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Contents

Vorwort zur 4. Auflage

Vorwort zur 3. Auflage

Vorwort zur 2. Auflage

Vorwort zur 1. Auflage

Verzeichnis der Abkürzungen und Acronyme

1 Die historische Entwicklung der Atomabsorptionsspektrometrie

1.1 Die frühe Geschichte

1.2 Sir Alan Walsh und die Zeit 1952–1962

1.3 Die Entwicklung der Strahler

1.4 Einstrahl-, Zweistrahl-, Einkanal- und Mehrkanalspektrometer

1.5 Die unspezifische Absorption von Strahlung

1.6 Brenner und Flammen

1.7 Elektrothermisches Atomisieren

1.8 Chemisches Verflüchtigen

1.9 Analyse fester Proben

2 Physikalische Grundlagen

2.1 Atombau und Atomspektren

2.2 Das thermische Gleichgewicht

2.3 Linienbreite und Linienprofil

2.4 Hyperfeinstruktur

2.5 Messen der Absorption

2.6 Der Zeeman-Effekt

3 Spektrometer

3.1 Strahlungsquellen

3.2 Strahlungsführung

3.3 Strahlungsaussonderung

3.4 Untergrundmessung und Untergrundkorrektur

3.5 Strahlungsmessung

3.6 Strahlungsmodulation

3.7 Simultanspektrometer

3.8 Meßwertbildung, Meßwertausgabe

4 Atomisator und Atomisierungseinrichtung

4.1 Flammenatomisieren

4.2 Elektrothermisches Atomisieren

4.3 Chemisches Verflüchtigen

5 Die einzelnen Schritte einer Analysenmethode

5.1 Probennahme und Probenvorbereitung

5.2 Messen, Kalibrieren, Auswerten

5.3 Optimieren von Gerät und Methode

5.4 Störungen in der AAS

5.5 Methodenentwicklung, Qualitätskontrolle und -Sicherung

6 Mechanisieren und Automatisieren

6.1 Fließinjektion

6.2 Automatisches Zuführen und Wechseln der Meßlösungen

6.3 Automatische Zugabe von Reagenzien oder Bezugslösungen

6.4 Automatisches Verdünnen

6.5 Automatisches Abtrennen und Anreichern

6.6 On-line-Probenvorbehandlung

6.7 Automatisches Einstellen und Optimieren von Gerätefunktionen

6.8 Automatische Datenverarbeitung

7 Speziesbestimmung

7.1 Nichtchromatographische Trennverfahren

7.2 Chromatographische Trennverfahren

8 Die Techniken der Atomabsorptionsspektrometrie

8.1 Die Flammen-Technik

8.2 Die Graphitrohrofen-Technik

8.3 Die Hydrid-Technik

8.4 Die Kaltdampf-Technik

9 Die einzelnen Elemente

9.1 Aluminium (AI)

9.2 Antimon (Sb)

9.3 Arsen (As)

9.4 Barium (Ba)

9.5 Beryllium (Be)

9.6 Bismut (Bi)

9.7 Blei (Pb)

9.8 Bor (B)

9.9 Cadmium (Cd)

9.10 Cäsium (Cs)

9.11 Calcium (Ca)

9.12 Chrom (Cr)

9.13 Cobalt (Co)

9.14 Eisen (Fe)

9.15 Gallium (Ga)

9.16 Germanium (Ge)

9.17 Gold (Au)

9.18 Hafnium (Hf)

9.19 Indium (In)

9.20 lod (I)

9.21 Iridium (Ir)

9.22 Kalium (K)

9.23 Kupfer (Cu)

9.24 Lanthan (La) und die Seltenerdelemente (SEE

9.25 Lithium (Li)

9.26 Magnesium (Mg)

9.27 Mangan (Mn)

9.28 Molybdän (Mo)

9.29 Natrium (Na)

9.30 Nichtmetalle

9.31 Nickel (Ni)

9.32 Niob (Nb)

9.33 Osmium (Os)

9.34 Palladium (Pd)

9.35 Phosphor (P)

9.36 Platin (Pt)

9.37 Quecksilber (Hg)

9.38 Rhenium (Re)

9.39 Rhodium (Rh)

9.40 Rubidium (Rb)

9.41 Ruthenium (Ru)

9.42 Scandium (Sc)

9.43 Schwefel (S)

9.44 Selen (Se)

9.45 Silber (Ag)

9.46 Silicium (Si)

9.47 Strontium (Sr)

9.48 Tantal (Ta)

9.49 Technetium (Tc)

9.50 Tellur (Te)

9.51 Thallium (Tl)

9.52 Titan (Ti)

9.53 Uran (U)

9.54 Vanadium (V)

9.55 Wolfram (W)

9.56 Yttrium (Y)

9.57 Zink (Zn)

9.58 Zinn (Sn)

9.59 Zirconium (Zr)

10 Spezielle Anwendungen

10.1 Körperflüssigkeiten und Gewebe

10.2 Biologische Materialien

10.3 Umweltanalytik

10.4 Gesteine, Mineralien, Erze

10.5 Mineralöle und Mineralölprodukte

10.6 Metallurgische Proben

10.7 SonstRige Industrieprodukte

10.8 Multidisziplinäre Anwendungen

Literaturverzeichnis

Index

Image

Dr. Bernhard Welz

Departamento de Química

Universidade Federal de Santa Catarina

88040-900 Florianopolis-SC

Brasilien

Dr. Michael Sperling

Bodenseewerk

Perkin-Elmer GmbH

Postfach 101761

D-88662 Überlingen


Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung.

Vorwort zur 4. Auflage

Die AAS ist heute, mehr als 40 Jahre nachdem sie von Walsh als Analysenverfahren vorgeschlagen wurde, in weiten Bereichen der instrumentellen Analytik bestens etabliert. Aufgrund ihrer hohen Spezifität und Selektivität, sowie wegen ihrer relativ einfachen Bedienbarkeit, hat sie einen festen Platz neben der ICP OES und der ICP-MS eingenommen. Sie übernimmt im Labor eine Vielzahl von Routineaufgaben, die von der Bestimmung von Spurengehalten bis zu Hauptkomponenten reicht. Die Tatsache, daß immer noch jedes Jahr mehr als 1000 Originalarbeiten auf dem Gebiet der AAS publiziert werden, zeigt deutlich, daß es über die Routineanwendung hinaus noch eine Fülle neuer Erkenntnisse und Entwicklungen gibt.

Hierzu gehören neue Erkenntnisse über Atomisierungs- und andere Reaktionsmechanismen, verbesserte Analysenmethoden, vor allem im Spuren- und Ultraspurenbereich sowie auf dem Gebiet der Feststoffanalyse, speziell von Aufschlämmungen. Einen wesentlichen Beitrag leisten auch instrumentelle Entwicklungen, wie quergeheizte Graphitatomisatoren, integrierte Plattformen, der Einsatz von Halbleiterdetektoren, oder die simultane Multielement-AAS, sowie neue Probenzufuhr- und on-line-Vorbehandlungstechniken wie die Fließinjektion, oder neue Einsatzgebiete wie die Analyse von High-Tech-Materialien oder die Spezies-Bestimmung.

Um diesen vielfältigen Entwicklungen Rechnung tragen zu können, wurde die Monographie zum Teil neu gestaltet, vollständig überarbeitet und, wo erforderlich, entsprechend erweitert. Neu aufgenommen wurde beispielsweise das Kapitel 1 über die historische Entwicklung der AAS, einmal um der „Reife“ des Verfahrens Rechnung zu tragen und historisch interessierten Lesern die entsprechende Information zu vermitteln, hauptsächlich aber um die technischen Kapitel von dem historischen „Ballast“ zu befreien und dort nur den aktuellen Stand zu diskutieren. Weitgehend neu ist auch Kapitel 2 über die physikalischen Grundlagen der AAS. Viele der dort behandelten Dinge sind in den entsprechenden Lehrbüchern nicht oder nur unzureichend behandelt, oder wurden erst in den letzten Jahren umfassend erarbeitet.

Neu aufgenommen wurden in das Kapitel 5 über Meß- und Kalibrierverfahren die Grundlagen der Qualitätskontrolle und -Sicherung sowie Grundsätze der statistischen Auswertung und Bewertung von Analysenergebnissen. Neu sind auch die Kapitel 6 und 7 über Automation und Speziesbestimmung, in denen die Entwicklungen der letzten Jahre in einer Kurzübersicht diskutiert werden. Nicht mehr aufgenommen wurde dagegen der Vergleich mit anderen Analysenverfahren, da dieser bei der heutigen Entwicklung von ICP OES und ICP-MS vermutlich den Rahmen dieser Monographie gesprengt hätte.

In Kapitel 8 finden sich die seit der letzten Auflage signifikant verbesserten Erkenntnisse über Atomisierungs- und Störmechanismen insbesondere in der GF AAS und HG AAS, die zu einer deutlichen Erweiterung dieses Kapitels beigetragen haben. In Kapitel 9 finden sich Hinweise zu den einzelnen Elementen, wobei Anmerkungen zur Stabilität und Lagerung von Proben- und Bezugslösungen sowie Hinweise zur Speziesbestimmung neu aufgenommen wurden. In Kapitel 10 über spezielle Anwendungen wurden veraltete Methoden konsequent eliminiert, etwa Bestimmungen von leicht flüchtigen Elementen mit GF AAS mit Atomisierung von der Wand und Auswertung über die Peakhöhe. Neu aufgenommen wurden dagegen alle relevanten Verfahren zur Speziesbestimmung.

In dem gesamten Werk wurden konsequent Begriffe gemäß DIN 51 401 und DIN 51 009 verwendet. Ebenso wurden generell anstelle der nicht eindeutigen Einheiten ppm, ppb etc. die ISO-Einheiten mg/L, µg/L, ng/L und mg/g, µg/g, ng/g etc. verwendet. Ebenso wurde versucht, Gehaltsangaben in % zu vermeiden, was allerdings nicht in allen Fällen möglich war, da gelegentlich selbst aus den Originalarbeiten nicht ersichtlich war, ob etwa Säurekonzentrationen in Gewichts- oder in Volumen-Prozent angegeben waren.

Zur Erstellung des Literaturverzeichnisses diente eine relationale Datenbank (PELIDAS, © M. Sperling) mit mehr als 55.000 Einträgen aus dem Gebiet der Atomspektroskopie, die über Plausibilitätskontrollen die Qualität der Zitate gewährleistet. Bei der Auswahl der mehr als 6500 Zitate in dieser Monographie spielten neben dem Informationsgehalt der Literatur auch deren Aktualität und Verfügbarkeit eine Rolle. Eine derartige Auswahl muß notgedrungen subjektiv sein, auch wenn wir uns um Objektivität bemüht haben; wir bitten daher um Verständnis, wenn die eine oder andere Arbeit, die Sie als Leser für wichtig halten, hier nicht zitiert ist.

Um die Aktualität des vorliegenden Werks zu gewährleisten, wurden auch bei der Herstellung neue Wege beschritten. Da das gesamte Werk einschließlich Umbruch und Gestaltung auf den PCs der Autoren erstellt wurde, konnte der Inhalt bis zuletzt aktualisiert werden. Wir haben diese Vorgehensweise als großen Vorteil empfunden und die Mehrarbeit gerne übernommen, auch um die Herstellungskosten im Rahmen zu halten. Der Leser möge eventuelle Unzulänglichkeiten des Textverarbeitungsprogramms entschuldigen, die sicher durch die oben genannten Vorteile aufgewogen werden.

Überlingen, September 1997

Bernhard Welz

Michael Sperling

Vorwort zur 3. Auflage

In den acht Jahren seit der Fertigstellung der zweiten Auflage dieser Monographie hat die Atomabsorptionsspektrometrie eine wesentliche Entwicklung durchgemacht. Dies gilt nicht so sehr für die Flammen-AAS, die sich heute in praktisch allen Bereichen der Elementanalytik als Routineverfahren etabliert hat, als vielmehr für die anderen AAS-Techniken. Während die Flammen-AAS wegen ihrer Zuverlässigkeit im mg/L-Bereich vielfach schon Eingang in die Normung gefunden hat, wurde der Graphitrohrofen- und Hydrid-AAS zum Teil noch vor wenigen Jahren die Fähigkeit abgesprochen, im µg/L- und ng/L-Bereich überhaupt richtige Resultate zu liefern.

Die von zahlreichen Analytikern mit diesen Techniken beobachteten Schwierigkeiten beruhten teils auf Unzulänglichkeiten der verwendeten Geräte, teils auf der nicht optimalen Verwendung der Verfahren, da die Bedeutung einiger Parameter nicht erkannt wurde. Hinzu kommen die allgemeinen Probleme der Spuren- und Ultraspurenanalyse, die mit diesen Techniken der AAS zugänglich werden.

Heute sind die Ursachen der meisten Störungen ebenso bekannt wie Möglichkeiten zu ihrer Vermeidung. Auch wenn noch nicht alle anwendungstechnischen Probleme gelöst sind, so ist doch der Weg dazu vorgezeichnet.

In der AAS gibt es demnach heute neben der Flammen-Technik gleichberechtigt die Graphitrohroofen-, die Hydrid- und die Kaltdampf-Technik. Die Einsatzschwerpunkte dieser neueren Verfahren liegen in der Spuren-, Ultraspuren- und Mikrospurenanalyse. Jede dieser Techniken arbeitet mit eigenen Atomisierungseinrichtungen, hat ihre besonderen Atomisierungs- und Interferenzmechanismen und natürlich auch ihre bevorzugten Einsatzgebiete. In dieser dritten Auflage werden daher die einzelnen Techniken konsequent getrennt behandelt, wo immer sich dies als sinnvoll erwies.

Das bedingte die Neufassung zahlreicher Kapitel. So werden in Kapitel 3 jetzt nur noch die Atomisierungseinrichtungen, ihre historische Entwicklung und die durch die verschiedenen Techniken bedingten Besonderheiten behandelt. Dafür wurde ein neues Kapitel 8 eingeführt, in dem für jede der Techniken die Atomisierungs- und Interferenzmechanismen ausführlich diskutiert werden. Weiterhin erscheinen hier die jeweils typischen Störungen und die Möglichkeiten zu deren Vermeidung. Die Klassifizierung der Interferenzen und ihre allgemeine Diskussion sind Gegenstände des vorausgehenden Kapitels 7. In diesem Kapitel wird auch der Einsatz des Zeeman-Effekts zur Untergrundkorrektur ausführlich besprochen, und zwar die theoretischen Aspekte ebenso wie die verschiedenen Ausführungsformen der Methode mit ihren Vor- und Nachteilen in der praktischen Anwendung. Bei der Besprechung der einzelnen Elemente und der speziellen Anwendungen werden alle Techniken, soweit sie anwendbar sind, gegeneinander abgewogen.

Neu aufgenommen wurde auch eine ausführliche Diskussion der Spuren- und Ultraspurenanalytik, weil die neueren AAS-Techniken zu den empfindlichsten Verfahren für die Elementbestimmung gehören. Auch die direkte Festprobenanalyse wird besprochen, die besonders mit der Graphitrohrofen-Technik möglich geworden ist. Neu ist in dem Kapitel über spezielle Anwendungen auch ein Abschnitt über Umweltanalytik, in dem die aktuellen Fragen der Luft-, Abwasser- und Klärschlammanalyse erörtert werden.

Von verwandten Analysenverfahren wurde besonders die Atomemissionsspektrometrie mit dem induktiv gekoppelten Argonplasma (ICP) berücksichtigt, da sie häufig als Konkurrenzverfahren zur Flammen-AAS gesehen wird. Auf eine zu breite Behandlung dieses Themas mußte allerdings verzichtet werden.

Auch die Graphitrohrofen-Atomemmionsspektrometrie wurde mit aufgenommen, obwohl sie – ähnlich wie die Atomfluoreszenzspektrometrie – praktisch kaum genutzt wird.

Schließlich wurden Begriffe, Nomenklatur und Meßgrößen auf den neuesten Stand gebracht, was sich auch in dem etwas geänderten Titel dieser Monographie äußert. Insbesondere wurden die internationalen Regeln für die chemische Nomenklatur und Terminologie sowie das Gesetz über Einheiten im Meßwesen berücksichtigt. An die Stelle der früher üblichen „Gesichts-%“ ist der Massenanteil (in %) getreten.

Wesentlichen Anteil an der Klärung und Definition der Begriffe in der Atomabsorptionsspektrometrie hat der DIN-Arbeitskreis NMP 815 unter der fachkundigen Leitung von Herrn Dr. Hans Massmann. Bis zu seinem Tode hat Herr Massmann, dem ich zahlreiche Anregungen verdanke, an der Vollendung der Norm 51 401 gearbeitet, und die Jahre meiner Tätigkeit in diesem Ausschuß waren auch für die Gestaltung dieser neuen Auflage äußerst fruchtbar.

Ich danke auch allen Lesern, die mir geschrieben haben, nachdem sie auf Fehler in der zweiten Auflage gestoßen waren. Sie haben wesentlich zur Verbesserung des Werkes beigetragen. Besonders danken möchte ich Sir Alan Walsh, der im theoretischen und apparativen Teil auf einige Fehler aufmerksam machte und zahlreiche Verbesserungen und Präzisierungen vorschlug.

Die vielen neuen Zeichnungen wurden von Herrn E. Klebsattel in bewährter Sorgfalt und Genauigkeit angefertigt. Ihm möchte ich ebenso danken wie Herrn J. Storz für die Entwürfe zur Gestaltung des Umschlags.

Meersburg, Februar 1983

Bernhard Welz

Vorwort zur 2. Auflage

Die Atom-Absorptions-Spektroskopie hat in den letzten Jahren durch die flammenlose Atomisierung im Graphitrohrofen eine Fülle neuer Impulse erhalten. An erster Stelle sei dabei die um zwei bis drei Größenordnungen gesteigerte Empfindlichkeit genannt; dadurch wurde es möglich, den stetig steigenden Anforderungen auf den verschiedensten Gebieten der Analytik gerecht zu werden, ohne auf zeitraubende Anreicherungsschritte ausweichen zu müssen. Darüber hinaus wurden der Atom-Absorptions-Spektroskopie neue Gebiete erschlossen, die bisher nur von wesentlich aufwendigeren Analysenverfahren bedient werden konnten.

In der zweiten Auflage wurde dieser Entwicklung voll Rechnung getragen; so wurde der Abschnitt Atomisierung konsequent in zwei Kapitel getrennt, die „Atomisierung in Flammen“ und die „Atomisierung ohne Flammen“. Dabei wurde versucht, die meist völlig anders gearteten Mechanismen in der Graphitrohrküvette so gut wie möglich herauszuarbeiten. Dies ist allerdings nicht immer einfach, da die Untersuchungen über die Vorgänge während der thermischen Vorbehandlung und der Atomisierung im Graphitrohr eben erst begonnen haben.

Über diesen speziellen Abschnitt hinaus wurde die flammenlose Atom-Absorptions-Spektroskopie auch in allen anderen Kapiteln berücksichtigt und besonders die Abschnitte über Methodik, die einzelnen Elemente und die speziellen Anwendungen entsprechend überarbeitet und erweitert. Es muß allerdings betont werden, daß die Publikationen auf diesem Gebiet immer noch recht gering und zum Teil widersprüchlich sind. Daher sind auch relativ viel persönliche Meinungen und Erfahrungen mit verarbeitet, die vielleicht im Laufe der Zeit hier oder da einer gewissen Revision bedürfen.

Schließlich wurden die neueren Publikationen bis etwa Ende 1974 in allen Abschnitten berücksichtigt und das Literaturverzeichnis um mehr als 60% erweitert. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Entwicklungen bei den elektrodenlosen Entladungslampen und dem Untergrundkompensator, wobei letzterer im Zuge der flammenlosen Atomisierung besonders an Bedeutung gewonnen hat. Unter den Techniken zur Probenaufgabe verdient neben dem Delves-System und seinen Varianten das Hydrid-System besondere Beachtung, bei dem Elemente, die kovalente Hydride bilden, gasförmig in die Flamme oder ein geheiztes Rohr eingebracht werden.

Schließlich wurden auch die Probleme, die bei der direkten Analyse fester Proben auftreten, besonders wieder im Zusammenhang mit der Atomisierung im Graphitrohr in einem gesonderten Abschnitt diskutiert. Weiterhin wurden einige neuere Aufschlußtechniken bei den speziellen Anwendungen etwas ausführlicher besprochen, da sie mit Sicherheit das Arbeiten in der Atom-Absorptions-Spektroskopie erleichtern.

Insgesamt ist damit diese gründlich überarbeitete und erweiterte 2. Auflage wieder auf dem neuesten Stand, nicht nur was die flammenlose Atom-Absorptions-Spektroskopie anbetrifft. Wesentlich dazu beigetragen hat wieder Herr E. Klebsattel, der das gesamte Bildmaterial überarbeitet und eine Reihe neuer Abbildungen gezeichnet hat. Wichtige Anregungen bekam ich auch von Herrn Dr. W. Witte, der sich sehr intensiv mit den Problemen der Atomisierung im Graphitrohr befaßt hat. Danken möchte ich auch denjenigen aufmerksamen Lesern, die mich auf Fehler in der 1. Auflage hingewiesen haben. Nachdem auch die 2. Auflage trotz aller Bemühungen sicherlich nicht ganz fehlerfei sein wird, freue ich mich auch in Zukunft über jeden Hinweis auf Irrtümer oder über Vorschläge für Verbesserungen.

Meersburg, Mai 1975

Dr. Bernhard Welz

Vorwort zur 1. Auflage

Die Atom-Absorptions-Spektroskopie hat sich während der sechziger Jahre rasch zu einer universell einsetzbaren, hoch selektiven und empfindlichen Analysenmethode entwickelt, die heute in allen Sparten der Analytik Anwendung findet. Entsprechend zahlreich sind die Publikationen, die sich mit dieser Methode befassen. Erstaunlicherweise gibt es jedoch bis heute kein zusammenfassendes Werk in deutscher Sprache zu diesem Thema; die vorliegende Monographie soll diese Lücke schließen.

Um möglichst viel Information auf knappem Raum bieten zu können, wurde die Problematik überall da nur kurz angeschnitten, wo es dem Leser leicht fällt, andere ausführliche Quellen heranzuziehen. Dieses Prinzip wurde ganz konsequent in dem Kapitel über spezielle Anwendungen eingesetzt, wo detaillierte Informationen für alle Einsatzmöglichkeiten sicher den Rahmen dieser Monographie gesprengt hätten; die Anwendungsbeispiele werden hier nur kurz diskutiert, statt dessen wird tabellarisch auf die einschlägige Literatur verwiesen. Darüber hinaus stehen heute umfangreiche Methodensammlungen mit gut ausgearbeiteten Vorschriften zur Verfügung, aber auch der einführende theoretische Teil bringt die physikalisch-spektroskopischen Grundlagen der Atom-Absorptions-Spektroskopie nur so weit, wie es für das Verständnis der Zusammenhänge erforderlich ist. Hier stehen zur weiteren Information zahlreiche Lehrbücher der Physik oder der physikalischen Chemie zur Auswahl.

Dadurch sollte die Lesbarkeit des Buches erhöht werden, ohne einerseits auf wesentliche Information zu verzichten oder andererseits zu ausführlich zu werden; die enge Verflechtung zwischen Theorie und praktischer Anwendung sollte dem gleichen Zweck dienen.

Da die Atom-Absorptions-Spektroskopie eine noch relativ junge Analysenmethode ist, kann die vorliegende Monographie nicht durchweg auf dem allerneuesten Stand sein. Während in der Flammen-Atom-Absorption eine relative Beruhigung eingetreten ist, hat in dem Jahr seit der Fertigstellung des Manuskripts die flammenlose-Atom-Absorption eine stürmische Aufwärtseinwicklung durchgemacht, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Später wäre es daher sicher angebracht, dieser Technik einen breiteren Raum zu widmen und etwa das Kapitel Interferenzen um jüngste Erkenntnisse zu erweitern. Während die von der Flamme her bekannten Störungen in der Graphitrohrküvette praktisch nicht zu beobachten sind, können hier erhebliche Schwierigkeiten auftreten, wenn das interessierende Element mit einem Matrix-Bestandteil eine leicht flüchtige Verbindung bildet. Weiterhin hat sich gezeigt, daß unspezifische Lichtverluste durch Streuung an festen Partikeln im Strahlengang in der flammenlosen Atom-Absorption relativ weit verbreitet sind. Damit ist der Deuterium-Untergrundkompensator bei dieser Technik von entscheidender Bedeutung – zumal bei den ballistischen Signalen der flammenlosen Atom-Absorption das unspezifische Signal meist sehr schwer reproduzierbar und daher kaum durch nachträgliche Messung eliminierbar ist.

Schließlich haben sich erste Anhaltspunkte ergeben, daß möglicherweise Plasmen in der Atom-Absorptions-Spektroskopie erheblich an Beedeutung gewinnen könnten. Es wurden flammenähnliche Plasmen geeigneter Temperatur beschrieben, die wegen ihrer praktisch völlig inerten Atomosphäre vor allem bei der Bestimmung refraktärer Elemente von Nutzen sein könnten. Abschließend möchte ich es nicht versäumen, all denen zu danken, die direkt oder indirekt zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, auch wenn sie nicht namentlich erwähnt sind.

Herr Dr. H. Stenz hat sich bereitgefunden, einen großen Teil des Manuskripts durchzusehen, und hat in zahlreichen Diskussionen viel zur Klärung der physikalischen und theoretischen Aspekte beigetragen. Besonders danken möchte ich auch Herrn E. Klebsattel für die sehr sorgfältige und gewissenhafte Anfertigung der zahlreichen Abbildungen.

Meersburg, Februar 1972

Dr. Bernhard Welz

Verzeichnis der Abkürzungen und Acronyme

AA Acetylaceton (Komplexbildner)
AAS Atomabsorptionsspektrometrie
A/D(-Wandlung) Analog/Digital
AES Auger-Elektronenspektrometrie
AFM Atomkraftmikroskopie
ANOVA Analyse der Varianzen
APDC Ammonium-pyrrolidindithiocarbamat
(Ammoniumtetramethylendithiocarbamat, Komplexbildner)
AsB Arsenobetain
ASV (anodic Stripping voltammetry) inverse Voltammetrie
BCR Bureau Commun de Référence, Belgien
BERM Internationales Symposium für Biologische und Umwelt-Referenzmaterialien
BG Borosilicatglas (in Kapitel 5.2.3 auch für Bestimmungsgrenze)
BOC (baseline offset correction) automatische Basislinienkorrektur
BPTH l,5-Bis[phenyl-(2-pyridyl)methylen]thiocarbohydrazid
BT (butyl tin) Butylzinn-Verbindungen
CARS kohärente anti-Stokes Raman-Spektroskopie
CCD (charge coupled device) Halbleiterdetektor
CE (concentration efficiency) Konzentrationsleistung
CE Kapillarelektrophorese
CF (continuous flow) kontinuierlich fließend
CGC Kapillar-GC
CI (consumptive index) Verbrauchsindex
CID (charge injection device) Halbleiterdetektor
COMAR Internationale Datenbank zertifizierter Referenzmaterialien
CPG (controlled pore glass) Glas kontrollierter Porengröße (Trägermaterial für gepackte Säulen)
CRA (carbon rod atomizer) Graphitatomisator (Varian)
CT (cryo trapping) Kühlfallenanreicherung
CV AAS (cold vapor AAS) Kaltdampf-AAS
CZE Kapillarzonenelektrophorese
DAL (dialkyllead) Dialkylblei
DBT (dibutyltin) Dibutylzinn
DCTA 1,2-Diaminocyclohexan-N,N,N',N'-tetraessigsäure
DDAB Didodecyl-dimethylammoniumbromid
DDC Diethyldithiocarbamat
DDTC Diethyldithiocarbamat
DDTP Dimethoxydithiophosphat
DEAE Ionenaustauscher auf Cellulosebasis
DESe Diethylselen
DIBK Di-Isobutylketon
DIN Deutsches Institut für Normung
DMA Dimethylarsonat
DMF N,N-Dimethylformamid (Lösemittel)
DMG Dimethylglyoxim
DMSe Dimethylselen
DMSO Dimethylsulfoxid (Lösemittel)
DPTH 1,5-Bis(di-2-pyridylmethylen) thiocarbonhydrazon
DTC Dithiocarbamat
DTP Dithiophosphorsäure (Komplexbildner)
EBK Eisenbindungskapazität
EDL elektrodenlose Entladungslampe
EDTA Ethylendiamintetraacetat (Komplexbildner)
EDX energiedispersive Röntgenspektrometrie
EF (enrichment factor) Anreicherungsfaktor
EG polykristalliner Elektrographit (in Kapitel 5.2.3 auch für Erfassungsgrenze)
EPA (environmental protection agency) Umweltbehörde, USA
ESCA siehe XPS
ESMA Elektronenstrahlmikrosonde
ET AAS elektrothermische AAS
ETV (electrothermal vaporization) elektrothermisches Verflüchtigen
F AAS Flammen-AAS
FEP Perfluor-ethylen-propylen
FG Flintglas
FI Fließinjektion
FID Flammenionisationsdetektor
FIMS (Flow Injection Mercury System) FI System für die Bestimmung von Quecksilber (Perkin Elmer)
FIT („flame-in-tube“) unbeheizter Quarzrohratomisator mit Flamme
FWHM (full width at half maximum) Halbwertsbreite
GAP Grundsätze Guter Analytischer Praxis
GC Gaschromatographie
GF (graphite furnace) Graphitrohrofen
GF AAS Graphitrohrofen-AAS
GFS Gas-Flüssigkeits-Separator
GK glasartiger Kohlenstoff
GLP Gute Laborpraxis
HD-PE hochdichtes Polyethylen
HFS Hyperfeinstruktur
HG AAS (hydride generation AAS) Hydrid-AAS
HGA (Heated Graphite Atomizer) Graphitrohratomisator
(Perkin Elmer)
HKL Hohlkathodenlampe
HMA-HMDTC Hexamethylenammonium-Hexamethylendithiocarbamat (Komplexbildner)
HMDTC Hexamethylendithiocarbamat (Komplexbildner)
HPLC (high performance liquid chromatography) Hochleistungs-Flüssigchromatographie
IAEA International Atomic Energy Agency, Österreich
IBMK Isobutylmethylketon
IC lonenchromatographie
ICP (inductively coupled plasma) induktiv gekoppeltes Plasma
ICP-MS Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma
IEF (isoelectric focusing)
INAA instrumentelle Neutronenaktivierungsanalyse
ING instrumentelle Nachweisgrenze
IR Infrarot (Wellenlängenbereich > 800 nm)
IUPAC International Union of Pure and Applied Chemistry
KG Kieselglas
KGK Kalibrationsgütekoeffizient
KR (knotted reactor) geknoteter Reaktor (für die FI)
LC (liquid chromatography) Flüssigchromatographie
LD-TOF-MS Laser-Desorptions-Massenspektrometrie
LEAFS (Laser-enhanced atomic fluorescence spectrometry) Laserinduzierte Atomfluoreszenzspektrometrie
LGC (liquid/gas chromatography) Flüssig-Gaschromatographie
LPE Lineares Polyethylen
MAK(-Liste) Maximale Arbeitsplatz-Konzentration
MAS Molekülabsorptionsspektrometrie
MBT (monobutyltin) Monobutylzinn
MDL Niederdruck-Metalldampflampe
MeHg Methylquecksilber
MeT (methyl tin) Methylzinn-Verbindungen
MIP (microwave induced plasma) Mikrowellen-Plasma
MMA Monomethylarsonat
MMT (monomethyltin) Monomethylzinn
MS Massenspektrometrie
MWG Massenwirkungsgesetz
NAA Neutronenaktivierungsanalyse
NaHEDC Bis(2-hydroxyethyl)dithiocarbamat, Natriumsalz (Komplexbildner)
NG Nachweisgrenze
NIST National Institute of Standards and Technology, USA
NTA Nitrilotriessigsäure
OES Optische Emissionsspektroskopie
PAN 1-(2-Pyridylazo)-2-naphthol
PAR 4-(2-Pyridylazo)resorcinol
PC Polycarbonat (Kunststoff)
Pd-Mg(-Modifier) Mischmodifier aus Palladiumnitrat und Magnesiumnitrat
PE Polyethylen (Kunststoff)
PET Poly(ethylenterephthalat) (Kunststoff)
PFA (perfluoralkoxy)-Perfluorethylen (Kunststoff)
PG Pyrographit
PI Polyimid
PIXE (particle[proton] induced X-ray emission spectroscopy) Protoneninduzierte Röntgenemission
PMBP 1-Phenyl-3-methyl-4-benzoyl-5-pyrazolon
PMT (photomultiplier tube) Photoelektronen-Vervielfacher
PP Polypropylen (Kunststoff)
PS Polysulfon (Kunststoff)
PTFE Polytetrafluorethylen (Kunststoff)
PU Polyurethan (Kunststoff)
PU Polyurethan (Kunststoff)
PVC Polyvinylchlorid (Kunststoff)
PVD (physical vapor deposition) Abscheiden aus der Gasphase
QF (quartz tube furnace) Quarzrohrofen
QR AAS Quarzrohr-AAS
QRA beheizter Quarzrohratomisator
RBS Rutherford-Rückstreuungsspektroskopie
REM Rasterelektronenmikroskopie
RF Radiofrequenz
RNAA radiochemische Neutronenaktivierungsanalyse
ROC(-Modell) Reduktion von Oxiden durch Kohlenstoff
RTM Rastertunnelmikroskopie
S-H (Smith-Hieftje) Untergrundkorrektur durch Hochstrompulsen
S/R(-Verhältnis) Signal-zu-Rauschen
SDVBC Styroldivenylbenzolcopolymer
SEE Seltenerdelemente
SeMet Selenomethionin
SFC (supercritical fluid chromatotgraphy) Fluid-Chromatographie
SFE (supercritical fluid extraction) Fluid-Extraktion
SIMS Sekundärionen-Massenspektrometrie
SS (solid sampling) direkte Festprobenanalyse
SSD (solid state detector) Halbleiterdetektor
SSF (spectral shadow filming) spektrales Schattenfilmen
STPF Stabilized Temperature Platform Furnace (Konzept zum quasiisothermen Atomisieren)
TAL (tetraalkyllead) Tetraalkylblei
TAR 4- (2-Thiazoly lazo)resorcinol
TBT (tributyltin) Tributylzinn
TEL (tetraethyllead) Tetraethylblei
TEM Transmissionselektronenmikroskopie
TGL Temperaturgradientenlampe
THF Tetrahydrofuran
THGA (transversally heated graphite atomizer) transversal geheizter Graphitrohrofen (Perkin Elmer)
TMDTC Tetramethylendithiocarbamat
TML (tetramethyllead) Tetramethylblei
TMSe Trimethylselenonium
TOMA Tri-N-octylmethylammonium (Komplexbildner)
TOPO Trioctylphosphinoxid (Komplexbildner)
TPG (total pyrolytic graphite) massiver Pyrographit
TPN(-Patienten) (total parenteral nutrition) vollständige künstliche Ernährung
TPP Triphenylphosphin
TTFA Thenoyltrifluoraceton (Komplexbildner)
UK Untergrundkorrektur
UV Ultraviolett (Wellenlängenbereich < 400 nm)
WFR Wiederfindungsrate
WHO (World Health Organization) Weltgesundheitsorganisation
XAD Adsorberharz
XPS Röntgen-Photoelektronenspektroskopie (ESCA)
XRD Röntgenbeugungsanalyse
ZUK Zeeman-Effekt-Untergrundkorrektur

„Atomabsorptionsspektrometrie (AAS) ist ein spektralanalytisches Verfahren zum qualitativen Nachweis und zur quantitativen Bestimmung von Elementen mit Hilfe der Absorption optischer Strahlung durch freie Atome im Gaszustand“ [1501].

1

Die historische Entwicklung der Atomabsorptionsspektrometrie

1.1 Die frühe Geschichte

Der Beginn der optischen Spektroskopie wird üblicherweise mit dem Namen Isaac Newton in Verbindung gebracht [3205], der 1672 in einem Brief an die Royal Scientific Society die Beobachtung beschrieb, daß das Sonnenlicht in verschiedene Farben aufgetrennt werden kann, wenn man es durch ein Prisma schickt. Allerdings hat Joannes Marcus Marci von Kronland (1595–1667), Professor der Medizin an der Universität Prag (Abb. 1-1) bereits in seinem 1648 erschienenen Buch „Thaumantias. Liber de arcu coelesti deque colorum apparentium natura ortu et causis“ die Entstehung des Regenbogens auf der Basis von Beugung und Streuung von Licht in Wassertröpfchen erklärt und kann damit als der erste Spektroskopiker bezeichnet werden.

Abb. 1-1: „Joannes Marcus Marci, Doktor der Philosophie und Professor, geboren zu Kronland in Böhmen, 17. Juni 1595“

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Die Geschichte der Absorptionsspektrometrie ist eng verbunden mit der Beobachtung des Sonnenlichts [5934]. Bereits 1802 wurden von Wollaston die schwarzen Linien im Sonnenspektrum entdeckt, die später von Fraunhofer genau erfaßt wurden. Die stärksten Linien hat er dabei mit Buchstaben bezeichnet, wobei er am roten Ende des Spektrums mit A begann. Selbst heute benutzt man noch die Bezeichnung „Natrium-D-Linien“, die ursprünglich von Fraunhofer stammt.

Brewster äußerte 1820 die Ansicht, daß diese Fraunhoferschen Linien durch Absorptionsvorgänge in der Sonnenatmosphäre hervorgerufen werden. Die grundlegenden Zusammenhänge haben Kirchhoff und Bunsen 1859–1860 während ihrer systematischen Untersuchungen der “Linienumkehr” in Alkali- und Erdalkalispektren erarbeitet [3121-3124]. Sie haben nachgewiesen, daß die von Natriumsalzen in einer Flamme emittierte typische gelbe Linie identisch ist mit der schwarzen D-Linie des Sonnenspektrums; Abb. 1-2 zeigt die historische Versuchsanordnung.

Abb. 1-2: Versuchsaufbau von Kirchhoff und Bunsen zur Untersuchung der Linienumkehr im Natriumspektrum (nach [5934]). – Die durch die Linse L gebündelte Strahlung einer Lampe durchstrahlt die Flamme eines Bunsenbrenners B, in die mit Hilfe eines Löffels Natriumchlorid eingebracht wird. Das durch das Prisma P spektral zerlegte Strahlungsbündel wird auf dem Schirm S beobachtet. Die Natrium-D-Linie tritt dabei als schwarze Unterbrechung in dem sonst kontinuierlichen Spektrum auf.

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Den Zusammenhang zwischen Emission und Absorption formulierte Kirchhoff in seinem allgemein gültigen Gesetz, welches besagt, daß jede Materie auf der Wellenlänge Strahlung absorbieren kann, auf der sie auch selbst Strahlung emittiert.

Die Zusammenhänge zwischen Atombau und der Wechselwirkung der Atome mit Strahlung wurden 1900 von Planck im Gesetz der quantenhaften Absorption und Emission von Strahlung aufgestellt, nach dem ein Atom nur Strahlung eindeutig gegebener Wellenlänge λ oder Frequenz v absorbieren, das heißt nur bestimmte Energiebeträge ε aufnehmen und auch wieder abgeben kann:

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wobei h das Plancksche Wirkungsquantum und c die Lichtgeschwindigkeit sind. Die Werte von ε und v sind für die jeweilige Atomart charakteristisch.

1913 stellte Bohr schließlich, basierend auf einer Fülle spektroskopischer Beobachtungen, sein Atommodell auf, dessen Grundlage war, daß Atome nicht in beliebigen Energiezuständen existenzfähig sind, sondern nur in ganz bestimmten, die sich um ganze Quantenzahlcn voneinander unterscheiden. Nach Aufnahme eines Energiequants befindet sich das Atom in einem besonderen, energiereicheren (angeregten) Zustand, in dem es die aufgenommene Strahlungsenergie “enthält”. Nach einer Verweilzeit von meist etwa 10−9 bis 10−8 s kann es diese Energie dann wieder abgeben und so in den Grundzustand zurückkehren.

Obwohl Kirchhoff schon um das Jahr 1860 das Prinzip der Atomabsorption beschrieben hat, und in den folgenden Jahrzehnten die theoretischen Grundlagen immer weiter ausgebaut wurden, ist die praktische Bedeutung dieses Verfahrens lange nicht erkannt worden. Seit den Arbeiten von Kirchhoff wurde die Atomabsorption hauptsächlich von Astronomen zum Studium von Sternatmosphären eingesetzt. Nur sehr vereinzelt wurden auch chemische Analysen nach diesem Prinzip durchgeführt, wobei lediglich die Bestimmung von Quecksilber [6380, 4225] eine begrenzte Bedeutung fand (siehe Kapitel 1.8.1).

Das eigentliche Geburtsjahr der modernen AAS ist das Jahr 1955. Walsh [6135] sowie Alkemade und Milatz [125, 126] brachten unabhängig voneinander Veröffentlichungen, in denen die AAS als ein generell anwendbares Analysenverfahren vorgeschlagen wurde.

1.2 Sir Alan Walsh und die Zeit 1952–1962

Obgleich die Veröffentlichungen von Alkemade und Milatz aus den Niederlanden [125, 126] und Walsh aus Australien [6135] im gleichen Jahr erschienen sind und daher die Frage nicht leicht zu beantworten scheint, wer die AAS als erster wiederentdeckt hat, wird Alan Walsh (Abb. 1-3) allgemein als ihr Vater anerkannt. Dieses Privileg gebührt ihm unter anderem deshalb, weil er über ein Jahrzehnt mit unermüdlicher Energie für diese neue Idee gekämpft und viel Zeit aufgewendet hat, um den Widerstand, das Desinteresse und die Mißverständnisse zu überwinden. Am besten kann wohl Alan Walsh selbst über die Entwicklungen und Ereignisse der Jahre 1952–1962 berichten [6137].

„Mein ursprüngliches Interesse an der AAS war das Ergebnis von zwei sich gegenseitig beeinflussenden Arbeitsgebieten, der spektrochemischen Analyse von Metallen in der Zeit von 1939 bis 1946, und der Molekülspektroskopie in der Zeit von 1946 bis 1952. Die Wechselwirkung begann Anfang 1952, als ich mich zu wundern begann, warum, nach meiner Erfahrung, Molekülspektren üblicherweise in Absorption gemessen wurden, Atomspektren dagegen in Emission. Das Ergebnis dieses Nachdenkens war überraschend: es gab offensichtlich keinen guten Grund, die Absorptionsspektren der Atome außer acht zu lassen. Im Gegenteil, sie schienen, was die spektrochemische Analyse betrifft, im Vergleich zu den Emissionsspektren, eine Reihe wesentlicher Vorteile zu bieten. Da war der Aspekt, daß, zumindest für thermisch erzeugte Atome, die Absorption praktisch unabhängig von der Temperatur des atomaren Dampfs und vom Anregungspotential ist. Zudem boten Atomabsorptionsmethoden eine Möglichkeit, Anregungsinterferenzen zu vermeiden, die damals von vielen für die Interelementstörungen verantwortlich gemacht wurden, die in der Emissionsspektrometrie mit elektrischen Entladungen auftraten. Zudem konnte man Probleme durch Selbstabsorption und Selbstumkehr vermeiden, die in der Emissionsspektroskopie oft den Einsatz der empfindlichsten Linien erschwerten.”

Abb. 1-3: Sir Alan Walsh.

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“Besonderes Glück hatte ich hinsichtlich möglicher experimenteller Schwierigkeiten, da ich für einige Jahre regelmäßig ein Infrarotspektrometer mit einer modulierten Strahlungsquelle und einem auf die Modulationsfrequenz synchronisierten Detektor verwendet hatte. Eine der Besonderheiten dieses Systems war, daß von der Probe emittierte Strahlung kein Signal erzeugte. Diese Erfahrung hat zweifellos jede mögliche Denkblockade im Zusammenhang mit Absorptionsmessungen an leuchtenden Atomdämpfen verhindert.” In einem internen Bericht für den Zeitraum Februar–März 1952 hat Walsh daher die gleiche Art Modulationssystem für die Registrierung von Atomabsorptionsspektren vorgeschlagen: “Angenommen, die Probe wird wie üblich, zum Beispiel in einer Flamme, einem Bogen oder Funken verdampft, so wird das Emissionsspektrum durch das Modulationsprinzip eliminiert. Folglich erzeugt das Emissionsspektrum kein Meßsignal und nur das Absorptionsspektrum wird registriert.”

In dem gleichen Bericht schrieb er weiter: “Für analytische Arbeiten wird vorgeschlagen, daß die Probe gelöst und in einer Lundegardh-Flamme verdampft wird. Solche Flammen haben eine niedrige Temperatur (2000 K), verglichen mit Bogen und Funken (5000 K), und haben den Vorteil, daß nur wenige Atome angeregt und die überwiegende Mehrzahl im Grundzustand sind. Die Absorption ist demnach auf eine geringe Anzahl Übergänge beschränkt und es entsteht ein einfaches Spektrum. Zudem wird erwartet, daß die Methode empfindlich ist, da hauptsächlich Übergänge vom Grundzustand in den ersten angeregten Zustand stattfinden.”

Der nächste Bericht für den Zeitraum April–Mai 1952 enthält das in Abb. 1-4 gezeigte Diagramm und beschreibt das erste Experiment wie folgt: “Die Natriumlampe wurde mit 50 Hz betrieben und lieferte daher eine modulierte Strahlung, so daß die Verwendung einer rotierenden Sektorenblende überflüssig war. Die D-Linien aus dieser Lampe wurden mit Hilfe eines Spektroskops isoliert … und ihre Intensitäten mit Hilfe eines Photovervielfachers gemessen, dessen Leistungsabgabe auf einem Kathodenstrahl-Oszillographen registriert wurde. Die Signale wurden mit Hilfe des Wechselstromverstärkers des Oszillographen verstärkt. Bei der verwendeten Spaltbreite gab das Signal Vollausschlag auf dem Oszillographenschirm. Zwischen der Natriumlampe und dem Eintrittsspalt des Spektroskops war eine Meker-Flamme aufgebaut. Wenn eine Natriumchloridlösung in die Luftversorgung der Flamme versprüht wurde, so ging das Signal auf dem Oszillographen auf Null zurück. Das Prinzip der Methode ist daher demonstriert.”

Abb. 1-4: Der erste Entwurf von Walsh für die Messung der Atomabsorption aus seinem Bericht April–Mai 1952.

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Im nachhinein räumte Walsh eine “optimistische Einfalt” ein; er erinnert sich jedoch: “Dieses einfache Experiment hat mich sehr erregt, und in meiner Begeisterung habe ich John Willis zu mir gebeten, der zu dieser Zeit mit Infrarotspektroskopie arbeitete und später wesentliche Beiträge zur Entwicklung von AAS-Methoden für die chemische Analyse machen sollte. “Schau 'mal”, sagte ich, “das ist Atomabsorption.” Aber seine Antwort war “na und …?” – und sie war die erste von vielen ähnlichen, desinteressierten Reaktionen auf unser Atomabsorptionsprojekt während der nächsten Jahre.”

In seinem Bericht für Juni–Juli 1952 diskutierte Walsh die Probleme, Atomabsorptionsspektren mit einem Kontinuumstrahlersstrahler aufzunehmen und kam zu dem Schluß, daß eine Auflösung von etwa 2 pm erforderlich wäre, was jedoch weit jenseits dessen war, was das beste Spektrometer in seinem Labor damals leistete. Der Bericht schließt wie folgt: “Eine der Hauptschwierigkeiten besteht in der Tatsache, daß die Beziehung zwischen Absorption und Konzentration von der Auflösung des Spektrographen abhängt, und davon, ob man Peakabsorption mißt oder die Gesamtabsorption, die durch die Fläche unter der Absorptions-Wellenlängenkurve gegeben ist.”

Aus dieser Erkenntnis folgerte er, daß die Atomabsorptionsmessung Linienstrahler mit möglichst scharfen Emissionslinien erfordert. In diesem Fall beschränkt sich die Aufgabe des Monochromators darauf, die für die Messung verwendete Linie von allen anderen Linien zu isolieren, die der Strahler aussendet. Die hohe Auflösung, die für Atomabsorptionsmessungen erforderlich ist, wird im Endeffekt von dem Linienstrahler geliefert.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Walsh die für die AAS wesentlichen Punkte erkannt: die Verwendung von Linienstrahlern, die einen hochauflösenden Monochromator überflüssig machen, das Modulationsprinzip, das das Verfahren selektiv macht und die Eigenstrahlung des Atomisators eliminiert, und die Verwendung laminarer Flammen relativ niedriger Temperatur zum Atomisieren der Probe. Ende 1953 wurde das Verfahren dann zum Patent angemeldet, und im März 1954 wurde erstmals ein Atomabsorptionsspektrometer in Melbourne öffentlich in Betrieb gezeigt. Das Gerät hat jedoch während der drei Ausstellungstage keinerlei Interesse geweckt.

Im Oktober 1954 wurden die letzten Spezifikationsänderungen für das Patent eingereicht und unmittelbar darauf hat dann Walsh sein erstes Manuskript über AAS an Spectrochimica Acta geschickt, das Anfang 1955 publiziert wurde [6135]. Dieser Arbeit folgten weitere aus der Arbeitsgruppe Walsh [5010], sowie von Allan [135] in Neuseeland und David [1426] in Australien, wobei das Verfahren jedoch eher als “wissenschaftliches Kuriosum” und nicht als praktisches Analysenverfahren betrachtet wurde.

In der Zwischenzeit hatten Hilger und Watts ein erstes Gerät gebaut, in dem der Strahler jedoch nicht moduliert war und das deshalb nicht funktionieren konnte. Andere Gerätehersteller haben später den gleichen Fehler wiederholt. “1958”, so erinnert sich Walsh [6137], “gab es keinerlei Anzeichen, daß irgendein Gerätehersteller bereit war, das Gerät zu bauen, von dem wir dachten, es wäre das richtige.”

Walsh entschied sich daraufhin, selbst die Produktion eines geeigneten Geräts zu übernehmen. Die notwendigen Teile wurden von drei kleinen Firmen in Melbourne gebaut und mußten vom Benutzer zusammengestellt werden. “Als das bekannt wurde”, schreibt Walsh [6137], “waren die Mitarbeiter unserer Forschungsgruppe für die nächsten Jahre zunehmend damit beschäftigt, die kommerzielle Produktion von AAS-Geräten in Australien zu unterstützen. Das war einerseits eine große Genugtuung, aber es bedeutete gleichzeitig für mehrere Jahre eine erhebliche Verminderung unserer Forschungstätigkeit.”

Abb. 1-5: Das Modell 303 von Perkin-Elmer, das erste ausschließlich für die AAS gebaute Spektrometer.

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“Einer der großen Momente für mich war im Jahr 1962, als ich einer Reihe von Mitarbeitern von Perkin-Elmer in Norwalk über die eindrucksvollen Ergebnisse berichtete, die in verschiedenen Labors in Australien mit dieser Technik erzielt worden waren. Während der Diskussion fragte ehester Nimitz (zu dieser Zeit General Manager der Instrument Division von Perkin-Elmer) ziemlich knapp: “Wenn diese verdammte Technik so nützlich ist wie Sie sagen, warum wird sie dann nicht hier in den Vereinigten Staaten verwendet?” Meine Antwort, die mich meine Freunde in Norwalk nie vergessen ließen, war, er müsse der Tatsache ins Auge sehen, daß die Vereinigten Staaten in vieler Hinsicht ein unterentwickeltes Land sind. Kurz danach wurde bei Perkin-Elmer die Entscheidung getroffen, ein großes Projekt zum Bau eines Atomabsorptionsspektrometers zu starten.” Dieses erste, eigenständige und ganz nach den Vorstellungen von Walsh gebaute Gerät, das Modell 303, ist in Abb. 1-5 gezeigt. Mit diesem Zeitpunkt setzte auch der Siegeszug der AAS ein, der sich am besten mit den in Abb. 1-6 gezeigten Verkaufszahlen darstellen läßt.

Abb. 1-6: Verkaufszahlen von Atomabsorptionsspektrometern während der ersten 15 Jahre (aus [6138]).

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1.3 Die Entwicklung der Strahler

Einer der entscheidenden Schritte bei der Wiederentdeckung der AAS war die Erkenntnis, daß die hohe Auflösung, die für Messungen an Atomspektren erforderlich ist, im Prinzip durch die scharfen Emissionslinien des Linienstrahlers geliefert wird. Walsh setzte für seine Arbeiten Hohlkathodenlampen (HKL) ein, die schon 1916 von Paschen [4555] beschrieben wurden. Die ersten Lampen dieses Typs waren allerdings noch sehr instabil und nicht ganz einfach zu bedienen, da ständig Argon unter einem Druckvon etwa 1 kPa durch die Lampe gepumpt werden mußte. Erst als geschlossene, abgeschmolzene Lampen zur Verfügung standen [1524], die von Walsh und Mitarbeitern [2945, 5011] konstruktiv vereinfacht und für den Einsatz in der AAS modifiziert wurden, war dieser Strahler in der Routine verwendbar. Der Aufbau einer dieser frühen HKL ist schematisch in Abb. 1-7 gezeigt.

Trotz der eindeutigen Vorteile der abgeschmolzenen Strahler für den Routineeinsatz wurde immer wieder über zerlegbare HKL mit auswechselbarer Kathode berichtet [258, 2174, 3129, 4968, 5593] Diese Strahler haben jedoch nur in der Forschung eine gewisse Bedeutung erlangt, da ihre Handhabung aufwendig ist und Erfahrungen in der Vakuumtechnik voraussetzt.

Anfang der sechziger Jahre setzte dann eine Entwicklungsphase ein, die schließlich die HKL zu einem äußerst zuverlässigen Strahler für praktisch alle mit AAS bestimmbaren Elemente machte. Slavin [5439] erinnert dabei besonders an die sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Jack Sullivan bei der CSIRO (Commonwealth Scientific and Industrial Research Organization, Australien) und Carl Sebens und John Vollmer bei Perkin-Elmer. Ein weiterer Impuls kam von White [6297], der zeigte, daß eine normale, zylindrische Hohlkathode nach mehreren hundert Betriebsstunden ihre Geometrie durch Metalltransport von der heißen Innenseite zur Öffnung hin so verändert, daß praktisch eine Hohlkugel mit relativ kleiner Öffnung entsteht. Bei einem Verhältnis des Öffnungsdurchmessers zu dem der Hohlkugel von 1:4 können praktisch keine Metallatome mehr aus dem Inneren der Kathode entweichen, womit das Problem der Selbstumkehr weitgehend unter Kontrolle ist.