Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Das Enzo Ferrari Museum - eine Fusion zweier Designwelten
1 Architektonisches Konzept
2 Geometrie
3 Die Glasfassade
4 Die Aluminiumhülle
5 Fazit
6 Literatur
Pérez Art Museum Miami: Hurrikan-resistente Verglasungen
1 Einleitung
2 Anforderungen an die Fassade infolge Hurrikane-Einwirkungen
3 Statisches Konzept
4 Experimentelle Nachweise
5 Projektbeteiligte
6 Literatur
Projektbericht: Leichte Vorsatzschale aus geklebtem Acrylglas an der Vitra VSL Factory
1 Acrylglas als Baumaterial
2 Fassade der Vitra VSL Factory, Weil am Rhein
3 Projektimpressum
4 Literatur
Innovative und energiesparende Fassadentechnik am Beispiel der KfW Westarkade, Frankfurt/Main
1 Einleitung
2 Farbkonzept und Gestaltung
3 Technisches Fassadenkonzept
4 Detaillierung und Ausführung
5 Montage
6 Zusammenfassung
7 Am Bau Beteiligte
Schlaues Haus, intelligente Fassade: Tourismus- und Ausstellungszentrum Oldenburg
1 Ein Haus für die Öffentlichkeit
2 Energie- und Klimakonzept im Hinblick auf die Fassade
3 Technische Umsetzung der Anforderungen im Hinblick auf die Fassade
4 Fazit
5 Literatur
Palacio de Comunicaciones - frei geformtes Glasdach für das neue Rathaus in Madrid
1 Einführung
2 Entwurfsphase
3 Bemessung und Detailausbildung
4 Bauablauf
5 Zusammenfassung
6 Projektbeteiligte
7 Literatur
DIN 18008 Teile 1-5: Neuerungen gegenüber eingeführten Regelungen
1 Einleitung
2 Die Regelungen der DIN 18008
3 Zusammenfassung und Ausblick
4 Literatur
Tragverhalten von nicht-monolithischen Glasverbundträgern für große Spannweiten
1 Einleitung
2 Geometrie und Aufbauten der Versuchskörper
3 Darstellung des Berechnungsmodells
4 Versuchsdurchführung
5 Versuchsergebnisse
6 Zusammenfassung
7 Literatur
Zwischenbericht aus dem Arbeitskreis ‚Kantenfestigkeit‘im Fachverband Konstruktiver Glasbau e.V. (FKG)
1 Motivation
2 Experimentelle Untersuchungen
3 Gliederung der Projektphasen
4 Weitere Forschungstätigkeiten zur Kantenfestigkeit (Universität Gent)
5 Gegenwärtiges Fazit und Ausblick
6 Literatur
Edelstahlgewebeanbindung für explosionssichernde Gläser
1 Einleitung
2 Explosionslasten
3 Lastabtragung
4 Energiebetrachtung
5 Edelstahlgewebe
6 Versuche
7 Zusammenfassung
8 Literatur
Langzeittragverhalten von in Verbundglas integrierten Lasteinleitungselementen
1 Einleitung
2 Rahmenbedingungen
3 Ergebnisse
4 Fazit
5 Literatur
Begehbare und befahrbare Verglasungen
1 Einleitung
2 Begehbare Verglasung
3 Befahrbare Verglasungen
4 Zusammenfassung
5 Literatur
Wandartige Monoglasstützen unter axialen Drucklasten und Biegung
1 Ausgangssituation und Aufgabenstellung
2 Stabilitätsfall Druckkraft und Biegung
3 Experimentelle Untersuchungen
4 Numerische Simulationen
5 Vergleich der Experimente mit analytischen und numerischen Ergebnissen
6 Vergleich der Abminderungskurven mit Experimenten und Numerik
7 Zusammenfassung und Ausblick
8 Literatur
Verfahrenskonzept zur Überwachung von Klebverbindungen im Glasbau
1 Einleitung
2 Grundlagen
3 Mikroverkapselung von Detektionsstoffen
4 Detektion der Markerstoffe
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literatur
Transparente Klebstoffe für Glas-Metall-Verbindungen
1 Einleitung
2 Werkstoffe
3 Untersuchungsprogramm
4 Untersuchungsmethoden
5 Ergebnisse
6 Fazit
7 Literatur
Entwicklung von verklebten Holz-Glaskonstruktionen, Bemessung und Anwendung
1 Warum tragende Verklebungen von Holz und Glas
2 Entwicklung von verklebten flachen Koppelleisten aus Holzwerkstoffen als Montagesystem mit leichter Aussteifungswirkung
3 Verbesserung der Aussteifungswirkung und Reduktion der Kopfverschiebung
4 Berechnungsgrundlagen – analytische Federmodelle (FM)
5 Diskussion von Sicherheitsfaktoren und Berücksichtigung von Langzeitbelastungen [8]
6 Anwendungen
7 Ausblick
8 Literatur
Geklebte Verbundbauteile aus Glas
1 Strukturelles Kleben im Bauwesen
2 Experimentelle und numerische Untersuchungen
3 Literatur
Optische Charakterisierung von Oberflächenschäden auf Einscheiben-Sicherheitsglas bei Fassaden- und Dachverglasungen
1 Einleitung
2 Kratzer auf Glasoberflächen
3 Zerstörungsfreie Detektion von Oberflächenschäden auf Glas
4 Untersuchungsmethoden zur Klassifizierung von Oberflächenschäden
5 Ergebnisse der Untersuchungen
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Danksagung
8 Literatur
Experimentelle und numerische Analyse des thermisch-induzierten Glaskantenbruchs
1 Einleitung
2 Glaskantenfestigkeit
3 Experiment und Simulation
4 Numerische Analyse ausgewählter praxisnaher Beanspruchungs-situationen
5 Fazit und Ausblick
6 Danksagung
7 Literatur
Glasscheiben mit photokatalytischen Eigenschaften und erhöhter Transmission
1 Einleitung
2 Transmissionserhöhung und Selbstreinigungseffekt durch Sputter-Schichten
3 Transmissionserhöhung und Selbstreinigungseffekt durch r-CCVD-Schichten
4 Zusammenfassung
5 Literatur
Untersuchungen zum Ermüdungsverhalten von gezielt vorgeschädigtem Floatglas aus Kalk-Natron-Silikatglas bei zyklischer Belastung
1 Einleitung
2 Ermüdung von Glas
3 Experimentelle Untersuchungen
4 Ergebnisse und Auswertung
5 Fazit
6 Literatur
Das Dreischeibenhaus Düsseldorf, The Landmark
1 Fassadensanierung einer denkmalgeschützten Ikone - Das Dreischeibenhaus
2 Die fassadenbezogene Konstruktion, das denkmalgeschützte Design
3 Das zukunftsfähige Fassadenkonzept, „die Lösung“
4 Die konstruktive Umsetzung, die neue Fassadentechnik
5 Die neue Kompakt-Doppelschalige-Fassade im Detail
6 Eine energetisch zukunftsweisende hochgedämmte Fassade
7 Musterfassade „Visual-Mock-Up“
8 Fazit
Bewegung in der Gebäudehülle? Gegenüberstellung passiver und aktiver Konzepte
1 Ausgangssituation
2 Energieeffiziente Gebäudehüllen
3 Systemtypologie
4 Vergleich passiver und aktiver Konzepte bei Bürogebäuden
5 Passive und aktive Konzepte bei Wohngebäuden
6 Passive und aktive Konzepte bei Hochhäusern
7 Passive und aktive Konzepte bei feuchtwarmem Klima
8 Literatur
Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum
1 Einleitung
2 Anforderungen und Technik
3 Bauphysik
4 Planungsrandbedingungen
5 Anwendungsbeispiel
6 Literatur
Schallschutz mit Glas
1 Einleitung
2 Allgemeine Grundlagen zum Schall
3 Normen und Regelwerke
4 Anforderungen an Fenster und Fassaden
5 Schalldämmung mit Glas
6 Praxis
7 Ausblick
8 Literatur
Primärenergieeinsparung durch edelgasgefüllte Isolierverglasungen
1 Einführung
2 Energetische Bilanz edelgasgefüllter Mehrscheiben-Isolierverglasungen
3 Energetische Amortisation
4 Sicherstellung einer dauerhaften Dämmwirkung
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literatur
Statische Analysen zur Dimensionierung von Solarmodulen
1 Einleitung
2 Lasteinwirkungen auf Solarmodule
3 Mechanische Randbedingungen bei Glas-Glas Modulen
4 Berechnungsmethode
5 Befestigungskonzepte
6 Zusammenfassung
7 Literatur
Autorenregister
Schlagwortverzeichnis
Keywordverzeichnis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
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© 2013 Wilhelm Ernst & Sohn, Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Rotherstr. 21, 10245 Berlin, Germany
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Umschlaggestaltung: Sophie Bleifuß, Berlin
Herstellung und Produktion: NEUNPLUS1 GmbH, Berlin
Print ISBN: 978-3-433-03039-4
ePDF ISBN: 978-3-433-60293-5
ePub ISBN: 978-3-433-60294-2
eMob ISBN: 978-3-433-60295-9
o-Book ISBN: 978-3-433-60292-8
Herausgeber:
Bernhard Weller, Silke Tasche
Technische Universität Dresden
Institut für Baukonstruktion
George-Bähr-Straße 1
01069 Dresden
Titelbild: Die Fassade des Museums Cité de l‘Océan et du Surf in Biarritz, Frankreich, besteht größtenteils aus transparenter Wärmedämmung (TWD). Dadurch wird der Ausstellungsbereich mit Tageslicht versorgt, was einen hohen Farbwiedergabeindex und somit eine unverfälschte Wahrnehmung der Exponate ermöglicht (Foto: Fernando Guerra)
Vorwort
Glasbau 2013 berichtet den aktuellen Stand des Wissens im konstruktiven Glasbau und in der Fassadentechnik. Namhafte Autoren vermitteln ihre langjährige Erfahrung in etwa dreißig Beiträgen aus den Bereichen Planung, Bemessung, Ausführung und Forschung. Diesen Bereichen folgend ist das Buch in vier Abschnitte gegliedert.
Teil A »Bauten und Projekte« zeigt auch in diesem Jahr jüngste Beispiele herausragender Glasarchitektur, die im gestalterischen Anspruch und in der konstruktiven Durchbildung beschrieben wird. Die Ausführung von Sonderkonstruktionen, gegebenenfalls auch die erforderlichen Voruntersuchungen werden nachvollziehbar erklärt.
Teil B »Bemessung und Konstruktion« erläutert die Grundlagen der neuen DIN 18008 bis hin zum prüffähigen Nachweis. Neben den allgemeinen Bemessungsbeispielen für die Berechnungspraxis werden anspruchsvolle Sonderkonstruktionen – im Entwurf der DIN 18008 noch nicht bearbeitet – in grundlegenden Beiträgen vermittelt.
Teil C »Forschung und Entwicklung« berichtet über neueste Ergebnisse anerkannter Forschungseinrichtungen. Einen Schwerpunkt bilden in diesem Jahr mehrere Untersuchungen zu Klebverbindungen im Konstruktiven Glasbau. Diese innovative und zukunftweisende Technik des Fügen und Verbindens verdient besondere Beachtung.
Teil D »Energieeffizienz und Nachhaltigkeit« zeigt neue Konzepte für die Sanierung denkmalgeschützter Glasfassaden an einem besonderen Beispiel der Nachkriegsmoderne. Aktive und passive Fassadentechnik, Sonnenschutz und Schallschutz, Energieeinsparung und Energiegewinnung in der Fassade sind weitere Themen.
Den Autoren sei für die Erstellung der Beiträge herzlich gedankt. Ausdrücklichen Dank auch den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirates für die kritische Sichtung der Beiträge. Ein besonderes Dankeschön gilt Frau Karin Lang und Herrn Francisco Velasco im Verlag Ernst & Sohn für die wohlwollende Unterstützung des Projektes.
Wesentlicher Dank gebührt dem Bundesverband Flachglas e.V. und dem Fachverband Konstruktiver Glasbau e.V., die Forschung und Entwicklung im Glasbau maßgeblich anregen und vorantreiben. Bundesverband Flachglas e.V. und Fachverband Konstruktiver Glasbau e.V. haben den Druck des Buches entscheidend unterstützt.
Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller
Dr.-Ing. Silke Tasche
Dresden, März 2013
Herausgeber
Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller
Dr.-Ing. Silke Tasche
Wissenschaftlicher Beirat
Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Oliver Englhardt, Technische Universität Graz
Prof. Dr. Markus Feldmann, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Prof. Dr.-Ing. Harald Kloft, Technische Universität Braunschweig
Prof. Dr.-Ing. Jan Knippers, Universität Stuttgart
Prof. Dr.-Ing. Jens Schneider, Technische Universität Darmstadt
Prof. Dr.-Ing. Geralt Siebert, Universität der Bundeswehr München
Prof. Dr.-Ing. Frank Wellershoff, HafenCity Universität Hamburg
Das Enzo Ferrari Museum - eine Fusion zweier Designwelten
Direkt gegenüber dem historischen Geburtshaus von Enzo Ferrari in Modena befindet sich das neue Museum für die Marken Ferrari und Maserati. Das äußere Erscheinungsbild dieses Gebäudes wird von einer geschwungenen Glasfassade und einer doppelt gekrümmten, stark an eine Fahrzeugkarosserie erinnernden Aluminiumhülle geprägt. Die Glasfassade ist bis zu 11 m hoch und wird von Edelstahlseilen getragen; maßgeschneiderte Sonnenschutzelemente und eine hochwertige Isolierverglasung optimieren den Energieeintrag bei gleichzeitig hoher Transparenz. Die metallische Außenhülle des Gebäudes ist aus Aluminiumelementen gefertigt, die im typischen Ferrari-Gelb eingefärbt sind; das Fertigungssystem für diese Metallkonstruktion wurde dem Schiffsbau entlehnt. Dadurch konnte eine fugelose Hülle von extremer geometrischer Komplexität realisiert werden, deren Formensprache bewusst Assoziationen mit dem Automobildesign hervorruft.
Engineering the Skin of the “Casa Enzo Ferrari” Museum in Modena. The exhibition gallery of the Enzo Ferrari Museum in Modena has been designed by Future Systems London, referring to iconic free form elements of the sport car design. The gallery façade is composed of a curved glass envelope facing Enzo Ferrari’s birth house as well as of a free-form yellow aluminum roof. This paper focuses on the customized solutions developed to engineer both the glass and the aluminum façade.
Schlagwörter: Freiform-Geometrie, Seilfassade, Aluminiumdach
Keywords: free form geometry, cable-stayed facade, aluminium roof
Das von Jan Kaplicky (FutureSystems) entworfene Museum „Casa Enzo Ferrari“ in Modena lehnt sich gestalterisch bewusst an Stilelemente des Automobilbaus an. Die homogene geschwungene Oberfläche der Dachkonstruktion bildet eine Karosserie, aus der sich elegant die Oberlichter wölben. Fließende Übergänge zur Topographie der Umgebung betten das Gebäude in die stark industriell geprägte Peripherie von Modena ein. Die Glasfassade fasst, zusammen mit dem Geburtshaus von Enzo Ferrari, einen Platz, der den Eingangsbereich für beide Gebäude bildet.
Aus dem Museum schaut man so – quasi durch die Frontscheibe – direkt auf das historische Geburtshaus von Enzo Ferrari, während man umgekehrt aus dem Geburtshaus heraus Gestaltungselemente sieht, die wesentlich durch Enzo Ferrari geprägt wurden.
Die organische Formensprache führt zu doppelt gekrümmten Flächen, die mit konventionellen Gebäudehüllen nicht zu generieren sind. Die 78 m lange und 45 m breite Karosserie ist „geometrisch unbestimmt“, kann also nicht abgewickelt und somit auch nicht durch die Addition einfach gekrümmter Elemente erzeugt werden. Die Gebäudehülle ist spiegelsymmetrisch zur Längsachse des Bauwerkes. Entlang der Glasfassade sind die Dachhälften unterschiedlich beschnitten, was optisch eine Aufhebung der Symmetrie zur Folge hat. Die Hauptfläche der Gebäudehülle ist synklastisch gekrümmt; lediglich die Auswölbungen der zehn Skylights führen zu einer antiklastischen Krümmung im Übergangsbereich zur Hauptdachfläche.
Die um 12.5° nach innen geneigte Glasfassade ist geometrisch durch zwei sich überschneidende Kegelflächen definiert. Dadurch ist die Fassadenfläche abwickelbar und kann mit trapezförmigen, planaren Glasscheiben belegt werden. Nur die oberste Scheibenreihe der Seilfassade ist aufgrund der räumlich gekrümmten Schnittfläche unregelmäßig. Hierdurch entstehen 21 Sonderdetails im Bereich der Fassadenanbindung; diese wurden durch typisierte Details gelöst, die parametrisch an die jeweilige bauliche Situation angepasst wurden.
Die vertikalen Seile der Fassade schließen oben an ein 62 m langes, doppelt gekrümmtes Rundhohlprofil an. Die Geometrie dieses im Schnitt 1.000 mm messenden Stahlprofils ist analytisch nicht definierbar. Der Träger wurde deshalb – unter Verwendung von klar definierten Toleranzen − in einfach gebogene Stahlprofile segmentiert, um die Herstellung deutlich zu vereinfachen. Die einzelnen Segmente mit einer variablen Wandstärke von bis zu 40 mm wurden dann vor Ort zusammengeschweißt.
Die leicht geneigte Seilfassade wird von vertikal angeordneten Edelstahlspiralseilen mit einem Durchmesser von 32 mm getragen. Die mit Argon gefüllte Isolierverglasung besteht aus außenliegenden, je 10 mm starken ESG-Glasscheiben und einem innenliegenden SentryGlas®Plus-Verbund aus zwei miteinander laminierten TVG-Glasscheiben, die beide je eine Stärke von 6 mm haben.
Der Sonnenschutz der Fassade wird durch schwarz beschichtete Aluminiumelemente gewährleistet, die nicht nur den Energieeintrag regulieren, sondern die auch das Erscheinungsbild eines Autokühlers assoziieren. Die extrudierten Profile sind nicht gebogen; die außenliegenden Enden wurden aber je nach Position in der Fassade stärker oder schwächer abgefräst, um eine gebogene Kante zu bilden. In die Aluminiumelemente eingesetzte Heizbänder sorgen dafür, dass die Fassade im Winter schneefrei bleibt.
Speziell für die Seilfassade in Modena entwickelte Werner Sobek ein Edelstahlelement, das gleichzeitig als Seilklemme und als Glashalter fungiert. Ziel dieser Entwicklung war es, das Detail so zu gestalten, dass es sich harmonisch in die Gestaltung des Gesamtentwurfs einfügt – und gleichzeitig den erforderlichen Materialeinsatz so weit wie möglich zu reduzieren. Hierfür wurde die Geometrie des Elements in Abstimmung mit einem italienischen Hersteller, der auf das Gießen von kleinen Designobjekten spezialisiert ist, vollständig in 3D generiert.
Ein wichtiger Zielwert bei der Tragwerksplanung der Seilfassade war die Begrenzung der horizontalen Verformung: durch entsprechende Maßnahmen konnte die maximale Verformung (d.h. unter extremen Windlasten) auf 133 mm begrenzt werden. Hierdurch wird sichergestellt, dass die Verwindung der Glasscheiben nie über den mit dem Glashersteller abgestimmten Wert hinausgeht. Aufgrund der Fassadenkrümmung wird das Silikon in den Fugen bei einer Verformung der Fassade ungleichmäßig belastet; die Bemessung der Silikonfugen war deshalb besonders wichtig. Um die angestrebten lokalen und globalen Verformungswerte zu erreichen, wurde jede Seilvorspannung einzeln optimiert – die Vorspannungswerte variieren dabei zwischen 80 und 330 kN. Die beiden Türen in der Fassade konnten im Übrigen ohne Berücksichtigung der Fassadenverformungen geplant werden, da die Türrahmen vom Stahlportal (an den die Seile anschließen) entkoppelt sind.
Die Spiralseile sind an einem Rundhohlprofil oben angeschlossen. Dieser Träger schließt in der Horizontalen an den Dachstahlbau an; der Anschluss an den Massivbau des Gebäudes erfolgt durch eine Gabelverbindung an den beiden Enden des Trägers. In seiner Mitte wird der Träger durch zwei Y-förmige, geneigte Stahlstützen gehalten, die an ihren Kopf- und Fußpunkten gelenkig gelagert sind. Der Querschnitt der Stützen ist variabel und besteht aus jeweils drei Rohren, die durch 10 mm dicke gelaserte Stahlbleche zusammengeschweißt sind.
Für die Eindeckung der opaken Außenhaut wurde ein aus dem Schiffsbau adaptiertes Aluminiumsystem verwendet. Das aus 125 mm breiten Strangpressprofilen bestehende System kann in den meisten Fällen durch Kaltverformung in Extrusionsrichtung und durch eine Polygonalisierung entlang der Nut- und Federverbindungen die vorgegebene Geometrie abbilden.
Im Übergangsbereich zwischen der Hauptdachfläche und den Erhebungen der Skylights finden sich die stärksten Krümmungsradien; diese konnten nicht allein über eine reine Kaltverformung der Strangpressprofile vor Ort realisiert werden. Die Aluminiumprofile wurden für diese Bereiche vorgebogen auf die Baustelle geliefert. Die Anordnung der zehn Skylights folgte rein architektonischen Vorgaben. Die Schnittkanten der Auswölbungen fielen deshalb nicht mit den gegebenen Rändern der Aluminiumprofile zusammen. Die Fixierung auslaufender Aluminiumprofile an der Dachhaut und an der Unterkonstruktion stellte die größte konstruktive Herausforderung dar.
Um die organische Form wirtschaftlich zu erstellen, wurden das Haupttragwerk, die Trapezblecheindeckung und die Wärmedämmung aus Foamglas nicht doppelt gekrümmt, sondern polygonal ausgeführt. Lediglich die opake Außenhaut und die transluzente Membran der Innenraumdecke sind doppelt gekrümmt. Im Foamglas sind Krallenplatten positioniert, auf die die Dachunterkonstruktion montiert wurde. Eine Bitumenbahn überdeckt das Foamglas und die integrierten Krallenplatten und bildet die Notentwässerungsebene. Zur Überbrückung der variierenden Abstände zwischen Tragwerk und Hülle wurde eigens ein Anschlussdetail entwickelt, das auf unterschiedliche Winkel- und Höhendifferenz eingestellt werden kann.
Die fugenlose Hülle verhält sich thermisch wie eine monolithische Aluminiumplatte. Mit angesetzten Oberflächentemperaturen von -20 °C bis +80 °C muss ein Temperaturdelta von 100 K berücksichtigt werden. Aufgrund der daraus resultierenden thermischen Verformungen wurde das Dach nur an einem zentralen Punkt in Bauwerksmitte an einem Festlager fixiert; zusätzlich erfolgte eine Befestigung an zwei Loslagern in Querrichtung und an einem Loslager in Längsrichtung. Alle weiteren Verbindungspunkte sind horizontal verschiebbar und ermöglichen dadurch eine freie Bewegung der gesamten Dachhaut.
Als tragende Unterkonstruktion wurde aus Kostengründen ausschließlich mit Laser geschnittener Flachstahl verwendet, der nach dem Zuschnitt als L-Profil gekantet wurde. Durch den gebogenen Verlauf der Oberkante konnten die Profile optimal an die gewünschte Geometrie angepasst werden. Die Daten für die Unterkonstruktion konnten so als ein kompletter Satz direkt an die Hersteller geliefert werden. Insgesamt wurden allein für die Regeldachflächen 5.000 Anschlussdetails gefertigt und auf der Dachkonstruktion positioniert. Hierfür wurden parametrisch generierte Datensätze für 2.500 unterschiedliche L-Profile mit 10.000 Lasercutlinien und 62.500 individuell positionierten Bohrlöchern bereitgestellt.
Die Konstruktion der Skylights erwies sich als noch anspruchsvoller als die (bereits sehr komplexe) Dachhaut selbst. Alle Daten für die Oberflächen der Laibungen und die dazugehörigen Verbindungselemente wurden ebenfalls parametrisch generiert. Auf den Aluminiumblechen wurden rückseitig Gewindebolzen angebracht, um die Fixierung nicht nach außen hin sichtbar werden zu lassen.
Die Tragwerk- und Fassadenplanung für das Museum „Casa Natale Enzo Ferrari“ in Modena war aufgrund der geometrischen Komplexität der Gebäudehülle und wegen des hohen Gestaltungsanspruchs eine besondere Herausforderung. Die hochtransparente, geschwungene Seilfassade sowie das fugenlose, doppelt gekrümmte Aluminiumdach machten eine sehr detaillierte Planung und Herstellungsarbeit erforderlich. Nicht nur stilistisch wurden dadurch Elemente des Automobildesigns in den Entwurf integriert. Technisch kamen Verfahren und Präzisionsanforderungen zum Einsatz, wie man sie sonst nur aus dem Maschinen- und Schiffsbau kennt. Ergebnis dieses Prozesses ist eine spannende Architektur, die durch ihre ungewöhnliche Formensprache und die überzeugende Detailqualität geprägt ist; ermöglicht wurde dies nicht zuletzt durch eine innovative Tragwerks- und Fassadenplanung in enger Abstimmung mit den Architekten, anderen Fachplanern und den ausführenden Firmen.
6 Literatur
[1] Future Systems, Shiro Studio: Museo Casa Enzo Ferrari, Modena, Milano, Electa architettura, 2012.
[2] Blandini, L., Schmidt, T., Winterstetter T., Sobek W.: The Enzo Ferrari Museum, Modena - Engineering a Free Form Skin. Proceedings of “Advanced Building Skins”, Graz, 2012, S. 27-28.
In Miami, Florida entsteht zur Zeit das Pérez Art Museum Miami nach Plänen von Herzog & de Meuron. Miami liegt in einer durch Hurrikans gefährdeten Zone mit hohen Windlasten. Entsprechend groß sind die Anforderungen an die von seele und Knippers Helbig entwickelte gläserne Außenhülle des Gebäudes. Eine Besonderheit sind die vertikalen Fassadenpfosten aus ultrahochfestem Faserbeton (UHPC). Die Verglasung wird mittels in den Beton eingegossener Edelstahlschienen an den Pfosten angebunden. Aufgrund der Hurrikangefährdung sind die Scheiben mit jeweils zwei laminierten Doppelverglasungen ausgeführt. Bislang wurden Scheiben dieser Größe (max. 5200 × 2300 mm) in einer Zone mit derart hohen Windlasten noch nicht ausgeführt. In einem mehrstufigen Hurrikantest stellen alle Elemente der Fassade ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis.
Pérez Art Museum Miami: hurricane resistant glazing. The Pérez Art Museum Miami currently under construction in Miami, Florida is designed by Herzog & de Meuron. The vertical glass facades have been designed in close collaboration between seele and Knippers Helbig, fabricated and installed by seele. Miami is well known to be located in a region with high wind loads and risk of hurricanes, requiring compliance to demanding hurricane resistant specifications for the glass façades. Up until now, the large glass units that are planned - up to approx. 5.20 m high and 2.30 m wide - have not been used in this hurricane prone region. All the elements of the façade must prove their robustness in hurricane tests. The panes of glass are fixed to stainless steel rails cast into the ultra-high performance concrete (UHPC) mullions. The joint is either concealed by narrow pressure plates or a toggle-system is used to fix the glass panels to the mullions. Owing to the threat of hurricanes, each pane consists of two double-glazing units with a reinforcing interlayer in between. Here, a demanding owner and even more demanding architects, with the help of seele and Knippers Helbig, are pushing material limits.
Schlagwörter: Hurrikan, hochfester Faserbeton, Doppelverglasung
Keywords: hurricane, ultra-high performance concrete, double glazing
In Florida an der Biscayne Bay entsteht zur Zeit das Pérez Art Museum Miami nach Plänen von Herzog & de Meuron. Der dreigeschossige Museumskörper steht auf einem ausladenden Sockelplateau. Filigrane Stützen tragen ein weit auskragendes Dach, das für eine natürliche Verschattung des Gebäudes sorgt. Darunter sind drei unterschiedlich hohe Ausstellungsebenen aufeinander geschichtet. Durch die gänzlich unterschiedlichen Grundrisse der Ebenen ergeben sich vielfältige Vor- und Rücksprünge in der Fassade, sodass die geschlossenen Ausstellungskörper teilweise fast schwebend wirken. Die Erschließungs- und Ausstellungsflächen zwischen ihnen und darum herum sind von einer Glasfassade umhüllt, die Blickbezüge in den Park und auf die Biscayne Bay zulässt (Bild 1-1).
Miami liegt in einer stark durch Hurrikans gefährdeten Zone mit hohen Windlasten bis zu 235 km/h (65 m/s). Entsprechend groß sind die Anforderungen an die gläserne Außenhülle. Es handelt sich dabei um eine Pfosten-Riegel-Fassade, bei der in der ersten und dritten Ebene die Pfosten außen, in der zweiten Ebene dagegen innen liegen. Eine Besonderheit ist, dass die Fassadenpfosten mit konischem Querschnitt auf besonderen Wunsch der Architekten aus ultrahochfestem, kunststoffbewehrten Faserbeton hergestellt sind. Mittels in den Beton eingegossener Edelstahlschienen werden die Glasscheiben daran befestigt. Die vertikale Fuge ist nur von schmalen Leisten abgedeckt. Aufgrund der Hurrikangefährdung sind die Scheiben mit jeweils zwei Doppelverglasungen ausgeführt. Bislang wurden Scheiben dieser Größe - bis zu circa 5,20 m Höhe und 2,30 m Breite - in dieser Zone noch nicht ausgeführt.
Ein Hurrikan ist ein tropischer Wirbelstorm mit einer Windgeschwindigkeit von mindestens 118 km/h (bzw. 32,8 m/s), der sich vor allem in den Sommermonaten Juli bis September im Atlantik oder Nordpazifik entwickelt [1]. Die gesamte Ostküste der USA von Massachusetts bis Texas ist regelmäßig von Hurrikans betroffen (z.B. Katrina 2005, Irene 2011 oder Sandy 2012).
Unterschiedliche Faktoren beeinflussen die Lasteinwirkung auf eine Fassade während eines Hurrikans. Zu nennen sind vor allem Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Dauer der Windeinwirkung, Gebäudehöhe und Umgebungssituation. Aufgrund der wechselnden Windgeschwindigkeiten (z.B. Windstoß, Böe) und Windrichtungen treten unterschiedlichste Drucksituationen an der Fassade auf. Zusätzlich können Äste, Dachziegel, Verkehrsschilder oder andere nicht ausreichend befestigte Gegenstände durch die Luft gewirbelt und gegen die Fassade geschleudert werden. Dabei erreichen kleinere Gegenstände Auftreffgeschwindigkeiten von etwa 9 bis 30 m/s [2].
Schäden an Fassaden sind in der Regel nicht zu vermeiden. Ein vollständiges Versagen der Tragstruktur sollte jedoch in jedem Fall verhindert werden. Wird eine Fassade so stark beschädigt, dass der Wind in das Gebäude eindringen kann, dann stellt dies eine erhebliche Gefährdungssituation für das gesamte Gebäude dar, da der Winddruck nun vom Gebäudeinneren nach außen wirkt („internal pressurization“). Zusätzlich ist der Formbeiwert (z.B. cpe nach DIN 1055) für Wind im Gebäudeinneren wesentlich größer als für von außen auf das Gebäude einwirkender Wind.
Somit kann das Gebäude auf zwei Weisen gegen Hurrikan-Einwirkungen bemessen werden: (1) Berechnung der inneren Windlasten, falls die Fassade oder ein Teil der Fassade versagt (Entstehen von Öffnungen) und Bemessung des Gebäudes gegen diese höheren Windlasten oder (2) Entwurf der Fassade so, dass diese auch unter höheren Windlasten oder beim Auftreffen von Gegenständen nicht versagt und keine Öffnungen in der Fassade entstehen.
Beim Pérez Art Museum Miami wurde in Rücksprache mit dem Bauherrn und den Baubehörden der zweite Ansatz verfolgt, da dieser eine höhere Sicherheit für die Personen im Gebäudeinneren im Falle eines Hurrikans bietet. Aufgrund der oben dargestellten Hintergründe ergeben sich Versuchsszenarien für die bauaufsichtliche Zulassung, welche für die USA in den Normen ASTM E1886 [2] und ASTM E1996 [3] definiert sind. Diese werden in Abschnitt 4.1 detailiert beschrieben.
Die geschosshohen Glasfassaden werden als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgebildet, alle Scheiben sind vierseitig linienförmig gelagert. Die Verglasung wird zur Aussteifung der UHPC-Mullions (Pfosten) in Fassadenebene herangezogen. Somit kann die Biegedrillknickgefährdung der extrem schlanken Fassadenpfosten, deren Querschnitte in enger und spannender Zusammenarbeit mit den Architekten auf das statisch mögliche Minimum reduziert wurden, deutlich verringert werden.
Generell mussten die lokal gültigen Normen und Regelwerke für die Bemessung der gesamten Fassadenkonstruktion angewendet werden. Aufgrund der Tatsachen, dass es sich zum einen bei UHPC auch in den USA um einen nicht geregelten Baustoff handelt, dessen Bemessung somit auch nicht Gegenstand der aktuell gültigen Normen ist und dass zum anderen der gesamte Stahlbau bei seele Pilsen in Tscheschien gefertigt und anschließend in die USA transportiert wurde, hat man sich mit den lokalen Behörden sowie dem verantwortlichen „Engineer of Record“ (EOR) auf das folgende Bemessungskonzept geeinigt:
Sämtliche Berechnungen wurden durch zum Teil aufwändige experimentelle Untersuchungen ergänzt (siehe hierzu auch Abschnitt 4).
Aufgrund des weit auskragenden Dachs des Gebäudes, den hängenden Gärten sowie den vielfältigen Vor- und Rücksprüngen in der Fassade waren Windkanaluntersuchungen erforderlich, um die Bemessungswindlasten zu ermitteln. Durch die von cpp durchgeführten Untersuchungen [7] konnten die statischen Windlasten für einen Bemessungswind mit einer Wiederkehrperiode von 100 Jahren somit korrekt erfasst werden. Im Rahmen der statischen Berechnungen wurden 3,83 kN/m2 in Level 01 (LV01) bzw. 4,31 kN/m2 in Level 02 (LV02) als charakteristische Lasten angesetzt.
Um die Wirtschaftlichkeit der Verglasung bzw. der gesamten Konstruktion zu verbessern, hat man sich nach Rücksprache mit dem EOR sowie der Bauherrschaft darauf verständigt, sämtliche Verformungsnachweise im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS) mit reduzierten Windlasten (10jährige Wiederkehrperiode) zu führen.
Da die Primärkonstruktion z.T. sehr große Spannweiten sowie ein extrem unregelmäßiges Tragwerksraster aufweist, treten im Bereich der Fassaden große vertikale Deformationen, welche durch Langzeitverformungen des Betons zusätzlich verstärkt werden, auf. Sämtliche Anschlussdetails mussten daher so ausgelegt werden, dass Gesamtverformungen von 59 mm (LV01) bzw. 26 mm (LV02) in Langlöchern am Kopfpunktanschluss aufgenommen werden können. Die Breite der vertikalen Silikonfugen in LV02 wurde so dimensioniert, dass kein Aufreißen infolge großer Differenzverformungen (max. 9 mm) benachbarter Scheiben auftritt. Des Weiteren sind die Scheiben an der unteren Kante lediglich mittig geklotzt und somit gelenkig gelagert und nicht wie üblich an zwei Punkten geklotzt. Sie können sich frei verdrehen, wodurch sichergestellt ist, dass die Scheiben unabhängig von der Deckenverformung vertikal stehen und nicht aneinanderschlagen (Bild 3-1).
Extrem beengte Platzverhältnisse (Kopfpunktanschlüsse der Mullions in Pockets (Aussparungen)) führten dazu, dass das Design der Brackets (Anschlüsse) sowie der Montageablauf entsprechend geplant werden mussten. Aufgrund der klimatischen Anforderungen bzw. der hohen Korrosionsgefährdung durch die exponierte Lage direkt an der Biscayne Bay, war es zwingend notwendig, sämtliche Stahlbauteile aus rostfreiem Edelstahl zu fertigen. Hierbei wurde weitestgehend die Stahlgüte 1.4571 eingesetzt, lediglich einige hochbeanspruchte Bauteile sind aus Duplexstahl 1.4462 hergestellt worden. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, erforderte die Ausführung der Anschlussdetails zum Teil recht aufwändige Lösungen.
Mittels einbetonierter handelsüblicher Halfenschienen HTA 28/15 werden die Glasscheiben über eine Pressleiste aus Aluminium (LV01) bzw. ein Klemmhalter-Toggle-System (LV02) an den UHPC-Mullions befestigt (Bild 3-2). Somit hat man insbesondere im Hinblick auf die Toleranzaufnahme eine optimale Lösung zur Anbindung der Glasscheiben gefunden.
Aufgrund der hohen mechanischen Beanspruchungen war eine Längsbewehrung notwendig (jeweils vier Bewehrungsstäbe Ø 16 mm (LV01) bzw. Ø 20 mm (LV02)). Auf eine Bügelbewehrung hätte theoretisch verzichtet werden können, da die mit Polyvinylalkoholfasern (PVA-Fasern) verstärkte UHPC-Mischung über eine ausreichend hohe Zugfestigkeit verfügt, welche rechnerisch berücksichtigt werden kann. Um den Zustimmungsprozess zu vereinfachen, hat man jedoch entschieden, im Auflagerbereich eine entsprechende Bügelbewehrung vorzusehen (siehe Bild 3-2).
Die Modellierung der UHPC-Mullions erfolgt im Programmsystem Sofistik. Um ein mögliches Stabilitätsversagen infolge Biegedrillknicken entsprechend berücksichtigen zu können, wurden Imperfektionen in Form einer säbelstichartigen Vorverformung sowie eine zusätzliche Verdrillung des Querschnitts implementiert. Als resultierende Imperfektion des Druckgurtes sind mindestens L/500 bzw. 9,5 mm berücksichtigt worden (Bild 3-3). Um die seitliche Verklotzung der Scheiben möglichst realistisch abzubilden und die Verglasung gleichzeitig zur horizontalen Aussteifung in Fassadenebene heranziehen zu können, wurde die seitliche Verformung der UHPC-Mullions in der numerischen Berechnung durch Auflagerfedern mit Spalt verhindert. Im Bereich der Verklotzung beträgt der Spalt 1 mm, in der Mitte des Mullions 2,5 mm. Die in den Auflagerfedern auftretenden Kräfte entsprechen somit Horizontallasten in Fassadenebene, welche in der Glasstatik als Einzellasten entsprechend berücksichtigt worden sind.
Da sich die Fassadenpfosten im Level 01 außerhalb der Verglasung befinden, wurde neben einer Windbeanspruchung senkrecht zur Fassade auch eine Last in Fassadenebene, welche Biegung um die schwächere Achse der UHPC-Mullions verursacht und die Imperfektion vergrößert, angesetzt.
Die Bemessung der Glasscheiben erfolgt mit Hilfe einer linear-elastischen Berechnung nach der Methode der Finiten-Elemente im Programmsystem ANSYS. Dabei wird der Glasaufbau zunächst, u.a. basierend auf Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten in denen Stoßeinwirkungen eine Rolle spielten, festgelegt. Dabei soll das dünnere äußere Laminat als ´Opferschicht´ dienen und den Aufprall des Geschosses soweit abdämpfen, dass das innere Laminat nicht geschädigt wird und den anschließend erforderlichen Windlastwechsel-Tests standhält.
Die aus rechnerischer Sicht statischen Anforderungen an die zulässigen Spannungen und Verformungen der Verglasung können mit folgendem Glasaufbau erfüllt werden: 2 × 6 mm TVG (innen) mit einer 2,25 mm starken Zwischenschicht aus Sentry Glass Plus (SGP) und 2 × 8 mm TVG (außen) mit einer 2,25 mm PVB-Folie aus Zwischenschicht.
Um die in Abschnitt 2 dargestellten Effekte von Hurrikan-Einwirkungen näherungsweise abzubilden, sind in den USA experimentelle Untersuchungen nach ASTM E1886 erforderlich. Die ASTM E1996 beschreibt die konkrete Versuchsdurchführung der in ASTM E1886 definierten Versuche.
Das Auftreffen von herumfliegenden Gegenständen wird je nach Schutzklasse sowie Lage der Scheiben im Gebäude durch ein kleines („small missile impact“) oder ein großes Geschoss („large missile impact“) simuliert, das mit einer definierten Aufprallgeschwindigkeit auf den Prüfkörper trifft. Der Prüfkörper ist ein repräsentativer Teil der Fassade mit identischer Einbausituation und Lagerung. Alle Materialien sowie konstruktiven Details müssen der endgültigen Ausführung der Fassade entsprechen. Das kleine Geschoss ist eine Stahlkugel mit einem Durchmesser von 8 mm und einer Masse von 2 g mit einer Auftreffgeschwindigkeit von 40 % bis 75 % der Windgeschwindigkeit. Für das große Geschoss wird ein Holzbalken mit einer Länge von 1,20 m bis max. 4 m und einem Gewicht von 2 kg bis max. 6,8 kg mit einer Auftreffgeschwindigkeit von 10 % bis 55 % der Windgeschwindigkeit verwendet.
Die Auftreffstellen des Geschosses sind je nach Anforderung in ASTM E1996 definiert. Das Geschoss darf die innerste Scheibe nicht durchschlagen. Anschließend wird der Prüfkörper mit 9000 Luftdruckzyklen mit unterschiedlichen Belastungsniveaus beansprucht. Nach diesem Test darf in der Verglasung kein Riss mit einer Länge größer als 130 mm entstanden sein. Es darf auch keine Öffnung in der Verglasung auftreten, die es ermöglicht, eine Kugel mit einem Durchmesser von 76 mm durchzustecken. Nur dann gilt der Test als bestanden und die Baubehörden erteilen die Baugenehmigung.
Für das Pérez Art Museum Miami haben die Baubehörden die höchste Anforderungsklasse („enhanced protection level E“) festgelegt. Das Gebäude befindet sich in Windzone 4, und die Einbauhöhe der Fassadenscheiben ist kleiner als 10 m. Aus diesen Gründen wurde lediglich der „large missile impact test“ mit anschließenden Lastwechseln durchgeführt. Das Geschoss ist ein Holzbalken mit einer Länge von 2,40 m und einen Querschnitt von 100 × 50 mm bei einem von Gewicht 4,1 kg. Die Auftreffgeschwindigkeit beträgt für die maximale Schutzklasse 24,4 m/s (88 km/h). Dies entspricht einer Fallhöhe von 31 m. Insgesamt müssen nach ASTM E1996 für Bauwerke in Windzone 4 drei Prüfkörper jeweils zweimal beschossen und anschließend zyklisch belastet werden. Die Auftreffstellen, in Bild 4-1 markiert, sind für jeden Prüfkörper das Zentrum der Scheibe und eine Scheibenecke mit 150 mm Randabstand.
Für Scheibengrößen von bis zu 5,20 m x 2,30 m lagen keine Erfahrungswerte vor, da Gläser dieser Größe bisher noch nie in einem Hurrikangebiet verbaut wurden. Deshalb wurden zunächst Firmen-interne Vorversuche in Kooperation mit der Hochschule München, Prof. Bucak, mit einer eigens konstruierten Abschussvorrichtung für den Holzbalken durchgeführt (Bild 4-1). Der anfangs angedachte Abwurf hat sich aufgrund der erforderlichen Fallhöhe von 31 m als nicht praktikabel herausgestellt.
Aus der statischen Berechnung unter maximalen Windlasten ergab sich zunächst ein Glasaufbau von 2 x 6 mm TVG auf der Innenseite und 2 x 8 mm TVG auf der Außenseite mit einem 16 mm Scheibenzwischenraum (siehe Abschnitt 3-5). Die Idee dabei war, das innere Laminat durch das äußere Laminat vor Impakteinwirkungen zu schützen. Dadurch sollte ein Bruch oder das Entstehen von Öffnungen des inneren Laminats vermieden werden. Vortests haben jedoch gezeigt, dass es bei diesem Glasaufbau zu einem Versagen der beiden Laminate kommt (Entstehen von großen Öffnungen). Aufgrund dieser Erfahrung und einer weiteren Testserie wurde der Glasaufbau auf 2 x 8 mm ESG (innen) und 2 x 12 mm TVG (außen) geändert. Als Zwischenschichten für die Laminate wurde der in den USA für Hurrikanregionen zugelassene Trosifol XT Interlayer mit einer Dicke von 1,52 mm (innen) bzw. 2,28 mm (außen) verwendet.
Nach Abschluss der internen Vorversuche wurde ein Performance Mock-Up gebaut und in den USA vom akkreditierten Prüfinstitut Architectural Testing (ATI) in York geprüft. Das umfangreiche Versuchsprogramm ist in Bild 4-2 dargestellt und umfasst neben den bereits beschriebenen Beschuss- und Windlastwechsel-Tests auch andere Lastfälle, die für die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit und der Tragfähigkeit auftreten können (Dichtigkeit, Stockwerksverschiebungen, thermische Beanspruchung, Erdbeben).
Die letzten Tests wurden Mitte Mai 2012 erfolgreich abgeschlossen, so dass im Dezember 2012 mit dem Einbau der Scheiben begonnen werden konnte. Die Eröffnung des Museums ist für Ende 2013 geplant.
6 Literatur
[1] Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Hurrikan, Zugriff am 07.11.2012.
[2] ASTM E1886 Standard Test Method for Performance of Exterior Windows, Curtain Walls, Doors, and Impact Protective Systems Impacted by Missile(s) and Exposed to Cyclic Pressure Differentials, 2005.
[3] ASTM E1996 Standard Specification for Performance of Exterior Windows, Curtain Walls, Doors, and Impact Protective Systems Impacted by Windborne Debris in Hurricanes, 2012.
[4] ASTM International: ASTM E 1300-04: Standard Practice for Determining Load Resistance of Glass in Buildings, 2004.
[5] GANA: Glazing Manual, Glass Association of North America, 2004.
[6] Design Manual for Structural Stainless Steel, The Steel Construction Institute, 3rd Edition, April 2006, ISBN 2-87997-204-3.
[7] Final Report, Wind Tunnel Tests for Miami Art Museum, Florida, USA, cpp Inc., August 2009.
Acrylglas ist in der industrialisierten Welt allgegenwärtig, als Baumaterial ist es Architekten, Fassadenplanern und Ingenieuren dennoch fremd. Die Autoren konnten in den Jahren des digitalen Aufbruchs immer wieder unkonventionelle Glas- und Acrylglas-Projekte auf der Ingenieurseite betreuen. Dieser Aufsatz soll anhand des jüngsten Projektes, der Fassade an der Vitra VSL Factory von SANAA Architekten aufzeigen, welche Potenziale das Material insbesondere im Zusammenwirken mit einer innovativen Klebetechnik hat.
Project report: lightweight bonded Acrylic facing at the Vitra VSL Factory. In the industrialized world, acrylic glass is omnipresent, however as material for building components it is rarely known by architects and engineers. During the years of the digital revolution, the authors could gather experience in engineering of numerous free form glass and acrylic facades and envelopes. By presentation of their work for the most recent project, the Vitra VSL Factory façade by SANAA Architects, the authors show the potential as well as the constraints of the work with silicone-bonded acrylic glass.
Schlagwörter: Kunststoff-Fassade, Silikonklebung, Acrylglas, Plexiglas, PMMA, Vitra, SANAA, nkbak, imagine Structure
Keywords: plastic-facade, silicone bond, acrylic, Plexiglas, PMMA, facade engineering, Vitra, SANAA, nkbak, imagine Structure
Acrylglas ist im deutschen Sprachraum unter dem geschützten Markennamen Plexiglas bekannt. Die neutrale Materialbezeichnung lautet Polymethylmethacrylat, kurz PMMA. Es gehört zur Gruppe der thermoplastischen Werkstoffe und besteht aus einem dichten Netzwerk regellos geflochtener langer Molekülketten. Das einzelne Molekül hat die Form eines lockeren, kugelförmigen Knäuels. Jedes Knäuel wird von dem benachbarten durchdrungen. Mit zunehmender Temperatur lockert sich jedoch die Starrheit dieses inneren Gefüges. [1]
Die Gemeinsamkeit zu Glas beschränkt sich auf die Transparenz. Um ein Gefühl für das Konstruktionsmaterial und seine Möglichkeiten erhalten, kann ein Vergleich dienen. Berücksichtigt man neben den mechanischen Eigenschaften auch konstruktive und verarbeitungstechnische Belange, mag der Vergleich mit einem Furniersperrholz am nächsten liegen. Grob betrachtet hat Acrylglas dem Sperrholz ähnliche Bemessungsfestigkeiten, wenn auch ein doppelt so hohes spezifisches Gewicht aber nur ein Drittel der Steifigkeit. Trotz dieser Abweichungen hat sich bei vielen Projekten die Aussage als zutreffend und für die Vorstellungskraft hilfreich erwiesen, dass eine Konstruktion, die in Sperrholz denkbar ist, auch in Acrylglas funktionieren kann [2, 5].
Wichtige Vorteile des Materials neben seinen transmissiven Eigenschaften und der gutmütigen Verarbeitung ist die Möglichkeit, es warm umzuformen und dabei auch eine zweisinnige gekrümmte Geometrie abzubilden. Seinen problematischen Ruf im baulichen Umfeld verdankt es den im Folgenden kurz angesprochenen für viele Baustoffe untypischen Eigenschaften. Wegen der hohen Abminderung bei der Bemessung wirken sich diese jedoch weniger auf die Berechnungsmethoden sondern eher auf die konstruktiven Anforderungen aus.