Contents
Vorwort
Authors
Lincoln Center Canopies, New York
1 Einleitung
2 Konstruktionsbeschreibung
3 Tragende Glas-Stahl-Konstruktion
4 Fertigung und Montage
5 Projektbeteiligte
Multifunktionale, sphärisch gebogene Oberlichtverglasung für das Städel Museum
1 Architektonisches Konzept
2 Integrale Planung der multifunktionalen Oberlichter
3 Warm- oder kaltverformte Gläser – Einige Anmerkungen zur Entscheidungsfindung
4 Herstellung der laminationsgebogenen sphärisch gekrümmten VSG-Scheiben
5 Nachweisverfahren (Zustimmung im Einzelfall)
6 Projektbeteiligte Oberlichtplanung
Cabot Circus, Bristol Ebene Vierecknetze für freigeformte Glasdächer
1 Einführung
2 Entwurf der Glasdächer
3 Geplante Konstruktion
4 Ausgeführte Konstruktion
5 Zusammenfassung
6 Projektbeteiligte
Structural-Glazing-Fassade für die Zeppelin-University Friedrichshafen
1 Einleitung
2 Status Quo
3 Lösungsansatz
4 Statische Aspekte
5 Dynamische Untersuchungen, Pendelschlagversuche
6 Schluss
Großflächiger Einsatz von entspiegelten Gläsern - Ein Erfahrungsbericht
1 Financial Center Abu Dhabi -Towers
2 Montage und Gebrauch der Fassadengläser
3 Schlussfolgerung
Your Rainbow Panorama – Ein begehbarer Regenbogen aus Stahl und Glas
1 Einleitung
2 Konstruktionsidee
3 Hybrides Tragkonzept
4 Projektbeteiligte
Shuter Street Bridge, Toronto – Fußgängerbrücke mit gebogenen Isoliergläsern
1 Entwurfsplanung
2 Ausführungsplanung
3 Fertigung und Transport des Stahls
4 Fertigung Glas
5 Montage
6 Fazit
DIN 18008 Teile 1-5: Neuerungen gegenüber eingeführten Regelungen
1 Einleitung
2 Die Regelungen der DIN 18008
3 Zusammenfassung und Ausblick
Punktförmig gelagerte Verglasung nach E DIN 18008 Teil 3
1 Einleitung und Grundlagen
2 Vorgehen
3 Aufgabenstellung
4 Allgemeine Hinweise
5 Systembeschreibung
6 Einwirkungen
7 Berechnung nach vereinfachtem Verfahren
8 Berechnung nach numerischem Verfahren
9 Bewertung und Zusammenfassung
Baurechtliche und normative Anforderungen an ESG und ESG-H
1 Einleitung
2 Die Produkte und ihre Herstellung
3 Rechtliche Grundlagen der Anforderungen
4 Fremdüberwachung der Heißlagerung und der werkseigenen Produktionskontrolle
5 Zusammenfassung
Gekrümmte Isoliergläser
1 Einleitung
2 Klimalast und Koppeleffekt
3 Einfluss der Krümmung auf den Innendruck zufolge interner Lasten
4 Einfluss der Krümmung auf den Innendruck zufolge externer Lasten
5 Einfluss der Nachgiebigkeit des Randverbundes auf den Innendruck
6 Zusammenfassung
Anwendung von thermisch gebogenem Glas im Bauwesen
1 Einleitung
2 Geltungsbereich
3 Bauordnungsrecht und Bauprodukte
4 Bauphysik
5 Sicherheit mit Glas
6 Toleranzen
7 Bemessung von gebogenem Glas
8 Klotzung
9 Zusammenfassung
Kalt-Bemessung von Brandschutzverglasungen und Klassifizierung des Brandverhaltens
1 Anforderungen an den Feuerwiderstand und an das Brandverhalten
2 Brandschutzverglasungen (mit Anforderungen an den Feuerwiderstand)
3 Klassifizierung des Brandverhaltens von Glas-Produkten
4 Fazit und Ausblick
VSG-Glasstützen unter kombinierter Langzeit- und Kurzzeitbelastung
1 Ausgangssituation und Aufgabenstellung
2 Ableitung von Knickkurven für Verbundglasstützen
3 Zusammenfassung
Glashäuser – warum nicht mehr ausführbar wie vor 150 Jahren?
1 Walsgrove Garden
2 Glashaus Kloster Beilstein
Ein Modell zur Bestimmung der Versagenswahrscheinlichkeit von heißgelagertem ESG
1 Einleitung
2 Modell auf Basis der Umwandlungskinetik
3 Parameter der Versagenswahrscheinlichkeit
4 Versagenswahrscheinlichkeit von heißgelagertem ESG
5 Zusammenfassung
Verbundsicherheitsglas und Glasfassaden unter Explosionsbeanspruchung
1 Einleitung
2 Explosionslasten
3 Simulation von VSG unter Explosionslasten
4 Glasfassaden
5 Prinzip der Energiedissipation bei Seilnetzfassaden
6 Zusammenfassung
Oberflächenvorbehandlung von Fügeteilen zur Optimierung von Klebeverbindungen
1 Einleitung
2 Oberflächenvorbehandlung
3 Oberflächenanalyse
4 Experimentelles Programm
5 Ergebnisse
6 Zusammenfassung
Experimentelle und numerische Untersuchungen zu geklebten Glas-Stahlverbindungen
1 Einleitung
2 Strukturelles Kleben
3 Erfassen von Materialparametern zur Modellgenerierung
4 Erforderliche Parameterstudie
Ermittlung der Klebeigenspannungen struktureller Glas-GlasVerbindungen
1 Allgemeines
2 Werkstoffe und Oberflächenbehandlung
3 Spannungsoptische Messmethode
4 Probekörper
5 Auswertung
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Danksagung
In Verbundglas integrierte Lasteinleitungselemente und deren Tragverhalten
1 Einführung
2 Untersuchungen zum Tragverhalten einer Insertverbindung
3 Numerische Simulation des Tragverhaltens der Insertverbindung
4 Spannungsverteilung innerhalb einer Insertverbindung
5 Fazit und Ausblick
6 Danksagung
Strategien zur Fugenverlaufsoptimierung von Glasschalen
1 Einleitung
2 Doppelt gekrümmte Glasbauteile
3 Fügestrategien
4 Modellierung und Optimierung
5 Schlussfolgerung, Zusammenfassung
Prüfung vorgespannter, gebogener Gläser
1 Einleitung
2 Begriff Festigkeit
3 Bestimmung der Biegezugfestigkeit
4 Vorspannung
5 Bruchbild
6 Fazit
Optimierung zukunftsfähiger Gebäudehüllen
1 Ausgangssituation
2 Ressourceneffiziente Gebäude
3 Zukunftsfähigkeit aus gestalterischer Perspektive
4 Zukunftsfähigkeit aus konstruktiver Perspektive
Die Closed-Cavity-Fassade
1 Die Closed-Cavity-Fassade
2 Höchstes Hochhaus der Schweiz mit Closed-Cavity-Fassade
3 Weitere Vorteile und zu lösende Aufgaben der Closed-Cavity-Technik
4 Closed-Cavity-Fassade kombiniert mit natürlicher Fensterlüftung
5 Wettbewerb am Markt
6 Fazit
Variable Sonnenschutzgläser – von den Grundlagen zur Praxis
1 Einleitung
2 Technische Lösungsansätze für variable Verglasungen
3 Elektrochrome Gläser als Grundlage für schaltbare Sonnenschutzgläser
4 Realisierungsbeispiele
Lösungen für energieeffiziente multifunktionale Verglasungen
1 Grundlagen
2 Transparente Wärmedämmung
3 Winkelselektive Systeme
Die Zukunft energieaktiver und adaptiver Gebäudehüllen
1 Die Gebäudehülle im Paradigmenwechsel
2 Energieaktive Gebäudehülle | E2 Fassade
3 Adaptive Gebäudehülle | 2° Fassade
4 Energy3 Building
Tragfähigkeit von Dünnschicht-Photovoltaik-Modulen
1 Einleitung
2 Prüfverfahren nach DIN EN 61646
3 Bemessungsverfahren nach DIN 18008 und TRLV
4 Vergleich der Sicherheitsniveaus nach DIN EN 61646 und TRLV bzw. DIN 18008
5 Tragfähigkeit nach DIN 18008 für typische Modulaufbauten
6 Zusammenfassung und Ausblick
Denkmalgerechte Sanierung einer Stahl-Glas-Fassade der Nachkriegsmoderne
1 Städtebau in Ost und West
2 Punkthochhaus im Hansa-Viertel
3 Vorhangfassade
4 Ausgangspunkt
5 Bestandsaufnahme
6 Konzept
7 Umsetzung
8 Perspektive
Transparente Fassaden bei Neubau und Sanierung von Gebäuden
1 Einleitung
2 Beispiele für Neubau und Sanierung
3 Details der Doppelfassade Sparkasse Rosenheim
4 Experimentelle Untersuchungen
5 Zusammenfassung
6 Am Bau Beteiligte
Innovative Stahlfensterkonstruktionen für das Weltkulturerbe Bauhaus Dessau
1 Bedeutung, Gebäudestruktur, Ausgangsvoraussetzungen
2 Aufgabenstellung, Konzepte, Vorgehensweise
3 Produktfindung, Weiterentwicklung, Umsetzung
4 Verglasung
5 Baurechtliche Situation
6 Energieeinsparung, Nutzungsqualität
7 Bauphysikalische Maßnahmen
8 Schlussbetrachtung
author register
Index
Herausgeber:
Bernhard Weller, Silke Tasche
Technische Universität Dresden
Institut für Baukonstruktion
George-Bähr-Straße 1
01069 Dresden
Titelbild: Die 21 m lange Glasbrücke mit einer Hülle aus gebogenen Scheiben verbindet die beiden Gebäudekomplexe des „Centre of the Unknown“, eine Forschungseinrichtung der Champalimaud-Stiftung in Lissabon, Portugal (Photo: Bellapart)
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Umschlaggestaltung: Sophie Bleifuß, Berlin
Herstellung und Produktion: NEUNPLUS1 GmbH, Berlin
Print ISBN: 978-3-433-03021-9
ePDF ISBN: 978-3-433-60217-1
ePub ISBN: 978-3-433-60216-4
Mobi ISBN: 978-3-433-60215-7
o-Book ISBN: 978-3-433-60214-0
Vorwort
Glasbau findet überwiegend in der Gebäudehülle statt. Glasfassade und Glasdach haben bestimmenden Einfluss auf das Erscheinungsbild heutiger Architektur. War für die Moderne der 1920er und 1930er Jahre, ja noch für die Nachkriegsmoderne der 1950er und 1960er Jahre, die Transparenz ebener Hüllflächen das entscheidende Kriterium der Glasarchitektur, so hat der Glasbau heute eine Vielzahl zusätzlicher Aufgaben zu übernehmen: Formgebung und Lastabtragung, Sonnenschutz und Verschattung, Dämmung und Energiegewinnung stellen dabei große Anforderungen.
Ernst & Sohn, allen voran Herr Dr. Karl-Eugen Kurrer, hat die Herausgeber des vorliegenden Buches seit vielen Jahren motiviert, für die Zeitschrift »Stahlbau« ein Sonderheft »Glasbau« zu gestalten. Jährlich im März bot diese Fachzeitschrift etwa zwölf Beiträgen Raum, über den Stand der Technik des Glasbaus zu informieren. Die Fortsetzung dieser Hefte in Form des vorliegenden Jahrbuches »Glasbau« berichtet über den aktuellen Stand des Wissens in über dreißig Fachaufsätzen namhafter Autoren aus den Bereichen Planung, Bemessung, Ausführung und Forschung.
Die Berichterstattung gliedert sich in vier große Abschnitte: Teil A »Bauten und Projekte« zeigt jüngste Beispiele, die wegweisende Architektur mit innovativer Glasfassadentechnik erreichen. Teil B »Bemessung und Konstruktion« erläutert die neue DIN 18008 bis hin zum prüffähigen Bemessungsbespiel. Teil C »Forschung und Entwicklung« berichtet über neueste Projektergebnisse anerkannter Forschungseinrichtungen. Teil D »Energieeffizienz und Nachhaltigkeit« zeigt die Optimierung zukunftsfähiger Gebäudehüllen neben der energetischen Sanierung historischer Fassaden.
Jedem Autor sei für die Erstellung seines Beitrages herzlich gedankt. Ausdrücklichen Dank auch den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirates, die in bewährter Tradition die Qualität der Veröffentlichung sichern. Ein besonderes Dankeschön gilt dem Verlag Ernst & Sohn, Frau Karin Lang, die das Buch in seiner gedruckten Form ermöglicht hat und sich für die Veröffentlichung der Fachbeiträge auf der Plattform Wiley Online Library einsetzte, sowie Herrn Francisco Velasco, der die Entstehung des Buches betreut hat. Und wir danken sehr Frau Stefanie Retsch am Institut für Baukonstruktion in Dresden für ihre von großer Einsatzfreude getragene Mitarbeit.
Ein ganz wesentlicher Dank gebührt dem Bundesverband Flachglas e.V. und dem Fachverband Konstruktiver Glasbau e.V., die seit langen Jahren Forschung und Entwicklung im Glasbau anregen und vorantreiben und schließlich die Drucklegung des Buches entscheidend gefördert und unterstützt haben.
Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller
Dr.-Ing. Silke Tasche
Dresden, März 2012
Herausgeber
Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller
Dr.-Ing. Silke Tasche
Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Oliver Englhardt, Technische Universität Graz
Prof. Dr. Markus Feldmann, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Prof. Dr.-Ing. Harald Kloft, Technische Universität Braunschweig
Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Universität Stuttgart
Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider, Technische Universität Darmstadt
Prof. Dr.-Ing. Geralt Siebert, Universität der Bundeswehr München
Die weit auskragende Stahl-Glas-Konstruktion in New York, USA, besteht aus zwei nach außen gekippten, knapp über 27m langen Stahlträgern, einer zentralen Stütze und einer aussteifenden Glasfläche. Unter den beiden Stahlträgern sind zwölf 2,30 × 4,40m große Scheiben aus 4-fach VSG angehängt, welche zur Aussteifung der Konstruktion dienen. Weitere aussteifende Elemente sind daher nicht erforderlich. Über eigens entwickelte Punkthalter werden die Glasscheiben an jeweils vier Punkten befestigt und mit einem Zweikomponenten-Injektionsmörtel kraftschlüssig verbunden. Am Knick der Stütze gewährleistet ein 'Glasknie' bestehend aus zwei rahmenlosen 4-fach VSG-Scheiben die Lastweiterleitung.
Schlagwörter: Glasbau, aussteifendes Glas, SGP-Folie, Vordach, Auskragung, Stahl-Glas-Konstruktion, New York
Das ,,Lincoln Center for the Perfoming Arts“ wurde Ende der 50er Jahre errichtet und ist das bedeutendste kulturelle Zentrum New Yorks. Als Teil einer Modernisierungsmaßnahme wurden der zugehörigen Josie Robertson Plaza sowie dessen Zugang von der Columbus Avenue/ Broadway durch die Architekten Diller Scofidio + Renfro neu gestaltet (Bild 1-1).
Für den Zugang vom Broadway entwarfen die Architekten zwei weit auskragende gläserne Vordächer als Wetterschutz für ankommende Besucher. Die beiden fast baugleichen Vordächer, die sogenannten Lincoln Center Canopies, bestehen aus jeweils zwei Stahlstützen, auf denen zwei Stahlkastenträger von 27m Länge mit einer Auskragung von 12m auflagern. An der Trägerunterseite sind ebene Glasscheiben angebracht, welche die Stahlkonstruktion horizontal aussteifen. Daher kann auf jegliche zusätzliche Ausfachung der Konstruktion verzichtet werden. Die Stützenfüße sind ebenfalls mittels zwei Glasscheiben verbunden. Durch die skulpturale Geometrie entsteht ein markantes und zugleich leichtes sowie transparentes Bauwerk (Bild 1-2).
Die beiden weit auskragenden Vordächer bestehen aus leicht nach außen gekippten, knapp über 27m langen Stahlträgern, die aus Einzelblechen gefertigt wurden. Ein quer durch die Stahlträger gestecktes Rundrohr verbindet diese an einem Ende vertikal und horizontal mit dem Bestandsgebäude und bildet zusammen mit einem zentralen Stützenpaar die Auflagerpunkte der Träger. Zur Straße hin sind die Träger auf einer Länge von 11,60m frei auskragend (Bild 2-1).
Den beiden Trägern untergehängt sind zwölf großformatige Glasscheiben von 2,30×4,40m. Über vier eigens entwickelte Punkthalter aus hochfestem Stahl werden sie mit den Stahlträgern verbunden und mit einem Zweikomponenenten-Injektionsmörtel kraftschlüssig verbunden, dadurch bilden Glas und Stahl einen statisch wirksamen Verbund. Im Rahmen der Tragwerksplanung ist der Ursprungsentwurf dahingehend optimiert worden, dass keine weiteren horizontal aussteifenden Elemente für die Dachebene erforderlich sind. Jede Scheibe ist mit einem leichten Gefälle versehen und entwässert ohne Rinne zur Seite. Aufgrund der leichten seitlichen Neigung der Kragträger, die zudem nicht parallel laufen und der Neigung der Einzelscheiben ist jeder Punkthalter eine Einzelanfertigung. Die aus Einzelblechen geformte zentrale Stahlstütze, welche in der Ansicht ein stilisiertes Y bildet, dient als Auflagerpunkt für die Träger. Sie gründet auf der Untergeschossebene, durchstößt eine Fußgängerrampe und hat eine Gesamthöhe von 8m. Sämtliche Lasten der Canopy-Konstruktion sowie die Vertikallasten der Fußgängerrampe werden von dieser Stütze aufgenommen und in die massive Unterkonstruktion abgetragen. Um die äußeren Horizontallasten aus Wind gleichmäßig zu verteilen sowie die Umlenkkräfte am Stützenknick kurzzuschließen, sind die Stützen an der Knickstelle über zwei rahmenlose Verbundglasscheiben statisch wirksam miteinander verbunden.
Die Konstruktion wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Tragwerksplaner, der ausführenden Firma sowie Architekten und Bauherren entwickelt. In mehreren Entwicklungsstufen wurde zuerst das Gesamtsystem mit den aussteifenden Glasscheiben und anschließend die Entwicklung der Details wie Punkthalter und Träger-Stützen-Anschluss vorangetrieben. Durch die Einbeziehung der lokalen Entscheidungsträger vor Ort konnte ein sehr straffer Zeitplan eingehalten werden.
Die Canopies wurden für die üblichen Lastfälle wie Schnee- und Windlasten bemessen. Aufgrund der extremen Auskragung und Sonderform waren Windkanalversuche erforderlich. Zwei Modelle wurden hierzu untersucht. Für die Ermittlung der örtlichen, charakteristischen Windgeschwindigkeiten diente ein Umgebungsmodell (Bild 3-1 / links), in dem ein großer Bereich des Stadtbildes im Maßstab 1:350 nachgebildet wurde. Am Teilmodell (Bild 3-1 / rechts) wurde die Druckverteilung auf die Dachfläche und die Stahlstruktur bestimmt.
Durch die Untersuchungen konnten die statischen und dynamischen Windlasten korrekt erfasst werden. Die Vordächer sind für übliche Reinigungszwecke betretbar, was durch eine entsprechende Last in der statischen Berechnung berücksichtigt wurde. Temperaturlasten müssen aufgrund der unterschiedlichen thermischen Aufheizung der dunklen Stahlträger und transparenten Dachfläche sowie unterschiedlichen Temperaturausdehnungskoeffizienten ebenfalls berücksichtigt werden.
Für die Geometrie und Detailausbildung der Stahlbaukonstruktion (Bild 3-2 und Bild 3-3) sind zwei Kriterien maßgebend: zum einen das Ziel einer möglichst skulpturalen, einfachen Struktur, in der die Träger ohne sichtbare Anschlüsse auf den Stützen ruhen, zum anderen die Verbindung der Einzelteile mittels Verschraubung, sodass kostenintensive Baustellenschweißungen entfallen können. Diese Ziele wurden erreicht, indem alle Anschlüsse mit versenkten Schrauben oder in Aussparungen vorgesehen wurden. Abschließend wurden die Anschlussstellen abgedeckt, verspachtelt und überstrichen. Bei den geschweißten Kastenprofilen der Träger und Stützen handelt es sich um gevoutete Sonderprofile, welche im Werk vorgefertigt wurden.
Die leicht seitlich gekippten Hauptträger weiten sich von einem Rechteckhohlprofil 300 × 55mm auf ein Rechteckhohlprofil 700 × 180mm, jeweils mit Flanschdicken von 50mm und Stegdicken von 10-25mm. Die beiden Stützenfüße sind ebenfalls gevoutete Sonderprofile aus Einzelblechen mit Abmessungen von 460 × 185mm am Fußpunkt und 800 × 185mm am Stützenkopf. Die großen Blechdicken der Stützen von 40mm resultieren aus dynamischen Untersuchungen an der Gesamtstruktur. Die Konstruktion wird nach amerikanischer Normung nachgewiesen.
Die Dachfläche besteht aus zwölf ebenen Glasscheiben mit Abmessungen von 2324 × 4420mm. Das Verbund-Sicherheitsglas (VSG) setzt sich aus drei 15mm und einer unteren 8mm thermisch vorgespannten Flachglasscheibe (ESG) zusammen. Als Zwischenfolie zur Laminierung dient eine 1,52mm Sentry Glas Plus (SGP)-Folie. Auf Ebene 7 (von oben) ist ein Lochraster in RAL 9003 mittels Siebdruck aufgebracht. Die beiden an die Stützen angrenzenden Scheiben sind ausgeschnitten, sodass die Stütze die Scheibenebene durchdringen kann. Jede Scheibe wird an vier Punkten gehalten und hat hierzu vier Aussparungen mit einem Durchmesser von je 46mm (Bild 3-4 / links). Aufgrund des Scheibenaufbaus und den Abmessungen wiegt jede Scheibe knapp 1,5 Tonnen. Nach der zwängungsfreien Montage der einzelnen Scheiben wird der Spalt zwischen Glasscheibe und Punkthalter mit Injektionsmörtel Hilti Hit HY 70 verpresst, sodass die Horizontalkräfte aus Aussteifungslasten und Zwängungen zwischen Stahlträger und Glasscheiben übertragen werden können.
Die Berechnung der Glasscheiben erfolgt linear-elastisch nach der Methode der Finiten Elemente. Hierfür wird ein Volumenmodell mit drei 15mm Scheiben und dazwischen je eine 1,52mm SGP-Folie erzeugt (Bild 3-4 / rechts).
Die untere 8mm Scheibe ist dabei nur als Eigengewicht berücksichtigt, da sie nicht direkt mit dem Punkthaltern verbunden ist und somit keine statisch tragende Funktion hat. Für die SGP-Folien werden die Schubsteifigkeiten in Abhängigkeit der Lasteinwirkungsdauer angesetzt (siehe Tab. 3-1).
Schubmodul SGP-Folie | MPa |
G, lang, Eigengewicht | 2 |
G, lang, Schneelast | 15 |
G, kurz, Wind | 80 |
Zur Bildung der Lastkombinationen werden sowohl die gewöhnlichen Lasten aus Eigengewicht, Schnee, Wind, Temperatur und Verkehr als auch außergewöhnliche Lasten aus Erdbeben herangezogen. Hinzu kommen hier noch die Horizontalkräfte aus Zwängungen und der Aussteifung der Konstruktion, welche dem Globalmodell entnommen werden und als Einzelkräfte im Bohrloch angesetzt werden. Schließlich wird noch der außergewöhnliche Lastfall mit einer gebrochenen oberen oder unteren Scheibe untersucht. Die Berechnung erfolgt gemäß amerikanischer Norm ASTM E 1300-04 [1]. In den außergewöhnlichen Lastkombinationen ist die zulässige Spannung der Glasscheiben um 50% erhöht.
Das sogenannte Glasknie verbindet die beiden Stahlfüße im Knick zu einer Stahl-Glas-Verbundstütze (Bild 3-5). Es besteht aus zwei Koppelgläsern, beide mit Abmessungen von 311 × 800mm. Der Scheibenaufbau wird hier für das durch die Stützen maximal induzierte Moment bestimmt. Jede Scheibe besteht aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) mit vier 12mm thermisch vorgespannten Flachglasscheiben (ESG), jede verbunden durch 1,52mm SGP-Zwischenfolien. Der Verbund wird hier durch vier Eckbolzen als Punkthalter sowie teilweise Linienlagerung im Eckbereich hergestellt. Die kraftschlüssige Verbindung wird ebenso durch Verpressung mit Injektionsmörtel in den Bohrlöchern und in den Teilbereichen der Linienlagerung erreicht.
Die Punkthalter wurden in enger Zusammenarbeit mit der Seele Sedak GmbH so entwickelt, dass auf der sichtbaren Unterseite eine ebene, gleichmäßige Fläche ohne störende herausstehende Punkthalter oder Verschraubungen entsteht (Bild 3-6). Aus diesem Grund wurden die Halter in die äußerste Scheibenlage von 8mm eingelassen und mit einer Abdeckkappe versehen. Jeweils zwei nebeneinander liegende Bohrlöcher werden durch einen Punkthalter gekoppelt. Aufgrund der Aussteifungskräfte sowie Kräften aus Zwängungen durch die verschiedene Temperaturausdehnung der Materialien Glas und Stahl, kommt den Punkthaltern eine entscheidende Bedeutung für das Gesamtsystem zu. Wegen der Geometrie und Anschlusshöhen an die darüberliegenden Stahlträger ist jeder Punkthalter eine Einzelanfertigung. Um die Abmessungen der Punkthalter möglichst filigran zu halten, wird als Material hochfester Edelstahl Typ 1.4462 verwendet.
Durch den kraftschlüssigen Verbund zwischen Glasscheibe und Stahltragwerk werden die Vordächer ausgesteift. Jedoch können bei starrem Anschluss die dann auftretenden Kräfte im Bohrloch nicht durch die Glasscheiben aufgenommen werden. Als ersten Schritt werden daher die Glasscheiben zwängungsfrei eingebaut und der Verguss nachträglich eingebracht. Dadurch entstehen keine Zwangskräfte aus dem Lastfall Eigengewicht. Zudem musste ein System gefunden werden, um die zu übertragenden Kräfte einstellen zu können, ohne dabei die aussteifende Wirkung der Scheiben zu verlieren. Es wurde eine 2mm Silikonhülse um den Stahlbolzen im Glasbohrloch vorgesehen, welche im statischen Globalmodell als Wegefeder abgebildet ist. Zudem wurde der Einfluss verschiedener Dicken der Stahlbolzen auf das Gesamttragverhalten untersucht. Durch die Wahl der geeigneten Dicken der Bolzen und Silikonhülse sowie deren Shorehärte, können so die Kräfte aus allen Lastfällen durch die Glasscheiben übertragen werden. Anschließend wurde am Globalmodell anhand einer Eigenwertermittlung untersucht, ob die Steifigkeit des Gesamtsystems noch gegeben ist und ob die ermittelte Frequenz Auswirkungen auf die anzusetzenden Windlasten hat. Das Stahl-Glas-System wurde dementsprechend in mehreren Iterationsläufen optimiert und die Annahmen in Materialversuchen für die Silikonhülse verifiziert (Tab. 3-2).
Nach der Wahl eines geeigneten Systems einer 2mm dicken Silikonhülse mit Shorehärte 80 wurde eine Grenzwertbetrachtung durchgeführt. Diese berücksichtigt die Härteunterschiede der Hülse durch auftretende Temperaturunterschiede sowie den Schlupf zwischen Hülse und Stahlpin.
Um die Verformungen unter Gebrauchslast zu minimieren, sind die Träger überhöht hergestellt. Da die Verformung der Kragarmspitze durch das Eigengewicht der Konstruktion mit vertikal ca. 60mm und horizontal ca. 95mm bereits sehr groß sind, werden die Stahlträger mit Hilfe von Schablonen passgenau zusammengesetzt. Die Überhöhung erfolgt in Trägerlängsrichtung durch partielles Erhitzen. Wegen der seitlichen Schiefstellung der Träger erfolgt dies dreidimensional für die vertikale und horizontale Richtung.
Aufgrund der architektonischen Vorgabe einer perfekt ebenen Kragarmkonstruktion und Scheibenfläche mussten die üblichen Bautoleranzen von ± 3 bis 5mm für Stahlbauten deutlich unterschritten werden. Für das fertige Bauwerk wurden Toleranzen von ± 1,5mm für den Stahlbau vorgegeben. Für die Glasscheiben mussten die Stahlbolzen der Punkthalter exakt eingepasst werden, sodass sowohl die Silikonhülse als auch der Injektionsmörtel mit mindestens 3mm Dicke vollständig eingebracht werden konnte.
Transport und Montage der Konstruktionen waren eine große logistische Herausforderung (Bild 4-1). Das komplette Bauwerk mit einem Gesamtgewicht von je 40 Tonnen wurde in Europa vorgefertigt, verschifft und mit Hilfe von Schwertransportern nach Manhattan im Herzen von New York transportiert. Dabei wurde das Stahltragwerk in zwei Teilen vorgefertigt. Ein Teil bestand aus den Stützen inklusive eingebautem Glasknie, der zweite Teil aus dem kompletten Stahldachtragwerk. Nach dem Transport auf die Baustelle wurden die beiden Stahlbauteile am Stützenkopf gestoßen. Durch die großen Einheiten konnte die Montagezeit vor Ort verkürzt werden, sodass Sperrungen des Verkehrs auf ein Minimum reduziert werden konnten.
6 Literatur
[1] ASTM International: ASTM E 1300-04: Standard Practice for Determining Load Resistance of Glass in Buildings, 2004.
Das Städel Museum in Frankfurt ist durch einen unterirdischen Neubau erweitert worden. Gestaltprägende Elemente sowohl im Gebäudeinneren wie auch im gartenlandschaftlichen Außenraum sind 195 kreisrunde Oberlichter, die multifunktionale Anforderungen erfüllen müssen. Neben den statischen Anforderungen an die Begehbarkeit und bauphysikalische Durchbildung als Isolierverglasung erfolgt die gesamte Belichtung – sowohl Tages- wie auch Kunstlicht – ausschließlich über diese Öffnungen. Darüber hinaus wurden bei dem Bauvorhaben erstmals sphärisch kaltgekrümmte Scheiben als Überkopfverglasung eingesetzt, die dauerhaft allein über den Schubverbund tragen.
Schlagwörter: Multifunktionale Oberlichtverglasung, laminationsgebogene sphärisch gekrümmte Gläser
Johann Friedrich Städel (1728-1816) legte mit seinem Testament den Grundstein für das heutige Städel Museum in Frankfurt am Main. Ursprünglich war die Städel-Sammlung nur in seinen privaten Räumen zugänglich und sollte nach seinem Tod öffentlich präsentiert werden. Weil sein Nachlass jedoch nicht nur die ,,Veröffentlichung“ seiner gesammelten Werke regelte, sondern auch gezielt die Ergänzung und Erweiterung dieser vorsah, musste die Sammlung aus Platzgründen schon wenige Jahre nach Städels Tod zum ersten Mal umziehen. 1878 bekam das Museum schließlich mit dem Neubau von Oskar Sommer (1840-1894) am südlichen Mainufer eine dauerhafte Unterkunft. In der folgenden Zeit wurde diese durch weitere Zukäufe kontinuierlich ergänzt und nahm insbesondere durch Ankäufe zeitgenössischer Kunst schon bald eine führende Position im Kunstgeschehen ein.
Unterstützt durch den Städelschen Museums-Verein und die Städtische Galerie, welche in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg mit dem ,,Städel“ fusionierte, wurde in den Jahren um den Ersten Weltkrieg die erste bauliche Erweiterung des Museums durch die Architekten Hermann von Hoven (1842-1924) und Franz Heberer (1883-1955) verwirklicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die stark zerstörten Gebäude wieder aufgebaut und im Sinne der Zeit sehr behutsam ,,modernisiert“.
Die letzte Erweiterung erfuhr das Gebäudeensemble in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts durch den Wiener Architekten Gustav Peichl als Antwort auf den gestiegenen Anspruch an Sonderausstellungen. Als sich das Museum 2007 für eine erneute Erweiterung entschied, stand die Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Vordergrund. Das Städel Museum lobte einen beschränkten Wettbewerb aus, der vorsah, die vorhandene Ausstellungsfläche um 2.500 m2 zu erweitern und damit die bestehende Ausstellungsfläche fast zu verdoppeln. Die Anforderung war, diese Erweiterungsfläche als Neubau auf dem vorhandenen Gelände zu schaffen. Die Frankfurter Architekten schneider+schumacher überzeugten mit ihrem Vorschlag, die Erweiterung unter dem Garten der Anlage anzuordnen und diese in der Verlängerung der zentralen Achse durch den Hauptbau zu erschließen.
Zentrale Idee des Wettbewerbsentwurfs war es, die letzte Freifläche auf dem Gelände, den Garten, für die Erweiterung zu nutzen und diesen gleichzeitig als begehbare Fläche und zur Präsentation von Skulpturen zu erhalten. Dieses architektonische Konzept wurde im Wesentlichen durch zwei Leitideen umgesetzt.
Die erste Idee ist der formale Ansatz, mit seiner zentralen Aufwölbung der den gesamten Raum überspannenden Decke. Hierdurch wird eine räumliche Zentrierung des Baukörpers erreicht und die innere Orientierung festgelegt. Im Außenraum wird der unterirdische Neubau durch die Aufwölbung als fester Bestandteil des Gartens wahrgenommen und die vierte Erweiterung des Städel Museums als eigenständiger Beitrag zur Architektur des historischen Städel-Komplexes markiert.
Die zweite Leitidee zielt auf die Belichtung der zirka 8 m unter der Erde angeordneten Ausstellungsräume. Ziel war es, ähnlich wie in den Oberlichtsälen des Altbaus, eine von Tageslicht geprägte Atmosphäre entstehen zu lassen. Hierzu wurden 195 kreisrunde Oberlichter in einem Raster von 3,7 m × 3,7 m symmetrisch über die gesamte Deckenfläche angeordnet. Die Oberlichter haben in den Randbereichen einen Durchmesser von 1,5 m und nehmen zum Zentrum der Aufwölbung hin im Radius bis zu einem Durchmesser von 2,5 m zu.
Die Vor- und Nachteile des Tageslichtes spielten eine zentrale Rolle bei der Lichtplanung. Zum einen wird möglichst viel Tageslicht als Referenzlichtquelle für eine möglichst natürliche Farbwiedergabe bei den Kunstwerken gewünscht, zum anderen enthält natürliches Licht Strahlungsanteile, die unter konservatorischen Gesichtspunkten nicht nur unerwünscht, sondern sogar schädlich sind. Außerdem müssen tages- und jahreszeitliche Schwankungen des Tageslichtes für einen geregelten Museumsbetrieb über Kunstlicht ausgeglichen werden. Dieses architektonische Konzept überzeugte das Preisgericht, das den Entwurf wie folgt im Protokoll der Jurysitzung würdigte:
„Ein leuchtendes Juwel am Tag, ein Lichtteppich in der Nacht - etwas ganz Besonderes ist den Architekten mit der Erweiterung des Städel Museums gelungen. Sie setzen ein zugleich subtiles wie markantes, ja starkes, ein flächendeckendes Zeichen, das sich selbstbewusst in den städtebaulichen Kontext einfügt. Es ist gerade die Zurückhaltung in der Architektur, die Inszenierung, die der Authentizität des Ortes Achtung entgegenbringt und dem baulichen Umfeld die Luft zum Atmen lässt. Den Architekten ist der Spagat gelungen, die große Baumasse, die fast zu einer Verdoppelung der Ausstellungsflächen im Städel Museum führen wird, so zu organisieren, ....... alle Zeitschichten der Städel'schen Bauentwicklung, ob denkmalgeschützt oder nicht, bleiben erkennbar, ....... der Garten bleibt, wenn auch unterbaut, als grüne Oase erhalten, die überraschende Einblicke bieten, Neugierde wecken wird.“
Die 195 Oberlichtverglasungen bestehen aus kreisrunden Isolierglaseinheiten mit Außendurchmessern von 1500 bis 2500 mm, der Einbauwinkel zur Horizontalen beträgt 0° bis ca. 15°. Jedes Glaselement ist am Rand linienförmig auf einer Stahlunterkonstruktion gelagert, die wiederum auf der doppeltgekrümmten Ortbetondecke verankert ist. Um die vielfältigen Funktionen in der Gebäudehülle zu erfüllen, musste die Verglasung für eine Vielzahl von Anforderungen geplant und ausgelegt werden.
Neben der Erfüllung statischer Anforderungen aus Einwirkungen wie Schneelasten und Nutzlasten von 5 kN/m2 waren die Glaselemente für eine gefahrlose Begehbarkeit mit entsprechender Rutschhemmung auszulegen. Aufgrund der überwiegend horizontalen Einbausituation fiel besonderes Augenmerk auf die Planung einer kontrollierten Abführung des Niederschlagswassers.
Bauphysikalische Untersuchungen ergaben zudem die Notwendigkeit, die Oberlichtverglasungen mit einer Sonnenschutzbeschichtung sowie einer raumseitig angeordneten lokalen Beheizung zur Vermeidung von temporär anfallendem Kondensat auszustatten. Da die unterirdischen Ausstellungsräume ausschließlich über die Oberlichter belichtet werden sollten, kam der Steuerung der Lichttransmission eine zentrale Rolle zu. Ziel der Planung war es, das Tageslicht möglichst farbneutral und blendfrei einfallen zu lassen und so durch Kunstlicht zu ergänzen, dass eine gleichmäßige Belichtung der Museumsräume sichergestellt ist.
Zur Steuerung der Tageslichtnutzung wurden unterhalb der Verglasungseinheit horizontal verfahrbare Textilelemente angeordnet, welche die individuelle Lichtfilterung und -streuung ermöglichen. Die Zuführung von Kunstlicht erfolgt durch stufenlos regelbare LED-Elemente, die unterhalb der mechanisch verfahrbaren Sonnenschutz- und Verdunklungsanlage in die kreisrunde Form integriert wurden. Die LED-Elemente sind zusätzlich mit einem Diffusor ausgestattet und können je nach Bedarf gedimmt und in ihrer Lichtfarbe verändert werden.
Als letzte Möglichkeit der Lichtakzentuierung ist der Spannring für den Diffusor zusätzlich noch mit Steckplätzen für Spotbelichtung ausgestattet, die je nach Anforderungen der Kuratoren eine zielgerichtete Ausleuchtung von Kunstobjekten ermöglichen. Tageslicht und Kunstlicht können so optimal über die Lichtsteuerung abgestimmt werden. Die ursprüngliche Planung der Verglasung sah vor, zwei flache Verbundsicherheitsgläser (VSG) als Isolierglaseinheit auszubilden.
Die Idee, sphärisch gebogene Oberlichter als Wiederholung der Aufwölbung des Gartens einzubauen, wurde zwar in der Wettbewerbsphase bereits angedacht, in der weiteren Planung dann aber vorerst verworfen. Der Einsatz gewölbter Scheiben schien aus Kostengründen nicht realisierbar, außerdem lagen keine Erfahrungen für die technische Machbarkeit mit den verfügbaren Herstellungsverfahren vor. So wurden zunächst ebene Scheiben ausgeschrieben. In den Bietergesprächen wurde jedoch schnell klar, dass bei einem horizontalen Einbau der Oberlichtelemente eine geregelte Abführung von Niederschlagswasser nicht gewährleistet sein würde und zu Problemen wie Verschmutzungsanfälligkeit, erhöhte feuchtetechnische Beanspruchung des Glasrandes sowie eingeschränkte Begehbarkeit bei Pfützenbildung führen wird.
Zur Lösung der genannten Probleme wurde im weiteren Planungsprozess die Variante einer leicht sphärisch gekrümmten Außenscheibe entwickelt und diese Variante gemeinsam mit den anbietenden Firmen in Hinblick auf Kosten und Machbarkeit optimiert. Entscheidende Kriterien waren die Realisierbarkeit der Verglasung und die Einhaltung des Kostenrahmens.
Letztendlich überzeugte der innovative Vorschlag einer laminationsgebogenen, sphärisch gekrümmten Verglasung der Firma seele_sedak sowohl die Planer wie auch den Bauherrn. Die Isolierglaseinheit besteht aus einer äußeren, sphärisch kaltgebogenen VSG-Scheibe sowie einer inneren flachen VSG-Scheibe. Die gekrümmten Scheiben müssen zum einen die geforderte Tragfähigkeit für eine Begehbarkeit erfüllen und eine flächige Nutzlast von 5 kN/m2 ebenso wie eine mittige Punktlast von 4 kN abtragen können.
Gleichzeitig sind die bauphysikalischen Anforderungen eines modernen Isolierglases zu erfüllen. Überkopfverglasungen müssen außerdem ein ausreichend hohes Resttragverhalten im Bruchfall aufweisen. Das gilt insbesondere für die untere Scheibe der Isolierglaseinheit, die im Gegensatz zur oberen Scheibe nur auf ihr Resttragverhalten unter Eigengewicht bemessen wird. Das notwendige Resttragverhalten kann nur mit Verbundsicherheitsglas (VSG) erreicht werden, indem nachgewiesen wird, dass im Versagensfall die einzelnen Bruchstücke der Glasscheiben an dem Verbundmaterial haften bleiben und die gesamte Scheibe über eine definierte Standzeit nicht aus dem Rahmen fällt. Für begehbare Überkopfverglasungen als Isoliergläser wird somit der Einbau von zwei Verbundsicherheitsglasscheiben zwingend erforderlich. Während die obere VSG-Scheibe die Tragfähigkeit sicherstellt, muss die untere VSG-Scheibe die Anforderungen an die Überkopfverglasung erfüllen. Für alle Scheiben wurde Weißglas verwendet, um eine möglichst farbneutrale Lichttransmission zu erreichen.
Die Außenscheibe gleicht in ihrer Form einer flachen Kugelkalotte mit einem Stich im Mittelpunkt von ca. 1/100 des Außendurchmessers (zwischen 19 und 32 mm) und gewährleistet so sicher die Abführung von Niederschlagswasser zum Rand. Sie ist als Verbundsicherheitsglas aus kaltgekrümmten Scheiben aus ESG-H hergestellt. Je nach Durchmesser liegen die Einzelstärken der Scheiben zwischen 5 und 10 mm. Der bei dieser neuartigen Technologie zwingend notwendige schubsteife Scheibenverbund wird durch ein von der Firma seele_sedak entwickeltes Herstellungsverfahren unter Verwendung der Sentryglas 5000 Folie von DuPond gewährleistet. Diese Folie weist gegenüber konventionellen PVB-Folien eine etwa um den Faktor 100 erhöhte Steifigkeit auf. Durch die Verwendung dieser Sentryglas-Folie und des statisch voll ansetzbaren Schubverbundes konnten die Scheibenstärken im Zuge der Planung gegenüber der Ausschreibung weiter reduziert werden. Die untere VSG-Verglasung wurde als Verbundsicherheitsglas aus teilvorgespanntem Glas mit PVB-Folien ausgeführt. Auf der Innenseite des sphärisch gekrümmten Scheibenpakets ist eine Alarmspinne als leitender Siebdruck aufgebracht und die Außenscheibe ist mit einem Antirutschbelag versehen. Dieser erfüllt auch in den Randbereichen mit maximalen Neigungen von 19° - 27° die Anforderungen der Rutschfestigkeitsklasse R11 nach DIN 51130.
Der U-Wert der Isolierverglasung beträgt zirka 1,6 W/m2K im horizontalen Einbauzustand, der g-Wert zirka 0,36. Ein zusätzlich rückseitig des Laibungsbleches angeordnetes Heizblech vermeidet die zeitweise Bildung von Kondensat unterhalb der Glasebene sowie im Bereich der Laibungsbleche bei extremen Kälteperioden. Durch die farbneutrale Sonnenschutzbeschichtung auf der Innenseite der sphärisch gekrümmten VSG- Scheibe wird der solare Wärmeeintrag deutlich reduziert und Spitzenlasten – auch im Hochsommer – bei geschlossener Blend- beziehungsweise Verdunklungsschicht ausgeschlossen.
Der Rand der Isolierglaseinheit ist als Stufenfalz ausgeführt. Die kraftschlüssige, umlaufende Befestigung auf der ringförmigen Konstruktion aus 6 mm dicken Stahlblechen erfolgt durch Verklebung mit Silikon. Die Stirnkante der zurückspringenden unteren Scheibe sowie der Randverbund sind mit einem alukaschierten Butylband hermetisch abgeklebt, um einen Kontakt mit dem Klebemittel dauerhaft zu vermeiden. Die kraftschlüssige Verbindung dient ausschließlich zur Lagesicherung der Oberlichtverglasung auf der Unterkonstruktion sowie zur Aufnahme von Abtriebskräften bei den geneigt angeordneten Elementen.
Die ringförmige Unterkonstruktion zur Aufnahme des Glaselements ist auf einen Stahlrahmen aus Blechen aufgeschweißt, welcher im unteren Bereich der Kontur des Rohbaus folgt und auf einer quadratischen Aufkantung aus Stahlbeton aufsitzt.
Die ca. 30 cm hohen, zumeist im Quadrat angeordneten Aufkantungen wurden als Teil der gewölbten Ortbetondecke hergestellt und waren durch die Neigungen der Decke mit einem entsprechend hohen Schalungs- und Herstellungsaufwand verbunden. Die gekrümmten Ränder der Oberlichtöffnungen zum Innenraum hin wurden mit Hilfe von dreidimensional gefrästen Hartschaumschalungen hergestellt.
Sphärisch gebogene Verglasungen wurden bisher durch die Verwendung von warm gebogenen Scheiben hergestellt. Die Glasscheiben werden hierzu soweit aufgeheizt, bis sie sich verformen lassen. Wegen der hohen geforderten Tragfähigkeit kam bei der planmäßig begehbaren Oberlichtverglasung des Städelmuseums nur Verbundsicherheitsglas (VSG) in Frage. VSG erfordert herstellungsbedingt parallele Scheiben, mit der Konsequenz, dass beim warmverformten ,,Schwerkraftbiegen“ die Scheiben gemeinsam in die Form ,,fallen“ müssen. Wegen der geforderten uneingeschränkten Begehbarkeit der Oberlichter zur Nutzung des Gartens, sollte der Stich der Scheiben nicht zu groß sein, was im Warmbiegeverfahren nicht ohne Beeinträchtigung der Scheibenoberflächen möglich ist, denn das Warmbiegen sehr flach gekrümmter Formen führt zu optischen Verzerrungen der Glasmatrix. Darüber hinaus können für die Scheiben nur Floatgläser verwendet werden, da der Einsatz thermisch vorgespannter Gläser beim Warmverformen nicht möglich ist. Ein eventuell chemisches Vorspannen der Einzelscheiben wäre nur für die inneren Scheiben des Laminates sinnvoll, da diese Vorspannart durch Kratzer entspannt wird und die Vorspannung der oberen, begehbaren Scheibe durch Gebrauch verloren gehen würde. Selbst wenn die Tragfähigkeit der Scheiben nachgewiesen werden könnte, sind die erforderlichen Beschichtungen auf warmgebogenen Scheiben ausführungstechnisch nicht möglich.
Moderne Sonnenschutzbeschichtungen sind in der Regel nicht wärmebeständig und würden das Warmbiegen mit einer Prozesstemperatur von über 640 °C nicht überstehen. Darüber hinaus ist auch die rutschhemmende Bedruckung, welche im Wesentlichen aus einer keramischen Schmelzfarbe besteht, nicht auf der konvexen Seite möglich, da diese beim Schwerkraftbiegen die Form berührt. Für ebene Scheiben sind die Anforderungen dagegen leicht zu erfüllen.
Die Verwendung von PVB-Folien (Polyvinylbutyral) mit herkömmlichem Floatglas gewährleistet das erforderliche Resttragverhalten durch die sich gegenseitig stützenden großen Bruchstücke des Glases. Darüber hinaus kann die Tragfähigkeit durch TVG (Teilvorgespanntes Glas mit höherer zulässiger Biegezugfestigkeit) gesteigert werden ohne die Resttragfähigkeit negativ zu beeinflussen. Dennoch hätten sich Scheibendicken für die obere begehbare Scheibe von bis zu 3*12 mm ergeben, was wiederum die Lichttransmission negativ beeinflusst hätte und im Grunde nicht dem eigentlichen Entwurf entsprach.
Mit dem Vorschlag von seele_sedak, die Scheiben durch Laminationsbiegen - ein neues Kaltbiegeverfahren - in Form zu bringen, konnten dagegen die Anforderungen aus dem Entwurf und gleichzeitig sämtliche Anforderungen an das Isolierglas erfüllt werden. Laminationsbiegen ermöglicht das Biegen von Gläsern ohne thermisches Aufheizen und verändert damit nicht die Glasoberfläche, so dass die hohe Qualität des Basisglases erhalten bleibt. Das Basisglas wird während des Laminierens zu Verbundsicherheitsglas (unterhalb der maximalen Bruchspannungen) gebogen und durch eine schubsteife Folie dauerhaft in Form gehalten. seele_sedak verwendet dazu die allgemein bauaufsichtlich zugelassene Hausmarke Glascobond®-Verbundsicherheitsglas mit Schubverbund. Mit diesem Kaltbiegeverfahren können sämtliche Beschichtungen und Bedruckungen vor dem Biegen aufgebracht werden.
Darüber hinaus kann mit Glascobond® auch das bauaufsichtlich geregelte ESG mit seiner hohen Biegezugfestigkeit im Überkopfbereich verwendet werden. In diesem Fall gewährleisten die minimal dünnen VSG-Scheiben eine hervorragend hohe Lichttransmission, die erforderliche Tragfähigkeit und Einbruchsicherheit bei gleichzeitiger Ausnutzung des geometrischen Steifigkeitszuwachses durch den Kuppeleffekt. Die hohe Steifigkeit der oberen Scheibe macht es zusätzlich sinnvoll, die untere Scheibe eben auszuführen. So können die im Scheibenzwischenraum (SZR) auftretenden Klimalasten durch Verformung der unteren Scheibe kompensiert werden. Die 195 kreisrunden Isolierglasscheiben wurden in fünf verschiedenen Durchmessern von 1500 mm bis 2500 mm in das Stahlbetondach des unterirdischen Baukörpers integriert und sind Teil des öffentlich zugänglichen Gartens.
Auf Grund der Nutzung handelt es sich um durch Personen planmäßig begehbare Überkopfverglasungen. Die obere Scheibe der Isolierverglasung hat die Form einer Kugelkalotte mit geradem Rand. Sie besteht in Abhängigkeit vom Radius aus 1*5 mm und 3*6 mm ESG-H oder aus 1*6 mm und 2*8 mm ESG-H. Der Stich der Scheiben ist etwa l/100 und variiert damit von 15 mm bis 25 mm. Mit einem Abstandshalter von 12 mm ergibt sich ein variierender SZR von 27 mm bis 37 mm Höhe.
Die Scheiben sind mit einer Sonnenschutzbeschichtung zum SZR hin und einer rutschhemmenden Bedruckung auf der Oberfläche versehen. Die Isolierglasscheiben wurden werkseitig in spezielle Stahlkonstruktionen vormontiert und auf der Baustelle in einem Stück eingehoben und mit der Betondecke kraftschlüssig verbunden.
warmgebogen | laminationsgebogen | |
Geometrie | Einfachkrümmung, Mehrfachkrümmung i.d.R. im Bauwesen nicht möglich | Einfachkrümmung ab 6 m Radius, Mehrfachkrümmung ab 15 m Radius, Doppelkrümmung, Verwindungen |
Beschichtung | i.d.R hardcoatings | Vielzahl an hard- und softcoatings |
keramische Bedruckung | i.d.R. nur auf der konkaven Seite möglich | Auf der konkaven und konvexen Seite |
optische Erscheinung | Rolerwaves, Verzerrungen, (Toleranzen) | Optisch glatte Oberfläche insbesondere auf der Zugseite |
normative Regelungen | Nicht vorhanden | geregelte Bauprodukte |