

Die einzelnen Gewährleistungsrechte nach § 437 BGB

Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB

Rücktritt, §§ 437 Nr. 2, 323, 440 BGB

Minderung, §§ 437 Nr. 2, 441 BGB

Schadensersatz, §§ 437 Nr. 3, 280 ff., 311a BGB

Besondere Verjährungsregelungen des § 438 BGB

Übungsaufgaben

7 Bereicherungs- und Deliktsrecht

Bereicherungsrecht, §§ 812 ff. BGB

Leistungskondiktion

Eingriffskondiktion

Umfang des Bereicherungsanspruchs und Entreicherung, § 818 BGB

Deliktsrecht, §§ 823 ff. BGB

Der Klassiker unter den Schadensersatzansprüchen: Die unerlaubte Handlung, § 823 Abs. 1 BGB

Verletzung eines Schutzgesetzes, § 823 Abs. 2 BGB

Haftung für den Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB

Übungsaufgaben

8 Sachenrecht

Eigentum und Besitz

Ansprüche des Eigentümers

Bewegliche Sachen

Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb an beweglichen Sachen, §§ 929 ff. BGB

Der gesetzliche Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Grundstücke

Eigentumsübertragung an Grundstücken durch Rechtsgeschäft

Grundpfandrechte am Grundstück

Übungsaufgaben

9 Grundbegriffe des Familien- und Erbrechts

Prüfungsrelevantes Wissen aus dem Familienrecht

Güterstände der Ehe

Elterliche Vertretung des Kinds

Die Erbfolge nach dem BGB

Gesetzliche Erbfolge

Testament und Erbvertrag

Übungsaufgaben

10 Überblick über das Handels- und Gesellschaftsrecht

Was ist und was kann ein Kaufmann?

Begriff des Gewerbes

Gewerbe als Handelsgewerbe

Kaufmann kraft Eintragung

Weitere Personen als Kaufleute

Wichtige Regelungen für Kaufleute

Was ist eine Gesellschaft?

Grundsätze des Gesellschaftsrechts

Die verschiedenen Gesellschaften

Grundsätzliche Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften

Personengesellschaften: GbR, OHG und KG

Kapitalgesellschaften: GmbH und Aktiengesellschaft (AG)

Übungsaufgaben

Lösungen zu den Übungsfällen

Stichwortverzeichnis

Wiley End User License Agreement

Einführung

Was Sie schon immer über das Bürgerliche Recht wissen wollten

Wenn Sie an den Begriff „Recht“ denken, fallen vielen Menschen zuerst trockene Paragrafen, Streitereien („zwei Juristen gleich drei Meinungen“) und vielleicht auch Rechtsanwälte in Anzügen ein, die man bestenfalls aus dem Fernsehen kennt. In der Realität sind wir im Alltag ständig vom Recht umgeben und wenden es auch selbst an. So beispielsweise das Bürgerliche Recht: Am Kaffeeautomaten schließen wir rechtsverbindliche Verträge, ebenso, wenn wir einem Freund ein Buch verleihen oder einer Tante etwas zum Geburtstag schenken. Wir nutzen dabei das Recht unbewusst, und in der Regel hat dies auch keine Konsequenzen, über die wir uns Gedanken machen müssen. Problematisch wird die Angelegenheit, wenn Differenzen zwischen den Vertragspartnern bestehen und jeder auf „sein Recht“ besteht. Was passiert, wenn der Kaffeeautomat ungenießbaren oder gar keinen Kaffee ausspuckt, und was, wenn ein eBay-Verkäufer trotz Vorkasse nicht liefert? Unter Umständen einigt man sich mit dem Vertragspartner, aber in manchen Fällen sind die Fronten verhärtet, und der Fall landet vor Gericht. In dieser Situation ist es nützlich, schon vorher zu wissen, ob sich eine kostspielige Klage lohnt. Zugegebenermaßen ist eine rechtliche Bewertung der Erfolgsaussichten nicht immer einfach, und selbst ein exzellenter Rechtsanwalt (mit einem vierjährigen Jurastudium und zweijährigem Referendariat in den Knochen) weiß aus dem Stehgreif nicht unbedingt, wie der Fall zu „lösen“ ist. Was einen guten Juristen ausmacht, ist sein Judiz, also sein Gefühl, wie eine Situation rechtlich zu bewerten ist. Dazu bedarf es natürlich Erfahrung, aber auch des Wissens, wie das Recht funktioniert. Solche grundlegenden Kenntnisse über das System helfen auch Nichtjuristen, die sich mit dem BGB nur nebenbei beschäftigen können. Dann werden aus trockenen Paragrafen praktische Helfer.

Meine Leser

Das Buch ist gedacht für Interessierte, die sich (noch) nicht mit dem Recht auskennen und im bürgerlichen Recht in relativ kurzer Zeit eine Klausur oder Hausarbeit schreiben müssen. Viele Studenten werden anfangs von den zahllosen Paragrafen erschlagen, die den Einstieg in das Recht besonders schwierig erscheinen lassen. Daher muss zunächst ein möglichst einfacher Einstieg gefunden werden. Als Nächstes geht es darum, Inhalte zu vermitteln und den Leser in die Lage zu versetzen, einfache Fälle selbstständig – nur mithilfe des Gesetzestexts – zu lösen. Freilich muss hier eine Stoffeingrenzung erfolgen. Der Inhalt eines kompletten Jurastudiums kann und soll nicht in einem „Schnellkurs“ wiedergebeben werden. In außerjuristischen Studiengängen wird das BGB in einem Semester mit durchschnittlich vier Semesterwochenstunden vermittelt. Daher beschränkt sich das Werk auf die Punkte, die erfahrungsgemäß in diesem kurzen Zeitraum prüfungsrelevant sind. Einige Themen, die erfahrungsgemäß keine Rolle spielen (z. B. aus dem Sachenrecht), wurden weggelassen. Das Gleiche gilt für die vielen Meinungsstreitigkeiten, die Anfänger beim Lernen eher hindern. Schließlich geht es am Ende darum, mit möglichst geringem Aufwand eine Prüfung erfolgreich zu bestehen.

Notwendiges Vorwissen und Ausstattung

Um das Bürgerliche Recht zu lernen, benötigen Sie kein besonderes Vorwissen. Sie können direkt loslegen. Pflicht ist aber die Anschaffung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Besorgen Sie sich einen möglichst aktuellen Text, der noch unkommentiert ist. Die Kosten dafür betragen weniger als 10 Euro. Die Frage nach erlaubten handschriftlichen Ergänzungen ist auch für die Prüfung relevant, also klären Sie dies frühzeitig ab! Gehen Sie mit dem Anstreichen von Gesetzestexten sparsam um. Erfahrungsgemäß neigen Anfänger dazu, fast alles zu markieren, was sie lesen. Dabei geht dann der Hervorhebungseffekt verloren. Für den letzten Teil im Buch (Handels- und Gesellschaftsrecht) sollten Sie sich ergänzend noch das Handelsgesetzbuch anschaffen. Bevor Sie sich ein HGB kaufen, sollten Sie abklären, ob dieses Thema auch Prüfungsstoff ist.

Karteikarten sind nützlich! Sie kommen nicht umhin, das eine oder andere auswendig zu lernen. Wenn Sie möglichst effektiv (also mit möglichst wenig Aufwand) arbeiten wollen, nutzen Sie Karteikarten zum Lernen. Beschriften Sie eine Seite mit der Frage und die andere mit der Antwort und testen Sie – wann immer Zeit ist – Ihr Wissen. Beispiel: Vorderseite: „Grundvoraussetzungen der Stellvertretung?“. Rückseite: „Siehe § 164 Abs. 1 BGB, 1. Eigene Willenserklärung, 2. Im fremden Namen, 3. Mit Vertretungsmacht“.

Ziel des Buchs

Das Buch soll Sie in die Lage versetzen, möglichst schnell einen Einstieg in die Welt des Bürgerlichen Rechts zu finden. Dabei soll das Grundwissen vermittelt und der Leser in die Lage versetzt werden, einfache Fälle aus dem Zivilrecht selbstständig – mithilfe des Gesetzestexts – zu lösen. Aus diesem Grund ist der Umgang mit Paragrafen besonders wichtig. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, das Verständnis zu erleichtern. Für tiefer gehende Ausführungen oder kritische Anmerkungen existiert eine Reihe dickerer Bücher.

Wie dieses Buch geschrieben ist

Ich habe mich bemüht, die Formulierungen möglichst einfach zu halten und auf Fachbegriffe zu verzichten. Dennoch kommen Sie nicht umhin, einige juristische Vokabeln zu lernen, die für das Verständnis unumgänglich sind.

Das BGB ist sehr umfangreich, und jeder Dozent wird in seiner Veranstaltung einen Schwerpunkt setzen müssen. So werden Sie wahrscheinlich nicht alles, was in diesem Buch steht, auch brauchen. Ich habe daher versucht, den Aufbau möglichst modular zu gestalten. Sie können sich also auch einzelne Kapitel heraussuchen und unabhängig von den anderen Kapiteln lernen. Versuchen Sie, die Beispielsfälle zunächst selbst zu lösen und erst danach in die Lösung zu schauen. So ist der Lerneffekt größer.

Was bedeutet was?

Dieses Buch enthält neben Erklärungen auch Aufbauschemata, Hinweise und Beispiele, die Ihnen den Zugang zum Stoff möglichst vereinfachen sollen.

Am Anfang dieses Schnellkurses finden Sie einen Einstiegstest. Hier können Sie prüfen, in welchem Bereich noch Lernbedarf besteht, und gegebenenfalls gezielt Lücken schließen.

Nach jedem Kapitel finden Sie Übungsaufgaben, in denen die besprochene Thematik abgeprüft wird. Die Antworten finden Sie am Ende des Buchs.


BEISPIEL

In diesen umrahmten Feldern finden Sie Beispiele. Bei komplexeren Fällen habe ich Wert auf eine übersichtlich gegliederte Lösung gelegt und die Gliederungspunkte kursiv markiert.


Tipp

Tipps und wichtige Hinweise habe ich mithilfe solcher Kästchen kenntlich gemacht. Hier finden Sie Ausführungen zu typischen Klausurfallen oder Warnhinweise zu häufigen Prüfungsfehlern.


Warnung

Warnungen vor beliebten Fehlern finden Sie in diesen Kästen

1

Grundlagen zum Zivilrecht


In diesem Kapitel...

Im Alltag werden wir ständig mit vielen Regeln konfrontiert: Minderjährige dürfen keinen Alkohol kaufen, beim Fahrradfahren müssen wir die Straßenverkehrsordnung einhalten, dem Vermieter müssen wir die Miete und dem Staat die Steuern zahlen, um ein paar alltägliche Beispiele zu nennen. Die Missachtung der Regeln hat ganz unterschiedliche Konsequenzen. Manchmal hat der Staat ein eigenes Interesse an der Durchsetzung der Regeln. Das geschieht dann mithilfe von Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft. Andere Regeln können nur von Privatpersonen durchgesetzt werden. Diese müssen dann selbst – häufig mithilfe eines Rechtsanwalts – die andere Partei vor Gericht verklagen. Je nach Interessenlage lässt sich unser Recht in zwei Kategorien einteilen:

In diesem Buch geht es um das Bürgerliche Recht. Das Bürgerliche Gesetzbuch (kurz: BGB) ist ein Teil des Zivilrechts, auch Privatrecht genannt. Das Privatrecht beinhaltet Regelungen zu den Rechtsbeziehungen zwischen gleichgeordneten Personen, kurz: das Verhältnis von Rechtsteilnehmern untereinander. Im Streitfall stehen sich beide Seiten auf Augenhöhe gegenüber und müssen sich an identische Spielregeln halten.

Dem gegenüber steht das Öffentliche Recht. Dieses regelt die Rechtsbeziehung des Staats zum Bürger. Es geht um ein Über- und Unterordnungsverhältnis, bei dem der „starke“ Staat dem „schwachen“ Bürger Pflichten auferlegt oder Rechte zubilligt. Da die Parteien nicht auf Augenhöhe verhandeln, müssen Gesetze dafür Sorge tragen, dass den Rechten des Bürgers gegenüber dem Staat angemessen Rechnung getragen wird.

Privatrecht/Zivilrecht Öffentliches Recht
Bürgerliches Recht Strafrecht
Handels- und Gesellschaftsrecht Verwaltungsrecht (Baurecht, Polizeirecht etc.)
Arbeitsrecht Steuerrecht
Urheberrecht Sozialrecht

Tabelle 1.1 Beispiele zum Privatrecht und Öffentlichen Recht

Nicht immer, wenn der Staat im Spiel ist, handelt es sich um Öffentliches Recht. Handelt er als Vertragspartner, gilt auch hier das Zivilrecht, sodass z. B. bei einem Grundstückskauf durch die Gemeinde das BGB anwendbar ist.


BEISPIEL

Der Betrüger Bertram (B) verkauft dem leichtgläubigen Lothar (L) für 1 Mio. Euro einen „echten“ Picasso, den er in Wirklichkeit selbst gemalt hat. Nachdem er erwischt wurde, fragt sich B, mit welchen Gerichtsverfahren er zu rechnen hat.
1. Strafrechtliche Aspekte: Zunächst hat B mit dem Verkauf gegen § 263 StGB verstoßen und einen Betrug begangen. Die Staatsanwaltschaft wird also (nachdem sie davon durch Anzeige Kenntnis erlangt hat) Ermittlungen aufnehmen und B, wenn die Indizien ausreichen, anklagen. Am Ende könnte dann eine Geld- oder Freiheitsstrafe stehen. Hierbei geht es allein um den Strafanspruch des Staats. Bei der Bemessung der Strafe spielt auch die persönliche Schuld (z. B. „schwere Kindheit“ etc.) eine Rolle.
2. Zivilrechtliche Aspekte: Daneben könnte auch der L den B verklagen. Schließlich hat er ihm 1 Mio. Euro gezahlt und möchte das Geld nun gern wiederhaben. Das erhält er aber nicht automatisch, selbst wenn B im Strafprozess für schuldig befunden wird. Er muss dafür selbst vor dem Zivilgericht klagen und seinen Anspruch geltend machen. Hierbei steht ihm dann der B als Partei (Beklagter) gegenüber. Sein Geld erhält der L nur dann zurück, wenn die aus dem BGB geltend gemachten Ansprüche auch bestehen. Dafür gelten die zivilprozessualen Regelungen zur Beweislast. Der L müsste in dem Prozess beweisen, dass der B ihn betrogen hat, obwohl dies schon in dem Strafprozess erfolgt ist. Das Gericht kann aber die Akten aus dem Strafprozess beiziehen und diese als Grundlage für das Zivilverfahren verwerten, um die Tatsachenfindung zu erleichtern.

Gerichte und Durchsetzung des Rechts

Das deutsche Recht bestimmt für den Streitfall die Zuständigkeit der Judikative. Die Bundesländer unterhalten verschiedene Gerichtsbarkeiten, der Bund ist für die höchsten Gerichtsbarkeiten zuständig. Aus historischen Gründen unterscheidet man zwischen der sogenannten „ordentlichen Gerichtsbarkeit“ und den „Fachgerichten“ (bitte nicht „unordentliche“ Gerichte nennen).

Die Zuständigkeit der Gerichte

Zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gehören:

Zur Fachgerichtsbarkeit gehören:

Das Bundesverfassungsgericht ist nicht die oberste Instanz, sondern eigenständiges oberstes Bundesorgan, das ausschließlich über Verfassungsverstöße des Staats befindet.

Wenn es um zivilrechtliche (abgesehen von arbeitsrechtlichen) Streitigkeiten geht, sind die Zivilgerichte zuständig. Hier richtet sich die Zuständigkeit gem. §§ 22 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in der Regel nach der Sache oder nach dem Streitwert:

Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die unterlegene Partei an die nächsthöhere Instanz wenden. Dabei wird in der Regel im Rahmen der Berufung das komplette Verfahren (inklusive Beweiserhebung) wiederholt. Der nächste Schritt wäre dann die Revision. Die Revisionsinstanz überprüft dabei das angefochtene Urteil nur auf rechtliche und Verfahrensfehler. Der Sachverhalt wird durch das Revisionsgericht nicht erneut ermittelt.

Das typische Gerichtsverfahren und Folgerungen für die Klausur

Zum Verständnis des Zivilrechts soll der Ablauf eines streitigen Verfahrens anhand eines Beispiels beschrieben werden.


BEISPIEL

Der 70-jährige Veit (V) wird bei seinem abendlichen Spaziergang auf dem Gehweg vom Fahrradfahrer Blötsch (B) angefahren, der gerade mit dem Handy beschäftigt war und nicht aufgepasst hatte. Dabei fällt die Brille des V auf den Boden und wird zerstört (Schaden 200 Euro). Der Student Zack (Z) fuhr mit seinem Fahrrad zufällig hinter B und beobachtet den Vorfall. V verlangt von B nun 200 Euro für die Brille. Da B aber nicht zahlen möchte, fragt V den Rechtsanwalt Anton (A) um Rat.
Vorüberlegungen: A überlegt zuerst, ob eine Klage überhaupt erfolgreich sein kann. Dies wäre der Fall, wenn eine gesetzliche Anspruchsgrundlage dem V einen Anspruch auf Schadensersatz zubilligen würde. Idealerweise würde also im Gesetz stehen: „Wer einen anderen bei einer Schönheitsoperation völlig unnatürlich aussehen lässt, ist ihm zum Schadensersatz verpflichtet“. So konkret ist das Gesetz aber natürlich nicht. Nach einigem Blättern im BGB findet A aber den § 823 Abs. 1 BGB: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Nun muss A prüfen, ob die Voraussetzungen in der Anspruchsgrundlage auch im konkreten Fall erfüllt sind. Es muss zunächst ein Rechtsgut des V durch den B verletzt worden sein. Das ist hier der Fall, denn mit der Brille ist das Eigentum des V zerstört worden. In § 823 BGB ist auch erwähnt, dass der Anspruchsgegner „widerrechtlich“ gehandelt haben muss. Dies ist grundsätzlich bei allen Rechtsgutsverletzungen so, es sei denn, es liegt ein besonderer Rechtfertigungsgrund (z. B. Notwehr) vor. Der ist hier aber nicht erkennbar. Letztlich setzt das Gesetz noch voraus, dass die Rechtsgutverletzung „vorsätzlich oder fahrlässig“ erfolgte. Im vorliegenden Fall hat B während der Fahrt mit dem Handy gespielt, was wohl zumindest fahrlässig sein dürfte.
Klageschrift: V erhebt gegen B Klage vor dem zuständigen Amtsgericht (Streitwert ist geringer als 5.000 Euro). Die Erhebung der Klage erfolgt durch eine weitgehend formalisierte Klageschrift, in der die Forderung gestellt und anschließend begründet wird. Dabei sind Behauptungen zu beweisen, bzw. ein Beweis ist anzubieten (Zeugenaussage, Gutachter etc.). In dieser Klageschrift führt V im Beispielsfall aus, dass B ihn mit dem Fahrrad rechtswidrig und fahrlässig angefahren hat und dadurch seine Brille zerstört wurde, die einen Wert von 200 Euro hat. Jede Behauptung unterlegt der V mit einem Beweisangebot. So kann er für den Nachweis des äußeren Geschehensablaufs beispielsweise den Zeugen Z benennen. Den Wert der Brille kann er durch die Rechnung belegen. Und hat der von V geschilderte Sachverhalt ergeben, dass die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage (hier § 823 Abs. 1 BGB) erfüllt sind, ist die Klage schlüssig. Dann geht es in die nächste Runde, in der sich der Beklagte zu dem Vorwurf äußern kann.
Klageerwiderung: B wird die Klageschrift über das Gericht zugestellt. Er kann – wenn er möchte – einen Anwalt suchen und dann innerhalb einer bestimmten Frist in einer Klageerwiderung dazu Stellung nehmen. In unserem Fall bestreitet er, den V berührt zu haben. Unterstellt man, dass der Vortrag des B stimmt, dann bestünde kein Anspruch des V. Denn wenn er den V nicht angefahren hat, ist sein Verhalten nicht ursächlich für den Schaden an der Brille.
Urteilsfindung durch das Gericht: Der Richter schaut sich nun die Äußerungen der Parteien an und prüft, von welchem Sachverhalt er ausgehen muss. Dieser wird dann in rechtlicher Hinsicht geprüft. Problematisch ist im vorliegenden Fall, ob der B den V nun angefahren hat oder nicht. Dies ist für den Anspruch entscheidend und wird von den Parteien unterschiedlich behauptet.
Beweislast: Bei der Frage nach dem Sachverhalt kommt es entscheidend auf die Beweislast an. Ist ein Sachverhalt umstritten, ist immer eine der beiden Parteien beweispflichtig. Erbringt sie keinen Beweis, kann ihre Darstellung auch nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Die Frage der Beweislast ist in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Hier muss V beweisen, dass B ihn angefahren hat. Dies kann ihm beispielsweise durch eine entsprechende Aussage des Zeugen Z gelingen.
Folgerungen für die Klausur: In der Klausur werden Sie in der Regel nicht mit – in der Praxis häufigen – Fragen der Beweislast konfrontiert. Es ist üblicherweise von einem feststehenden Sachverhalt auszugehen, sodass Sie als Bearbeiter „nur“ noch auf die rechtliche Wertung einzugehen haben. Dennoch spielt der Aspekt der Beweislast auch in der Klausur an manchen Stellen eine Rolle, nämlich dann, wenn der Sachverhalt Lücken enthält. So fehlt es beispielsweise in der Klausur, in der es um Schadensersatzansprüche geht, üblicherweise an Hinweisen über ein Verschulden. Ein Schadensersatz wird aber regelmäßig nur gewährt, wenn der Täter fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat (siehe beispielsweise Wortlaut des § 823 Abs. 1 BGB). Das Gericht – und auch Sie als Bearbeiter – muss davon ausgehen, dass ein Verschulden vorliegt, solange nichts anderes (vom Täter oder Klausursteller) vorgetragen wurde.

Methodik der Fallbearbeitung

Eine zivilrechtliche Klausur kann Ihnen auf verschiedene Arten begegnen. Manche Dozenten stellen reine Wissensfragen, dann wäre ein Auswendiglernen das richtige Mittel. In den meisten Fällen werden jedoch Fälle geschildert. Sie als Bearbeiter müssen sich dann in die Situation eines Richters versetzen und den Fall juristisch durchprüfen. Jede Fallbearbeitung orientiert sich dabei an der Fragestellung. Jemand kann von einem anderen fordern, wenn er einen Anspruch hat. Dieser Anspruch muss sich aus dem Gesetz ergeben, der sogenannten „Anspruchsgrundlage“. Darunter versteht man einen Paragrafen, aus dem sich ergibt, dass jemand dem anderen etwas leisten muss. Die Prüfungsfragen lauten dann: Wer kann was von wem woraus verlangen? Haben Sie die potenzielle Anspruchsgrundlage gefunden, sind deren Voraussetzungen zu prüfen. Dazu zerlegen Sie die Vorschrift in ihre Bestandteile und schauen sich die einzelnen Punkte an. Schließlich folgt dann die sogenannte „Subsumtion“. Dabei prüfen Sie den tatsächlichen (Klausur-)Sachverhalt daraufhin, ob er die von der Anspruchsgrundlage vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt, und kommen am Schluss zu dem Ergebnis, dass der Anspruch besteht oder nicht.

Ist der Anspruch entstanden, ist weiter zu prüfen, ob er nicht wieder erloschen und schließlich auch durchsetzbar ist.

Daraus ergibt sich folgendes Prüfungsschema, das Sie sich merken sollten:

1. Anspruch entstanden?
a. Ermittlung der geeigneten Anspruchsgrundlage
b. Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen
c. Ergebnis
2. Anspruch nicht wieder erloschen?
3. Anspruch durchsetzbar?
4. Ergebnis

Tipp

Bitte halten Sie die Reihenfolge unbedingt ein und prüfen Sie zuerst, ob der Anspruch entstanden ist. Dies ist in Klausuren und Hausarbeiten in der Regel auch der Prüfungsschwerpunkt. Auf das Erlöschen und die Durchsetzbarkeit ist natürlich nur einzugehen, wenn eine Entstehung des Anspruchs bejaht wurde und entsprechende Anhaltspunkte vorhanden sind.

Ermittlung der Anspruchsgrundlage

Die von Ihnen erstellte Lösung steht und fällt mit der Wahl der richtigen Anspruchsgrundlage in Form eines Paragrafen (oder einer Paragrafenkette). Die Wahl der Anspruchsgrundlage ist von grundlegender Bedeutung für den Erfolg der Klausur. Bedenken Sie: Nur ein kleiner Teil der Paragrafen aus dem BGB sind Anspruchsgrundlagen!

Eine Anspruchsgrundlage besteht aus zwei Teilen, dem Tatbestand und der Rechtsfolge.

Tatbestand: Unter Tatbestand versteht man die tatsächlichen Voraussetzungen, den Lebenssachverhalt, der die Anspruchsgrundlage ausfüllt, damit diese überhaupt greifen kann. Das Vorliegen der einzelnen Voraussetzungen muss sorgfältig geprüft werden.

Rechtsfolge: Aus jeder Anspruchsgrundlage folgt, dass jemand etwas von einem anderen fordern kann. Das kann beispielsweise Erfüllung eines Vertrags, Schadensersatz, Bezahlung, Herausgabe oder ein Unterlassen sein.


BEISPIEL

Beispiele für Anspruchsgrundlagen (Tatbestand kursiv, Rechtsfolge fett):
§ 433 Abs. 1 BGB: „Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
§ 670 BGB: „Macht der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum Ersatz verpflichtet.
§ 812 Abs. 1 BGB: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.“
§ 823 Abs. 1 BGB: „Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Gegenbeispiel: Keine Anspruchsgrundlage ist z. B. § 110 BGB, denn aus der Vorschrift ergibt sich nicht, dass einer etwas von einem anderen fordern kann: „Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.“
§ 110 BGB regelt die Wirksamkeit eines Vertrags und kann also nur eine Hilfsfunktion haben, wenn es darum geht, ob ein Kaufvertrag überhaupt geschlossen wurde und damit ein Anspruch aus § 433 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB (siehe oben) besteht.

Das Auffinden der geeigneten Anspruchsgrundlage erfordert eine gewisse Kenntnis des BGB und ein wenig detektivisches Gespür, da die sich Anspruchsgrundlagen an den verschiedensten Stellen im BGB befinden. Achten Sie darauf, dass unter Umständen auch mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen können. Das kommt gerade bei Schadensersatzansprüchen häufiger vor. In diesem Fall müssen Sie (je nach Aufgabenstellung) darauf achten, die einzelnen Anspruchsgrundlagen strikt zu trennen und in der Prüfung nicht zu mischen. Also zuerst eine Anspruchsgrundlage vollständig (!) durchprüfen, bevor die nächste Anspruchsgrundlage angegangen wird.

Was will der Anspruchsteller überhaupt?

Zur Ermittlung der Anspruchsgrundlage schaut man sich zunächst die Fragestellung (und den Sachverhalt) an und entscheidet anhand der Rechtsfolge, was der Anspruchsteller eigentlich will. Begehrt er Schadensersatz, Erfüllung eines Vertrags, Herausgabe einer Sache oder vielleicht ein Unterlassen? Dies schränkt den Kreis der verdächtigen Paragrafen schon erheblich ein, da die Rechtsfolge der Vorschrift mit derjenigen übereinstimmen muss, die der Anspruchsteller geltend machen will.

Eingrenzung der Auswahl an Anspruchsgrundlagen