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Abkürzungsverzeichnis

ACA Adaptive Conjoint-Analyse
ACBC Adaptive Choice Based Conjoint
B2B Business-to-Business
B2C Business-to-Consumer
bzw. beziehungsweise
ca. circa
CBC Choice Based Conjoint
CEO Chief Executive Officer
DAX Deutscher Aktienindex
DB Deutsche Bahn
EBIT earnings before interest and taxes
EMEA Europe, Middle East & Africa
ERP Enterprise resource planning
etc. et cetera
Euro
EUR Euro
f. folgend
ff. fortfolgende
F&E Forschung und Entwicklung
ggf. gegebenenfalls
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hrsg. Herausgeber
IT Informationstechnologie
KGaA Kommanditgesellschaft auf Aktien
KPI Key Performance Indicator
Mio. Millionen
Nr. Nummer
OLAP Online Analytical Processing
o.V. ohne Verfasser
S. Seite
TCA Traditionelle Conjoint-Analyse
TCO Total Cost of Ownership
Tsd. Tausend
u.Ä. und Ähnliche(s)
u.a. unter anderem
VDI Verein Deutscher Ingenieure
VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
z.B. zum Beispiel

Vorwort zur 2. Auflage

Das Preismanagement hat auch in den letzten Jahren weiter an Dynamik gewonnen. Pricing wird zunehmend als eine strategische Aufgabenstellung verstanden. Viele Großunternehmen haben entsprechend reagiert und eigene Pricing-Abteilungen aufgebaut. Das Niveau der Preissteuerung steigt in der Breite sichtbar an.

Seit der Veröffentlichung der ersten Auflage des Praxishandbuchs Preismanagement ist es besonders durch die fortschreitende Digitalisierung zu neuen Impulsen gekommen, die das Preismanagement auch inhaltlich deutlich bereichert haben. Neben dem verstärkten Einsatz von Self-Service-BI-Tools im Pricing und Vertriebsreporting etablieren sich auch zunehmend neue, strategische Preismodelle und fortgeschrittene Methoden der automatisierten Preisbildung.

Die zweite Auflage unseres Praxishandbuches greift diese zentralen Trends durch eine vollständige Überarbeitung des Kapitels zum Ersatzteil-Pricing und ein neues Kapitel zum Recurring Revenue Management gezielt auf.

Gerade im Ersatzteilpricing wird die Relevanz der zunehmenden Automatisierung besonders deutlich. So wird es ermöglicht, über geeignete Methoden und Tools auch Portfolios größer als 100 000 Teile marktgerecht zu bepreisen. Der Service als einer der wichtigsten Ergebnisträger für viele Hersteller, wird so weiter nachhaltig gestärkt.

Das Recurring Revenue Management (RRM) fokussiert auf eine Verstetigung der Zahlungsströme und einen Ausbau der Kundenbindung. Pricing dient hierbei als zentrales Element zur strategischen Geschäftsentwicklung. In unserem neuen Kapitel zum RRM stellen wir diesen strategischen Pricing-Ansatz von der Grundidee bis zur Umsetzung an konkreten Beispielen vor.

Wir wünschen Ihnen, lieber Leser und liebe Leserin, eine spannende Lektüre und freuen uns über Anregungen, eigene Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge.

Osnabrück, im Oktober 2017

Oliver Roll, Kai Pastuch, Gregor Buchwald

Vorwort zur ersten Auflage

Preismanagement ist einer der bedeutendsten Hebel, um Umsatz und Gewinn eines Unternehmens zu optimieren. Die Betrachtung der Gewinnformel

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zeigt, dass es lediglich drei Ansatzpunkte gibt, um den Gewinn einer Unternehmung zu steuern. Im Gegensatz zu den Kosten und der Menge ist dem Preis bislang in sehr vielen Unternehmen nur wenig Beachtung geschenkt worden.

Das Potenzial des Preismanagements im Unternehmen resultiert dabei aus mehreren Faktoren:

  • Die Hebelwirkung einer Optimierung ist enorm. Schon kleine Veränderungen beim Preis schlagen sich signifikant im Gewinn nieder.
  • Das Thema Preismanagement fristet in vielen Unternehmen ein Schattendasein. Das Know-how, die Methoden und die Prozesse sind im Vergleich zu anderen Unternehmensfunktionen schwach ausgebildet.
  • Die Verantwortung für das Thema Preismanagement ist verteilt auf verschiedene Abteilungen.

Dies macht es für Unternehmen interessant, sich mit dem Thema Preismanagement intensiv zu beschäftigen. Je weniger sich ein Unternehmen bisher mit dem Thema Preismanagement systematisch auseinandergesetzt hat, desto höher ist das Gewinnpotenzial, das in diesem Bereich noch schlummert. Doch auch Unternehmen, die sich schon seit längerem professionell mit dem Thema auseinandersetzen, stellen fest, dass Pricing kein Projekt, sondern eine auf Langfristigkeit ausgelegte Unternehmensfunktion ist.

Das Buch ist als echtes Praxishandbuch konzipiert: Aus der Praxis – für die Praxis. Die Autoren verfügen über langjährige Erfahrung im Preismanagement in den unterschiedlichsten Branchen. Dies spiegelt sich in allen Kapiteln wider, um den Leser systematisch mit den unterschiedlichen Hebeln im Preismanagement vertraut zu machen und auch die kleinen Tipps und Tricks offenzulegen.

Professionelles Preismanagement ist dabei mehr als die Preissetzung von Produkten und die Anpassung der Listenpreise. Im Vordergrund steht ein ganzheitliches Preismanagement. Dieses wird durch den Ansatz des integrierten Preismanagements repräsentiert und basiert auf vier Säulen: Markt- und Preisstrategie, Preissetzung Produkt, Preissetzung Kunde und Preisdurchsetzung im Markt.

Das vorliegende Buch gliedert sich in sechs Teile, in denen der Ansatz des integrierten Preismanagements ausführlich und mit großer Relevanz für die Unternehmenspraxis dargestellt wird. Im ersten Abschnitt werden Chancen, Potenziale und Trends im Preismanagement dargestellt. Der zweite Teil widmet sich der markt- und produktbezogenen Perspektive und der dritte Teil der Preisdurchsetzung im Markt. Im vierten und fünften Abschnitt dieses Buches werden die interne Perspektive und Spezialfälle im Pricing behandelt. Im sechsten Teil werden dann die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal anschaulich zusammengefasst. Ergänzt werden die Inhalte zum professionellen Preismanagement in den einzelnen Abschnitten durch Fallbeispiele aus namhaften Unternehmen, in denen dargestellt wird, wie preisrelevante Probleme in der Praxis erfolgreich gelöst wurden.

Dieses Buch wendet sich insbesondere an Manager (Geschäftsführer, Marketingleiter, Vertriebsleiter etc.), die nach Wegen und Möglichkeiten suchen, um das Preismanagement in ihrem Unternehmen zu optimieren und dadurch direkt den Gewinn zu steigern. Sie erhalten einen strukturierten Überblick aller Maßnahmen mit wertvollen Tipps, wie Preismanagement in der Praxis umgesetzt werden kann. Aber auch Studenten, die auf der Suche nach umfangreicher, praxisrelevanter Pricing-Literatur sind, verschafft dieses Buch einen sehr guten Überblick und relevantes Detailwissen.

Das Buch ist so aufgebaut, dass es Lesern, die gerade erst beginnen, sich mit dem Thema Preismanagement zu beschäftigen, einen guten Überblick und einen perfekten Einstieg in die Thematik ermöglicht. Gleichzeitig liefert es auch für fortgeschrittene Pricingmanager viele Details, Beispiele und Ansatzpunkte, die es zu einer wertvollen Lektüre machen. Durch die Tiefe der Informationen werden selbst erfahrene Pricingmanager wichtige Impulse für ihre tägliche Arbeit mitnehmen können.

Das Buch ist so konzipiert, dass es chronologisch von vorne nach hinten durchgelesen werden kann, um sich einen ganzheitlichen Überblick über den Ansatz des integrierten Preismanagements zu verschaffen. Es ist aber auch möglich, gezielt einzelne Schwerpunktthemen und Kapitel herauszugreifen und direkt durchzuarbeiten. Ein Stichwortverzeichnis hilft bei der Suche der relevanten Stellen.

Unser Dank gilt an dieser Stelle ganz herzlich den Autoren der Fallbeispiele für die Bereitschaft, ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit einem weiten Leserkreis zu teilen. Ebenso danken wir den Mitarbeitern der Unternehmensberatung Prof. Roll & Pastuch Management Consultants, die bei den jeweiligen Kapiteln das eine oder andere Wochenende geopfert haben, um den Artikeln die notwendige Praxisorientierung zu geben, die ein solches Buch erst spannend macht. Darüber hinaus möchten wir uns bei Frau Sonja Meyer und Frau Sabina Englert für die redaktionelle Unterstützung bedanken. Frau Meyer und Frau Englert haben durch ihre kritische Durchsicht des druckfertigen Manuskripts noch einmal wesentlich zu dem hohen Qualitätsstandard des Buches beigetragen.

Dem Leser wünschen wir eine spannende Lektüre sowie einen schnellen und kompetenten Zugang zu einem ganzheitlichen, ertragsorientierten Ansatz im Preismanagement.

Über Anregungen und Verbesserungsvorschläge freuen wir uns. Sie erreichen uns über kontakt@handbuch-preismanagement.de oder über den Verlag.

Gregor Buchwald, Kai Pastuch, Oliver Roll

Teil I
CHANCEN, POTENZIALE UND TRENDS IM PREISMANAGEMENT

 

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Der Preis als zentraler Gewinntreiber oder warum es sich lohnt, dieses Buch zu lesen

Preismanagement bietet ein großes Potenzial zur Ertragssteigerung. Dennoch wird dieser Hebel nur selten wirklich umfassend genutzt. Während in vielen anderen Unternehmensbereichen professionelle Methoden und standardisierte Prozesse eingeführt wurden, wird im Preismanagement immer noch viel mit Bauchgefühl agiert. Bauchgefühl muss dabei nicht grundsätzlich falsch sein, aber als einzige Managementgrundlage ist es definitiv nicht ausreichend. Insbesondere in großen Organisationen, in denen verschiedene Instanzen an der Preisbildung beteiligt sind, addieren sich unterschiedliche Bauchgefühle selten zu der optimalen Lösung. Das Ziel eines Unternehmens muss es daher sein, im Preismanagement die gleiche Kompetenz zu entwickeln wie in anderen Unternehmensbereichen. Preismanagement muss als zentraler Profit-Treiber erkannt und professionell umgesetzt werden.

Schon eine einfache Checkliste (siehe Tabelle 1) hilft vielen Unternehmen, zu erkennen, dass das Preismanagement ein Bereich mit hohem Optimierungspotenzial ist.

Kriterium Bewertung
Unser Unternehmen hat eine schriftlich definierte, aus der Unternehmensstrategie abgeleitete Preisstrategie. Ja □ Nein □
Für die Preisfindung neuer und bestehender Produkte haben wir schriftlich festgelegt, welche Methoden situationsangemessen eingesetzt werden. Ja □ Nein □
Für die wichtigsten Produkte verfügen wir über verlässliche Preiselastizitäten und eine Preis-Absatzkurve. Ja □ Nein □
Unser Preis- und Konditionensystem ist anreizorientiert, systematisch und berücksichtigt die Zahlungsbereitschaft der Kunden. Ja □ Nein □
Wir verfügen über ein klares Preiscontrolling, das uns die notwendige Transparenz für alle Preisentscheidungen liefert. Ja □ Nein □
Die Bedeutung des Preismanagements für den Unternehmenserfolg ist fest in der Unternehmenskultur verankert und wird von allen Mitarbeitern konsequent gelebt. Ja □ Nein □
Unsere Pricing-Prozesse sind schriftlich definiert. Ja □ Nein □

Tabelle 1: Checkliste Preismanagement

Diese Checkliste lässt sich beliebig fortsetzen. In den meisten Unternehmen steckt im Preismanagement noch großes, ungenutztes Optimierungspotenzial. Die nachfolgenden Kapitel werden sich systematisch der Frage widmen, wie dieses Potenzial erkannt und umgesetzt werden kann.

Zuerst soll aber noch einmal die generelle Bedeutung des Preismanagements verdeutlicht werden. Diese Argumente sind wichtig, da es häufig notwendig ist, andere Mitarbeiter im Unternehmen erst einmal von der Bedeutung des Preismanagements zu überzeugen und so eine Pricing-Kultur im Unternehmen aufzubauen.

Potenzial

Das enorme Potenzial des Preismanagements lässt sich am einfachsten an der Gewinnformel verdeutlichen. Grundsätzlich setzt sich der Gewinn aus den drei Elementen Preis, Menge und Kosten zusammen.

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Jedes Unternehmen, das seinen Gewinn steigern möchte, muss also an einem dieser drei Hebel ansetzen. Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit die Kosten optimiert. Hier wurden umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, um die Kosten zu senken. Die Einkaufskosten wurden ebenso reduziert wie die Personal- und Prozesskosten. Viele Unternehmen stellen aber in der Zwischenzeit fest, dass die Möglichkeiten für weitere Kostensenkungen begrenzt sind. Als zweiter Hebel kommt die Menge infrage. Hier greifen alle klassischen Marketing- und Vertriebsmaßnahmen. Zuweilen gelingt es Unternehmen, über Innovationen, Internationalisierung oder Vertriebsoffensiven größere Zuwächse zu erzielen. Viele Unternehmen stellen aber fest, dass sie in überwiegend gesättigten Märkten arbeiten. Eine Ausweitung der Menge wird also zunehmend schwieriger.

Bleibt als dritte Säule der Preis. Hier sind im Regelfall in der Vergangenheit die wenigsten Anstrengungen unternommen worden. Entsprechend liegt hier auch das größte Potenzial. Das Ziel muss es sein, das Preismanagement mit der gleichen Intensität, mit den gleichen Ressourcen und vor allem mit der gleichen Professionalität anzugehen wie die beiden anderen Hebel. Hierfür liefert das vorliegende Buch die notwendige Basis.

Nur die wenigsten Unternehmen haben Pricing als Kernkompetenz für sich erkannt. Pricing bietet aber so vielfältige Ansatzpunkte, dass diese nicht nebenher organisiert und optimiert werden können. Niemand würde ja auch auf die Idee kommen, den Aufbau einer neuen Produktionsstätte mal eben nebenbei zu erledigen. In der gleichen Form ist es auch entscheidend, Pricing als Kompetenz zu begreifen, die fest in der Organisation verankert werden muss. Dies geschieht nicht über Nacht und vor allem nicht von alleine. Nur ein systematisch umgesetztes, auf Langfristigkeit ausgelegtes Preismanagement kann ein Unternehmen wirklich zu Pricing-Excellence führen.

Kleiner Hebel, große Wirkung

Preismanagement ist auch deshalb interessant, da schon kleine Änderungen großen Einfluss auf den Gewinn haben. Jeder Euro, der durch Preismaßnahmen erzielt wird, ist reiner Gewinn. Da sich bei Preismaßnahmen im Idealfall weder die Kosten noch die Mengen ändern, schlägt sich jede Preisverbesserung direkt auf den Ertrag durch. Gelingt es einem Unternehmen also, die Preise von 100 auf 101 EUR anzuheben, so ist das für den Kunden nur ein vergleichsweise kleiner Schritt. Für ein Unternehmen mit 100 Millionen EUR Umsatz bedeutet dies aber gleichzeitig eine Gewinnsteigerung um 1 Million EUR.

Erfahrene Pricingmanager werden an dieser Stelle zu Recht einwenden, dass es bei Preisveränderungen durchaus auch zu Mengenveränderungen kommen kann. Dieser Einwand ist prinzipiell richtig. Es ist aber zu berücksichtigen, dass die 1-prozentige Preiserhöhung nicht über eine lineare Preiserhöhung der Listenpreise erfolgen muss, sondern auf eine Vielzahl von Maßnahmen verteilt werden kann. Insofern ist es im Regelfall möglich, Pricing-Maßnahmen zu identifizieren, die insgesamt eine 1-prozentige Verbesserung erzielen, dabei aber keine Mengenmaßnahmen nach sich ziehen.

Wie positiv sich eine 1-prozentige Erhöhung auf die Ertragslage auswirken kann, zeigt nachfolgendes Beispiel ausgewählter DAX-Unternehmen.

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Abbildung 1: Einfluss einer 1-prozentigen Preiserhöhung auf den Gewinn

Der Effekt hängt damit wesentlich von der aktuellen Umsatzrendite ab. Je geringer die aktuelle Umsatzrendite, desto größer ist die prozentuale Verbesserung. Andererseits ist auch die Professionalität entscheidend, mit der das Preismanagement in der Vergangenheit betrieben wurde. Je nach Ausgangssituation ist in der Praxis auch eine Verbesserung der Umsatzrendite durch Pricing-Maßnahmen um 3 Prozent und darüber hinaus durchaus möglich. Festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass Preismanagement einer der zentralen Hebel zur Gewinnsteigerung ist.

Vorsicht mit Rabatten

In der gleichen Art, wie Preiserhöhungen positiv wirken, können Rabatte und Preissenkungen den Gewinn massiv schmälern. Daher ist es ausgesprochen wichtig, mit Rabatten vorsichtig umzugehen und diese gezielt einzusetzen. Ein kleines Beispiel soll dies illustrieren. Die Tabelle stellt die Ausgangssituation eines Unternehmens dar, das sich überlegt, mit Rabatten zusätzliche Kunden zu gewinnen.

In vielen Unternehmen gibt es eine starke Neigung, mit Rabatten neue Kunden anzuwerben. Selten wird jedoch eine umfassende Analyse durchgeführt, welchen Einfluss die Rabattvergabe auf Umsatz oder Gewinn hat. Im vorliegenden Beispiel (vergleiche Tabelle 2) hat das Produkt einen Preis von 100 EUR. Der Vertrieb überlegt, mit einem Rabatt von 10 Prozent den Verkauf anzukurbeln, sodass sich der Preis auf 90 EUR reduzieren würde. Auf den ersten Blick erscheinen 10 Prozent durchaus akzeptabel. Sicherlich gelingt es damit auch, neue Kunden anzuziehen. Es stellt sich jedoch die Frage, um wie viel das Unternehmen seine Menge ausweiten müsste, um den Gewinn zumindest konstant zu halten.

Ausgangssituation Gewinnrechnung
Preis 100 EUR Deckungsbeitrag/Stück = (Preis – var. Kosten) 20 EUR
Verkaufte Produkte 1000 Stück Deckungsbeitrag insgesamt = (Deckungsb./Stück) × Menge 20 000 EUR
Variable Kosten 80 EUR Gewinn = (Preis × Menge – Gesamtkosten) 10 000 EUR
Fixe Kosten 10 000 EUR

Tabelle 2: Fallbeispiel Rabatteffekte

Bei einer Preisreduktion von 100 EUR auf 90 EUR reduziert sich der Deckungsbeitrag von 20 EUR pro Stück auf 10 EUR pro Stück. Damit reduziert sich der Gesamtdeckungsbeitrag auf 10 000 EUR. Zieht man zusätzlich die Fixkosten ab, ergibt sich mit dem 10-prozentigen Rabatt ein Gewinn von Null. Wollte das Unternehmen den gleichen Gewinn erreichen wie vor der Preissenkung, müsste es seine Menge von 1 000 auf 2 000 erhöhen! In den meisten Branchen ist es allerdings vollkommen unrealistisch, mit einer 10-prozentigen Preissenkung die Menge zu verdoppeln. Selbst wenn es also zu gewissen Mengensteigerungen durch den Rabatt käme, wäre unter dem Strich doch Gewinn vernichtet worden.

Rabatte sollten daher extrem sparsam eingesetzt werden. Ähnlich wie sich jede Preiserhöhung direkt positiv im Gewinn bemerkbar macht, hat auch jeder Rabatt eine direkt negative Wirkung auf den Gewinn. Deshalb sollte jede Rabattvergabe in Hinblick auf Umsatz und Gewinneffekt genauestens überprüft werden.

Warum Pricing immer wichtiger wird

Die Bedeutung des Preismanagements wurde auf den vorangegangenen Seiten vor allem aus der internen Sicht beleuchtet.

Es kommen jedoch noch zahlreiche externe Einflussfaktoren hinzu, die die Bedeutung des Preismanagements unterstreichen und für einen erhöhten Preisdruck im Unternehmen sorgen.

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Abbildung 2: Preisdruck

Ein wichtiger Faktor für einen erhöhten Preisdruck ist die zunehmende Austauschbarkeit von Gütern. In vielen Branchen werden die Produkte immer ähnlicher und die Möglichkeiten, sich mittels Innovationen oder Features zu differenzieren, werden immer weniger. Aus Kundensicht bedeutet dies, dass der Preis als Entscheidungskriterium immer wichtiger wird. Eng damit verbunden ist die zunehmende Konkurrenz aus Billiglohnländern, insbesondere aus China. In den vergangenen Jahren haben die Chinesen gezeigt, dass sie zunehmend auch qualitätsorientierte und hochwertige Produkte herstellen können. Firmen wie Lenovo und Haier sind prominente Beispiele dafür, dass China auch für Innovation stehen kann. Der Druck aus Fernost wird also in der Zukunft nicht nur im Einstiegspreissegment, sondern zunehmend auch in den Mittellagen und im Premiumsegment wahrnehmbar werden.

Als weiterer Faktor ist insgesamt eine abnehmende Markenloyalität zu beobachten. Im Consumerbereich hat der Smart Shopper für sich entschieden, dass er nicht primär eine bestimmte Marke benötigt, sondern eine bestimmte Leistung. Wenn eine andere Marke die Leistung zu einem günstigeren Preis liefern kann, ist der Smart Shopper auch bereit zu wechseln. Im Businessbereich ist es insgesamt die wachsende Professionalisierung des Einkaufs, die zu einer höheren Wechselbereitschaft geführt hat. Die Einkäufer berücksichtigen zwar harte Faktoren, wie zum Beispiel die anfallenden Wechselkosten, sind jedoch gern bereit, den Anbieter zu wechseln, wenn sich damit insgesamt Einsparungen erzielen lassen. Ein letzter wichtiger und besonders gefährlicher Faktor ist die Auslastung beziehungsweise die Überkapazität in einer Branche. In einer Branche mit hoher Überkapazität haben alle Unternehmen einen rationalen Grund, mit hohen Rabatten ihre Produktionsstätten auszulasten und damit die Fixkosten besser zu verteilen. Gerade Branchen mit hohen Fixkosten stehen unter einem permanenten Druck, bei niedriger Auslastung notfalls auch die Preisspirale zu drehen.

Warum nur wenige Unternehmen Pricing-Excellence erreichen

Bei all den gewichtigen Argumenten, warum Preismanagement für Unternehmen einen so herausragenden Stellenwert hat, stellt sich die Frage, warum es in so vielen Unternehmen immer noch einen Nebenschauplatz darstellt.

Die Begründung ist vielfach relativ simpel: Preismanagement steht einfach nicht im Fokus des Managements. Jedes Thema braucht einen Treiber im Unternehmen. Beim Preismanagement fehlen diese Treiber häufig. Dies hat unterschiedliche Ursachen. Auf der einen Seite ist das Thema so komplex, dass es vor allem von einer Handvoll ausgewählter, spezialisierter Unternehmensberatungen und einigen wenigen Verbänden promotet wird. Hinzu kommt, dass es viele Manager gibt, die sich im Rahmen ihres Studiums nicht intensiv mit dem Thema Preismanagement auseinandergesetzt haben. Denn auch in der akademischen Ausbildung wird Preismanagement, wenn überhaupt, häufig am Rande oder nur sehr theoretisch behandelt. Häufig begegnet man daher Pauschalbewertungen wie »Die Preise macht der Markt, da haben wir nicht viele Möglichkeiten«.

Auf der anderen Seite kommt die Know-how-Problematik erschwerend hinzu. Vielen Unternehmen fehlt das notwendige Wissen, wie effektives Preismanagement umgesetzt werden kann. Praxisorientierte Bücher waren in der Vergangenheit eher rar gesät und die Anzahl ausgebildeter und erfahrener Pricingmanager ist ebenfalls sehr begrenzt. Rein theoretisches Wissen ist im Preismanagement jedoch nicht ausreichend. Erfahrungswissen ist eine wichtige Voraussetzung, um Maßnahmen erfolgreich einleiten und umsetzen zu können. Aufgrund der hohen Bedeutung des Preismanagements für den Unternehmenserfolg müssen zudem alle Maßnahmen schon beim ersten Anlauf passen. Nachbesserungen am Preis werden vom Markt in der Regel nicht akzeptiert.

Als weitere Hürde ist der Umfang der notwendigen Daten zu nennen. Professionelles Preismanagement ist nur auf der Basis umfangreicher Daten möglich. In vielen Unternehmen fehlen aber viele der grundlegenden und notwendigen Daten (vergleiche Kapitel 8). Ohne präzise Daten zur Kostenbasis, zu den Wettbewerbern oder den eigenen Konditionen ist aber keine aktive Steuerung des Preises möglich.

Insgesamt ist es daher nachvollziehbar, dass das Thema Preismanagement in vielen Unternehmen in der Vergangenheit nicht mit der nötigen Intensität angegangen wurde. Keine der Hürden ist aber so gravierend, dass es nicht jedem Unternehmen gelingen kann, im Preismanagement besser zu werden.

Weiterentwicklung und Trends

Das Preismanagement hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr stark weiter entwickelt. Anfänglich lag der Fokus sehr stark auf einer Optimierung der Listenpreise. Einzelne neue Analysemethoden wie die Conjoint-Analyse (vergleiche Kapitel 4) wurden als Wunderwaffe für alle Fragen des Preismanagements eingesetzt. Positiv dabei war, dass das Preismanagement erstmals auf der Basis von Fakten und Zahlen durchgeführt wurde. Nicht mehr Bauchgefühl, sondern harte, quantitative Analysen prägten auf einmal das Bild. Dieses faktenbasierte Vorgehen bei sehr guter Informationsverfügbarkeit ist auch noch heute ein zentraler Baustein jedes professionellen Preismanagements. Mit der Zeit hat sich allerdings herausgestellt, dass vereinzelte Conjoint-Analysen zwar sinnvoll und hilfreich sind, aber eben Einzelmaßnahmen bleiben. Es reicht nicht aus, von Zeit zu Zeit mit komplexen Analysen die Neueinführung eines einzelnen Produkts zu begleiten. Notwendig ist ein ganzheitliches Gesamtkonzept. Preismanagement ist insgesamt sehr komplex und hat eine Vielzahl verschiedener Ebenen, die es zu berücksichtigen gilt. Der Ansatz des Preismanagements entwickelte sich daher über den Pricing-Prozess zum aktuellen Stand des integrierten Preismanagements, das im nächsten Kapitel vorgestellt wird.